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10.
April 2011
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1.
Umsetzung der EBR-Richtlinie auf der Zielgeraden
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Deutscher Bundestag
verabschiedet neues EBR-Gesetz
Am 7. April 2011 verabschiedete der Deutsche
Bundestag das neue EBR-Gesetz mit den Stimmen der Regierungskoalition.
Die Opposition enthielt sich, weil ihre
Änderungsvorschläge nicht berücksichtigt
wurden. Die Bundesregierung hatte den Gesetzentwurf am 15. Dezember
2010 beschlossen (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2010), erste Beratung im Deutschen Bundestag war
am 17. März 2011.
SPD-Forderung nach härteren Sanktionen
abgelehnt
In
einem Änderungsantrag forderte die SPD-Bundestagsfraktion am
22. März 2011 höhere Strafen bei Verletzung der
EBR-Rechte, einen Unterlassungsanspruch und ein garantiertes
Zutrittsrecht zu ausländischen Betriebsstätten.
Dieser Antrag wurde im Ausschuß für Arbeit und
Soziales am 6. April 2011 von der Mehrheit aus CDU/CSU und FDP
abgelehnt. Die Regierungskoalition wollte lediglich eine
"Eins-zu-eins-Umsetzung" der Richtlinie. Damit war der Weg für
die zweite und dritte Beratung im Plenum des Deutschen Bundestages
einen Tag später frei. Zuvor hatte der Ausschuß
für Arbeit und Soziales am 4. April 2011 eine
Sachverständigen-Anhörung durchgeführt.
Weitgehender Schulungsanspruch verankert
Die
Inhalte des Gesetzentwurfs waren auch ein Hauptthema auf der Fachtagung
des Trainings- und Beratungsnetzes "euro-betriebsrat.de" am 24. Januar
2011 in Hamburg. Ralf-Peter Hayen vom DGB-Bundesvorstand
erläuterte Potentiale und Defizite des Gesetzentwurfs aus
gewerkschaftlicher Sicht. Ein besonderer Pluspunkt ist das sehr
weitgehende Recht auf Schulungen. Zukünftig können
EBR-Mitglieder in deutschen Unternehmen, unabhängig aus
welchem Land sie kommen, aufgrund eines Beschlusses im EBR auch
individuell zu Seminaren fahren - so wie deutsche
Betriebsratsmitglieder nach § 37 Abs. 6 des
Betriebsverfassungsgesetzes. Dieser Standard des deutschen EBR-Gesetzes
wird in keinem anderen EU-Land erreicht.
Beispielhafte Umsetzung der
EBR-Richtlinie in
Österreich
Am
17. November 2010 stimmte der Nationalrat in Wien (Foto) über
eine Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes ab. Dort hat der
Europäische Betriebsrat ein eigenes Kapitel. Nach der
Zustimmung des Bundesrates am 2. Dezember 2010 wurde das neue Gesetz,
das als eines der besten der ganzen EU gilt, am 14. Dezember 2010
veröffentlicht. Betroffen sind 45 Unternehmen mit Hauptsitz in
Österreich (wovon 27 bereits einen EBR installiert haben). Die
Änderungen treten am 6. Juni 2011 in Kraft.
An
wichtigen Stellen geht das österreichische Gesetz
über die EU-Richtlinie hinaus: so wurde die Definition
"grenzüberschreitender Maßnahmen" klarer
vorgenommen, die EBR-Mitglieder erhalten ein Zugangsrecht zu
Niederlassungen anderer Länder und sämtliche
Alt-Vereinbarungen unterliegen ohne Ausnahme den neuen Standards von
Unterrichtung und Anhörung.
Neue Rechtslage auch in Belgien
Am
21. Dezember 2010 verabschiedete der Nationale Arbeitsrat in
Brüssel den Text zur Umsetzung der neuen
EBR-Richtlinie. In Belgien ist hierfür nicht das
Parlament zuständig. Vielmehr gestalten die Tarifparteien das
Arbeitsrecht im Nationalen Arbeitsrat selbst. Die neuen Regeln treten
als branchenübergreifender, allgemeinverbindlicher
Tarifvertrag am 6. Juni 2011 in Kraft.
Die
belgische Rechtslage hat eine große Bedeutung für
die gesamte EBR-Landschaft, denn Belgien steht
zahlenmäßig an vierter Stelle hinter Deutschland,
Frankreich und Großbritannien. Mehr als 100
Europäische Betriebsräte arbeiten nach belgischem
Recht, darunter 40 belgische Unternehmen. Die übrigen kommen
aus Großbritannien, der Schweiz, den USA und anderen Teilen
der Welt.
EBR-Vorsitz liegt nicht beim Arbeitgeber
Obwohl
belgische (wie auch französische) Betriebsräte unter
dem Vorsitz des Arbeitgebers tagen, gilt dies für den
Europäischen Betriebsrat nicht. Nach belgischem Recht handelt
es sich beim EBR um ein reines Arbeitnehmergremium, während
der EBR-Vorsitz in Frankreich beim Arbeitgeber liegt.
Weitere Länder: aktueller Stand
-
Portugal
hat als erstes Land der EU das neue EBR-Gesetz bereits im November 2009
in Kraft gesetzt (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009).
-
Im
Vereinigten Königreich wird das von der damaligen
Labour-Regierung ausgearbeitete und im April 2010 ins Unterhaus
eingebrachte EBR-Gesetz trotz Regierungswechsel nicht mehr
geändert (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2010).
-
In
Italien haben intensive Gespräche zwischen den drei
großen Gewerkschaftsbünden und den
Arbeitgeberverbänden über die Inhalte des
italienischen Gesetzes begonnen.
-
In
Schweden wurde im Oktober 2010 von der Regierung ein Gesetzentwurf
vorgelegt.
-
Die
polnische Regierung hat eine erste Folgenabschätzung gestartet.
-
In
Frankreich ist kein parlamentarisches Verfahren zur Umsetzung der neuen
EBR-Richtlinie geplant. Am 13. Januar 2011 wurde die
französische Regierung von der Nationalversammlung
ermächtigt, die Änderungen am bestehenden EBR-Gesetz
per Verordnung vorzunehmen.
-
In
der Slowakei wurde das neue EBR-Gesetz am 8. Februar 2011 verabschiedet.
-
In
Spanien beschloß die Regierung am 4. März 2011 einen
Gesetzentwurf, der demnächst im Parlament beraten werden soll.
-
Am
15. März 2011 diskutierte das Parlament der Tschechischen
Republik in erster Lesung über die Umsetzung der neuen
EBR-Richtlinie.
-
Am
29. März 2011 wurde das neue EBR-Gesetz vom Parlament in
Dänemark verabschiedet (siehe Gesetzestext
in dänischer Sprache).
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2.
Nachverhandlung von EBR-Vereinbarungen notwendig?
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Am 6. Juni 2011 treten in allen
Ländern des Europäischen Binnenmarkts (das sind die
EU-Länder plus Norwegen, Island und Liechtenstein) neue
EBR-Gesetze bzw. EBR-Tarifverträge in Kraft. Unklar ist
vielfach, welche Schritte Arbeitnehmervertreter jetzt unternehmen
müssen, um von den neuen Standards zu profitieren.
Die
Richtlinie gilt nur für jeden zweiten Europäischen
Betriebsrat
Zunächst
ist zu prüfen, ob die im eigenen Unternehmen
geltende EBR-Vereinbarung überhaupt der neuen Richtlinie
unterliegt. In folgenden Fällen greift die neue Rechtslage nicht:
-
Die
EBR-Vereinbarung wurde erstmals vor dem
22. September 1996 abgeschlossen (Artikel-13-Vereinbarungen). Dabei ist
es völlig unerheblich, ob die Vereinbarung in den Jahren
danach verändert oder neu ausgehandelt wurde.
-
Die EBR-Vereinbarung wurde erstmals nach dem
22. September 1996 abgeschlossen und in der zweijährigen
Übergangszeit zwischen dem 5. Juni 2009 und dem 5. Juni 2011
verändert.
431
Europäische Betriebsräte
wurden nach Artikel 13 der alten EBR-Richtlinie gegründet. In
einer nennenswerten Zahl von Unternehmen sind in der
Übergangszeit zwischen Juni 2009 und Juni 2011
Veränderungen an der EBR-Vereinbarung vorgenommen worden.
Daher sind mehr als die Hälfte der heute existierenden 978
Europäischen Betriebsräte von der neuen
EBR-Gesetzgebung nicht erfaßt.
Warum
ist die Mehrheit von den neuen
Standards ausgeklammert?
Es
handelt sich dabei um ein Zugeständnis an die
Arbeitgeberverbände im Gesetzgebungsverfahren. Nur bei
grundlegenden Änderungen der Struktur des Unternehmens (z. B.
Fusionen, Abspaltungen) können die Standards der neuen
Richtlinie juristisch erzwungen werden. Um in den Genuß der
verbesserten Regelungen zu kommen, ist eine Nachverhandlung zwingend
erforderlich. Nur Unternehmen mit Sitz in Österreich
unterliegen teilweise anderen Bestimmungen (siehe oben).
Für
wen gilt die neue Rechtslage
automatisch?
In folgenden Fällen,
die
schätzungsweise knapp die Hälfte aller
Europäischen Betriebsräte betrifft, findet die neue
EBR-Gesetzgebung automatisch Anwendung:
-
Die
EBR-Vereinbarung wurde nach dem 22.
September 1996 abgeschlossen und seither gar nicht oder zuletzt vor dem
5. Juni 2009 verändert.
-
Eine
neue oder veränderte
EBR-Vereinbarung wird nach dem 5. Juni 2011 unterzeichnet.
-
Es besteht ein EBR kraft Gesetz, der ohne
Abschluß einer EBR-Vereinbarung gebildet wurde.
-
Strittig könnte sein, wenn das
Besondere Verhandlungsgremium (BVG) nach Ablauf von drei Jahren
Verhandlungszeit eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Vom Gesetzgeber
ist dies nicht vorgesehen, aber in der Praxis gibt es vereinzelt solche
Fälle.
Unterliegt
der Europäische Betriebsrat der
neuen Rechtslage, ist eine Neuverhandlung der EBR-Vereinbarung
juristisch nicht zwingend erforderlich. Es empfiehlt sich aber aus
praktischen Gründen, die neuen Standards in den Text der
EBR-Vereinbarung zu integrieren und durch Unterschrift des Arbeitgebers
dessen "commitment" zu einer besseren EBR-Arbeit zu dokumentieren.
Insbesondere gilt dies für die Größe und
Sitzungshäufigkeit des geschäftsführenden
Ausschusses.
Juristische
Hilfestellung aus Brüssel
Am
7. Januar 2011 legte die Europäische
Kommission einen Expertenbericht zu den einzelnen Kapiteln der neuen
EBR-Richtlinie vor. Erarbeitet hatte ihn eine Expertengruppe u. a. aus
gewerkschaftsnahen und arbeitgebernahen Vertretern, daher kommt ihm als
Referenz für juristische Zweifelsfälle eine hohe
Bedeutung zu. Er kann auch bei der Neuverhandlung von
EBR-Vereinbarungen hilfreich sein. Einen eigenen juristischen Kommentar
hatte im Mai 2010 das Europäische Gewerkschaftsinstitut in
Brüssel vorgelegt (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2010).
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3.
Grenzüberschreitende Kollektivverträge
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Textilkonzern
regelt
langfristige Personalplanung
Am
16. Dezember 2010 wurde in Rueil-Malmaison bei Paris ein Rahmenabkommen
zur vorausschauenden Beschäftigungsentwicklung für
DBApparel geschlossen, das erste Abkommen dieser Art in der
Textilindustrie.
Der
Vertrag sieht die Bildung
einer Projektgruppe des Europäischen Betriebsrates zur
strategischen Personalplanung, insbesondere bei Umstrukturierungen, vor
("Anticipation Task Force"). Sie besteht aus fünf
Arbeitnehmervertretern aus fünf verschiedenen
Ländern, die sich zweimal jährlich treffen. Das
Abkommen enthält operationelle Ziele für jedes
einzelne betroffene Land und definiert einen zeitlichen Zielkorridor.
Ein ähnliches Abkommen war im Juni 2009 im Elektronikkonzern
Thales geschlossen worden (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2009).
DBApparel
hatte 1996 einen EBR
nach französischem Recht gegründet und befindet sich
seit 2005 im Besitz eines US-Finanzinvestors. Die Gruppe fertigt und
vertreibt Unterwäsche mit mehr als 5.000
Beschäftigten in Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien,
Großbritannien und Osteuropa.
Beschäftigungssicherung
in Krisenzeiten
Am 24. Februar 2011
schloß der Europäische Metallgewerkschaftsbund (EMB)
mit der zentralen Leitung des französischen Metallunternehmens
Alstom in Paris eine Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung
in Krisenzeiten. Sie gilt drei Jahre lang für 30
europäische Länder. Ursache war ein
angekündigter Personalabbau im Kraftwerksbau.
Im November 2010 hatte ein
Aktionstag an den deutschen Standorten die Verhandlungen erzwungen
(siehe Bericht
in den EBR-News 4/2010). Zuvor waren bereits alle
Maßnahmen der zentralen Leitung gestoppt worden, um das
Anhörungsverfahren mit dem Europäischen Betriebsrat
zu einem korrekten Abschluß zu bringen. Stark waren die
Proteste auch in der Schweiz, wo Alstom einer der wichtigsten
industriellen Arbeitgeber ist (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010). Neben Kraftwerksanlagen stellt Alstom
Schienenfahrzeuge her, darunter den französischen
Hochgeschwindigkeitszug TGV.
Ein vergleichbarer
französischer Vertrag für Alstom aus dem Jahre 2006
diente als Vorlage für das europaweite Abkommen. Mit einer
Reihe von Maßnahmen sollen Entlassungen vermieden und die
Kompetenzen der Belegschaft weiterentwickelt werden. Beispiele guter
Praxis, z. B. aus Italien über geographische
Mobilität und aus Deutschland über Kurzarbeit, werden
auf der europäischen Ebene integriert. Der Vertrag geht in
eine ähnliche Richtung wie das Abkommen mit dem Stahlkonzern
ArcelorMittal vom November 2009 (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009).
Moratorium im Kraftwerksbau,
Kahlschlag im Schienenfahrzeugbau
Bis zur nächsten
EBR-Sitzung am 20. April 2011 sind sämtliche Entlassungen bei
Alstom Power aufgeschoben. Die Konzernleitung will prüfen, ob
nach der Atomkatastrophe in Japan neue Märkte für
konventionelle Kraftwerke und damit zusätzliche
Beschäftigung bei Alstom entstehen könnten. Das
Moratorium gilt allerdings nicht in der Schweiz. Anders sieht es in der
Transportsparte aus: auf seiner Sitzung am 22. März 2011 in
Paris wurde der EBR über den Abbau von 1.380 Stellen in
Deutschland, Spanien und Italien informiert. Die Hälfte davon
entfällt auf das Werk in Salzgitter. Zusätzlich soll
der Rohbau nach Polen verlagert werden, was zu weiterem Abbau
führen würde.
Europaweites
Abkommen zur
Personalplanung
Der französische
Energiekonzern Areva unterzeichnete am 1. April 2011 mit dem
Europäischen Metallgewerkschaftsbund (EMB) ein Abkommen zur
Personalpolitik. Künftig hat jeder Beschäftigte in
Frankreich, Belgien, Spanien, Deutschland, Schweden und im
Vereinigten Königreich einen Anspruch auf 30 Stunden
Weiterbildung pro Jahr. Berufliche Entwicklung und interne
Mobilität sind in dem Kollektivvertrag ebenfalls vorgesehen.
Nach einem ersten
Abkommen zur
Antidiskriminierung vom
November 2006 war die Personalpolitik des Energiekonzerns in einem
Projekt gemeinsam mit dem EMB in allen europäischen Standorten
untersucht worden (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2009). Areva orientiert sich mit dem neuen
Abkommen am französischen Elektronikkonzern Thales (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2010).
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4. Aktuelle Gerichtsurteile
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Deutsches Arbeitsgericht
stärkt britische EBR-Mitglieder
Der Europäische
Betriebsrat von Avaya erzielte am 13. Januar 2011 vor dem
Arbeitsgericht Frankfurt am Main einen einzigartigen Vergleich. Der
Rechtsstreit war entbrannt, weil britische EBR-Mitglieder in ihrem
Recht auf Freistellung beschränkt wurden. Das US-Unternehmen,
Anbieter von Telekommunikationsdiensten und Datennetzen, hatte nach
einer Fusion 2007 eine EBR-Vereinbarung nach deutschem Recht
geschlossen.
Da
die Probleme im Vereinigten Königreich anders nicht
lösbar waren, schaltete der italienische EBR-Vorsitzende das
Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein. Dort fand am 12. November 2010
eine mündliche Verhandlung statt. Zentrale Leitung und EBR
einigten sich auf Anregung des Gerichts, daß alle
EBR-Mitglieder "in dem notwendigen Umfang" und nicht mit festen
pauschalen Zeitvorgaben von ihrer Arbeit freizustellen sind. Dies wirkt
sich auch auf die Festlegung von Leistungskennzahlen von Arbeitnehmern
aus, die in den EBR gewählt wurden. Rechtsmittel gegen diesen
Vergleich, der für alle europäischen Länder
gilt, sind nicht mehr möglich.
Obwohl
im Vereinigten Königreich seit Januar 2010 neue
Freistellungsregeln für Arbeitnehmervertreter gelten (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2009), kommt es in der Praxis immer wieder zu
Problemen. Der Ausgang dieses Rechtsstreits hat daher Vorbildfunktion
für viele Europäische Betriebsräte.
Welche Sprache für den Betriebsrat?
Am
3. März 2011 entschied das Arbeitsgericht Berlin,
daß Mitglieder eines deutschen Betriebrates Anspruch auf
Seminare in ihrer Muttersprache haben. Im konkreten Fall ging es um
zwei US-Bürger, die nicht über ausreichende
Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen. Um ihr Mandat
auszuüben, wollten sie an einem englischsprachigen
Grundlagenseminar teilnehmen. Die höheren Kosten muß
der Arbeitgeber nach Meinung des Gerichts tragen.
1993
entschied das Landesarbeitsgericht Hessen, daß der
Betriebsrat Anspruch auf Unterlagen in deutscher Sprache hat.
Englischsprachige Unterlagen müssen vom Arbeitgeber
übersetzt werden. 1997 entschied das Arbeitsgericht Frankfurt
am Main, daß ein Betriebsrat auch einen Anspruch auf
Übersetzungen und Dolmetscher hat.
Streikrecht im Vereinigten Königreich
gestärkt
Am 4. März 2011
entschied ein Berufungsgericht in dritter Instanz
über einen
Arbeitskampf im Londoner Nahverkehr. Die Gewerkschaft RMT konnte eine
einstweilige Verfügung der ersten Instanz vom Januar 2011
außer Kraft setzen und sich ihr Streikrecht
erkämpfen. Der Rechtsstreit hatte sich an der Frage
entzündet, ob die gesetzlichen Regeln für die
Vorbereitung und Durchführung von Urabstimmungen korrekt
eingehalten wurden. Zwischen 1979 und 1997 hatten die konservativen
Regierungen Thatcher und Major strenge Vorschriften erlassen, die von
Arbeitgebern gerne genutzt werden, um Arbeitskämpfe wegen
Formfehlern verbieten zu lassen.
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5. Neue
EBR-Vereinbarungen
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Neuer
EBR in der Nahrungsmittelindustrie
Am 7. September 2010 wurde in
Vantaa bei Helsinki eine EBR-Vereinbarung für Vaasan nach
finnischem Recht unterzeichnet. Das Unternehmen ist einer der
größten Hersteller von Backwaren in Finnland und im
Baltikum.
Unter
dem Vorsitz des Arbeitgebers tagen fünf Delegierte aus
Finnland, jeweils zwei aus den drei baltischen Staaten und je einer aus
Schweden und Norwegen. Innerhalb von zwei Jahren finden drei
Plenarsitzungen und mindestens drei Sitzungen des
geschäftsführenden Ausschusses statt, der aus
fünf Arbeitnehmervertretern besteht. Die Regelungen der
EBR-Vereinbarung orientieren sich noch an den Standards der alten
EU-Richtlinie.
Zweitgrößter
Brillenglashersteller der Welt gründet EBR
Am
8. Oktober 2010 wurde am Sitz von Vision Care in Aalen (Foto), der
Augenoptiksparte von Carl Zeiss, eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet.
Sie unterliegt deutschem Recht. Innerhalb des Konzerns gibt es bereits
seit 1996 einen EBR für den Glashersteller Schott in Mainz,
nicht aber für die Holding. Vision Care wurde erst wenige Tage
zuvor in den Zeiss-Konzern integriert, nachdem es bis dahin ein Joint
Venture mit einem schwedischen Finanzinvestor war.
Der
Europäische Betriebsrat besteht aus 14 Mitgliedern und
vertritt 3.300 europäische Beschäftigte. Auf
Deutschland und Frankreich entfallen jeweils drei Sitze, Italien und
Ungarn erhalten je zwei sowie Großbritannien, Irland und
Portugal je einen Sitz. Länder mit weniger als 50
Arbeitnehmern werden durch einen gemeinsamen Delegierten vertreten.
Vier EBR-Mitglieder bilden den geschäftsführenden
Ausschuß. Besondere Pluspunkte der Vereinbarung: der EBR kann
Arbeitsgruppen bilden, hat ein Zutrittsrecht zu allen Niederlassungen
und verfügt über ein präzise definiertes
Anhörungsrecht bei Restrukturierungen.
Französischer Versorgungs- und
Transportkonzern paßt Vereinbarung an
Veolia Environnement
aktualisierte am 13. Oktober 2010 seine EBR-Vereinbarung aus dem Jahr
2005 (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2005). Der Europäische Betriebsrat
wurde von 29 auf 45 Mitglieder vergrößert. Da sich
der Konzern aus mehreren Sparten zusammensetzt (Wasser, Entsorgung,
Energie und Transport), wurde die Zuständigkeit des EBR
für die einzelnen Sparten genauer definiert. Am 14. Dezember
2010 konstituierte er sich in neuer Zusammensetzung in Paris.
Seine
Anhörungsrechte gehen jetzt über die Standards der
neuen EBR-Richtlinie hinaus. Auch die Aufgaben der nationalen Gremien
des sozialen Dialogs wurden konkretisiert. Sie können sich
künftig zweimal pro Jahr treffen. Errichtet werden sie in
allen Ländern, in denen es keine Gesamt- oder
Konzernbetriebsräte gibt (z. B. in Spanien). Auch in Deutschland hat diese
Regelung eine große praktische Bedeutung, weil es keine
übergreifende Betriebsratsstruktur bei Veolia gibt.
Am
3. März 2011 wurde die Fusion der Transportsparte Veolia
Transport mit Transdev vollzogen, die bereits im Dezember 2009
angekündigt worden war (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009). Bisher gibt es jedoch noch keine Regelung
über die mögliche Fusion der beiden
Europäischen Betriebsräte. Folgende Texte sind nur in
englischer Sprache verfügbar:
Eine
Auswahl von
EBR-Vereinbarungen steht auf einer Sonderseite
zum Download zur Verfügung.
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6. Beispiele aus der EBR-Agenda
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Französischer
EBR
interveniert in belgischem Arbeitskonflikt
Am
12. November 2010 informierte das belgische Management des
US-Sicherheitsunternehmens Brink's den belgischen Betriebsrat
über die bevorstehende Liquidierung des belgischen
Unternehmens. Ursache war die Weigerung der Gewerkschaften, einer
Gehaltskürzung zuzustimmen und stattdessen gegen den
Restrukturierungsplan in den Streik zu treten.
Diese Situation
veranlaßte den EBR zu einer Sondersitzung am 16. und 17.
Dezember 2010 in Paris. Obwohl nur ein einziges Land betroffen ist,
erkannte die zentrale Leitung die Zuständigkeit des EBR an und
erklärte sich bereit, im Rahmen des
Anhörungsverfahrens alle Finanzpläne aus Belgien
offenzulegen und eine betriebswirtschaftliche Studie zu zahlen. Damit
wird faktisch bei Brink's schon der Standard der neuen EBR-Richtlinie
angewandt. Brink's verfügt seit November 2009 über
einen EBR kraft Gesetz nach französischem Recht (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009).
Drohung
mit gerichtlichen Schritten erzwingt EBR-Sondersitzung
Die französische
Mediengruppe Lagardère will ihre Sparte internationale
Zeitschriften mit 5.000 Beschäftigten in 45 Ländern
verkaufen. Als dies in der Presse berichtet wurde, forderte der
französische Konzernbetriebsrat zweimal die Einberufung einer
außerordentlichen EBR-Sitzung, laut einer
Presseerklärung vom 17. Dezember 2010 jedoch ohne Resonanz.
Nachdem
am 31. Dezember 2010
bekannt wurde, daß die Verkaufsgespräche nur noch
exklusiv mit der US-Mediengruppe Hearst geführt werden, drohte
der EBR-Sekretär am 18. Januar 2011 in einem Schreiben an die
zentrale Leitung gerichtliche Schritte an. Gleichzeitig drohte auch der
zuständige französische Betriebsrat, er werde sein
Anhörungsverfahren nicht beenden, solange der EBR nicht
ausreichend beteiligt worden ist. Französische Arbeitgeber
können ihre Planungen erst nach der korrekten
Durchführung des Anhörungsverfahrens umsetzen,
andernfalls droht ein gerichtlicher Stopp. Daraufhin wurde für
den 9. März 2011 zu einer außerordentlichen
EBR-Sitzung eingeladen. Lagardère verfügt seit 1996
über einen EBR nach französischem Recht.
Metro
akzeptiert
Monitoring-Gruppe
Am 16. und 17. Februar 2011
konstituierte sich in Düsseldorf der neugewählte EBR
des deutschen Handelskonzerns Metro. Obwohl allein in Deutschland mehr
als ein Drittel der weltweit 250.000 Arbeitnehmer beschäftigt
sind, ging der EBR-Vorsitz nach Frankreich. Stellvertretende
Vorsitzende ist eine Vertreterin aus Deutschland. Fünf weitere
Mitglieder gehören dem geschäftsführenden
Ausschuß an: je ein Sitz davon entfällt auf
Deutschland, Belgien, Spanien, Italien und Polen. Zentrales Thema der
Plenarsitzung war die geplante Verlagerung der Buchhaltung nach China,
Indien und Osteuropa. Um die Pläne genauer beurteilen zu
können, fand am 10. März 2011 eine
außerordentliche Sitzung des EBR statt. Das Gremium war 1996
gegründet worden.
Während
viele andere Unternehmen ein internationales Rahmenabkommen mit den
Gewerkschaften
abschließen, beschränkte sich Metro 2005 auf eine
einseitige Erklärung. Jetzt wurde bekannt, daß die
zentrale Leitung eine paritätische Monitoring-Kommission mit
dem EBR gründen will.
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7.
Fusionen und Übernahmen im Fokus
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Deutsche
Bahn übernimmt britischen Verkehrskonzern
Im August 2010 kaufte die
staatseigene Deutsche Bahn den privaten britischen Transportkonzern
Arriva, der in zwölf EU-Ländern Bus- und Bahnlinien
betreibt. Die Übernahme wurde von der Europäischen
Kommission unter der Auflage genehmigt, die deutsche Tochter mit ca.
3.100 Beschäftigten zu verkaufen. Seit Dezember 2010
gehören daher die Prignitzer Eisenbahn (PEG), die
Betriebsgesellschaft des Metronom und andere Teile der deutschen
Arriva-Gruppe der italienischen Staatsbahn FS und einem Finanzinvestor
in Luxemburg.
Arriva
hatte 1999 einen EBR
nach britischem Recht gegründet. Die Deutsche Bahn
verfügt seit 2005 als erstes deutsches Unternehmen
über einen EBR kraft Gesetz, der ohne Aushandlung einer
EBR-Vereinbarung zustande kam (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2005). Ein Jahr später unterzeichnete die
zentrale Leitung eine Vereinbarung zur Geschäftsordnung und
Zuständigkeit des EBR. Damit ist der rechtliche Status des
Europäischen Betriebsrates vergleichbar dem US-Unternehmen
Brink's (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2009).
Der
EBR der Deutschen Bahn
beschloß bei seiner letzten Sitzung vom 19. bis 21. Oktober
2010 in Berlin, nach der Fusion eine neue Mandatsverteilung mit der
zentralen Leitung auszuhandeln. Bis auf weiteres arbeiten beide
Europäische Betriebsräte parallel voneinander weiter.
Einzelne Mitglieder der geschäftsführenden
Ausschüsse nehmen ab sofort an den Sitzungen des jeweils
anderen EBR teil.
Gewerkschaft
für, Betriebsrat gegen feindliche Übernahme
Wer verhandelt bei einer Fusion
über die Sicherheit der Arbeitsplätze: der
Betriebsrat oder die Gewerkschaft? Die bevorstehende Übernahme
des größten deutschen Baukonzerns Hochtief durch den
spanischen Infrastrukturkonzern ACS brachte diesen Grundkonflikt der
deutschen Arbeitsbeziehungen zum Jahreswechsel 2010/11 ins Rampenlicht
der Öffentlichkeit.
Während der
Betriebsrat mit dem Management von Hochtief gegen die
Übernahme kämpfte, führte die Gewerkschaft
IG BAU hinter dem Rücken des Betriebsrates
"Geheimverhandlungen" (Zitat des Betriebsrates). Die IG BAU
begründete dies folgendermaßen:
Gesprächspartner des Betriebsrates ist der Arbeitgeber.
Für Gespräche mit einem Investor sei jedoch die
Gewerkschaft zuständig.
Ergebnis
ist eine Vereinbarung
vom 21. Dezember 2010 mit dem potentiellen neuen Eigentümer,
wonach bis Ende 2013 der Konzernsitz in Essen verbleibt und auf
betriebsbedingte Kündigungen verzichtet wird. Die IG BAU wird
als alleinige Tarifpartei anerkannt und Arbeitsdirektoren sollen nur
mit Zustimmung der Gewerkschaft ernannt werden. ACS verzichtet
ausdrücklich auf die Umwandlung in eine Europäische
Gesellschaft (SE). Im Januar 2011 stellten Arbeitsrechtler fest,
daß der Vertrag juristisch nichtig ist. Dennoch konnten die
Konflikte zwischen Gewerkschaft und Betriebsrat am 21. Januar 2011
beigelegt werden.
Inzwischen
hat ACS mehr als 43
Prozent an Hochtief erworben. Auf der Hauptversammlung am 12. Mai 2011
wird eine Kampfabstimmung über Sitze im Aufsichtsrat erwartet.
Nach einer Fusion würde der 1996 gegründete EBR von
Hochtief aufgelöst. Da ACS bisher noch nicht über
eine transnationale Arbeitnehmervertretung verfügt,
wäre dort ein EBR zu gründen. Die Lage ist
ähnlich wie seinerzeit beim Zementkonzern Buzzi Unicem (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2008).
Deutsche
Telekom will US-Tochter verkaufen
Die
40.000 Beschäftigten von T-Mobile in den USA können
aufatmen. Bald werden sie Teil des AT&T-Konzerns sein, der
für einen fairen Umgang mit Arbeitnehmerrechten bekannt ist.
Die Deutsche Telekom gab den Verkauf am 20. März 2011 in Bonn
bekannt, er ist aber kartellrechtlich umstritten. Obwohl die
Schließung von Call-Centern und Filialen zu erwarten ist, gab
es positive Reaktionen von den beteiligten Gewerkschaften.
Während
Telefónica in einem
internationalen Rahmenabkommen mit den Gewerkschaften weltweite soziale
Mindeststandards akzeptiert (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2007) und France Télécom im
Juni 2010 einen Weltbetriebsrat gründete (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2010), verweigerte die zentrale Leitung der
Deutschen Telekom jede soziale Verantwortung außerhalb
Europas. Noch im September 2010 hatte eine Menschenrechtsorganisation
die Konzernleitung wegen der Verletzung internationaler
Arbeitsstandards in den USA kritisiert (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010). Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB)
startete daher am 4. März 2011 eine Kampagne bei T-Mobile in
den USA mit einer eigenen Webseite in vier Sprachen.
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8.
Forschungsergebnisse für Arbeitnehmervertreter
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Pflege- und Gesundheitskonzerne
im EBR-Fokus
Am
5. Januar 2011 publizierte der europäische Gewerkschafsverband
EGÖD eine Studie der Universität Greenwich
über Konzerne im Pflege- und Gesundheitsbereich.
Privatisierungen und die Marktöffnung führen
zunehmend zur Ausbreitung multinationaler Unternehmen in der
Altenpflege, Kinderbetreuung, bei Kliniken, Rehabilitationszentren und
sonstigen Gesundheitsdienstleistungen.
Die
Studie identifiziert zehn EBR-fähige Unternehmen, von denen
erst zwei einen Europäischen Betriebsrat gegründet
haben. Ein regionaler Schwerpunkt der Branche liegt in Skandinavien.
Einige der genannten Unternehmen befinden sich im Besitz von
Finanzinvestoren. Im Juni 2006 hatte die schwedische Klinikgruppe Capio
den ersten EBR im privaten Gesundheitswesen gegründet (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2006). Die folgenden Texte sind nur in englischer
Sprache verfügbar:
Europaweite Studie
über Arbeitnehmervertretungen
Am
20. Januar 2011 legte die Europäische Stiftung zur
Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Dublin die
Ergebnisse einer Studie über Unterrichtungs- und
Anhörungsverfahren im Betrieb vor. Sie basiert auf
detaillierten Berichten aus 26 europäischen Ländern.
Eine EU-Richtlinie hatte im Jahr 2002 die Unterrichtung und
Anhörung der Belegschaften verbindlich vorgeschrieben. Im
Vereinigten Königreich und in Irland, aber auch in Mittel- und
Osteuropa führte dies zur erstmaligen gesetzlichen Regelung
über die Errichtung von Arbeitnehmervertretungen (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2006).
Neuer
EU-Bericht über die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen
Seit dem Jahr 2000 legt die
Europäische Kommission alle zwei Jahre einen Bericht vor, der
die Entwicklung des sozialen Dialogs, der Gewerkschaften, der
Tarifpolitik und des Arbeitsrechts in der EU untersucht. Die Ausgabe
2010 wurde am 3. März 2011 in Brüssel
präsentiert. Ein Schwerpunkt liegt auf betrieblichen
Vereinbarungen zu den Folgen der Finanzmarktkrise und dem Umgang mit
Restrukturierungen. Ein weiteres Thema des Berichts: im Jahr 2008 waren
nur noch 31% aller Arbeitnehmer in Europa Mitglied einer Gewerkschaft,
dennoch gelten Tarifverträge immer noch für zwei
Drittel aller Arbeitsplätze.
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9. Der Blick
über
Europa hinaus
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Schwedischer Elektrokonzern
stärkt Sozialdialog
Am
13. Dezember 2010 unterzeichneten die
schwedischen Gewerkschaften mit der zentralen Leitung von Electrolux in
Stockholm ein internationales Rahmenabkommen, das für 50.000
Beschäftigte weltweit Kernarbeitsnormen sicherstellt.
Bemerkenswert
ist ein Zusatzprotokoll, das die
Förderung von "gelben" Gewerkschaften durch den Arbeitgeber und die Aktivitäten von "Gewerkschaftsjägern"
(Union Busting) ausschließt. Der
Hausgerätehersteller, zu dem auch AEG gehört, zeigt
damit eine größere soziale Verantwortung als
beispielsweise die Deutsche Telekom oder Deutsche Post (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010). Gewerkschaftsjäger werden in angelsächsischen Ländern genutzt, um die
Bildung von Arbeitnehmervertretungen zu verhindern (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010). Folgende Texte sind nur in englischer
Sprache verfügbar:
EBR-Vorsitzender
unterstützt
Arbeitnehmervertretung in Südafrika
Vom
24. bis 26. Januar 2011 besuchte der Vorsitzende des EBR von Umicore
zusammen mit einer Gewerkschaftsdelegation das Werk Port Elizabeth.
Dort wurden konkrete Verbesserungen des Sozialdialogs zwischen
Werksleitung und Arbeitnehmervertretung diskutiert. Die Ergebnisse des
Besuches sollen im April 2011 mit der zentralen Leitung in
Brüssel besprochen werden. Das belgische
Materialtechnologie-Unternehmen hatte sich im September 2007 in einem
internationalen Rahmenabkommen zur Bildung eines solchen
Monitoring-Komitees verpflichtet (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2007). Folgende Texte sind nur in englischer
Sprache verfügbar:
General Motors auf dem
Weg zum
Weltbetriebsrat
Nach dem Scheitern des
geplanten Verkaufs von Opel
an den Automobilzulieferer Magna (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2009) und der Schließung des Werks
Antwerpen zum Jahresende 2010 (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010) rücken die europäischen
Betriebsräte wieder stärker mit ihren Kollegen
außerhalb Europas zusammen.
Zentrales Thema einer Tagung in
Rüsselsheim am 22. und 23. Februar 2011 (siehe Foto) war die
Wiederbelebung der transatlantischen Zusammenarbeit. Neben dem
Abschluß eines internationalen Rahmenabkommens über
soziale Mindeststandards wurde die Umwandlung des Europäischen
Betriebsrates in einen Weltbetriebsrat gefordert.
Rahmenabkommen mit Verlagshaus
gekündigt
Die
Europäische Journalistenvereinigung (EFJ) hat das im Juli 2007
mit der deutschen Zeitungsgruppe WAZ geschlossene Rahmenabkommen (siehe
Bericht
in den EBR-News 2/2007) im Februar 2011 beendet. Nach Meinung
der EFJ hat das bisher einzige Abkommen seiner Art im Mediensektor die
Erwartungen vor allem in Osteuropa nicht erfüllt.
Arbeitnehmervertretungen der WAZ-Gruppe in Rumänien, Bulgarien
und Mazedonien sollen zukünftig in einem Pilotprojekt von der
EFJ direkt begleitet werden, ohne auf Unterstützung aus der
Essener Konzernzentrale zu warten.
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10.
Interessante
Webseiten
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Europäischer
Betriebsrat in der Holzverarbeitung
Auf
der Webseite des Pasoc-Projekts präsentiert sich der EBR des
Holzverarbeitungsunternehmens Pfleiderer. Das von der EU finanziell
geförderte, im Oktober 2009 gestartete Projekt diente der
Stärkung der Zusammenarbeit der Arbeitnehmervertretungen in
Deutschland, Polen und Schweden. Kurzfristiges Ziel war der
Abschluß einer Sozialcharta mit der zentralen Leitung, was im
November 2010 erfolgte (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2010)
Sozialdemokratische
Stiftung unterstützt Gewerkschaftspolitik
Die Friedrich-Ebert-Stiftung
unterhält ein Netzwerk von Büros in 34
europäischen Ländern. Zu den Inhalten ihrer
politischen Arbeit gehören auch gewerkschaftliche Themen,
wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Mittel- und Osteuropa gelegt wird.
Auch auf globaler Ebene ist die Stiftung bei gewerkschaftlichen Themen
aktiv, insbesondere in Lateinamerika.
Arbeiten im Ausland?
Seit
dem 8. Februar 2011 ist das Informationsnetz zur
Arbeitsmobilität in der Bauindustrie online. Insgesamt 16
Länder werden einzeln dargestellt, darunter auch die Schweiz.
Bauarbeiter können sich auf der Webseite über die
wichtigsten Arbeitsbedingungen ihres Ziellandes informieren.
Aktuelles
aus Belgien
Auf
dieser französischsprachigen Webseite sind Meldungen aus der
belgischen Sozial- und Wirtschaftspolitik und den Betrieben abrufbar.
Die Seite wird von den sozialistischen Lütticher
Metallgewerkschaften im FGTB betrieben.
Zahlreiche
weitere interessante Links haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Gewerkschaften
und kollektives Arbeitsrecht in Polen
Im Januar 2011 ist diese
Dissertation erschienen, die auf 630 Seiten eine fundierte Analyse der
Arbeitsbeziehungen des größten und
ökonomisch bedeutendsten der mittel- und
osteuropäischen EU-Beitrittsländer liefert. Nach
einem Überblick über die historische Entwicklung der
polnischen Gewerkschaftsbewegung wird dem Umbruchprozeß der
1980er Jahre und der Entstehung der heutigen Strukturen ab 1990 je ein
eigenes Kapitel gewidmet. Polen hat sich schwerer als andere
EU-Beitrittsländer damit getan, eine rechtliche Basis
für Betriebsräte zu legen. So wurde das heute
geltende Betriebsrätegesetz erst im Juli 2009 in Kraft gesetzt
und es fehlt oft noch die betriebliche Praxis (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2009).
Tarifrecht in Deutschland und
Frankreich
Dieses im Januar
2011 erschienene,
arbeitsrechtliche Werk ist nicht aus Arbeitnehmersicht geschrieben.
Dennoch gibt der Autor rechtsvergleichend aktuelle Hinweise zu
Änderungen des Tarifrechts der beiden ökonomisch
führenden Länder des Europäischen
Binnenmarktes - eine Faktenlage, die auch für ein
gewerkschaftlich orientiertes Publikum wichtige Informationen bietet.
Während in Frankreich aufgrund schmerzhafter Erfahrungen mit
der Zersplitterung der Tariflandschaft vom Gesetzgeber gerade die
Tarifeinheit gestärkt wurde, hob das Bundesverfassungsgericht
in Deutschland im Juni 2010 die Tarifeinheit auf (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2010). Beide Länder entwickeln ihr
Tarifrecht derzeit also in genau entgegengesetzter Richtung weiter.
Gewerkschaften in Ungarn nach
dem Regierungswechsel
Im Januar 2011
veröffentlichte die
Friedrich-Ebert-Stiftung eine aktuelle Bestandsaufnahme der ungarischen
Gewerkschaftsbewegung. Seit Mai 2010 regiert in Budapest eine
gewerkschaftsfeindliche, rechtsnationale Koalition. Die sechs
gewerkschaftlichen Dachverbände verfügen nur noch
über einen Organisationsgrad von zusammen 12%.
Tarifverträge gelten nur noch für rund 40% aller
ungarischen Arbeitnehmer. Die Verankerung der Gewerkschaften in den
Betrieben ist gering. Als erstes Land in Mittel- und Osteuropa hatte
Ungarn bereits 1992 Betriebsräte eingeführt, die
jedoch wegen der gewerkschaftlichen Schwäche weitgehend auf
sich alleine gestellt sind. Die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung
formuliert nun einige Thesen zur Neuorientierung der ungarischen
Gewerkschaften.
Kartenspiel
sorgt für Empörung
Während in Deutschland Brettspiele wie
"Betriebsrat ärgere Dich nicht" die Mitbestimmung
unterstützen (siehe Bericht in
den EBR-News 2/2006), sorgt in Frankreich das Kartenspiel
"Sozialplan" für Furore. Alle 52 Karten stehen für
einen Arbeitnehmer. Hier gewinnt, wer zuerst alle
Beschäftigten entlassen hat, damit der Betrieb geschlossen und
von Frankreich in ein totalitär regiertes Billiglohnland
verlagert werden kann. So
einfach ist es, erfolgreicher Manager zu werden und als Sieger aus dem
Spiel zu gehen.
Französische Gewerkschafter schlagen
bereits vor, das Spiel im Unterricht von Wirtschaftsschulen zu
verwenden: "So können wir anprangern, daß der
Kapitalismus verrückt geworden ist." Hergestellt
wird das Kartenspiel von einem ökologisch und nachhaltig
orientierten Spieleverlag in der Bretagne.
Weitere Fachliteratur haben wir
auf einer Literaturseite
zusammengestellt.
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12. Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de":
Beispiele aus unserer
Arbeit
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Fachtagung für
Europäische
Betriebsräte in Hamburg schon zum dritten Mal
Am
24. und 25. Januar 2011 kamen mehr als 50 Arbeitnehmervertreter aus 29
Unternehmen sowie Gewerkschaftssekretäre,
Rechtsanwälte und Wissenschaftler aus fünf
Ländern zur jährlichen EBR-Fachtagung nach Hamburg.
Erstmals wurde die Veranstaltung in Englisch und Französisch
simultan gedolmetscht. Mehr als ein Drittel der Teilnehmer kam aus der
Metall- und Elektroindustrie, stark vertreten waren auch Unternehmen
der Chemie- und Pharmaindustrie und der Logistik. Hinzu kamen
Teilnehmer aus dem Versicherungsgewerbe, der Nahrungsmittelherstellung,
der Telekommunikation, dem Einzelhandel und der Marktforschung.
Im
Zentrum des ersten Tages stand die Umsetzung der EBR-Richtlinie in
Deutschland (siehe oben). Praktiker des Wälzlagerherstellers
Schaeffler (siehe
Bericht in den EBR-News 1/2008) und aus dem Elektronikkonzern
Nokia Siemens Networks (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010) berichteten von den Erfahrungen in ihren
Europäischen Betriebsräten.
Der
zweite Tag stand dann ganz im Zeichen der Arbeitsbeziehungen im
Vereinigten Königreich mit Praxisbeispielen aus dem
Versicherungskonzern Allianz und dem Telekommunikationsunternehmen BT.
Die Fachzeitschrift AiBplus veröffentlichte hierüber
einen Konferenzbericht.
Automobilzulieferer auf dem Weg zu
EBR-Neuverhandlungen
Der
Europäische Betriebsrat des US-Konzerns Visteon
möchte die Standards der neuen Richtlinie in seine
EBR-Vereinbarung integrieren. Der geschäftsführende
Ausschuß benannte hierfür am 15. März 2011
auf einer Sitzung in der Europazentrale in Kerpen bei Köln
(Foto) Dr. Werner Altmeyer vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de" zum Sachverständigen. Bis September 2011
soll ein neuer Text erarbeitet und danach mit der zentralen Leitung
verhandelt werden. Visteon, weltweit einer der
größten Automobilzulieferer, war im Jahr 2000 aus
dem Ford-Konzern ausgegliedert worden und verfügt seit 2001
über einen eigenen EBR nach deutschem Recht.
EBR-Schulung im Energiekonzern
Vom 16. bis 18. März 2011 tagte der
Europäische Betriebsrat von RWE in Dortmund. Teil der
Plenarsitzung war eine vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de" durchgeführte Schulung über die
Betriebsverfassung der Länder, in denen der Essener
Energiekonzern mit Niederlassungen vertreten ist. RWE hatte
früher eine Vertretungsstruktur mit Europäischen
Spartenbetriebsräten, die heute in einem EBR für den
Gesamtkonzern gebündelt sind (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2008).
Pharmakonzern:
besserer Umgang
mit Restrukturierungen
Vom
29. bis 31. März 2011 tagte der Europäische
Betriebsrat des schweizerischen Roche-Konzerns in Brüssel. Die
27 Delegierten aus 14 Ländern überlegten gemeinsam
mit Dr. Werner Altmeyer vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de", der im März 2009 zum
Sachverständigen des EBR bestellt worden war (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2009), wie sie ihre Einflußnahme auf
grenzüberschreitende Umstrukturierungen optimieren
können.
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13.
Aktuelle Seminartermine
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Faltblatt
zum Seminarprogramm 2011
Das
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" führt seit
Januar 2009 für die Mitglieder von Europäischen
Betriebräten, SE-Betriebsräten und Besonderen
Verhandlungsgremien Fachtagungen und Seminare durch. Bisher haben daran
221 Arbeitnehmervertreter aus 106 Unternehmen teilgenommen (das
entspricht etwa 11% aller Unternehmen in Europa, die einen EBR gebildet
haben). Die Mehrzahl der Teilnehmer kamen aus Deutschland und
Frankreich, aber auch neun weitere Länder waren vertreten.
Für das Jahr 2011 liegt jetzt ein Faltblatt vor, das einen
Überblick über die geplanten Veranstaltungen gibt:
Juristisches und
betriebswirtschaftliches EBR-Seminar
Am 6. Juni 2011 wird das neue
EBR-Gesetz in Kraft treten. Daher wollen wir zeitnah die
Möglichkeit bieten, den Gesetzestext in seiner Endfassung im
Detail zu untersuchen. Am 6. und 7. Juni 2011 findet hierzu ein
juristisches EBR-Seminar im Schloß Montabaur statt.
Daran schließt sich ein betriebswirtschaftliches
EBR-Seminar
an, das die neue Rechtslage unter dem Aspekt von Restrukturierungen
beleuchtet. Wie soll ein Europäischer Betriebsrat eine
korrekte Stellungnahme ausarbeiten, um das Anhörungsverfahren
abzuschließen? Dieses Seminar wird vom 7. bis 9. Juni 2011 im
Schloß Montabaur durchgeführt und richet sich auch
an SE-Betriebsräte. Die beiden Veranstaltungen können
getrennt oder zusammen gebucht werden.
EBR-Schnuppertage
Für
neugewählte Mitglieder in Europäischen
Betriebsräten oder für Betriebsratsmitglieder, die
sich über die Gründung eines EBR informieren wollen,
bieten wir erneut ein Grundlagenseminar an. Es findet vom 7. bis 9.
Juni 2011 auf Schloß Montabaur statt.
Sprachkurs Englisch
für Betriebsratsmitglieder
19.
– 25.06.2011 in
Eastbourne (an der englischen Kanalküste)
13. – 18.11.2011 in Esher Place (bei London)
Deutsch-französische
Fachtagung in Paris
Vom
29. Juni bis 1. Juli 2011 findet zum zweiten Mal eine Fachtagung
für Betriebsratsmitglieder aus Deutschland und Frankreich in
Paris statt. Dort werden sowohl das neue französische
EBR-Gesetz vorgestellt als auch EBR-Praktiker aus Deutschland und
Frankreich aus ihrer Arbeit berichten.
Warum eine Fachtagung
in Paris?
Die Philosophie von
Unterrichtung und Anhörung in der EU-Richtlinie zum
Europäischen Betriebsrat wie auch zur Arbeitnehmerbeteiligung
in der Europäischen Gesellschaft (SE) ist stark von der
französischen Betriebsverfassung geprägt. Eine genaue
Kenntnis der Feinheiten des französischen Modells ist daher
unabdingbar, um einen Europäischen Betriebsrat von einer
"Kinoveranstaltung" zu einem vollwertigen Organ der
Arbeitnehmervertretung auszubauen. Die Fachtagung kann nach §
37 Abs. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes besucht werden und wird
simultan gedolmetscht.
Deutsch-belgische
EBR-Tagung in Brüssel
28. und 29. September 2011
Deutsch-britische EBR-Tagung in London
27. und 28. Oktober 2011
Neuverhandlung
von EBR-Vereinbarungen
Nach Inkrafttreten der neuen
EBR-Gesetze ist es in vielen Unternehmen ratsam, die EBR-Vereinbarung
neu zu verhandeln. Hierzu bieten wir einen Workshop an, der einen
Erfahrungsaustausch ermöglicht und die EBR-Vereinbarungstexte
der Teilnehmer einer kritischen Betrachtung unterzieht. Der Workshop
findet vom 10. bis 12. Oktober 2011 auf der Wartburg in Eisenach statt
(Foto).
Seminare des Instituts zur
Fortbildung von
Betriebsräten (ifb)
Seit 1998 bietet das ifb Seminare für
Europäische Betriebsräte an, deren Inhalte vom
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" mit erarbeitet
wurden.
Grundseminar: Der Europäische Betriebsrat
von A - Z
11.
– 15.04.2011 in Berlin
07.
– 11.11.2011 in Rottach-Egern
Aufbauseminar: Vertiefungsworkshop und
Ideenbörse
21.
– 25.11.2011 in Stuttgart
Workshop
für SE-Betriebsräte
Im
Jahr 2011 wird das Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de"
erneut einen SE-Workshop anbieten. Da die Zahl der
SE-Betriebsräte noch relativ klein ist, wird der Termin mit
möglichen Teilnehmern zuvor telefonisch abgestimmt. Wer
Interesse hat, füllt bitte den folgenden Fragebogen aus.
Inhouse-Veranstaltungen
Eine
Übersicht über mögliche Themen für
Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:
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Die
EBR-News werden herausgegeben von:
Trainings-
und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" GbR
Mitarbeiter
dieser Ausgabe:
Werner Altmeyer, Sandro Maier,
Bernhard Stelzl
Verteiler
der deutschsprachigen
Ausgabe: 14.938 Empfänger
Verteiler
der
englischsprachigen Ausgabe: 2.057 Empfänger
Verteiler
der
französischsprachigen Ausgabe: 2.196 Empfänger
Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de
Wir freuen uns über
Anregungen zu diesem Newsletter und über Berichte aus Ihrem
EBR.
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