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16.
April
2014
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1.
Spanische Richter stärken Konsultationsverfahren
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Annullierung von Massenentlassungen bei
US-Automobilzulieferer
Am
14. Februar 2014 erging in Nordspanien ein Gerichtsurteil, das die
Rolle von lokalen und Europäischen Betriebsräten bei
Restrukturierungen erheblich stärkt. Auf Antrag des
Betriebsrats
von Tenneco ordnete der Oberste Gerichtshof von Asturien in Oviedo
(Foto) eine Weiterbeschäftigung aller 216 entlassenen
Arbeitnehmer
in der Küstenstadt Gijón an. Am 21. Januar 2014
stoppte das
Gericht bereits den Abtransport von Maschinen und Anlagen. Obwohl es
hier nur um die Verlagerung eines kleinen Standortes geht, hat der Fall
eine europaweite juristische Sprengkraft.
Nach
Meinung der spanischen Richter war die
Entscheidung über
die Schließung des Standortes in Gijón bereits im
September 2013 in der Konzernzentrale in
Illinois unwiderruflich
gefallen, bevor eine Unterrichtung der europäischen
Arbeitnehmervertreter überhaupt begonnen hatte. Obwohl sich
die
Werksleitung bereiterklärte, eine vom Europäischen
Betriebsrat vorgeschlagene Beratungsfirma zu finanzieren und die
Konsultationsfrist um einen Monat zu verlängern, wurden
betriebswirtschaftliche Alternativen zur Schließung des
Werkes nicht ernsthaft diskutiert. Nach Meinung des
Gerichts
stellt dies einen Bruch des Gesetzes dar. Konsultationen sind in einem
solchen Umfeld sinnlos und damit unwirksam; ohne eine wirksame
Konsultation können keine Entlassungen stattfinden. Bis
spätestens 25. April 2014 ist die Produktion wieder
aufzunehmen
und für die Zeit seit dem Produktionsstopp am
23. Dezember
2013 sind alle Löhne nachzuzahlen.
Konsultation à la
française
In
Frankreich, dem Mutterland des Konsultationsmodells, sind derartige
Urteile an der Tagesordnung, so zuletzt im März 2013
beim
Pharmaunternehmen Sanofi (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2013).
Diese Erfahrung machte aber auch der niederländische
Elektronikkonzern Philips im Februar 2010, als eine
Werksschließung gerichtlich gestoppt wurde (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2010), oder zwei französische
Bankengruppen, deren Fusion im Juli 2009 vorübergehend nicht
stattfinden konnte (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009). Der Europäische Betriebsrat von
Gaz de France hatte im
November
2006 eine Fusion für fast anderthalb Jahre gestoppt
und in
der Zwischenzeit eine Art europäischen Interessenausgleich
ausgehandelt (siehe Bericht
in den
EBR-News 1/2008). In allen diesen Fällen ging es um
die formal korrekte
Durchführung eines Anhörungsverfahrens, das nach
französischer Lesart erst dann endet, wenn der lokale oder
Europäische Betriebsrat eine schriftliche,
betriebswirtschaftlich fundierte Stellungnahme vorgelegt hat (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2011).
Verwirrende Situation in
anderen Ländern
In
Spanien zeichnet sich ein Wandel der Rechtsprechung im
französischen Sinne ab. Ein vergleichbares Urteil hatte im
März 2013 auch der Oberste Gerichtshof in Madrid
gefällt
(siehe Bericht
in den EBR-News 2/2013). Ein genau entgegengesetztes Urteil
wurde dagegen im April 2013 aus
Lettland bekannt. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs in Riga kann
aus einem
fehlerhaften oder überhaupt nicht durchgeführten
Konsultationsverfahren kein Anspruch auf Entschädigung oder
Annullierung von Entlassungen hergeleitet werden. Auch in Deutschland
fehlt bisher ein Verständnis des französischen
Konsultationsmodells,
das die einschlägigen EU-Richtlinien prägt. Der Fall
Tenneco
erinnert an den US-Automobilzulieferer Visteon, dessen EBR im September
2011 vor dem Landesarbeitsgericht Köln keinen
vorläufigen Stopp von Entlassungen in Spanien durchsetzen
konnte
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2011). Es stellt sich die
Frage, wann dieses Thema vom Europäischen
Gerichtshof entschieden wird. Im September
2009 hatten die Luxemburger Richter erstmals die Reihenfolge der
Schritte für den korrekten Ablauf
eines Konsultationsverfahrens genauer definiert (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2009).
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2.
Auflösung des EBR bei Kündigung von Alt-Vereinbarungen
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Arbeitnehmervertreter in Londoner
Großbank schreiben Rechtsgeschichte
Seit
dem 6. Oktober 2012 gibt
es bei HSBC keinen Europäischen Betriebsrat mehr. Europas
größte Bank mit weltweit 270.000
Beschäftigten und 7.200 Filialen ist jetzt gezwungen, die
Gründung eines neuen EBR auf Basis der neuen EU-Standards zu
verhandeln. Die Alt-Vereinbarung vom September 1996 war zuvor von der
Arbeitnehmerseite einstimmig gekündigt worden.
Seit
vielen Jahren gab es
Kritik, weil die zentrale Leitung nicht bereit war, korrekte
Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren mit dem EBR
durchzuführen. Auslösender Punkt für die
Kündigung der EBR-Vereinbarung war die Schließung
eines Shared Service Center in Ostrau (Tschechien) im September 2011
ohne Konsultation mit dem Europäischen Betriebsrat.
Juristische Schritte dagegen waren nicht möglich, weil
"freiwillige" Alt-Vereinbarungen auf Basis von Artikel 13 der alten
EBR-Richtlinie im Vereinigten Königreich nicht einklagbar
sind. Die EBR-Mitglieder sahen daher keinen Sinn in einer Fortsetzung
ihrer Arbeit auf dieser rechtlichen Basis.
Steiniger
Weg zu einem "echten" EBR
Die EU-Richtlinie sieht bei
Beendigung "freiwilliger"
Alt-Vereinbarungen keine Nachwirkung vor. Der Weg führt daher
über ein Besonderes Verhandlungsgremium (BVG), das innerhalb
von
drei Jahren eine vollwertige EBR-Vereinbarung aushandeln kann. In
dieser Zeit gibt es aber keinen Europäischen Betriebsrat. Bei
HSBC konstituierte sich das BVG am 5. März 2013, weitere
Treffen mit der zentralen Leitung fanden im November 2013 und
März 2014 statt. Ein Verhandlungsergebnis gibt es bisher noch
nicht, die Frist läuft noch bis Oktober 2015. Danach greifen
die subsidiären Bestimmungen des britischen EBR-Gesetzes
(TICER 2010) und es wird ein "EBR kraft Gesetz" gebildet. Welche guten
Arbeitsmöglichkeiten sich damit realisieren lassen, zeigt das
Beispiel der Fluggesellschaft easyJet (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2012).
Neue
EU-Standards für US-Management schwer verdaulich
Seit dem 24. Januar 2014 gibt
es bei Hewlett-Packard keinen Europäischen Betriebsrat mehr.
Wenige Tage vor Weihnachten waren die Verhandlungen über eine
Anpassung der alten EBR-Vereinbarung gescheitert. Der EBR hatte sie im
Juli 2012 mit einer Frist von 18 Monaten gekündigt und das
Unternehmen vor dem Arbeitsgericht Brüssel verklagt - wegen
mangelhafter Unterrichtung über drohende Massenentlassungen
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2012).
Im
Dezember 2012 einigten sich
beide Seiten auf eine Beilegung des Rechtsstreits. Die zentrale Leitung
sagte zu, innerhalb eines Jahres eine vollwertige EBR-Vereinbarung auf
Basis der neuen EU-Richtlinie zu erarbeiten und damit die rechtliche
Unsicherheit einer "freiwilligen" Alt-Vereinbarung zu beenden. Im
Gegenzug akzeptierte die Arbeitnehmerseite britisches Recht,
bislang basierte der EBR auf belgischem Recht. Im Verlauf des Jahres
2013 gab es mehrere
Verhandlungsrunden, in denen die zentrale Leitung jedoch keine
Bereitschaft zeigte, die neuen EU-Standards ernsthaft anzuwenden. Es
gab weiterhin keine richtigen Anhörungen und
Sachverständige
wurden nicht bezahlt. Möglicherweise hoffte das
Management auf den fehlenden Mut der
Arbeitnehmervertreter. Diese nahmen jedoch eine
Auflösung des
EBR in Kauf, da ihnen die
neuen
Konsultationsstandards wichtiger waren als die Fortsetzung einer
sinnlosen
"Kinoveranstaltung".
Bereits
wenige Tage
nach Auflösung des EBR hatten elf Länder
einen offiziellen Antrag zur Bildung des Besonderen
Verhandlungsgremiums eingereicht. Die zentrale Leitung muß
daher
spätestens am 27. Juli 2014 die konstituierende Sitzung
einberufen. Wird das BVG fristgerecht eingeladen,
läuft
die Frist bis Januar 2017. Scheitern die Verhandlungen oder wird das
BVG nicht fristgerecht eingeladen, ist am Tag darauf ein EBR auf
Basis der subsidiären Bestimmungen des britischen EBR-Gesetzes
(TICER 2010) zu errichten. Die folgenden Texte sind nur in
englischer Sprache verfügbar:
Juristischer Hintergrund: Wie
kann die Auflösung
des EBR vermieden werden?
Ein
Szenario wie bei HSBC oder Hewlett-Packard ist theoretisch in
über 400
Unternehmen möglich. Nach Artikel 14 der neuen (Artikel 13 der
alten) EBR-Richtlinie sind alle Vereinbarungen, die vor dem 22.
September
1996 unterzeichnet oder die zwischen Juni 2009 und Juni 2011
geändert wurden, vom Gesetz nicht erfaßt. Dieses
Zugeständnis an die Arbeitgeberverbände im
Gesetzgebungsverfahren sollte davon abschrecken, "freiwillige"
Alt-Vereinbarungen zu kündigen. Bis zu drei Jahre kann
die betriebsratslose Zeit dauern.
Einzige
Möglichkeit,
eine Auflösung des EBR zu
vermeiden und trotzdem die verbesserten Standards von Unterrichtung und
Anhörung zu integrieren, ist
die Nutzung von Artikel 13 der neuen EU-Richtlinie über
Neuverhandlungen bei Änderungen der Unternehmensstruktur. Es
fehlt allerdings an einer klaren Definition, wann dieser
Sachverhalt vorliegt. Gerichtsentscheidungen gibt es noch keine.
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3. Französisches Arbeitsrecht in Bewegung
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Konsultationsverfahren gesetzlich
neu geregelt
Am
1. Januar 2014 ist in Frankreich eine neue Verordnung über die
Rechte des Betriebsrates (Comité d'entreprise) in Kraft
getreten. Damit wird das Anhörungsverfahren neu definiert. Die
Verordnung begrenzt die Frist bis zur Abgabe einer Stellungnahme und
regelt Umfang und Prozedere der Vorlage betriebswirtschaftlicher Daten.
Die Regelung ist Teil der umstrittenen Antikrisenpolitik der
sozialistischen Regierung (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2013) und wird europaweit beobachtet, weil das
französische
Konsultationsverfahren die Blaupause für die EU-Richtlinien
zum
Europäischen Betriebsrat war.
Die
Abgabe einer Stellungnahme durch den Betriebsrat hat eine hohe
juristische Bedeutung für das gesamte Verfahren. Der
Arbeitgeber
ist zwar nicht verpflichtet, die Vorschläge des Betriebsrates
zu
berücksichtigen, er muß aber bei der Umsetzung von
Maßnahmen auf die Stellungnahme warten, um sie
theoretisch
berücksichtigen zu können. Anders formuliert: erst
nach
einem korrekt durchgeführten und beendeten
Konsultationsverfahren sind Entlassungen möglich, die
vor
Gericht Bestand haben.
Französische Betriebsräte
versuchen daher gerne, die Stellungnahme so lange
hinauszuzögern,
bis der Arbeitgeber ihnen beim Interessenausgleich entgegenkommt.
Verhandlungen finden also immer vor Abgabe der Stellungnahme statt.
Hier liegt das Geheimnis der französischen Betriebsverfassung,
die
bei kluger Anwendung ähnliche Resultate erbringen kann wie die
deutsche Mitbestimmung.
Fristen
in der neuen Verordnung
Um
eine schnellere Umsetzung von Restrukturierungen zu
ermöglichen,
wird das gesamte Verfahren beschleunigt. Die Betriebsparteien
sollen vor Beginn eines Konsultationsverfahrens einvernehmlich Fristen
vereinbaren. Fehlt eine Absprache, beträgt die Frist zur
Abgabe der Stellungnahme einen Monat. Beauftragt der Betriebsrat
eine Beratungsgesellschaft, so verlängert sich die Frist
automatisch auf zwei
Monate. In einigen Fällen, die gesetzlich klar definiert
sind, kann sie auch drei oder vier Monate betragen. Diese
Fristen
gelten jedoch nur für den französischen
Betriebsrat.
Der Europäische Betriebsrat kann sich nach wie vor so
viel
Zeit nehmen, wie er braucht (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2011).
Die
Frist beginnt, wenn der
Arbeitgeber alle Informationen
über seine Pläne vorgelegt hat. Da es über
den Umfang
dieser Daten und den Zeitpunkt des Fristbeginns
regelmäßig Streit gibt, wurde in der Verordnung auch
dieser
Punkt geregelt. Der Sachverständige hat nach seiner Bestellung
drei Tage, um zusätzliche Unterlagen anzufordern und
der Arbeitgeber hat diese innerhalb von fünf Tagen zu liefern.
Der
Betriebsrat kann beim Arbeitsgericht eine einstweilige
Verfügung
beantragen, um die Frist zu stoppen, wenn er zuwenig Informationen
erhalten hat, um alle betriebswirtschaftlichen Details zu durchschauen.
Neu ist jetzt: nach Ablauf der Frist kann der Arbeitgeber frei handeln,
auch
wenn der Betriebsrat keine
Stellungnahme beschlossen hat. Deutsche Betriebsräte kennen
dieses Prozedere bei personellen Einzelmaßnahmen.
Folgende Texte sind nur in französischer Sprache
verfügbar:
Das Reifenwerk von Goodyear
Wie das
bisherige französische Konsultationsrecht in der Praxis wirken
kann, zeigt das Reifenwerk von Goodyear in Amiens (Nordfrankreich).
Seit 2007 hat der Betriebsrat die Standortschließung mit
1.200
Beschäftigten erfolgreich verhindert, indem er sich weigerte,
eine
Stellungnahme abzugeben. Von Gerichten wurden immer wieder Formfehler
des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren festgestellt (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009). Doch langfristig ist die
Schließung nicht aufzuhalten. Um
in den Sozialplanverhandlungen höhere Abfindungen
durchzusetzen, wurden im Januar 2014 Manager
als Geiseln genommen ("boss-napping").
Verfassungsrat
kippt gesetzlichen Zwang zur Investorensuche
Am
27. März 2014 wurde das sogenannte "Loi Florange" vom
Verfassungsrat in Teilen annulliert, da es das Recht auf
Eigentum
verletze. Dieses Gesetz zwingt Firmen, vor der
Schließung
lebensfähiger Standorte zunächst einen
Käufer zu suchen,
der die Produktion weiterführen will. Wenn dies nicht
geschieht,
wären Geldstrafen fällig geworden. Das
Gesetz war eine
Reaktion auf die Schließung des Stahlwerkes von ArcelorMittal
in
Flörchingen (Lothringen) und ein Wahlversprechen von
François Hollande (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2013).
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4. Meldungen aus weiteren
Ländern
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Politische Interventionen gegen
Betriebsrat in den USA
Vom
12. bis 14. Februar 2014 stimmte die Belegschaft des Volkwagen-Werkes
in Chattanooga (Tennessee) mit einer knappen Mehrheit von 712 zu 626
Stimmen und bei einer Wahlbeteiligung von 98% gegen die Anerkennung der
US-Automobilgewerkschaft UAW und die Bildung eines lokalen
Betriebsrats. Die Abstimmung war begleitet von massiven Kampagnen der
Republikanischen Partei - von Lobbygruppen finanziert, die sich als
"Freiheitskämpfer" gegen die "German Mitbestimmung" ausgaben.
Das
Werk würde deutlich mehr Aufträge erhalten, wenn die
Arbeitnehmer sich gegen die Gewerkschaft wenden, so ihre Parole. Im
Kern ging es jedoch darum, einen Präzedenzfall in den
gewerkschaftsfeindlichen Südstaaten zu verhindern.
Seit
Gründung des Werkes 2011 versucht der Weltkonzernbetriebsrat,
eine
Arbeitnehmervertretung zu gründen. Es ist das einzige
Volkswagen-Werk ohne Arbeitnehmervertretung auf der ganzen Welt. Selbst
in China gibt es Vertretungsstrukturen, wenn auch (noch) nicht im
westlichen Sinne. Hätte die Belegschaft zugestimmt,
wäre es
der erste Betriebsrat nach deutschem Vorbild auf dem Boden der USA
gewesen.
"Union Avoidance Industry" - auf
Einschüchterung spezialisiert
In
den USA gibt es eine ganze Branche von Beratungsunternehmen, die sich
selbst als "Labour Relations Consultants" bezeichnen, aber als
"Gewerkschaftsjäger" ("union busters") die Bildung von
Arbeitnehmervertretungen torpedieren. Sie setzen mehrere Hundert
Millionen Dollar im Jahr um und sind zunehmend auch im Vereinigten
Königreich aktiv (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010). Aber auch europäische Konzerne,
die sich in der EU korrekt
verhalten, nutzen die Situation in den USA, um internationale
Arbeitsstandards zu verletzen. Im September 2010 hatte dies eine Studie
der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch enthüllt
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2010). Folgende Texte sind nur in
englischer Sprache
verfügbar:
Arbeitsgerichtshof erlaubt
Arbeitskampf
Am
20. Februar 2014 entschied das oberste Arbeitsgericht von
Dänemark
über die Rechtmäßigkeit eines
Arbeitskampfes zur
Durchsetzung des dänischen Flächentarifvertrages bei
ausländischen Leiharbeitern. Die polnischen Maler waren von
einem
Unternehmen mit Sitz in Detmold nach Aarhus entsandt, um drei Monate
lang ein Hotel zu sanieren. Als sich das deutsche Unternehmen am 29.
November 2013 weigerte, den dänischen Tarifvertrag zu
unterzeichnen und die Leiharbeiter weiter zu Dumpingsätzen
entlohnt wurden, organisierte die Malergewerkschaft Streikposten und
Sympathiestreiks. Hiergegen klagte das deutsche Unternehmen jedoch
vergeblich. Während bei einem vergleichbaren Rechtsstreit in
Schweden der Europäische Gerichtshof 2007 solche
Streiks noch
untersagte (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2007), ist das aktuelle Urteil aus
Kopenhagen ein Sieg für die Gewerkschaften.
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5. Neugründung von
Europäischen Betriebsräten
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Joint Venture mit eigenem EBR
Der Automobilzulieferer
ZF Lenksysteme mit Sitz in Schwäbisch Gmünd
verfügt seit dem 12. Dezember 2013 über einen
Europäischen Betriebsrat. Das Gemeinschaftsunternehmen
gehört jeweils zur Hälfte
Bosch und ZF Friedrichshafen und war 1999 gegründet worden.
Der EBR vertritt drei
Länder: Deutschland, Ungarn und Frankreich. Das Werk im
Vereinigten Königreich war 2011 geschlossen worden. Bisher ist
die Belegschaft weder über den Europäischen
Betriebsrat von Bosch noch von ZF Friedrichshafen vertreten worden
(siehe Bericht
in den
EBR-News 1/2013). Die nächste EBR-Sitzung ist in
Ungarn geplant, wo ein
weiterer Produktionsstandort entstehen soll.
Erstmals EBR-Gründung in
Slowenien
Am 18. Dezember 2013 wurde in Wöllan in
der Untersteiermark eine EBR-Vereinbarung für Gorenje
unterzeichnet. Es
handelt sich um den ersten EBR nach slowenischem Recht. Gorenje
war bereits in
Jugoslawien einer der größten Hersteller von
Gasherden, Waschmaschinen und Geschirrspülern. Mit
über 11.000 Beschäftigten ist es heute einer der
größten Arbeitgeber Sloweniens. Bereits seit 2007
gab es
regelmäßige Sitzungen zur Unterrichtung und
Anhörung
mit Arbeitnehmervertretern aus Tschechien, aber noch keinen
vollwertigen EBR.
Der
EBR konstituierte sich im Januar 2014. Er tagt zweimal
jährlich und hat 18 Mitglieder, darunter zehn aus Slowenien.
Je ein Sitz entfällt auf Dänemark, Schweden, die
Niederlande, Deutschland, Österreich, Tschechien und Kroatien.
Serbien verfügt über ein Gastmandat. Der
geschäftsführende Ausschuß besteht aus vier
Mitgliedern. Die EBR-Vereinbarung übernimmt sonst alle
Regelungen der neuen EU-Richtlinie. Nach slowenischer Rechtslage hat
Gorenje auch einen Aufsichtsrat aus sechs Anteilseigner-
und vier Arbeitnehmervertretern. Der Vorsitzende des
slowenischen Betriebsrates ist Mitglied im Aufsichtsrat
und hatte den Vorsitz im Besonderen
Verhandlungsgremium inne. Slowenien hatte sein Arbeitsrecht bereits
1993 stark am Vorbild von Deutschland und Österreich
orientiert.
EBR-Gründung Nummer 10
in
Spanien
Am
4. Februar 2014 wurde für FerroAtlántica in Madrid
eine
EBR-Vereinbarung nach spanischem Recht unterzeichnet. Der einzige
Stahlkonzern in spanischem Besitz hat Produktionsstandorte an der
Atlantikküste Nordspaniens und in Frankreich. Daher
wird er
nur zwei Länder umfassen. Seine Mitglieder kommen
allerdings
aus unterschiedlichen Standorten und Tochtergesellschaften. Zuletzt war
im November 2013 ein EBR in Spanien gegründet worden (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2013), das Land hat noch einen großen
Nachholbedarf.
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6.
Update von EBR-Vereinbarungen
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Italienischer
Röhrenhersteller integriert neue EU-Richtlinie
Am
23. Oktober 2013 wurde die EBR-Vereinbarung von Tenaris bei einer
Sitzung in Zillenmarkt (Nordrumänien) erneuert. Der
EBR war
im Dezember 2008 nach italienischem Recht
gegründet worden.
Er besteht weiterhin aus elf Mitgliedern, die einmal pro Jahr
tagen: acht aus Italien und drei aus Rumänien. Neu
ist der
Schulungsanspruch und die Definition von Unterrichtung und
Anhörung aus der neuen EU-Richtlinie.
Der geschäftsführende Ausschuß
wird von zwei auf
drei Mitglieder aufgestockt. Seit Jahren fordern die Gewerkschaften
eine Einbeziehung von vier weiteren Ländern
außerhalb
Europas, die im Konzern eine wichtige Rolle spielen (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009).
US-Elektronikkonzern
wechselt nach Luxemburg
Am
14. Februar 2014 wurde in Heidelberg eine
aktualisierte EBR-Vereinbarung für Rockwell Collins
unterzeichnet.
Der Hersteller von Flugzeugelektronik verfügt seit der
Aufspaltung
des damaligen Mischkonzerns Rockwell International im Jahr 2001
über einen EBR nach britischem Recht. Der Text trug eine
typisch
britische Handschrift der Frühphase der Errichtung eines EBR.
Unter dem Dach des Mischkonzerns gab es schon ab 1996 ein
Europäisches Forum.
Für
die Arbeitnehmervertreter ist die neue EBR-Vereinbarung in
zweifacher Hinsicht ein Fortschritt. Zum einen unterliegt sie
luxemburgischem und nicht mehr dem arbeitgeberfreundlichen britischen
Recht, zum anderen wurde die neue EBR-Richtlinie vollständig
integriert. Plenarsitzungen können bis zu zweimal pro Jahr
stattfinden, und der geschäftsführende
Ausschuß besteht
aus fünf Mitgliedern. Dem EBR gehören Vertreter aus
Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Schweden, den Niederlanden und aus
dem Vereinigten Königreich an. Beraten wird das Gremium durch
die
EWC Academy (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2013).
Weltmarktführer
für technische Gase stärkt sozialen Dialog
Am
26. März 2014 wurde in Paris eine grundlegend
überarbeitete
EBR-Vereinbarung nach den Standards der neuen EU-Richtlinie
für
Air Liquide unterzeichnet. Der französische Konzern
verfügt
seit dem Jahr 2000 über einen Europäischen
Betriebsrat, der
von 28 auf 30 Mitglieder aufgestockt wird. Davon kommen sieben aus
Frankreich und je drei aus Deutschland und Italien.
Der
geschäftsführende Ausschuß besteht
künftig aus
fünf Mitgliedern, die aus verschiedenen
Ländern kommen
müssen. Sitzungen des EBR wie auch des Ausschusses finden
zweimal
jährlich statt. Der EBR kann die Beratungsgesellschaft des
französischen Konzernbetriebsrates mit europaweiten
betriebswirtschaftlichen Analysen beauftragen. Sämtliche
Kosten
werden von der zentralen Leitung getragen, zusätzlich
erhält
der geschäftsführende Ausschuß
jährlich ein
eigenes Budget in Höhe von 10.000 € für
außerplanmäßige
Übersetzungen, Reisetätigkeiten oder externe
Beratung.
Da der EBR auf französischem Recht basiert, liegt der
Vorsitz
beim Arbeitgeber. Die Geschäftsleitung entsendet vier
Personen:
den Vorstandsvorsitzenden, den Arbeitsdirektor und zwei weitere
Spitzenmanager.
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7. SE-Aufsichtsräte
mit und ohne Mitbestimmung
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Medienkonzern bleibt
mitbestimmungsfrei
Seit
2. Dezember 2013 firmiert der Axel Springer-Konzern in der
Rechtsform einer Europäischen Gesellschaft (SE). Da in
Deutschland
die Mitbestimmung in Medienunternehmen als Teil des sogenannten
"Tendenzschutzes" eingeschränkt ist, gab es im Aufsichtsrat
keine
Arbeitnehmervertreter. Im Zuge der SE-Umwandlung wurde diese Situation
für die Zukunft festgeschrieben. Die Axel Springer SE bleibt
das
einzige deutsche Unternehmen im Börsenindex M-DAX ohne
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, was die Gewerkschaft
ver.di
heftig kritisiert.
Das
Besondere Verhandlungsgremium (BVG) setzte sich aus 20 Mitgliedern
zusammen, darunter acht aus Deutschland und je eines aus zwölf
weiteren Ländern. Deutschland stellt mit über 9.300
Arbeitnehmern knapp 80% der EU-Belegschaft, gefolgt von Frankreich,
Großbritannien und Ungarn. Da es zuvor noch keinen
Europäischen Betriebsrat gab, ist der am 4. März
2014 in Berlin
erstmals tagende SE-Betriebsrat eine völlige
Neuerung. Ihm gehören 15 Mitglieder an, denn Länder
mit
kleiner Belegschaft sind nicht vertreten. Plenarsitzungen finden
zweimal
jährlich statt, der geschäftsführende
Ausschuß
tagt ebenfalls zweimal pro Jahr.
Softwarekonzern
SAP mit überraschend großem
paritätischen Aufsichtsrat
Am
10. März 2014 wurde am Konzernsitz von SAP in Walldorf bei
Heidelberg eine SE-Beteiligungsvereinbarung unterzeichnet, die zur
europäischen Spitzengruppe gehört. Damit
bestätigt sich
eine Tendenz, wonach SE-Verhandlungen im Laufe der letzten
Jahre
zunehmend bessere Resultate erbringen und sich damit auch qualitativ
immer weiter von EBR-Vereinbarungen abheben. So kann der SE-Betriebsrat
z. B. viermal pro Jahr regular tagen.
Bei
SAP gibt es künftig einen paritätisch besetzten
Aufsichtsrat
mit 18 Mitgliedern. Derzeit besteht der deutsche Aufsichtsrat von SAP
nur aus 16 Mitgliedern, wäre aber ohne die SE-Umwandlung bald
auf
zwanzig angewachsen. Ein SE-Aufsichtsrat mit 18 Mitgliedern ist bisher
nur in einem einzigen Fall erreicht worden: beim
Energieversorger
RWE Generation SE sind es sogar zwanzig Sitze (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2013).
Der Regelfall bei SE-Umwandlungen derart großer Unternehmen
ist
dagegen eine Verkleinerung des Aufsichtsrates von zwanzig auf
zwölf Sitze. Auch bei SAP war dies vom Arbeitgeber
ausdrücklich gewünscht, ist aber frühestens
nach
fünf Jahren möglich und wird danach immer wieder neu
zur
Debatte gestellt. Von den neun Arbeitnehmervertretern kommen sieben aus
Deutschland, eine Vertreterin aus Frankreich als dem Land mit der
zweitgrößten Belegschaft und ein Vertreter
aus einem
weiteren Land, in diesem Fall Slowenien.
Der
im November 2011
gegründete Europäische Betriebsrat (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2011) hatte seither nur ein einziges Mal
getagt und wird jetzt von einem SE-Betriebsrat
abgelöst, der aus 34 Mitgliedern besteht, darunter sieben
Deutsche (im EBR waren es nur drei). Länder mit kleiner
Belegschaft können auf ihr Mandat verzichten, müssen
dies
aber nicht. Für Länder mit mehreren Standorten, aber
ohne Gesamtbetriebsrat, gibt es nationale Treffen der lokalen
Betriebsräte mit ihrem
SE-Delegierten. Dadurch hat die SE-Vereinbarung
eine
Lücke in den nationalen Betriebsverfassungen gefüllt,
so wie im Mischkonzern Freudenberg im März 2012
(siehe Bericht
in den EBR-News 2/2012).
Konsultationsverfahren genauestens
definiert
Negativ
fällt auf, daß die fünf Mitglieder
im engeren
Ausschuß sich nur einmal pro Jahr regulär treffen
können. Weitere Sitzungen finden als Telefonkonferenzen statt.
Nur
in außerordentlichen Fällen sind
zusätzliche
Sitzungen möglich. Problematisch ist die Frist bei
Anhörungsverfahren: eine Woche nach der Sitzung ist eine
Stellungnahme abzugeben, die innerhalb einer weiteren
Woche
von der zentralen Leitung beantwortet wird. Danach können
Restrukturierungen sofort umgesetzt werden. Dieses enge Zeitkorsett
macht
eine betriebswirtschaftlich fundierte Analyse fast unmöglich.
Die Beschreibung des Anhörungsverfahrens
in der SE-Vereinbarung ähnelt
in ihrer Präzision bereits einem Flowchart, wie er in anderen
Unternehmen entwickelt wird (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2013).
Die
überraschend gute SE-Vereinbarung bei SAP ist aus einem
weiteren
Grund bemerkenswert. Bis 2006 gab es für die damals 14.000
Beschäftigten in Deutschland keinen Betriebsrat. Die
erstmalige Wahl wurde durch gerichtliche Schritte erzwungen (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2006). Offenbar hat das Management seither die
Vorteile von sozialem Dialog und Mitbestimmung schätzen
gelernt.
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8. Europaweite Betriebsvereinbarungen
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Niederländische
Frachtfluggesellschaft im Umbruch
Am
9. Dezember 2013 wurde für Martinair Cargo in Amsterdam ein
Rahmenabkommen über die Gestaltung von
Betriebsänderungen auf
europäischer Ebene geschlossen. Vertragspartner sind die
zentrale
Leitung und der Europäische
Betriebsrat der Muttergesellschaft Air France KLM. Zunehmende
elektronische Werkzeuge und Systeme in der Auftragsabwicklung der
Frachtlogistik erfordern mehr Flexibilität. Bei bevorstehenden
Anpassungen verpflichtet sich das Management zu einer transparenten
Unterrichtung der Cargo-Arbeitsgruppe des EBR wie auch der nationalen
Arbeitnehmervertretungen.
Mit
dem Abkommen werden insbesondere die Länder mit
kleinerer
Belegschaft gestärkt. Daher gilt es
ausdrücklich nicht
in den Kernländern Frankreich und Niederlande, wo die
nationalen
Betriebsräte der Fluggesellschaft ohnehin über gute
Strukturen verfügen. Im Juni 2013 hatte der EBR bereits ein
vergleichbares Abkommen für das Bodenpersonal und die
Servicebeschäftigten geschlossen (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2013). Folgende Dokumente sind nur in englischer
Sprache verfügbar:
Französischer
Wein- und
Spirituosenkonzern stärkt soziale Verantwortung
Am
7. Januar 2014 wurde in Paris ein europaweit geltendes Abkommen zur
sozialen Unternehmensverantwortung (CSR) zwischen EFFAT, dem
europäischen Gewerkschaftsverband der Nahrungsmittelindustrie,
und
der zentralen Leitung von Pernod Ricard geschlossen. Das Abkommen war
mit Unterstützung des Europäischen Betriebsrates
ausgearbeitet worden. Es enthält neben den üblichen
Bestandteilen auch einen Passus über die Gestaltung von
Umstrukturierungen sowie Umweltaspekte. Einmal jährlich legt
die
zentrale Leitung einen Monitoring-Bericht über die Einhaltung
des
Vertrages vor. In dringenden Fällen kann kurzfristig der EBR
oder
dessen geschäftsführender Ausschuß
intervenieren.
Französischer
Reifenhersteller mit europäischer Sozialcharta
Am
Rande einer Plenarsitzung des Europäischen Betriebsrats von
Michelin in Valladolid (Zentralspanien) wurde am 26. März 2014
ein
Rahmenabkommen über soziale Verantwortung und Entwicklung
abgeschlossen. Es handelt sich um das erste transnationale Abkommen
seit der EBR-Gründung im Jahr 1999. Benannt sind darin drei
Schwerpunkte: Chancengleichheit und Antidiskriminierung, soziale
Gestaltung von Betriebsänderungen sowie Arbeits- und
Gesundheitsschutz. Einmal jährlich wird der EBR
künftig einen
Bericht über die Umsetzung des Abkommens erhalten. Weiterhin
wurde
eine Liste von Themen erstellt, über die in Kürze
weitere
transnationale Verhandlungen beginnen sollen, darunter auch
Sozialstandards bei Zulieferern und Dienstleistern.
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9. Internationale
Rahmenabkommen
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Belgisches
Chemieunternehmen stärkt soziale Verantwortung
weltweit
Am
17. Dezember 2013 wurde zwischen der zentralen Leitung von
Solvay und dem
Internationalen Industriegewerkschaftsbund (IndustriALL) am Konzernsitz
in Brüssel ein weltweit geltendes Rahmenabkommen über
Sozialstandards unterzeichnet. Einen besonderen Schwerpunkt legt es auf
Arbeitssicherheit sowie auf Umweltschutz, auch bei den Zulieferern.
Zweimal pro Jahr wird eine gemeinsame Delegation in einem von den
Gewerkschaften ausgewählten Land die Einhaltung des Abkommens
überprüfen. Der Europäische Betriebsrat
von Solvay hatte bereits 2008 eine Charta zur nachhaltigen
Entwicklung und sozialen Verantwortung mit der zentralen
Leitung vereinbart (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2008).
Schwedisches
Sicherheitsunternehmen bekennt sich zu Kernarbeitsnormen
Am 19. Dezember 2013
unterzeichnete die zentrale Leitung von Loomis in Stockholm ein
internationales Rahmenabkommen mit den Gewerkschaften. Das Geld- und
Werttransportunternehmen ist in zwölf Ländern Europas
sowie in der Türkei und in den USA vertreten. Eine besondere
Bedeutung hat das Abkommen für die beiden letztgenannten
Länder, die für eine häufige Verletzung von
kollektiven Schutzrechten bekannt sind.
Deutscher
Handelskonzern:
einseitige Erklärung war zu wenig
Am
3. Februar 2014 wurde die Unterzeichnung einer gemeinsamen
Erklärung der zentralen Leitung von Metro mit dem
Europäischen Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften UNI
bekannt. Der Düsseldorfer Handelskonzern wollte für
die weltweit knapp 300.000 Arbeitnehmer zuvor keine verbindliche
Vereinbarung unterschreiben und hatte 2005 einseitig Leitlinien
über faire Arbeitsbedingungen herausgegeben. Der
Europäische Betriebsrat konnte 2011 erstmals eine
paritätische Monitoring-Kommission hierzu durchsetzen
(siehe Bericht
in den
EBR-News 1/2011).
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10.
Interessante Webseiten
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Streiktage in einzelnen
europäischen Ländern
Das Europäische
Gewerkschaftsinstitut (ETUI) in Brüssel hat Ende Januar 2014
neue Infographiken über das Streikgeschehen in 28
Ländern online gestellt. Neben dem europäischen
Vergleich ist es auch möglich, Daten über jedes
einzelne Land abzurufen. An der Spitze der Statistiken, die
zwei Jahrzehnte seit 1991 abdecken, stehen nach wie vor Länder
wie Spanien, Frankreich und Italien, wo es immer wieder zu
Generalstreiks gegen die jeweilige Regierung gekommen ist. Besonders
wenige Streiks gab es in Mittel- und Osteuropa, insbesondere in den
drei baltischen Staaten. Ausnahme ist hier nur Rumänien, wo
aufgrund der besseren gewerkschaftlichen Strukturen etwas
häufiger gestreikt wird. In Westeuropa bilden Deutschland und
die Schweiz das Schlußlicht der Statistik.
Datensammlung
über die Situation in Deutschland
Seit vielen Jahren gibt die
Hans-Böckler-Stiftung jährlich eine Datenkarte zur
wirtschaftlichen und sozialen Lage heraus. Aufbereitet sind Daten zum
Arbeitsmarkt, zur sozialen Sicherheit, Tarifbindung und
Mitgliederzahlen der Gewerkschaften im EU-Vergleich. Die Datenkarte ist
in deutscher und englischer Sprache verfügbar.
Newsletter aus Ungarn
Der Ungarische
Gewerkschaftsbund LIGA startete im Februar 2014 einen zweimonatlichen
Newsletter in englischer Sprache, um seine Aktivitäten und
internationalen Projekte vorzustellen. Ein Viertel der
Gewerkschaftsmitglieder Ungarns sind in Einzelgewerkschaften von LIGA
organisiert. Der heute zweitgrößte Dachverband des
Landes entstand 1988 als Sammelbecken unabhängiger
Gewerkschaften, die sich für einen Systemwechsel einsetzten.
LIGA beteiligt sich nicht an der Fusion von drei anderen
Dachverbänden, die im Mai 2013 angekündigt wurde
(siehe Bericht
in den EBR-News 2/2013). Folgende Dokumente sind nur in
englischer Sprache verfügbar:
Mehrsprachige Plattform
für Arbeitnehmervertreter der Fleischindustrie
Zum Jahreswechsel 2013/14
startete EFFAT, der Europäische Gewerkschaftsverband der
Nahrungsmittelindustrie, eine neue Webseite für
Arbeitnehmervertreter der Fleischindustrie. Neben aktuellen Meldungen
finden sich dort Videos über die Arbeit der
betrieblichen Arbeitnehmervertretung in fünf Ländern,
darunter bei Vion Food (Schottland), Danish Crown (Dänemark)
sowie bei Campofrío (Spanien). Anfang April 2014
wurde auch eine Studie über die Struktur und Dynamik der
europäischen Fleischindustrie veröffentlicht.
Zahlreiche
weitere interessante Links haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Juristische
Kommentare zum deutschen EBR-Gesetz
Zum
Jahreswechsel 2013/2014 ist die 4. Auflage dieses Standardwerks zum
deutschen Betriebsverfassungsgesetz erschienen. Im Anhang ist dort auf
über 170 Seiten die Rechtslage zum EBR und zur
Arbeitnehmerbeteiligung in der SE juristisch im Detail aufbereitet und
kommentiert. Dazu gehören auch die neuesten
Gerichtsentscheidungen, z. B. der EBR von Visteon vor dem
Landesarbeitsgericht Köln (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2012).
Ebenfalls rechtzeitig zu den
deutschen Betriebswahlen ist im Januar 2014 die 14. Auflage dieses
Standardkommentars publiziert worden. Die Autoren
Däubler/Kittner/Klebe/Wedde widmen sich in einem besonderen
Anhang der
grenzüberschreitenden Betriebsratsarbeit. Darin sind auf 105
Seiten das deutsche EBR-Gesetz wie auch das SE-Beteiligungsgesetz
kommentiert, ergänzt wird das Werk durch eine CD-Rom und ein
Formularbuch. Die Autoren haben bereits die neue Rechtslage zum
Europäischen Betriebsrat und aktuelle Gerichtsurteile
berücksichtigt.
Bestandsaufnahme der
Arbeitsbeziehungen in Europa
Im November 2013 ist dieser
Sammelband erschienen. 26 Forscher aus verschiedenen
europäischen Ländern beleuchten darin einzelne
Aspekte der Arbeitsbeziehungen. Ein Kapitel beschreibt z. B. die
Gewerkschaften im Globalisierungsprozess, andere
Beiträge untersuchen Themen rund um den Europäischen
Betriebsrat: Probleme interkultureller Kommunikation oder die
Hindernisse bei der Gründung eines EBR. Auch einzelne
Länder werden genauer untersucht. Nicht zuletzt stehen die
Konsequenzen der Krise in der Euro-Zone im Fokus. Das Buch entstand als
Ergebnis einer Tagung der Forschungsgruppe Arbeitsbeziehungen der
Hochschule Fulda.
Erfolge
des Sozialen
Dialogs auf Branchenebene
Im Januar 2014 ist diese
Broschüre als Sonderausgabe eines Newsletters der
Europäischen Kommission anläßlich des
15jährigen Bestehens des Sozialen Dialogs auf Branchenebene
erschienen. Auf 95 Seiten werden 27 Erfolgsgeschichten einzelner
Branchen dargestellt. Der Soziale Dialog der EU ist ein
institutioneller Austausch zwischen Arbeitgeberverbänden,
Gewerkschaften und der Europäischen Kommission
über sozialpolitische Fragen. Er ist Bestandteil des
Gesetzgebungsverfahrens im Arbeits- und Sozialrecht und in den
grundlegenden Verträgen der EU festgeschrieben.
Solche Dialogforen
gibt es für 40 Branchen. Verfügbar
ist die Broschüre nur in englischer Sprache.
Die
Arbeitswelt Europas 2014
Im
März 2014 legte das Europäische Gewerkschaftsinstitut
(ETUI)
seinen jährlichen Bericht "Benchmarking Working Europe" vor.
Ein
Forscherteam wertet darin Statistiken in acht
Schlüsselbereichen
aus und zieht politische Schlußfolgerungen. Dazu
gehören die makroökonomische Situation
infolge der
harten Sparpolitik, Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, Deregulierung
des Arbeitsrechts, Tarifverhandlungen, Arbeits- und Gesundheitsschutz
und aktuelle Trends der betrieblichen Arbeitnehmervertretung in den
EU-Ländern. Die Publikation umfaßt 132 Seiten und
liegt nur
in englischer Sprache vor. Ergänzend sind Schaubilder abrufbar.
Weitere
Literatur haben wir in einer Literatursammlung
zusammengestellt.
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12. Die EWC
Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
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Airbus-Konzern strukturiert um
Vom
21. bis 23. Januar 2014 fand in Bremen ein Seminar für den
Europäischen Betriebsrat der Airbus Group (so der neue Name
von
EADS) statt. Die Delegierten entwickelten mit Unterstützung
der
EWC Academy Eckpunkte eines strukturierten Konsultationsverfahrens
für die bevorstehende Fusion der beiden Sparten Raumfahrt und
Rüstung und dem angekündigten Abbau mehrerer
Tausend
Arbeitsplätze. Wichtigstes Ziel der Arbeitnehmervertreter ist
ein Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Diese
Maßnahmen
werden auch Auswirkungen auf die innere Struktur des EBR haben, der aus
mehreren Europäischen Spartenausschüssen besteht
(siehe Bericht
in den EBR-News 1/2012).
Hamburger
Fachtagung: Konsultationsverfahren auf dem Prüfstand
Bereits zum sechsten Mal in
Folge fand am 27. und
28. Januar 2014 in Hamburg die jährliche Tagung für
Europäische Betriebsräte und SE-Betriebsräte
statt. 30 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, England,
Portugal und den Niederlanden aus 22 Unternehmen informierten sich
über aktuelle Tendenzen.
EBR-Mitglieder
aus dem Konsumgüterkonzern Unilever, der Fluggesellschaft Air
France KLM und dem Marktforschungsunternehmen Nielsen berichteten
über ihre praktische EBR-Arbeit und die Gestaltung von
Konsultationsverfahren. Am zweiten Tag fand ein Besuch beim Betriebsrat
des Aluminiumwerks von Norsk Hydro in Hamburg mit Werksbesichtigung
statt.
Neue
EBR-Vereinbarung für US-Automobilzulieferer
Seit
Gründung des EBR im Jahr 2000 ist die EBR-Vereinbarung von
Dana
nicht mehr verändert worden. Mit Unterstützung der
EWC
Academy wurde am 25. Februar 2014 bei einer Sitzung im Werk Essen
(Foto) ein Entwurf zur Anpassung an die neuen EU-Standards
ausgearbeitet. Verhandlungen mit der zentralen Leitung sollen in
Kürze beginnen. Die Vereinbarung unterliegt deutschem Recht.
Zuletzt fand im Dezember 2012 ein Seminar für den EBR
statt
(siehe Bericht
in den EBR-News 4/2012).
Klare
Sicht nach der Fusion notwendig
Am
28. März 2014 berieten EBR-Mitglieder von Bausch &
Lomb in
Hamburg mit der EWC Academy über mögliche Optionen
für
die Zukunft ihres Gremiums. Das US-Medizinunternehmen stellt
Kontaktlinsen her und verfügt seit 1996 über einen
EBR nach
britischem Recht. Im August 2013 wurde Bausch & Lomb vom
kanadischen Pharmakonzern Valeant aufgekauft, der selbst noch keinen
EBR gegründet hat. In der nächsten EBR-Sitzung soll
die
weitere Strategie diskutiert werden.
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13.
Aktuelle Seminartermine
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Die
EWC Academy und ihre
Vorläuferorganisation führt seit
Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von
Europäischen
Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen
Verhandlungsgremien durch. Bisher haben 544 Arbeitnehmervertreter aus
214
Unternehmen daran
teilgenommen, darunter viele auch mehrfach. Das entspricht etwa 18%
aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa - die
zahlreichen Inhouse-Veranstaltungen der EWC Academy noch nicht
mitgerechnet.
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Die
EBR-News werden herausgegeben von:
Mitarbeiter
dieser Ausgabe:
Werner Altmeyer, Rainer Appel,
Manfred Bobke, Tea Omeragić, Rudolf Reitter
Verteiler
der deutschsprachigen
Ausgabe: 20.143 Empfänger
Verteiler
der
englischsprachigen Ausgabe: 3.163 Empfänger
Verteiler
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französischsprachigen Ausgabe: 3.071 Empfänger
Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de
Wir freuen uns über
Anregungen zu diesem Newsletter und über Berichte aus Ihrem
EBR.
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