Nr. 1/2018
31. März 2018    
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Willkommen zur Ausgabe Nr. 1 / 2018 der EBR-News  

Inhalt

  1. Gründung einer Europäischen Arbeitsbehörde
  2. Deutsche Mitbestimmung inspiriert Nachbarländer
  3. Blick nach Mittel- und Osteuropa
  4. Beispiele für betriebliche Herausforderungen
  5. Neue EBR-Gerichtsentscheidung
  6. Gründung von Europäischen Betriebsräten
  7. Überarbeitung von EBR-Vereinbarungen
  8. Europaweite Betriebsvereinbarungen
  9. Der Blick über Europa hinaus
10. Interessante Webseiten
11. Neue Publikationen
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 

  1. Gründung einer Europäischen Arbeitsbehörde

Werden Europäische Betriebsräte einen neuen Anlaufpunkt finden?

 

Auf einer Tagung des Europäischen Parlaments in Straßburg legte die Europäische Kommission am 13. März 2018 ihren Vorschlag zur Gründung einer Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) vor. Mit einem Budget von 50 Mio. € und 150 Mitarbeitern soll sie 2019 ihre Arbeit aufnehmen. Wo die neue Behörde ihren Sitz hat, ist noch nicht entschieden. Die Europäische Arbeitsbehörde ist eine der ersten Initiativen im Rahmen der "Europäischen Säule sozialer Rechte" (ESSR), die im November 2017 proklamiert wurde (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017).

 

Derzeit arbeiten 17 Mio. Menschen in einem anderen EU-Land und weitere 1,7 Mio. pendeln jeden Tag über die Grenze zu ihrer Arbeitsstelle. Daher hat die neue Behörde bereits jetzt eine große Zielgruppe. Die Errichtung der Arbeitsbehörde soll durch eine Expertengruppe begleitet werden, der auch Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände angehören. Der genaue Umfang ihrer Kompetenzen wird im Gesetzgebungsverfahren in den kommenden Monaten festgelegt. Während die Gewerkschaften ihr gerne auch Kompetenzen im kollektiven Arbeitsrecht übertragen würden, sind die Arbeitgeberverbände von der Gründung der ELA wenig begeistert.

 

Aufgabenbereiche der ELA laut Vorschlag der Europäischen Kommission

  • Als zentrale Anlaufstelle soll sie Arbeitnehmer, Selbständige und Unternehmen über Rechte und Pflichten informieren, die mit Leben, Arbeiten sowie Aus- und Weiterbildung in einem anderen EU-Land verbunden sind. Dazu gehört auch der Zugang zu sozialen Sicherungssystemen, der von Land zu Land sehr unterschiedlich ausgestaltet ist.
  • Sie soll die Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden im Arbeits- und Sozialrecht stärken und helfen, dass EU-Recht befolgt wird, auch durch gemeinsame Kontrollen. Potenzieller Betrug und Verletzung von Vorschriften, z. B. bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017), sollen besser aufgedeckt werden als bisher.
  • In grenzüberschreitenden Streitfällen soll sie vermitteln und auf Lösungen hinwirken.

Pressemitteilung der Europäischen Kommission

Analyse des Vorschlages aus Gewerkschaftssicht

 

Mögliche Kompetenzen im EBR- und SE-Recht

 

Forscher des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETUI) in Brüssel argumentieren, dass infolge des Binnenmarktes die Arbeitsbedingungen nicht nur von lokalen Vorschriften abhängen, sondern auch von Unternehmensentscheidungen, die unter der Gerichtsbarkeit anderer EU-Länder getroffen werden. Die neue Arbeitsbehörde sollte eine europäische Dimension der Arbeitnehmerrechte und der industriellen Demokratie fördern und daher weitere Zuständigkeiten bekommen:

  • Bei Streitigkeiten über die Anwendung der EBR- oder SE-Richtlinie könnte sie die Rolle einer Schlichtungsstelle übernehmen, die einer Klage vor Gericht vorgeschaltet wird.
  • Da es bisher noch kein offizielles Verzeichnis der Unternehmen gibt, die unter die EBR-Richtlinie fallen oder die eine SE-Umwandlung vorgenommen haben, könnte dies in der Arbeitsbehörde angesiedelt werden.
  • Die zunehmende Praxis, durch Briefkastenfirmen oder Sitzverlagerungen die Mitbestimmung im Aufsichtsrat zu umgehen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015), könnte gezielter überwacht werden. Die Arbeitsbehörde könnte zur Schließung von Rechtslücken beitragen und europaweite Standards der Corporate Governance entwickeln.
  • Da es bisher keinen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Unternehmensvereinbarungen gibt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2013), könnte die Arbeitsbehörde Unterstützung leisten und diese Entwicklungen gezielt fördern.

Die Vorschläge der ETUI-Forscher im Wortlaut

Aktuelle Analyse der EBR- und SE-Landschaft

  2. Deutsche Mitbestimmung inspiriert Nachbarländer

Umbau des Betriebsrätesystems ohne Mitsprache des Parlaments

 

Der französische Präsident Emmanuel Macron unterzeichnete am 22. September 2017 in einer Live-Übertragung im Fernsehen die Verordnung zur Reform des Arbeitsrechts, ein Kernpunkt seines Wahlprogramms (siehe Bericht in den EBR-News 2/2017). Dazu gehört die Einführung von Betriebsräten nach deutschem Vorbild. Die Details wurden in einer Durchführungsverordnung vom 29. Dezember 2017 festgelegt. Die Nationalversammlung ist daran nicht beteiligt, so wie auch schon 2011 bei der Revision der EBR-Richtlinie (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011).

 

Um den sozialen Dialog auf Betriebsebene zu vereinfachen und Kosten zu reduzieren, werden bei den nächsten regulären Betriebsratswahlen 2019 drei Gremien zusammengelegt: die Personaldelegierten, der bisherige Betriebsrat und der Arbeitssicherheitsausschuss. Ihre Rolle übernimmt dann ein neuer Sozial- und Wirtschaftsausschuss ("Comité Social et Économique" - CSE). Allerdings ist dies nur die gesetzliche Auffanglösung, denn Priorität haben betrieblich ausgehandelte Lösungen.

 

Betriebsrat soll Verhandlungspartner des Arbeitgebers werden

 

Die Betriebsparteien können durch Betriebsvereinbarung alte Gremien beibehalten oder neue schaffen. Sie können insbesondere einen Betriebsrat neuen Typs (conseil d'entreprise) nach deutschem Vorbild errichten. In diesem Fall werden vier Instanzen zusammengelegt und die Gewerkschaftsdelegierten in den Betriebsrat integriert. Dies eröffnet die Möglichkeit, Verhandlungen über Betriebsvereinbarungen wie in Deutschland auf den Betriebsrat zu übertragen. Ein separates Gewerkschaftsgremium neben dem Betriebsrat (wie bisher) wäre dann nicht mehr erforderlich. Kommt eine solche Lösung jedoch nicht zustande, gilt folgende Regelung:

 

Alle Betriebe ab elf Arbeitnehmer müssen einen CSE errichten. Er besteht aus dem Arbeitgeber als Vorsitzenden und den gewählten Betriebsratsmitgliedern. Die Gewerkschaften sind nur mit beratender Stimme vertreten und führen Verhandlungen über betriebliche Abkommen ohne den CSE. Die Wahl findet alle vier Jahre statt und wird vom Arbeitgeber in Absprache mit den Gewerkschaften organisiert. Künftig dürfen Betriebsratsmitglieder höchstens drei Wahlperioden hintereinander amtieren. Sie haben einen Schulungsanspruch von fünf Tagen pro Amtszeit und einen besonderen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber beruft mindestens einmal pro Monat eine Betriebsratssitzung ein (in Betrieben mit weniger als 300 Beschäftigten alle zwei Monate).

 

Neue Regeln für Freistellung und Finanzierung

 

Traditionell gibt es in Frankreich eine exakte Stundenzahl für Freistellungen, die von der Betriebsgröße abhängt. Betriebsratssitzungen, die der Arbeitgeber einberuft, werden hierauf nicht angerechnet. Wie bisher erhält der CSE ein eigenes Budget in Höhe von 0,2% der Bruttolohnsumme des Betriebes, in Betrieben ab 2.000 Beschäftigten wird es auf 0,22% angehoben. Während bisher alle Ersatzmitglieder an allen Sitzungen teilnehmen, ist dies künftig nicht mehr vorgesehen. Dadurch wird sich die Zahl der Teilnehmer an Betriebsratssitzungen fast halbieren.

 

Anzahl der Mandate und Freistellungsstunden nach Betriebsgröße

 

Die Unterrichtung und Anhörung bleibt weitgehend unverändert, so wie im August 2015 im Rebsamen-Gesetz festgelegt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015). Der Zugriff auf Sachverständige ist auch weiterhin in ganz erheblichem Umfang möglich. Für die regelmäßige Analyse der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens sowie bei Personalabbau oder Sozialplanverhandlungen zahlt der Arbeitgeber 100% der Kosten. Bei Spezialthemen (neue Technologien, Arbeitsschutz, Gleichstellung) muss er nur noch 80% der Beraterrechnung tragen, 20% zahlt der CSE aus seinem eigenen Budget. Wie bisher gibt es bei mehreren Betrieben einen Gesamtbetriebsrat ("CSE central").

 

Zusammenfassende Analyse der Reformen im Arbeitsrecht

Bericht der Hans-Böckler-Stiftung (siehe ab Seite 10)


Budget für Sachverständige gesetzlich begrenzt

 

Am 22. Dezember 2017 trat in Luxemburg erstmals eine Verordnung in Kraft, die das Betriebsratsbudget für die Hinzuziehung von Sachverständigen auf 0,1% der jährlichen Lohnsumme des jeweiligen Betriebes begrenzt. Im Vergleich zu Frankreich ist dies recht üppig. Der französische Betriebsrat erhält zwar ein Budget von 0,2%, muss davon aber alle seine Verwaltungsaufwendungen, Arbeitsmittel, Reise- und Schulungskosten bestreiten. In Luxemburg gibt es wie in Deutschland dafür keine Budgetbegrenzung. Das gesamte System der betrieblichen Interessenvertretung in Luxemburg orientiert sich seit Januar 2016 am deutschen Vorbild (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015).

 

Die Verordnung im Wortlaut

Aufgaben und Rechte des Betriebsrates in Luxemburg

  3. Blick nach Mittel- und Osteuropa

Tarifpolitik in der slowakischen Automobilindustrie

 

Am 25. Januar 2018 unterzeichneten Betriebsgewerkschaften der drei wichtigsten  Automobilproduzenten der Slowakei bei einem Treffen in Sillein, dem Sitz von Kia Motors im Norden des Landes, ein Memorandum zur besseren Zusammenarbeit in der Tarifpolitik. Es könnte der erste Schritt zu koordinierten Lohnsteigerungen sein, denn bisher wird in jedem Standort noch getrennt verhandelt. Zwar gibt es Branchentarifverträge, sie regeln aber keine effektiven Arbeitsentgelte. Facharbeiter werden vor Ort immer knapper und die deutsche Wirtschaftspresse verkündet bereits das "Ende des Billiglohn-Paradieses Osteuropa". Automobilhersteller und Zulieferer sind das Rückgrat der Wirtschaft der Slowakei und stehen für 44% der gesamten industriellen Produktion. In keinem anderen Land der Welt werden mehr Fahrzeuge pro Einwohner produziert, über eine Million PKW pro Jahr.

 

Bericht über die Unterzeichnung des Memorandums

Länderbericht über die soziale Lage in der Slowakei

 

Die Ereignisse bei Volkswagen Slovakia

 

Im Juni 2017 gab es in der größten und modernsten Automobilfabrik des Landes, bei Volkswagen in Pressburg, den ersten Streik in der Geschichte des Werkes (Foto). Daran beteiligten sich 8.000 der 12.300 Beschäftigten. Mit sechs Tagen Streik konnten sie eine Lohnerhöhung von 14% durchsetzen, im Schnitt verdient ein Produktionsarbeiter jetzt 2.000 €. Zuvor hatte es eine Auseinandersetzung über die Strategie der Gewerkschaft gegeben, die im September 2016 zu einer Spaltung führte. Die lokale Betriebsgewerkschaft mit 78% Organisationsgrad sagte sich von der landesweiten Metallgewerkschaft OZ KOVO los. Auch eine Intervention der IG Metall konnte dies nicht verhindern.

 

Der Slowakische Gewerkschaftsbund (KOZ SR) steht der sozialdemokratischen Partei nahe, die seit 2012 die Regierung stellt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2012). Bei einem Organisationsgrad von landesweit 15% hatte dessen Metallgewerkschaft OZ KOVO 69.000 Mitglieder. Davon entfielen allein 8.000 auf Volkswagen Slovakia, die fast alle zur neuen, militanteren Gewerkschaft übergelaufen sind. Inzwischen gibt es eine neue Sektion der OZ KOVO im Volkswagen-Werk mit nur 500 Mitgliedern.

 

Bericht über die Spaltung der Betriebsgewerkschaft

Bericht über den Streik bei Volkswagen

Bericht über das Ende des Streiks

Hintergrundbericht über die Ereignisse


Hohe Fluktuation verlangsamt Investitionen in Ungarn

 

Am 22. Februar 2018 gab Continental bekannt, ein neues Werk für Automobil-Elektronik in Debrezin im Osten Ungarns zu bauen. Kurz zuvor entschied der deutsche Technologiekonzern, in Budapest auch ein Entwicklungszentrum zu errichten. Im Kontrast dazu steht jedoch die Entscheidung, eine Montagelinie für Bremssysteme trotz Angebot staatlicher Subventionen nicht in Weißbrunn im Westen Ungarns zu erweitern, sondern wieder zurück nach Mecheln nördlich von Brüssel zu verlagern, wo die Löhne vier bis fünf Mal höher sind als in Ungarn.

 

Für westliche Konzerne versprach Ungarn jahrelang attraktive "Extraprofite" als verlängerte Werkbank, weil der Forint massiv abgewertet wurde und die rechtskonservative Regierung das Arbeitsrecht weit stärker liberalisierte als in den Nachbarländern (siehe Bericht in den EBR-News 2/2013). Mittlerweile herrscht aber fast Vollbeschäftigung (3,8% Arbeitslosigkeit landesweit und 2,2% in Budapest), Löhne und Fluktuation steigen stark an, es entstehen Probleme mit der Liefertreue. Der Arbeitskräftemangel führt zur Überlastung der Belegschaften. So kam es im August 2017 in der Supermarktkette Tesco zu Streiks mit der Forderung nach 25% mehr Lohn und 15% mehr Personal. Seit dem 1. März 2018 zahlt die deutsche Discountkette Lidl 20% höhere Gehälter. Im Dezember 2017 erreichte der Lohnanstieg in Ungarn durchschnittlich 13,5%, der Bruttolohn liegt bei 950 €, in der Automobilindustrie etwas darüber.

 

Bericht über die aktuelle Wirtschaftslage in Ungarn

 

Partnerschaftsinitiative der IG Metall

 

Der Konkurrenzdruck entlang der Wertschöpfungskette ist für die deutsche IG Metall schon länger ein Thema. Arbeitsplätze in der Automobilindustrie in Deutschland sind ihrer Meinung nach langfristig nur sicher, wenn auch an ausländischen Standorten die Arbeits- und Einkommensbedingungen verbessert werden. Seit 2016 betreibt sie daher ein Projektbüro mit der ungarischen Metallgewerkschaft VASAS in Raab, 2017 kam ein zweites in Ketschkemet hinzu. Erste Erfolge waren Lohnsteigerungen von 10% bei den Automobilzulieferern Autoliv und Schaeffler. Im Januar 2018 streikte die Belegschaft in einem Vorzeigewerk von Bosch in Hottwan im Norden des Landes für 19% mehr Lohn.

 

Bericht über Lohnsteigerungen in der Automobilindustrie

Bericht über die Arbeit der IG Metall-Projektbüros

Die Webseite der Partnerschaftsinitiative

Selbstdarstellung der ungarischen Metallgewerkschaft

  4. Beispiele für betriebliche Herausforderungen

Forderungskatalog angesichts Großfusion in der Bahnindustrie

 

Am 14. Februar 2018 kamen Gewerkschaftsvertreter von Alstom und Siemens Mobility aus neun Ländern in Brüssel zusammen. Sie bemängelten das Fehlen einer industriepolitischen Strategie, weshalb die Folgen für die Arbeitsplätze bisher nicht einschätzbar sind. Nachdem diese deutsch-französische Fusion im September 2017 angekündigt wurde (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017), organisierten die Gewerkschaften in Deutschland und Frankreich im November 2017 bereits Aktionstage. Bei der Sitzung in Brüssel legten sie einen Fünf-Punkte-Forderungskatalog vor, der die sofortige Aufnahme von Verhandlungen über die Zukunft der Arbeitsplätze beinhaltet.

 

Zuvor hatte der Europäische Betriebsrat von Alstom das Anhörungsverfahren über die geplante Fusion hinausgezögert, weil er Klarheit über die Unternehmensstrategie haben wollte. Er besteht seit 1996 und arbeitet nach französischem Recht (siehe Bericht in den EBR-News 4/2015). Am 8. Februar 2018 kam es bei einer Sitzung in der Alstom-Zentrale in Saint-Ouen (bei Paris) zur Abstimmung über eine Stellungnahme. Die zwei deutschen Delegierten stimmten für die Fusion, die vier französischen und ein weiteres EBR-Mitglied dagegen und sechs Vertreter aus anderen Ländern enthielten sich. Auch im französischen Gesamtbetriebsrat stimmten alle Gewerkschaften gegen den Zusammenschluss. Damit ist der Weg für die zentrale Leitung frei, die Fusion bis Ende 2018 abzuschliessen.

 

Der Forderungskatalog im Wortlaut

Bericht vom Aktionstag in Deutschland

Bericht vom Aktionstag in Frankreich

Die Meinung der französischen Gewerkschaften


Fusion in der französischen Luftfahrtindustrie

 

Eine Woche nach der Übernahme von Zodiac Aerospace durch den Technologiekonzern Safran trafen sich am 21. Februar 2018 zum ersten Mal Arbeitnehmervertreter beider Konzerne in Brüssel. Die EBR-Mitglieder von Safran vereinbarten mit den Betriebsräten von Zodiac Aerospace aus Frankreich, Deutschland, Tschechien und den Niederlanden eine Kooperation. Da es bei Zodiac bisher noch keinen Europäischen Betriebsrat gibt, sollen diese Standorte in den bestehenden EBR von Safran integriert werden.

 

Zodiac stellt Teile der Inneneinrichtung von Flugzeugen (Passagiersitze, Küchen- und Toilettenmodule) her, während Safran auf Triebwerke und Elektronik spezialisiert ist. In Europa haben beide Konzerne zusammen mehr als 50.000 Beschäftigte. Die Arbeitnehmervertreter wollen vor allem Beschäftigung, Verlagerungen und soziale Standards nach der Fusion im Auge behalten. Der Europäische Betriebsrat von Safran wurde nach einer Fusion 2008 gegründet (siehe Bericht in den EBR-News 3/2008) und gilt als sehr aktiv. Auf europäischer Ebene hat er bereits Sozialvereinbarungen zur Kompetenzentwicklung und Karriereförderung sowie zur beruflichen Eingliederung junger Menschen maßgeblich mit verhandelt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015). Seit Oktober 2017 gibt es auf internationaler Ebene auch ein beispielhaftes Rahmenabkommen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017).

 

Bericht von dem Treffen


Erneuter Personalabbau beim Flugzeughersteller Airbus

 

Am 7. März 2018 tagte der SE-Betriebsrat der Airbus Group in Toulouse, wo er über geplante Produktionskürzungen beim Großraumflugzeug A380 und dem Militärtransporter A400M informiert wurde. Dadurch stehen bis zu 3.700 Arbeitsplätze zur Disposition, allein 1.900 in Deutschland (Bremen und Augsburg). Auch das spanische Werk in Sevilla und Filton in England sind betroffen. Der Schwerpunkt soll auf Personalverlagerung liegen, nicht auf Kündigungen. Airbus konnte 2017 den Jahresgewinn fast verdreifachen und eilt von einem Auslieferungsrekord zum nächsten.

 

Bei Airbus gab es bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder Umstrukturierungen. So musste sich der SE-Betriebsrat zuletzt im Oktober 2016 mit der Verlagerung von Forschungs- und IT-Abteilungen befassen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2016). Er arbeitet nach niederländischem Recht und löste im Zuge der Umwandlung des Unternehmens in eine Europäische Gesellschaft (SE) im Juni 2015 den Europäischen Betriebsrat ab, der 2000 gebildet worden war (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015).

 

Bericht über den Personalabbau in Deutschland

Bericht über die Situation in Frankreich

Bericht über mögliche Auswirkungen des Brexit auf Airbus

  5. Neue EBR-Gerichtsentscheidung

EBR gewinnt Rechtsstreit, kann aber keine Sanktionen durchsetzen

 

Am 12. Februar 2018 entschied das Central Arbitration Committee (CAC) in London über die Klage des Europäischen Betriebsrates von Oracle. Die zentrale Leitung des US-Softwareunternehmens hatte den EBR im März 2017 mit einer fünf Seiten umfassenden PowerPoint-Präsentation in einer 50-minütigen Telefonkonferenz über geplante Verlagerungen infolge Cloud Computing und dem Abbau von 380 Arbeitsplätzen informiert. Laut Management war damit die Unterrichtung und Anhörung des EBR erfolgt.

 

Oracle hat seit 2007 einen EBR kraft Gesetz nach britischem Recht, nachdem die Verhandlungen mit dem Besonderen Verhandlungsgremium gescheitert waren (siehe Bericht in den EBR-News 2/2007). Der EBR wandte sich jetzt an das CAC, der ersten arbeitsrechtlichen Instanz in EBR-Fragen, weil es schon seit Jahren Probleme gibt. Sämtliche Informationen werden als "vertraulich" eingestuft oder dem EBR gar nicht erst vorgelegt. Im konkreten Fall begann der Arbeitgeber bereits mit Verlagerungen und Entlassungen, bevor der EBR seine Analyse starten konnte. Ein EBR-Mitglied wurde sogar entlassen. Das Management behauptete, alle Maßnahmen seien lokaler Natur und würden vor Ort behandelt. Der EBR bräuchte daher keine weiteren Informationen, eine außerordentliche Sitzung sei nicht erforderlich und Videokonferenzen würden ausreichen. Am 1. September 2017 fand ein Gütetermin vor dem CAC statt, der kein Ergebnis brachte, und am 18. Januar 2018 folgte die mündliche Verhandlung.

 

Die CAC-Entscheidung im Wortlaut

 

Die einzelnen Punkte der CAC-Entscheidung

 

1. Eine Telefonkonferenz ist keine außerordentliche Sitzung im Sinne der EBR-Richtlinie.

2. Die zentrale Leitung darf nicht sämtliche Informationen pauschal als vertraulich einstufen.

3. Über den Antrag des EBR auf weitergehende Informationen (betriebswirtschaftliche Daten) äußerte sich das CAC nicht, weil die zentrale Leitung während des Verfahrens Zugeständnisse machte.

4. Das Management muss nicht auf die Stellungnahme des EBR warten, bevor Maßnahmen vor Ort umgesetzt werden können.

 

Während Punkt 4 auf höchster Ebene bisher noch nicht entschieden wurde und es z. B. in Frankreich entgegengesetzte Urteile gibt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2008), bestätigt diese Entscheidung eine grundsätzliche Tendenz. Europäische Betriebsräte haben Erfolg, Rechtsverletzungen gerichtlich feststellen zu lassen. Die Frage der Sanktionen wird aber von den Gerichten nicht entschieden. Häufig kommt es - manchmal erst in höheren Instanzen - zu außergerichtlichen Lösungen, die faktisch den EBR erheblich aufwerten. Beispiele der letzten Jahre waren (siehe Bericht in den EBR-News 4/2012):

  • Visteon in Deutschland
  • Nokia Siemens Networks in Finnland
  • Elopak in Norwegen
  • easyJet in Großbritannien

Zwei Beispiele aus jüngerer Zeit sind Emerson Electric in Großbritannien und Amcor in Deutschland (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016).

 

Überblick über bisherige EBR-Gerichtsverfahren

  6. Gründung von Europäischen Betriebsräten

Ältestes Speditionsunternehmen in Österreich künftig mit EBR

 

Am 4. Oktober 2017 wurde am Sitz des Gebrüder Weiss Konzerns in Lauterach (Vorarlberg) eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Das 1823 gegründete Familienunternehmen hat 6.500 Beschäftigte und ist besonders stark in Mittel und Osteuropa vertreten. Im künftigen EBR haben alle Länder ab 150 Beschäftigen mindestens ein Mandat. Da die Vereinbarung nur den Europäischen Binnenmarkt umfaßt, ist die Schweiz nicht vertreten.

 

Die Vereinbarung wurde von einem Besonderen Verhandlungsgremium (BVG) aus nur acht Delegierten erarbeitet. Sie unterliegt vollständig dem neuen österreichischen EBR-Gesetz und die meisten Punkte entsprechen genau dem heutigen Mindeststandard. Pro Jahr ist eine Plenarsitzung vorgesehen, bei Umstrukturierungen gibt es Sondersitzungen. Fristen für die Abgabe von Stellungnahmen wurde nicht festgelegt, die EBR-Mitglieder unterliegen einer strengen Verschwiegenheitspflicht. Das Präsidium aus drei bis fünf Mitgliedern tagt bei Bedarf, der EBR kann weitere Arbeitsgruppen bilden. Die Kosten für Sondersitzungen bei Restrukturierungen, für das Präsidium und für Fortbildungsmaßnahmen werden nicht von der Zentrale, sondern von den Landesgesellschaften der jeweiligen Delegierten getragen.


Neuer EBR für englischen Lebensmittelhersteller

 

Am 12. Oktober 2017 wurde für die Princess Group in Liverpool eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Das Unternehmen, das 1880 in der Hafenstadt als Fischimport startete, gehört heute zum japanischen Mitsubishi-Konzern und hat 6.800 Beschäftigte. Der Schwerpunkt der Produktion liegt im Vereinigten Königreich mit elf Standorten. Weitere Fabriken gibt es in Polen und Italien sowie Thunfisch-Verarbeitung auf Mauritius. Frankreich und die Niederlande haben Niederlassungen.

 

Der Europäische Betriebsrat besteht aus 15 Arbeitnehmervertretern, darunter neun britische und drei aus Italien, die sich einmal jährlich zu einer fünftägigen Sitzung treffen. In gemeinsamen Sitzungen mit dem Management liegt der Vorsitz beim Arbeitgeber. Die fünf Mitglieder des Lenkungsausschusses tagen zweimal pro Jahr mit dem Management und intern immer dann, wenn es notwendig ist. Es gibt einen Katalog von Themen, die ausdrücklich von der EBR-Tagesordnung ausgenommen wurden, dazu gehört der Arbeits- und Gesundheitsschutz. Es wurden strenge Regeln zur Geheimhaltung formuliert.

 

Bei Restrukturierungen wird der EBR unterrichtet und angehört. Maßnahmen kann die zentrale Leitung frühestens umsetzen, wenn er seine Stellungnahme abgegeben hat, auch wenn Anhörungsverfahren in einzelnen Ländern schon vorher beendet wurden. Dies hat in einer "angemessenen Frist" zu erfolgen, ohne genaue Zeitbegrenzung. Ziel dieser Anhörung ist es, eine Einigung mit der zentralen Leitung zu erzielen. Der Passus geht erheblich über die Mindeststandards des britischen EBR-Gesetzes hinaus. Auch die Zuständigkeit des EBR beginnt bereits bei einer sehr niedrigen Schwelle, nämlich sobald zwei Arbeitnehmer in je zwei Ländern von einer Umstrukturierung betroffen sind.


Neue britische Stahlgruppe gründet EBR

 

Am 27. November 2017 wurde für die 4.000 Beschäftigten von British Steel eine EBR-Vereinbarung geschlossen. Die Gruppe hat ihren Sitz in Scunthorpe im Nordosten Englands, dem wichtigsten Zentrum der Stahlproduktion des Vereinigten Königreichs. Das Unternehmen mit dem Traditionsnamen British Steel existiert erst seit Juni 2016. Damals verkaufte die indische Tata-Gruppe einen Teil ihrer Stahlproduktion an eine britische Investmentfirma (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016).

 

British Steel hat drei englische Standorte, die zusammen 14 Mitglieder in den EBR wählen, und eine Fabrik in Lothringen (zwei Mandate). Hinzu kommen vier Beobachter von britischen Gewerkschaften und der französischen CFDT. An den halbjährlichen Plenarsitzungen nimmt der Vorstandsvorsitzende persönlich teil, so steht es in der EBR-Vereinbarung. Die betrieblichen Arbeitnehmervertreter können vier der fünf Mitglieder des engeren Ausschusses wählen, der quartalsweise tagt. Hinzu kommt ein externer Gewerkschaftssekretär. Zusätzlich kann der EBR einen Sachverständigen beauftragen. Jedes Jahr sind zwei Schulungstage vorgesehen und weitere Tage für neugewählte Delegierte. Vier der 16 EBR-Mitglieder bilden den Ausschuss für Arbeits- und Gesundheitsschutz, der zweimal jährlich tagt und Standorte inspizieren kann. Die EBR-Vereinbarung bleibt auch nach dem Brexit in Kraft.

  7. Überarbeitung von EBR-Vereinbarungen

Präzisiertes Konsultationsverfahren beim US-Pharmazie- und Konsumgüterhersteller

 

Am 20. Dezember 2017 wurde eine neue EBR-Vereinbarung für Johnson & Johnson am Sitz der Europaleitung in Diegem (bei Brüssel) für die nächsten fünf Jahre abgeschlossen. Der Europäische Betriebsrat besteht seit 1998 und arbeitet nach belgischem Recht. Er umfaßt alle EU-Länder sowie Norwegen und die Schweiz. Der Vorsitz liegt beim Arbeitgeber und es gibt einen engeren Ausschuss aus fünf Arbeitnehmervertretern mit einem gewählten Sekretär.

 

Neben dem Themenkatalog der Unterrichtung und Anhörung, der sich weitgehend an der EU-Richtlinie orientiert, kann der engere Ausschuss jederzeit Informationen über wichtige Projekte verlangen, z. B. über den Einsatz der Software Workday. Das Konsultationsverfahren ist in einem Flowchart detailliert beschrieben. Sobald die zentrale Leitung ihre Planungen präsentiert hat, wird über die Methode zur Durchführung der Anhörung im konkreten Fall entschieden, die nicht länger als acht Wochen dauern soll. Bei mehrjährigen Projekten wird stufenweise über einzelne Schritte konsultiert. Beteiligt wird der EBR bei allen Maßnahmen, die mehr als 150 Arbeitnehmer in mindestens zwei Ländern betreffen.

 

Jedes Jahr finden eine EBR-Plenarsitzung und zwei Sitzungen des engeren Ausschusses statt, hinzu kommen Sondersitzungen bei außerordentlichen Umständen. Sachverständige dürfen normalerweise nur an den Vorbesprechungen der Arbeitnehmerseite, nicht aber an den Sitzungen mit der zentralen Leitung teilnehmen. Die Verhandlungen über den neuen Vereinbarungstext wurden mit Unterstützung der EWC Academy geführt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2016).


US-Nahrungsmittelgruppe jetzt auf Basis der EBR-Gesetzgebung

 

Am 7. Februar 2018 wurde eine neue EBR-Vereinbarung für Cargill unterzeichnet, die ein Besonderes Verhandlungsgremium während des vollen gesetzlichen Zeitraums von drei Jahren erarbeitet hatte. Ursprünglich hatte Cargill bereits 1996 einen EBR auf "freiwilliger" Grundlage errichtet. Wie bisher fällt er unter britisches Recht und ab jetzt vollständig unter die neue EU-Richtlinie. Die Vereinbarung bleibt nach dem Brexit gültig. Cargill ist ein Familienunternehmen und handelt mit Getreide und Futtermitteln.

 

Das Plenum des EBR trifft sich zweimal pro Jahr: eine reguläre Sitzung mit der zentralen Leitung und eine interne Schulung über zwei Tage. Die sechs Mitglieder im engeren Ausschuss tagen mindestens dreimal pro Jahr. Bei Restrukturierungen beginnt die Unterrichtung des EBR vor der Unterrichtung nationaler Betriebsräte, es gibt keine Frist für die Abgabe einer Stellungnahme und damit für das Ende des Konsultationsverfahrens. Alle EBR-Mitglieder haben das Recht, sämtliche Standorte ihres Landes zu besuchen und können sich von einem Mitglied des engeren Ausschusses dabei begleiten lassen. In jedem Land finden zweimal pro Jahr Treffen des nationalen Managements mit den jeweiligen EBR-Mitgliedern statt. Der EBR bekommt eine eigene Intranet-Seite und - nach französischem Vorbild - ein eigenes Budget. Er kann zwei bezahlte Sachverständige beauftragen. Die EBR-Mitglieder haben einen besonders starker Schutz vor Entlassungen.

 

Bericht über die EBR-Vereinbarung


Vier Spartenbetriebsräte im US-Mischkonzern

 

Kurz vor Ablauf der gesetzlich auf drei Jahre begrenzten Frist erzielte das Besondere Verhandlungsgremium (BVG) von General Electric am 23. Februar 2018 eine Einigung mit der zentralen Leitung über eine EBR-Vereinbarung. Sie gilt für 94.000 Arbeitnehmer in 29 Ländern: Europäischer Binnenmarkt, Schweiz und Vereinigtes Königreich auch nach dem Brexit. Sie unterliegt britischem Recht und den Standards von Unterrichtung und Anhörung der neuen EBR-Richtlinie.

 

Die Verhandlungen wurden notwendig, nachdem General Electric im November 2015 die Energiesparte des französischen Konzerns Alstom übernommen hatte. Zuvor erhielt der Europäische Betriebsrat von Alstom eine Verpflichtungserklärung von General Electric zum sozialverträglichen Personalabbau - ein Novum für ein US-Unternehmen, das nur durch die Drohung mit einem Gerichtsverfahren möglich war (siehe Bericht in den EBR-News 4/2014). Künftig gibt es einen EBR auf der Ebene der Holding mit 21 Mitgliedern und einem geschäftsführenden Ausschuss aus fünf, darunter sind vier Spartenbetriebsräte mit 24 bis elf Mitgliedern und je eigenen geschäftsführenden Ausschüssen angesiedelt. Jedes EBR-Mitglied bekommt eine Firmenkreditkarte, um Reisekosten abzurechnen, und hat in der Amtszeit von vier Jahren zehn Tage Schulungsanspruch. Alle fünf Gremien können ihren eigenen Sachverständigen bestellen, die zentrale Leitung hat kein Veto-Recht bei dessen Auswahl.

 

Die Vereinbarung enthält eine Methodenabsprache über die Durchführung des Konsultationsverfahrens und über die Zuständigkeit des Holding- bzw. der Spartenbetriebsräte. Nach Erhalt aller Informationen beginnt eine Analyse mit Unterstützung externer Sachverständiger, die höchstens fünf Wochen dauert. Nach insgesamt neun Wochen muss die Stellungnahme vorliegen, auf die innerhalb von fünf Tagen von der zentralen Leitung geantwortet wird. Für die operative Durchführung des Konsultationsverfahrens ist ein Unterausschuss ("Consultation Sub-committee") zuständig. Die neue Struktur ist ab September 2018 gültig, bis dahin arbeiten die fünf vorhandenen Europäischen Betriebsräte noch getrennt weiter. Das Modell erinnert an das Beispiel Airbus, wo es ebenfalls mehrere Spartenbetriebsräte gibt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015).

 

Bericht von der Unterzeichnung

Erklärung der Gewerkschaften zum Personalabbau in der Energiesparte

  8. Europaweite Betriebsvereinbarungen

Gemeinsame Erklärung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz

 

Am 1. Juni 2017 erneuerten die zentrale Leitung und der EBR von Vinci das seit 2003 bestehende Abkommen mit dem Ziel "Null Unfälle". Der Baukonzern mit Sitz in Rueil-Malmaison (bei Paris) will europaweit alle lokalen Arbeitnehmervertreter in transparenter Weise zu diesem Thema informieren und Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Vermeidung von Arbeitsunfällen und berufsbedingten Gefahren prüfen. Die wichtigsten Bestandteile der Erklärung sind: Gefährdungsbeurteilung, Schutzausrüstung, Organisation der Arbeitsabläufe, Sensibilisierung und Sicherheitstraining. Quartalsweise erhält der engere Ausschuss des EBR Informationen aus allen 18 europäischen Ländern über Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten. 50 Delegierte im EBR vertreten 100.000 Beschäftigte in Frankreich und 50.000 in anderen Ländern. Die EBR-Vereinbarung war zuletzt 2010 nach einer Fusion überarbeitet worden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2010).

 

Weitere Informationen zur gemeinsamen Erklärung

Die gemeinsame Erklärung im Wortlaut


Italienische Bank fördert Work-Life-Balance in 17 Ländern


Am 28. November 2017 unterzeichneten die zentrale Leitung und der EBR von UniCredit in Mailand eine gemeinsame Erklärung zur Work-Life-Balance. Sie benennt sechs Grundprinzipien, z. B. Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung. Danach sind in fünf Kapiteln der Umbruch der Arbeitswelt und die Konsequenzen für die Personalpolitik bei UniCredit präzisiert: Digitalisierung, örtliche und zeitliche Flexibilität, das persönliche Zeitmanagement ("Work smarter, not harder"), Wohlbefinden und kultureller Wandel. Jeder Beschäftigte solle "Arbeit bei der Arbeit lassen" und sich technikfreie Zonen schaffen, inklusive einem verantwortlichen Umgang mit E-Mails. Die Überwachung der Erklärung erfolgt gemeinsam durch den Europäischen Betriebsrat und die zentrale Leitung. Es ist bereits die vierte Vereinbarung bei UniCredit, zuletzt war im Mai 2015 eine Erklärung zum verantwortlichen Vertrieb unterzeichnet worden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015).

 

Pressemitteilung zur Unterzeichnung

Die Erklärung im Wortlaut

Die Webseite des Europäischen Betriebsrates

  9. Der Blick über Europa hinaus

Internationales Gewerkschaftsnetz im britisch-amerikanischen Medienkonzern


Am 22. und 23. November 2017 tagte die Gewerkschaftsallianz für Liberty Global auf der Karibikinsel Grenada. Mit der Übernahme des britischen Unternehmens Cable & Wireless Communications sind im Mai 2016 zahlreiche Länder in der Karibik und in Lateinamerika hinzugekommen. Liberty Global ist der größte Kabelnetzbetreiber der Welt außerhalb der USA. Die Gewerkschaftsallianz kritisierte die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Outsourcing nach der Akquisition. Seit Juni 2017 gibt es bei Liberty Global auch einen Europäischen Betriebsrat (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017).

 

Bericht vom jüngsten Gewerkschaftstreffen

Rückblick auf das erste Gewerkschaftstreffen 2016

Bericht vom ersten weltweiten Aktionstag 2016


Finnischer Papierhersteller bekennt sich zu weltweiten Sozialstandards


Am 19. Januar 2018 unterzeichnete die zentrale Leitung von Stora Enso  in Genf ein internationales Rahmenabkommen (IFA) mit drei Gewerkschaftsverbänden auf weltweiter Ebene. Es garantiert die Respektierung von Menschenrechten und die Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung, grundlegende Gewerkschaftsrechte und Koalitionsfreiheit und zielt auf eine Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Auch Zulieferer von Stora Enso sollen auf diese Prinzipien verpflichtet werden. Die Unterzeichner treffen sich alle zwei Jahre, um die Einhaltung zu überprüfen. Dabei wird auch der Europäische Betriebsrat einbezogen. Bei Konflikten über die Interpretation des Abkommens, das für 25.000 Arbeitnehmer in 35 Ländern gilt, benennen beide Seiten einen Mediator.

 

Bericht von der Unterzeichnung

Das Rahmenabkommen im Wortlaut


Britisches Verkehrsunternehmen misst mit zweierlei Maß


Am 19. Februar 2018 trafen sich in Madrid Gewerkschaftsvertreter aus Nordamerika, Spanien und dem Vereinigten Königreich, um die Situation bei National Express zu besprechen. Der britische Konzern betreibt in den USA zahlreiche städtische Buslinien und ist mit seinem Schülerverkehr in 33 Bundesstaaten und in Kanada vertreten. Die gewerkschaftsfeindliche Haltung des Managements in den USA steht im Widerspruch zu den Grundsätzen, die das Unternehmen in Europa selbst propagiert, so die Gewerkschaften. Einen Europäischen Betriebsrat hat National Express bisher noch nicht gegründet. In Deutschland ist der Konzern als regionaler Eisenbahnbetreiber in Nordrhein-Westfalen tätig.

 

Pressemitteilung der Gewerkschaften

  10. Interessante Webseiten

Informationen zur europäischen Gewerkschaftspolitik


Die Abteilung Europa und Internationales beim Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Berlin informiert seit Juli 2017 in einem elektronischen Newsletter regelmäßig über die europäische und internationale Gewerkschaftspolitik. Neben der Europapolitik werden auch aktuelle Fragen der Globalisierung behandelt und Veranstaltungen angekündigt.

 

Die Webseite der Abteilung Europa und Internationales


Demographischer Wandel in der Flugzeugproduktion


Zwei Jahre lang führte die IG Metall ein europäisches Projekt zum Beschäftigungswandel in der Luft- und Raumfahrtindustrie durch. Beteiligt waren Gewerkschaften aus acht EU-Ländern. Ziel war es, die Kompetenzen betrieblicher Arbeitnehmervertreter zu stärken, damit sie auf die künftige Gestaltung von Personalentwicklung und Arbeitsorganisation ihrer Branche Einfluss nehmen können. Auf der Webseite des Projekts wird über die Ergebnisse berichtet.

 

Die Webseite des Projekts


Schwedische Angestelltengewerkschaft informiert in mehreren Sprachen


Mit zehn Mio. Einwohnern gehört Schweden zu den kleineren EU-Ländern, aber mit hohem gewerkschaftlichen Organisationsgrad. Mehr als 600.000 Mitglieder hat allein Unionen und ist dadurch die größte Angestelltengewerkschaft der Welt. In mehreren Sprachen informiert sie über ihre eigene Arbeit, über das schwedische Modell der Sozialpartnerschaft, über die Tariflandschaft und über die gewerkschaftsnahe Arbeitslosenkasse.

 

Die Broschüre von Unionen

Die Webseite von Unionen


Britische Sichtweise auf die Arbeitswelt von morgen


Seit Februar 2016 gibt es in London das Changing Work Center, das fortschrittliche Ideen für die moderne Arbeitswelt entwickeln will. Es veranstaltet Debatten und führt Forschungsprojekte durch, um Auswirkungen des aktuellen Wandels für die Arbeitnehmer zu beleuchten und wie Regierung und Politik darauf reagieren sollten. Träger sind die Fabian Society, ein 1884 gegründeter Thinktank im Umfeld der Labour Party, und die Gewerkschaft Community. Eine neue Studie über Gewerkschaften in der Privatwirtschaft zeigt beispielsweise, dass die am stärksten wachsenden Branchen die niedrigsten Mitgliederzahlen aufweisen.

 

Die Webseite des Zentrums

Die Studie über Gewerkschaften in der Privatwirtschaft

  11. Neue Publikationen

Juristisches Nachschlagewerk zum EBR-Recht

 

Im Januar 2018 ist die 5. Auflage dieses Handkommentars zum deutschen Betriebsverfassungsgesetz erschienen. Darin gibt es ein eigenes Kapitel mit 177 Seiten zum deutschen EBR-Gesetz und 34 Seiten zur Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE). Berücksichtigt wurde bereits die Gesetzesänderung über Videokonferenzen, die seit Oktober 2017 gilt (siehe Bericht in den EBR-News 2/2017). Der Kommentar widmet sich u. a. auch der Frage von Sanktionen, die zur Anwendung kommen, wenn das Management die Rechte des EBR verletzt. Einige der jüngsten Gerichtsverfahren dazu sind im Kommentar beschrieben (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016). Bisher gibt es allerdings noch keine eindeutige, europaweite Rechtsprechung dazu.

 

Inhaltsverzeichnis mit Leseprobe

Rezension der Neuauflage

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Deutsches und französisches EBR-Recht im Vergleich

 

Im Januar 2018 ist diese Dissertation erschienen, die sich im Detail mit der Entstehung der EBR-Richtlinie 1994 und ihrer Revision von 2009 beschäftigt. Untersucht wird insbesondere die Umsetzung der neuen Rechtslage von 2009 in Deutschland und in Frankreich. Punkt für Punkt werden alle Änderungen der beiden nationalen Gesetze miteinander verglichen. Ein eigenes Kapitel fragt, wie der EBR seine Beteiligungsrechte notfalls vor Gericht durchsetzen kann. Dazu werden die Entscheidungen im Fall Gaz de France in Frankreich (siehe Bericht in den EBR-News 1/2008) und im Fall Visteon in Deutschland (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011) analysiert und gegenübergestellt. Auch weitere Rechtsprechung zum Thema EBR wird besprochen. Am Ende enthält das Werk noch drei EBR-Fallstudien der Unternehmen TUI, Deutsche Telekom und Deutsche Bahn.

 

Weitere Informationen über das Buch

Online-Bestellung des Buches


Alles unter Kontrolle? Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter

 

Die Digitalisierung stellt viele Konstanten der Arbeitswelt infrage. Wie stark ist der digitale Wandel an deutschen Arbeitsplätzen schon angekommen? Im Januar 2018 legte die Friedrich-Ebert-Stiftung dazu eine Studie vor. Auf 60 Seiten wird die Frage beleuchtet, wie mit technischen Innovationen auch sozialer Fortschritt erzielbar ist. Welche Anpassungs- und Reformbedarfe in Arbeitspolitik und Arbeitsrecht sollten jetzt umgesetzt werden? Im Einzelnen beleuchten die Autoren u. a. folgende Aspekte: digitale Arbeitsorte, digitale Verfügbarkeit, digitale Arbeitszeiten und digitaler Arbeitsschutz, aber auch die Mitbestimmung in digitalen Arbeitskontexten.

 

Download der Studie


Europäische Betriebsräte in der Papierindustrie

 

Im Februar 2018 legte der europäische Gewerkschaftsverband UNI Graphik & Verpackungen eine Branchenstudie über den Hygienepapiersektor vor, der durch eine hohe Marktkonzentration geprägt ist. Allein sechs multinationale Unternehmen kontrollieren 70 bis 80% des europäischen Marktes. In drei Konferenzen wurde die wirtschaftliche Lage, die Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Ländern und Unternehmen sowie die sozialen Auswirkungen von Umstrukturierungen untersucht. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf dem Arbeitsschutz. Das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt mündete schließlich in eine Roadmap, die zu einer Stärkung der Europäischen Betriebsräte führen soll und in dieser Broschüre dokumentiert ist. So weigert sich z. B. das italienische Familienunternehmen Sofidel nach wie vor, Schritte zur Errichtung eines Europäischen Betriebsrates einzuleiten (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015).

 

Bericht über das Projekt

Download der Broschüre

Bericht von einem Gewerkschaftstreffen in Italien

  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit

Zehnte EBR- und SE-Fachtagung mit 60 Teilnehmern aus elf Ländern


Am 29. und 30. Januar 2018 fand zum zehnten Mal die Hamburger Fachtagung der EWC Academy zu aktuellen Entwicklungen im Bereich EBR und SE statt. Ein Schwerpunkt waren diesmal die Reformen in Frankreich, wo zur Zeit das Tarifsystem und die Strukturen der Betriebsräte völlig umgebaut werden. Präsentiert wurden auch Resultate einer Studie, die die Managementsicht auf den EBR untersuchte.


Konstituierende EBR-Sitzung nach der Fusion

 

Vom 27. Februar bis 1. März 2018 tagte zum ersten Mal der erweiterte Europäische Betriebsrat des US-Elektronikkonzerns Rockwell Collins im englischen Werk Winnersh westlich von London (Foto). Durch Übernahme des US-Flugzeugzulieferers B/E Aerospace hat sich die Delegiertenzahl im EBR nahezu verdoppelt, er vertritt jetzt 3.500 Beschäftigte in sieben Ländern. Die Verhandlungen zur Anpassung der EBR-Vereinbarung von Rockwell Collins waren im September 2017 abgeschlossen worden (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017). Um die neuen Delegierten auf ihre Aufgabe vorzubereiten, führte die EWC Academy eine Schulung durch.


Schulung für neuen SE-Betriebsrat

 

Am 6. und 7. März 2018 trafen sich die Mitglieder des kürzlich gegründeten SE-Betriebsrates von Busch zu einer Schulung am Sitz des Pumpenherstellers in Maulburg (Schwarzwald). Die EWC Academy lieferte dabei nicht nur Wissen über die Rechte und Pflichten, sondern half auch bei der Ausarbeitung einer Geschäftsordnung für den SE-Betriebsrat und unterstützte die interne Teambildung. Die Vereinbarung vom Oktober 2016 ist eine der kürzesten, die in der SE-Historie je abgeschlossen wurde (siehe Bericht in den EBR-News 1/2017).

  13. Aktuelle Seminartermine

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 773 Arbeitnehmervertreter aus 273 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch mehrfach. Das entspricht etwa 21% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Hinzu kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine


EBR- und SE-Seminare auf Schloss Montabaur

Vom 28. bis 31. August 2018 findet unser jährliches Grundseminar für die Mitglieder von Europäischen Betriebsräten und SE-Betriebsräten auf Schloss Montabaur statt, unweit des ICE-Bahnhofes auf halbem Weg zwischen Frankfurt am Main und Köln. Dabei werden folgende Themen parallel angeboten:

  • EBR- und SE-Schnuppertage (für Einsteiger)
  • Von einer Kinoveranstaltung zum vollwertigen Konsultationsorgan (für Fortgeschrittene)

Bericht von diesem Seminar im Jahr 2012


11. Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte


Wie jedes Jahr findet am 28. und 29. Januar 2019 unsere jährliche Fachtagung im Hotel Hafen Hamburg statt. Zu Beginn werden die neuesten Entwicklungen in der EBR- und SE-Landschaft wie auch aktuelle Gerichtsentscheidungen vorgestellt. Zum Programm gehören ebenfalls wieder interessante Fallbeispiele ("best practice") aus zwei Unternehmen.


6. Deutsch-britische Betriebsrätetagung in London


Am 21. und 22. März 2019 findet die nächste EBR-Fachtagung in London statt, in einem hochbrisanten politischen Umfeld wenige Tage vor dem Brexit. Sie richtet sich insbesondere an Mitglieder Europäischer Betriebsräte, die britischem Recht unterliegen, und an Arbeitnehmervertreter, die sich für das Arbeitsrecht des Landes interessieren. Die Veranstaltung wird simultan gedolmetscht.

 

Bericht von einer früheren Londoner Betriebsrätetagung


Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare

  14. Impressum

Die EBR-News werden herausgegeben von:

EWC Academy GmbH
Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 21.196 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 3.809 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 3.754 Empfänger

Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de

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