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12.
März
2013
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1.
Mindeststandards für Restrukturierungen in der EU
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Historische
Entscheidung im Europäischen Parlament
Am 15. Januar 2013 forderte das
Europäische Parlament in Straßburg mit einer
überwältigenden Mehrheit von 503 Abgeordneten
(gegenüber 107 Nein-Stimmen und 72 Enthaltungen) eine
Gesetzesinitiative über die Gestaltung betrieblicher
Restrukturierungen. Für Betriebsräte ist es die wohl
wichtigste Gesetzesinitiative auf europäischer Ebene seit der
2008 erfolgten Revision der EBR-Richtlinie (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2008).
Bereits am 19. November 2012
hatte der Ausschuß für Beschäftigung und
soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments einem
Bericht des spanischen Sozialdemokraten Alejandro Cercas zugestimmt,
der die Gesetzesinitiative genau präzisiert (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2012).
Die Europäische Kommission ist
jetzt verpflichtet, innerhalb von drei Monaten auf dieser Grundlage den
Entwurf einer EU-Richtlinie vorzulegen, ihre Untätigkeit
zu begründen oder eine offizielle Anhörung der
Sozialpartner
zu starten. Die Arbeitgeberverbände lehnen allerdings jede
Gesetzesinitiative hierzu ab.
Die Inhalte des Cercas-Berichts
Der Gesetzesvorschlag soll nach
Meinung des Europäischen Parlaments 14 Punkte enthalten, die
als Mindeststandards für Unternehmen in allen
EU-Ländern gelten sollen. Die wichtigsten sind:
- eine
langfristige strategische
Personalplanung
- die
frühzeitige Erkennung des Bedarfs an
Arbeitskräften und Qualifikationen
- die
Förderung der
Weiterbildung durch den Arbeitgeber
- die
frühzeitige
Vorbereitung auf konkrete Umstrukturierungen
- Regeln
für die
Aufstellung von Sozialplänen unter Einbeziehung der
Arbeitnehmervertretung
- Minimierung
der externen
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Kosten
Da es in vielen
EU-Ländern bereits gesetzliche Regelungen über
vorausschauende Personalplanung, Sozialplan und Interessenausgleich
gibt, sind die Auswirkungen der geplanten EU-Richtlinie von Land zu
Land sehr unterschiedlich. In Osteuropa, in den
Mittelmeerländern oder im Vereinigten Königreich sind
für Arbeitnehmer sicher umfangreiche Verbesserungen
zu erwarten, während es in Deutschland, Österreich
oder Skandinavien bereits heute gute Rahmenbedingungen gibt. Aber
auch
für Länder mit hohen Standards sind Anpassungen der
nationalen Gesetze zu erwarten, in Deutschland z. B. des
Betriebsverfassungsgesetzes. Am 8. März 2013 forderte der
Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) den Präsidenten
der Europäischen Kommission, José Manuel
Barroso, in einem offenen Brief auf, umgehend tätig zu werden.
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2.
Praxistipp: Wann ist eine Angelegenheit transnational?
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Häufiger
Streitpunkt zwischen EBR und zentraler Leitung
Europäische
Betriebsräte sind nicht für Fragen
zuständig, die nur ein einziges Land betreffen. Sie kommen
erst
ins Spiel, wenn eine geplante Maßnahme "transnationalen"
Charakter
trägt. Unstrittig ist nach Artikel 1 Absatz 4 der neuen
EBR-Richtlinie die Zuständigkeit des EBR in folgendem Fall:
Als
länderübergreifend werden Angelegenheiten erachtet,
die das
gemeinschaftsweit operierende Unternehmen ... insgesamt oder mindestens
zwei der Betriebe oder Unternehmen in zwei verschiedenen
Mitgliedstaaten betreffen.
Etwas
komplizierter wird die Frage bei folgenden Konstellationen:
1. Maßnahmen
werden in verschiedenen Ländern nicht zum gleichen Zeitpunkt
durchgeführt, weisen aber einen
betriebswirtschaftlichen
Zusammenhang auf (sogenannte "Salami-Taktik"). In derartigen
Fällen könnte die zentrale Leitung argumentieren,
daß
es sich um unabhängige Einzelmaßnahmen handelt,
die keinen transnationalen Charakter haben und nicht
in die
Zuständigkeit des EBR fallen.
2.
Manchmal argumentiert die zentrale Leitung, der EBR wäre erst
zu
beteiligen, wenn es negative Auswirkungen in mindestens zwei
Ländern gebe. Bei einer Produktionsverlagerung vom Land A ins
Land
B wären negative Auswirkungen auf ein Land begrenzt und somit
wäre der EBR nicht zuständig.
3.
Es wird eine Umstrukturierung vorgenommen, die die zentrale
Leitung im Ausland anordnet. Die Werksleitung fungiert in einem solchen
Fall nur als ausführendes Organ, der örtliche
Betriebsrat hat
keinen wirklichen Entscheidungsträger als Ansprechpartner.
Wird der EBR in
diesem Fall nicht beteiligt, gibt es auf keiner Ebene eine ernsthafte
Diskussion über die Hintergründe der
Maßnahme.
Welche
Möglichkeiten bietet die neue EBR-Richtlinie?
Der
Richtlinientext liefert zu derartigen Fällen keine
allumfassende Klärung. Es gibt aber im Vorspann zur
Richtlinie, im
sogenannten
Erwägungsgrund 16, eine Präzisierung:
Zur
Feststellung des länderübergreifenden Charakters
einer
Angelegenheit sollten sowohl der Umfang ihrer möglichen
Auswirkungen als auch die betroffene Leitungs- und Vertretungsebene
berücksichtigt werden. Als
länderübergreifend werden
Angelegenheiten erachtet, ... die ungeachtet der Zahl der
betroffenen Mitgliedstaaten für die europäischen
Arbeitnehmer
hinsichtlich der Reichweite ihrer möglichen Auswirkungen von
Belang sind oder die die Verlagerung von Tätigkeiten zwischen
Mitgliedstaaten betreffen.
Die
Klärung dieser Frage ist von zentraler Bedeutung für
einen starken EBR
Es
empfiehlt sich, bei der Neuverhandlung der EBR-Vereinbarung auf diesen
Erwägungsgrund 16 klar hinzuweisen oder die Formulierung sogar
wörtlich zu übernehmen. Aber auch dann ist noch nicht
sichergestellt, daß die Beteiligungsrechte immer ausreichend
gewahrt werden. Zu dieser Frage wird es sicher noch eine Reihe von
Gerichtsurteilen geben.
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3. Aktuelle Gerichtsverfahren
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Unterlassungsanspruch
bei mangelhafter
Konsultation bestätigt
Erneut stoppte ein
französisches Gericht Restrukturierungsmaßnahmen,
weil die Konsultation zuständiger
Betriebsräte nicht abgeschlossen war. Das Berufungsgericht von
Paris (Foto) gab am 28. Januar 2013 der Klage der
Gewerkschaftssektion der CGT beim Automobilzulieferer Faurecia
statt. Zunächst sind der Gesamtbetriebsrat von Faurecia wie
auch die örtlichen Betriebsräte der Werke Auchel und
Méru in Nordfrankreich zu unterrichten und
anzuhören, bevor die Restrukturierung beginnen kann.
Die
CGT wollte mit der Klage
auch die mangelhafte Unterrichtung des Europäischen
Betriebsrates von PSA Peugeot Citroën bei der
Schließung des Automobilwerkes in Aulnay bei Paris
bemängeln. Das Gericht entschied jedoch, daß eine
solche Klage nur vom EBR selbst eingereicht werden kann. Da Faurecia
eine Tochtergesellschaft von PSA Peugeot Citroën
ist, können die Faurecia-Betriebsräte die
Stellungnahme des EBR abwarten, bevor sie ihre eigene Stellungnahme
beschließen. Damit ist die Schließung von Aulnay
nur möglich, wenn die Konsultationsverfahren in allen
Teilbereichen des Konzerns korrekt beendet worden sind.
Kein
SE-Gerichtsverfahren in Österreich
Die
Arbeitnehmervertreter von Coty haben ihre geplante Klage in Wien
verworfen. Bei der Plenarsitzung des SE-Betriebsrates der Donata
Holding SE vom 7. bis 11. Januar 2013 in der Nähe von Chartres
(Frankreich) bot die zentrale
Leitung im Gegenzug eine Überarbeitung der
SE-Beteiligungsvereinbarung an. Während die
Überarbeitung von
EBR-Vereinbarungen häufiger vorkommt, ist dies bei sensiblen
Punkten von SE-Vereinbarungen eher die Ausnahme. Die
Gespräche werden am 25. März 2013 in Paris beginnen.
Die
Donata Holding SE ist die
Muttergesellschaft des Kosmetikkonzerns Coty. Der
SE-Betriebsrat klagte ab Februar 2012 seine Anhörungsrechte
bei
einer grenzüberschreitenden Umstrukturierung ein (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2012). Er wurde jedoch vom Arbeitsgericht
Ludwigshafen wegen
örtlicher Unzuständigkeit im Oktober 2012 abgewiesen,
da die SE inzwischen ihren Sitz in Wien hat.
Außergerichtliche
Lösung in Oslo
Am
1. März 2013 einigte sich der Europäische
Betriebsrat
des norwegischen Verpackungsunternehmens Elopak mit der zentralen
Leitung auf eine Rücknahme der Klage, die er im
November 2012
beim "Bedriftsdemokratinemnda" in Oslo eingereicht hatte, einer
Schlichtungsstelle unter Aufsicht des Arbeitsministeriums, die als
erste arbeitsrechtliche Instanz fungiert. Der Arbeitgeber
bestätigte die Rechtsauffassung des EBR, wonach die
Produktionsverlagerung vom deutschen Werk Speyer (Foto) in die
Niederlande und
nach Dänemark als eine "transnationale Angelegenheit" in
den Aufgabenbereich des EBR fällt. Zuvor hatte er
dies bestritten.
Der
EBR wollte mit der Klage die Entlassungen in Speyer stoppen, bis das
Konsultationsverfahren abgeschlossen ist. Damit ist er jedoch genauso
gescheitert wie der EBR des Automobilzulieferers Visteon im
September 2011 (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2011). Die Schlichtungsstelle in Oslo hatte die
Entscheidung immer
wieder
verschoben, bis die Maßnahme in Deutschland Ende Februar 2013
schließlich umgesetzt war. Damit zeigt sich erneut,
daß
ein wirksamer Rechtsschutz für Europäische
Betriebsräte
derzeit faktisch nur in Frankreich und Belgien durchsetzbar ist.
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4. Berichte aus einzelnen
Ländern
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Arbeitsmarktreform spaltet
französische Gewerkschaften
Die
Arbeitslosigkeit steigt in
Frankreich seit 21 Monaten immer weiter an und ist inzwischen doppelt
so hoch wie in Deutschland. Am 11. Januar 2013 einigten sich die
Arbeitgeberverbände und die Mehrheit der Gewerkschaften mit
der sozialistischen Regierung auf eine Reform des Arbeitsmarktes, um
dem entgegenzuwirken. Das Abkommen steht unter dem Motto "Flexible
Sicherheit" und gilt als bedeutendstes seit 30 Jahren.
Danach
können
Unternehmen ihre Beschäftigten in Krisenzeiten
künftig schneller entlassen, leichter auf Kurzarbeit
zurückgreifen oder auf eine Verlegung des Arbeitsplatzes
bestehen. Sie müssen sich allerdings mit den
Arbeitnehmervertretern an einen Tisch setzen und eine Einigung erzielen
- in der französischen Unternehmenskultur keineswegs eine
Selbstverständlichkeit. Bestandteil der Reform ist
auch eine Strafsteuer für Unternehmen, die mit
Kurzzeitverträgen unbefristete Einstellungen aushebeln. Zum
Gesamtpaket gehört weiterhin die Einführung von
Mitbestimmung nach deutschem Vorbild: alle Unternehmen mit mehr als
5.000 Beschäftigten sollen in Zukunft Arbeitnehmervertreter im
Aufsichts- oder Verwaltungsrat haben, was bisher nur in (ehemaligen)
Staatsbetrieben üblich ist.
Nicht
unterstützt
wird der "Erfolg des sozialen Dialogs" von den beiden
Gewerkschaftsbünden CGT und CGT-FO, die am 5. März
2013 Zehntausende Menschen zu Protesten auf die Straße
brachten.
Luxemburg reformiert
Betriebsverfassung
Seit 1999 wird im Großherzogtum
über die Stärkung des sozialen Dialogs auf
Betriebsebene debattiert, am 6. Februar 2013 legte die Regierung
schließlich ihren Gesetzentwurf vor. Er ist mit den
Sozialpartnern abgestimmt und soll zügig verabschiedet werden,
damit die Betriebsratswahlen am 13. November 2013 bereits auf neuer
Grundlage stattfinden können. Kern der Reform ist eine
Weiterentwicklung der Personaldelegation zu einem vollwertigen
Betriebsrat nach deutschem Vorbild, der zusätzliche
Mitbestimmungsrechte erhalten soll. Auch die Einführung einer
Einigungsstelle zur Konfliktlösung ist vorgesehen. Die
Mitglieder des Betriebsrates sollen Anspruch auf Schulungen und auf
Sachverständige erhalten. Die seit 1974 bestehende
paritätische Kommission aus Arbeitgeber- und
Arbeitnehmervertretern in Unternehmen mit mehr als 150
Beschäftigten - ein Betriebsrat nach belgischem Vorbild -
wird abgeschafft.
Schwedisches Streikrecht in der
Kritik
Die
Internationale
Arbeitsorganisation (ILO) in Genf veröffentlichte am 25.
Februar 2013 einen Expertenbericht über
Verstöße gegen grundlegende Arbeitsstandards. Danach
verletzt das schwedische Streikrecht die ILO-Konvention Nr. 87
über die Koalitionsfreiheit. Das fragliche Gesetz war am 15.
April 2010 als Reaktion auf eine Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs vom Dezember 2007 im Fall des
bestreikten lettischen Unternehmens Laval (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2007) in Kraft getreten. Die ILO fordert jetzt von
der schwedischen Regierung, diese Einschränkung des
Streikrechts rückgängig zu machen.
Die
Frage ist hochexplosiv und war zuletzt Gegenstand einer
Gesetzesinitiative der Europäischen Kommission in
Brüssel im März 2012, mit der ein transnationaler
Mechanismus zur Überwachung von Streiks eingeführt
werden sollte (siehe Bericht
in den EBR-News 2/2012). Zwar ist dieser Entwurf inzwischen
gescheitert, aber die Frage des Streikrechts bei
grenzüberschreitender Entsendung von Arbeitnehmern ist nach
wie vor unklar.
Folgende Texte sind nur in
englischer Sprache verfügbar:
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5.
Qualitätssprung
nach der Fusion
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Innovative
Lösung
für Arbeitnehmerbeteiligung im Verwaltungsrat
Am 14. Dezember 2012
wurde für den französischen IT-Konzern Atos eine
SE-Beteiligungsvereinbarung geschlossen. Atos hatte mit der
Übernahme des IT-Servicebereichs von Siemens im Juli 2011
seine Belegschaftszahl verdoppelt und ist heute
zweitgrößter IT-Dienstleister in Europa. Nach dieser
Fusion begannen Planungen zur Umwandlung von einer
französischen Aktiengesellschaft (S.A.) in eine
Europäische Gesellschaft (SE). Der 2007 gegründete
EBR wurde hierüber im Mai 2012 informiert (siehe Bericht
in den
EBR-News 2/2012).
Während
SE-Umwandlungen in Deutschland oft das Ziel verfolgen, die
Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat durch verringerte Mandatszahlen
einzuschränken oder für die Zukunft einzufrieren,
hat Frankreich wenig Erfahrung mit SE-Umwandlungen. Das
einzige Beispiel, wo diese Frage bisher eine Rolle spielte, war 2007
der Rückversicherer Scor (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2007). Da es im Verwaltungsrat von Atos bisher
keine Arbeitnehmervertreter gab und Deutschland nur knapp 20%
der europäischen Belegschaft stellt, konnte das deutsche
Mitbestimmungsmodell nicht auf Atos übertragen werden. Dennoch
ist die vom Besonderen Verhandlungsgremium ausgehandelte
Lösung völlig neu und kann als Vorbild für
andere SE-Umwandlungen gelten.
SE-Betriebsrat
bildet ein "Board
Committee"
Zunächst sieht die
SE-Vereinbarung die Bildung eines SE-Betriebsrates vor, dessen
Befugnisse über die des bisherigen Europäischen
Betriebsrates hinausgehen. So wird die Anzahl der Plenarsitzungen von
einer auf drei pro Jahr erhöht. Die Delegierten haben einen
Schulungsanspruch von 16 Tagen in der vierjährigen Amtszeit.
Der Vorsitz im SE-Betriebsrat liegt nach französischem Muster
beim Arbeitgeber, die Arbeitnehmerseite wählt einen
engeren Ausschuß aus sieben Mitgliedern, darunter den
Sekretär. Das Budget für Sachverständige
wurde auf 150.000 € pro Jahr festgesetzt und kann im Fall von
außergewöhnlichen Umständen um jeweils
50.000 € erhöht werden.
Zwar hat
die
zentrale Leitung keine direkte Arbeitnehmerbeteiligung im
Verwaltungsrat akzeptiert, war aber zu Zugeständnissen bereit.
So bildet der SE-Betriebsrat ein eigenes "Board Committee" aus vier
Arbeitnehmervertretern, die vor oder nach jeder Sitzung des
Verwaltungsrates mit dessen Mitgliedern zusammenkommen. Einmal
jährlich können diese vier
Arbeitnehmervertreter mit beratender Stimme an einer normalen
Verwaltungsratssitzung teilnehmen.
Britische
EBR-Vereinbarung mit schwedischer Geschmacksnote
Auf einer Sitzung in London
wurde am 4. März 2013 eine neue EBR-Vereinbarung für
DS Smith unterzeichnet. Notwendig war die Aktualisierung, weil das
britische Recyclingunternehmen im Juli 2012 die Verpackungssparte des
schwedischen Konzerns SCA aufgekauft hatte (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2012). In beiden Unternehmen gab es bisher eigene
EBR-Strukturen, wobei SCA sogar über Europäische
Spartenbetriebsräte verfügt (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2005).
Einerseits
behält die Vereinbarung ihren Status als "freiwillige"
Artikel-13-Vereinbarung und unterliegt daher nicht der neuen
EBR-Richtlinie. Andererseits wurden die verbesserten EU-Standards
integriert, die Definition von Anhörung und die transnationale
Zuständigkeit des EBR geht sogar darüber hinaus. Die
Vereinbarung übernimmt von SCA das Konzept der
Europäischen Spartenbetriebsräte (Papier, Verpackung,
Plastik und Recycling), die zweimal jährlich eigene Treffen
durchführen und eine ganze Woche Inhouse-Schulung pro Jahr
erhalten. Die Lenkungsausschüsse dieser vier
Spartenbetriebsräte bilden dann den EBR. Eine vergleichbare
Struktur findet sich auch im Luftfahrtkonzern EADS (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2012).
Restrukturierungsfragen
geregelt
Für
britische EBR-Vereinbarungen außergewöhnlich ist die
Verpflichtung, bei Betriebsänderungen auf Entlassungen
möglichst zu verzichten. Es werden sogar alternative
Maßnahmen benannt. Damit sind Elemente in der Vereinbarung
enthalten, die andere - meist französische - Unternehmen in
speziellen Zusatzvereinbarungen ("Antizipierung des Wandels")
aufgreifen. Arbeits- und Gesundheitsschutz, Fortbildung,
Nichtdiskriminierung und Umweltstandards für die Produktion
werden nicht nur erwähnt, sondern in eigenen Abschnitten
genauer beschrieben. Der EBR kann mehrere Sachverständige
hinzuziehen, z. B. für Arbeits- und Gesundheitsschutz,
Pensionsfragen, Arbeitsbeziehungen sowie einen
Rechtsanwalt. Der Vorsitzende des EBR fungiert als "EWC Development
Co-ordinator" und wird hierfür komplett freigestellt.
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6. Gründung von Europäischen
Betriebsräten
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Niederländischer
Fleischwarenhersteller erstmals mit EBR
Am
15. November 2012 wurde zwischen der zentralen Leitung und dem
Besonderen Verhandlungsgremium (BVG) von Plukon Food mit Sitz in
Oldebroek (Provinz Gelderland) eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Das
Unternehmen, einer der größten
Geflügelfleischproduzenten in Europa, hat 2.200 Arbeitnehmer
in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Die zehn EBR-Mitglieder
treffen sich zu zwei jährlichen Sitzungen und wählen
einen Lenkungsausschuß aus zwei Personen.
Die Vereinbarung basiert auf dem neuen
niederländischen EBR-Gesetz (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2011).
Französische
Staatsbahn gründet Holding-EBR
Am
6. Dezember 2012 unterzeichnete die zentrale Leitung der SNCF
in Paris mit dem Besonderen Verhandlungsgremium eine EBR-Vereinbarung.
Europäische Betriebsräte gibt es im Konzern bereits
für die Frachtsparte Geodis (seit 2000) und die
Nahverkehrstochter Keolis (seit 2010), beide bleiben bestehen. Dem
neuen EBR auf der obersten Unternehmensebene werden 26 Mitglieder
angehören, darunter zehn aus Frankreich. Belgien, Deutschland,
Dänemark, Schweden, Italien und das Vereinigte
Königreich erhalten je zwei Sitze, Spanien, Ungarn,
Rumänien und die Niederlande je einen. Der Vorsitz liegt
nach französischem Usus beim Arbeitgeber.
Die
Vereinbarung geht bei der Definition der transnationalen
Zuständigkeit über die Mindeststandards der neuen
EBR-Richtlinie hinaus. Sie ist eine der
wenigen Vereinbarungen, die die Regelung
über die Anhörung des EBR bei feindlichen
Übernahmen des neuen französischen EBR-Gesetzes
übernimmt. Diese Besonderheit existiert nur in Frankreich
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2011). Die laufende Arbeit wird von einem
engeren Ausschuß aus fünf Mitgliedern koordiniert,
die jährlich je 120 Stunden Freistellung für diese
Aufgabe erhalten (Sitzungszeit nicht mitgerechnet).
Der EBR-Sekretär erhält 320 Stunden und
ein jährliches Budget von 8.000 Euro für kleinere
Einkäufe.
Aufspaltung des EBR mitten in der
Gründungsphase
In der britischen Technologiegruppe Cookson kann
der Europäische Betriebsrat auf eine bewegte Geschichte
zurückblicken. Gegründet wurde er erstmals 2005. Als
die Arbeitnehmervertreter jedoch die EBR-Vereinbarung
kündigten und die Neuverhandlung zu keinem Ergebnis
führte, wurde er 2009 wieder aufgelöst
und danach ein Besonderes Verhandlungsgremium gebildet. Dieses einigte
sich am 7. Juni
2012 mit der zentralen Leitung auf eine neue EBR-Vereinbarung
basierend auf dem neuen britischen EBR-Gesetz.
Die
Unterzeichnung am 11. Oktober 2012 fand zu einem
denkbar ungünstigen Zeitpunkt statt, denn
am 19. Dezember 2012 wurde Cookson nach der mehr als
300jährigen Unternehmensgeschichte als Dienstleister
der Grundstoffindustrie in drei
unabhängige Einheiten aufgespalten. Der
größere Bereich Engineered Ceramics firmiert jetzt
als Vesuvius und hat die EBR-Vereinbarung formell übernommen.
Der kleinere Bereich Performance Materials firmiert seither als Alent
und
wird ein Netzwerk von Arbeitnehmervertretern errichten, das sich
am Geist dieser EBR-Vereinbarung orientiert. In beiden Unternehmen ist
die Sitzverteilung komplett neu auszutarieren.
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7.
Update von EBR-Vereinbarungen
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Irisches
Verpackungsunternehmen integriert neue EBR-Richtlinie
Der
größte Wellpappehersteller Europas hat
kürzlich seine
EBR-Vereinbarung aktualisiert. In einer Pressemitteilung wies das
Unternehmen am 4. Oktober 2012 darauf hin, daß der EBR
künftig eine proaktive Rolle spielen werde und bei geplanten
Betriebsänderungen sofort einbezogen wird, um
Auswirkungen
und Umsetzungspläne gemeinsam mit dem Management zu
besprechen.
Smurfit
Kappa hat seinen Sitz in Dublin und beschäftigt weltweit
40.000
Arbeitnehmer in 32 Ländern, davon allein 5.000 in Deutschland.
Die
EBR-Vereinbarung war im Juni 2006 nach der Fusion der beiden
Vorgängerunternehmen am Sitz der Europazentrale in Paris
geschlossen worden und ging damals bereits über die
üblichen Mindeststandards hinaus (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2006).
Ein wichtiges Thema darin ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz. Neben
Smurfit Kappa gibt es nur sechs EBR-Gremien nach irischem Recht (siehe Länderbericht
Irland in den EBR-News 3/2007).
Italienischer
Kabelhersteller fusioniert zwei
Euro-Betriebsräte
Am
30. November 2012 wurde für Prysmian in Mailand eine
EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Seit Übernahme des
niederländischen Kabelherstellers Draka im Februar 2011 gab es
zwei EBR-Gremien, die eng zusammenarbeiteten. Die neue Vereinbarung
ersetzt nun die beiden Vorgängergremien und sieht 28
Mitglieder
vor, die 22.000 Arbeitnehmer vertreten und zweimal jährlich
tagen.
Zweimal jährlich kommen auch die sieben Mitglieder
des
Lenkungsausschusses zusammen. Die neue Vereinbarung sichert eine gute
Einbeziehung der Standorte, die keinen Sitz im EBR haben und gilt
für italienische Verhältnisse als beispielhaft. Nach
dem
Zementhersteller Buzzi Unicem ist dies die zweite EBR-Vereinbarung, die
nach dem Inkrafttreten des neuen italienischen EBR-Gesetzes
unterzeichnet wurde
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2012).
Schwedischer
Gesundheitskonzern erweitert EBR-Rechte
Auf einer
Sitzung in Paris wurde am 30. November 2012 die EBR-Vereinbarung
für Capio aktualisiert. Das schwedische Unternehmen betreibt
rund 100 Krankenhäuser in acht Ländern und befindet
sich im Besitz von Finanzinvestoren. Der 2006 errichtete
Europäische Betriebsrat war der allererste im
privaten Gesundheitswesen (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2006). Die EBR-Vereinbarung integriert die
verbesserten
EU-Standards zur Unterrichtung und Anhörung, erhöht
die Mandatszahl und stärkt die Arbeitsmöglichkeiten
für die EBR-Mitglieder inklusive Zutrittsrecht zu allen
Standorten. Folgende Texte sind nur in englischer Sprache
verfügbar:
Eine
Auswahl von
EBR-Vereinbarungstexten haben wir
auf einer Downloadseite
zusammengestellt.
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8. Transnationale Betriebsvereinbarungen
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Schneider Electric
verletzt Abkommen
Am
11. Dezember 2012 wurde der Lenkungsausschuß des EBR von
Schneider Electric über die Schließung des Werkes
Rieti in Mittelitalien mit 181 Arbeitnehmern zum Jahresende 2014
informiert. Die Entscheidung war zu diesem Zeitpunkt bereits gefallen.
Eine vorausschauende und sozialverträgliche
Gestaltung von Betriebsänderungen, wie sie 2007 zwischen der
zentralen Leitung des französischen Elektrotechnikkonzerns und
dem damaligen Europäischen Metallgewerkschaftsbund (EMB)
vereinbart wurde (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2007), war nicht mehr möglich. Schneider
Electric steht damit in einer Reihe mit dem Stahlkonzern ArcelorMittal,
der bei der Schließung von Werken in Belgien ebenfalls gegen
ein von ihm selbst unterzeichnetes Abkommen verstößt
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2011). Bisher gibt es keinen Rechtsrahmen
und keine Sanktionsmöglichkeiten
für derartige transnationale Betriebs- und Tarifvereinbarungen.
Mehrere
italienische
Europa-Abgeordnete machten daraufhin am 11. Dezember 2012 die
Europäische Kommission in einer parlamentarischen Anfrage auf
mögliche Verstöße gegen die Richtlinie zu
Massenentlassungen und die EBR-Richtlinie aufmerksam. In seiner Antwort
vom 21. Februar 2013 verwies Sozialkommissar Andor für solche
Fälle auf den Gerichtsweg. Eine neue Wendung erhielt
die angekündigte Werksschließung dagegen in Italien.
Am 8. Februar 2013 fand in Rom im Ministerium für
wirtschaftliche Entwicklung ein Treffen statt, bei dem sich das
örtliche Management von Schneider Electric verpflichtete,
wirtschaftlich
tragfähige Alternativen zur Schließung zu
prüfen.
Französisches
Ver- und
Entsorgungsunternehmen regelt Gesundheitsschutz
Am 13. Dezember 2012
verpflichtete sich die zentrale Leitung von Veolia Environnement
gegenüber dem EBR zu einem klaren Engagement im betrieblichen
Arbeits- und Gesundheitsschutz. Die Absprache ist zwar juristisch
betrachtet nur eine einseitige Erklärung des Unternehmens, der
Text wurde aber zuvor in einer Arbeitsgruppe zwischen der zentralen
Leitung und dem EBR ausgehandelt. Später könnte daher
eine vollwertige europäische Betriebsvereinbarung daraus
werden. Im Oktober 2010 wurde die EBR-Vereinbarung des
Unternehmens erheblich verbessert (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2011).
Gleichbehandlung auf
europäisch
Am
15. Februar 2013 wurde für die französische
Versicherungs-
und Bankengruppe Groupama ein europaweites Abkommen zur
Qualität des Arbeitslebens und zur Vermeidung jeglicher Art
von
Diskriminierungen geschlossen. Für die Überwachung
des
umfangreichen Dokuments ist der 2000 gegründete
Europäische
Betriebsrat zuständig. Dessen EBR-Vereinbarung war zuletzt am
22.
November 2012 aktualisiert worden. Folgende Texte sind nur in
englischer
Sprache verfügbar:
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9. Vom
Rahmenabkommen zum
Weltbetriebsrat
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Norwegischer Energiekonzern mit
dauerhaften weltweiten
Mindeststandards
Am
17. Dezember 2012 ist das internationale Rahmenabkommen
für Aker Solutions in Oslo unbefristet verlängert
worden. Die zentrale Leitung hatte es 2008 erstmals mit
den Gewerkschaften probeweise vereinbart (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2008). Für die weltweit 24.000
Arbeitnehmer in 30 Ländern gibt es einen
Beschwerdemechanismus, falls die im Abkommen benannten
Kernarbeitsnormen verletzt werden. Die folgenden Texte sind nur in
englischer Sprache verfügbar:
Norwegischer Telefonanbieter
übernimmt soziale
Verantwortung
Am 18. Januar 2013 wurde in
Oslo für die ehemalige staatliche Telefongesellschaft Telenor
ein internationales Rahmenabkommen über grundlegende soziale
Rechte unterzeichnet. Bestandteil ist das Recht auf kollektive
Vertretung und Tarifverhandlungen, was insbesondere für die
Niederlassungen in Asien einen Meilenstein darstellt. Wenige
Tage später wurde erstmals in Bangladesch eine
betriebliche Gewerkschaftsvertretung anerkannt. Folgende Texte sind nur
in englischer Sprache verfügbar:
Während
andere ehemals staatliche Telefongesellschaften diesen Weg ebenfalls
beschreiten, steht die Deutsche Telekom weiterhin abseits und
verstößt sogar gegen Prinzipien verantwortungsvollen
unternehmerischen Handelns, z. B. in den USA (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2011). France Télécom hatte
2010 schon einen Weltbetriebsrat gegründet (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2010).
Schwedischer
Nutzfahrzeughersteller gründet Weltbetriebsrat
Dieser Schritt ist jetzt auch
bei Volvo erfolgt. Am 31. Januar 2013 wurde in Göteborg ein
Abkommen unterzeichnet, das die Bildung eines Weltbetriebsrates
vorsieht. Bereits seit 2002 gab es alle zwei Jahre ein Treffen des
Europäischen Betriebsrates mit Arbeitnehmervertretern aus
anderen Teilen der Welt. Einmal jährlich wird der
Weltbetriebsrat zukünftig von der zentralen Leitung
unterrichtet und angehört ("Volvo Global Dialogue"). Die
Hälfte der Belegschaft arbeitet außerhalb
Europas.
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10.
Interessante Webseiten
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Europäischer
Betriebsrat von ArcelorMittal
Auf
der Webseite des
ArcelorMittal-Betriebsrates und der IG Metall Bremen sind
nicht nur die örtliche Arbeitnehmervertretung zu finden,
sondern auch die Strukturen in Deutschland und Europa. Der EBR des
luxemburgischen Stahlkonzerns - nach der Fusion im Juli 2007
in seiner jetzigen Form errichtet (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2007) - hat dort eine eigene Rubrik. Unter dem
Titel "Kalte Dusche für die Belegschaft" wird in der
Zeitschrift BR-News der Bremer Belegschaft die aktuelle Situation in
Lüttich dargestellt (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2011).
Fördern
kooperative Arbeitsbeziehungen Innovationen?
Das
Arbeitsförderungsinstitut in Bozen untersuchte in einem
Forschungsprojekt die südtiroler Arbeitsbeziehungen auf ihren
Beitrag zur Innovation. Die Webseite stellt die Ergebnisse des Projekts
vor. Dazu gehört ein Handbuch über "best practices"
bei den Kollektivverhandlungen auf betrieblicher Ebene und eine Analyse
über die Verbreitung organisatorischer Innovationen
in südtiroler Unternehmen.
Britische Gewerkschaftsnews
Aus einer
gewerkschaftlichen Basisperspektive berichtet die unabhängige
Webseite UnionNews kritisch über neueste Entwicklungen im
Vereinigten Königreich. Zu finden sind neben den aktuellen
Meldungen auch Features, Filme und Podcasts in englischer
Sprache.
Produktionsbedingungen der
Apple-Zulieferer
Apples innovative Produkte
brechen Verkaufsrekorde und genießen Kultstatus. Die
Arbeitsbedingungen in der Lieferkette sind jedoch nicht immer
beispielhaft. Die Betreiber der Webseite AppleLabor.com haben diese
Situation in China vor Ort recherchiert und geben einen
Überblick über die aktuelle Berichterstattung der
Medien zum Thema. Sie verweisen auch auf die Selbstverpflichtungen und
Fortschrittsberichte des US-Computerunternehmens. Die Webseite ist nur
in englischer Sprache verfügbar.
Zahlreiche
weitere interessante Links haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Finnische
Gewerkschaften auf langsamer Talfahrt
Im
internationalen Vergleich sind die Gewerkschaften in Skandinavien immer
noch sehr stark: an Mitgliedern und an Ressourcen, aber auch an Ansehen
in der Bevölkerung. Ihre hohen Mitgliederzahlen verdanken sie
teilweise den Arbeitslosenkassen, die meist gewerkschaftsnah
organisiert sind. Allerdings ist der Organisationsgrad auch in
Nordeuropa rückläufig: in Finnland sank er von seinem
historischen Höchststand bei 80% Mitte der 1990er Jahre auf
67% im
Jahr 2009. Diese Länderstudie, publiziert im November 2012,
beleuchtet ausführlich die Geschichte der finnischen
Gewerkschaften, benennt aber auch die aktuellen Herausforderungen.
Leitfaden zum
verantwortungsvollen Verhalten der Multis
Erstmals 1976 hatten die Regierungen der
OECD-Länder
Grundsätze für das verantwortungsvolle Verhalten
multinationaler Unternehmen formuliert. Im Mai 2011 wurden diese
überarbeitet. Neu sind die Sorgfaltspflicht der Unternehmen
für die soziale Situation in der Zulieferkette, aber auch
stärkere Beschwerdemechanismen. Solche Beschwerden werden
immer
wieder auch von Gewerkschaften eingereicht, im Juli 2011 beispielsweise
gegen die Deutsche Telekom wegen gewerkschaftsfeindlichem Verhalten in
den USA (siehe Bericht
in den EBR-News 2/2011). Seit Dezember 2012 liegt dieser
gewerkschaftliche Leitfaden vor, der
sich auf die überarbeiteten Grundsätze
stützt. Online ist er nur in englischer Sprache
verfügbar.
Soziale Entwicklungen
im europäischen Vergleich
Im
Januar 2013 veröffentlichte die Europäische
Kommission auf
476 Seiten eine Fundgrube von Statistiken und Bewertungen über
die
soziale Lage. Einzelne Kapitel untersuchen die
Arbeitslosenzahlen,
die sozialen Sicherungssysteme, die Besteuerung von Arbeitseinkommen,
die Lohn- und Einkommensentwicklung wie auch die
Qualifikationsungleichgewichte auf den europäischen
Arbeitsmärkten. Schnell wird beim Studium der Zahlen
und
Analysen deutlich, wie sich derzeit die Situation einzelner Regionen
der
EU angesichts der Schuldenkrise auseinanderentwickelt. Die
Broschüre ist nur in englischer Sprache verfügbar.
Leitfaden
zum Sozialen Dialog
Im
Januar 2013 publizierte das in Turin ansässige
Schulungszentrum
der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) dieses Handbuch zum
Sozialen Dialog. Es soll Multiplikatoren in den Ländern
Mittel-
und Osteuropas bei der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit
unterstützen. Neben der englischen Originalfassung ist der
Leitfaden auf Kroatisch, Ungarisch, Polnisch und Rumänisch
verfügbar. Slowenisch, Tschechisch, Litauisch und Bulgarisch
sollen bald folgen.
Auf 90 Seiten liefert die Broschüre Basiswissen zum
Sozialen
Dialog auf der Ebene einzelner Länder und auf der
europäischen Ebene. Ein eigenes Kapitel ist den
Europäischen
Betriebsräten gewidmet. Weitere Kapitel beschreiben Strategien
zur
Lösung von Konflikten sowie Techniken der
Verhandlungsführung mit dem Arbeitgeber. Folgende
Texte sind
in englischer Sprache verfügbar:
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12. Die EWC Academy:
Beispiele aus unserer Arbeit
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5. Hamburger EBR- und
SE-Fachtagung
Bereits zum
fünften Mal in Folge fand am 28. und 29. Januar 2013
die jährliche Tagung für Europäische
Betriebsräte und
SE-Betriebsräte in Hamburg statt. 30 Teilnehmer aus
Deutschland, England, Schweden, Norwegen, Polen und den Niederlanden
aus 20
Unternehmen informierten sich über aktuelle Tendenzen.
EBR-Mitglieder
aus dem amerikanischen Technologieunternehmen Hewlett-Packard,
dem deutschen Mischkonzern Freudenberg und vom belgischen
Schaumstoffhersteller Recticel berichteten über
Gerichtsverfahren, Unternehmenskultur und Vertragspolitik. Am zweiten
Tag fand ein Besuch beim Betriebsrat des Airbus-Werkes Hamburg mit
Werksbesichtigung statt.
Nachverhandlung
der
EBR-Vereinbarung bei ZF
In
Vorbereitung auf die nächste
EBR-Plenarsitzung erarbeitete am 22. Januar 2013 in
Friedrichshafen eine Arbeitsgruppe mit Unterstützung
der EWC Academy Eckpunkte zur Anpassung der EBR-Vereinbarung. Der
Automobilzulieferer vom Bodensee hatte den Text seit Errichtung des
EBR im Jahr 2000 nicht mehr aktualisiert. Die Regeln des
neuen deutschen EBR-Gesetzes gelten daher für ZF unmittelbar,
was die
Verhandlungsposition des Betriebsrates erheblich stärkt. 2011
hatte das Unternehmen erstmals weltweite Grundsätze zur
sozialen Verantwortung vereinbart. Zwei Arbeitnehmervertreter aus
Brasilien nehmen regelmäßig an den EBR-Sitzungen
teil (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2012).
Nachverhandlung
der EBR-Vereinbarung bei O2
Am
29. und 30. Januar 2013 traf sich der EBR des Mobilfunkbetreibers zu
einer
Plenarsitzung in Windsor, wo die EWC Academy eine Schulung zur neuen
EBR-Richtlinie durchführte. Der EBR ist 2004 vor dem Aufkauf
durch das spanische Telekommunikationsunternehmen Telefónica
nach britischem Recht gegründet (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2004) und die Vereinbarung zuletzt im September
2009 aktualisiert worden. Für britische
Verhältnisse enthält sie sehr weitreichende
Regelungen.
Telefónica hatte im Jahr 2000
einen weltweiten Verhaltenskodex mit den Gewerkschaften vereinbart
(siehe Bericht
in den EBR-News 4/2007), aber bisher noch keinen eigenen EBR
gegründet. Daher gibt es Überlegungen, den EBR
der Mobilfunksparte auf die gesamte Telefónica-Gruppe
auszudehnen und spanischem Recht zu unterwerfen. Hierzu lieferte die
EWC Academy eine erste Einschätzung.
Vorbereitung auf SE-Verhandlungen
Beim deutschen
Pharmahersteller Lohmann Animal Health soll ein
Besonderes Verhandlungsgremium (BVG) gebildet werden, um eine
SE-Beteiligungsvereinbarung auszuarbeiten. Die EWC Academy
führte am 18. Februar 2013 in Cuxhaven eine Schulung
für die deutschen Betriebsratsmitglieder durch. Der Hersteller
von Geflügelimpfstoffen und Futterzusatzstoffen hat als
Holding eine arbeitnehmerlose Europäische Gesellschaft (SE)
gebildet. Verhandlungen zur Arbeitnehmerbeteiligung der
Tochtergesellschaften müssen jetzt nachträglich
geführt werden.
SE-Betriebsrat legt
Projektbericht vor
Mit
Unterstützung der EWC Academy führte der
SE-Betriebsrat der
Donata Holding SE 2012 ein EU-finanziertes Projekt zur besseren Nutzung
der Unterrichtungs- und Anhörungsrechte durch. Dabei wurde ein
internetbasiertes Berichtssystem für betriebswirtschaftliche
Daten
und Personalkennzahlen entwickelt (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2012).
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13.
Aktuelle Seminartermine
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Die
EWC Academy und ihre
Vorläuferorganisation führt seit
Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von
Europäischen
Betriebräten, SE-Betriebsräten und Besonderen
Verhandlungsgremien durch. 461
Arbeitnehmervertreter aus 189 Unternehmen haben bisher daran
teilgenommen, darunter viele auch mehrfach. Das entspricht etwa 17%
aller Unternehmen in Europa, die einen Europäischen
Betriebsrat oder SE-Betriebsrat gebildet haben.
"Kinoveranstaltung" oder
vollwertiger Europäischer Betriebsrat?
Vom 2. bis 5. April 2013 findet
auf Schloß Montabaur (Foto) ein EBR-Seminar statt, das die
Rechtslage zur Unterrichtung und Anhörung unter dem Aspekt von
Restrukturierungen beleuchtet. Wie soll ein Europäischer
Betriebsrat das Anhörungsverfahren in der Praxis ausgestalten
und rechtssicher eine Stellungnahme erarbeiten? Das Seminar richtet
sich auch an SE-Betriebsräte.
EBR-Schnuppertage
Parallel dazu findet erneut ein
Grundlagenseminar
statt. Es richtet sich an neugewählte Mitglieder in
Europäischen Betriebsräten und an
Betriebsratsmitglieder, die sich über die Schritte zur
erstmaligen Gründung eines EBR informieren wollen. Auch dieses
Seminar ist für SE-Betriebsräte geeignet.
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Die
EBR-News werden herausgegeben von:
Mitarbeiter
dieser Ausgabe:
Werner Altmeyer, Manfred Bobke,
Rita da Luz, Martin Roggenkamp
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Ausgabe: 18.851 Empfänger
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