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27.
Juni 2005
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1. Fusionen
und Restrukturierungen -
zentrales
Thema für den EBR
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Unternehmen wollen durch
Fusionen Synergievorteile nutzen. Für die
Beschäftigten ist dies fast immer gleichbedeutend mit dem
Verlust von Arbeitsplätzen, wie im Beispiel Bombardier (siehe
Foto). Wie soll ein EBR auf Fusionen und Restrukturierungen reagieren?
Wir berichteten in den EBR-News
1/2005 über das Beispiel General Motors und
über Diskussionen, echte Mitbestimmungsrechte für
Europäische Betriebsräte zu etablieren. Die Praxis
sieht jedoch häufig anders aus, die Qualität von
Information und Konsultation läßt zu
wünschen übrig.
Die Rolle
des EBR im "Change Management"
Bei einer Konferenz
am 11. und 12. Mai 2005 in Paris berichteten etwa 30 Referenten,
darunter viele EBR-Sekretäre (der Vorsitz liegt in
französischen Firmen traditionell beim Arbeitgeber)
über die mangelhafte Qualität der von der
Konzernleitung gelieferten Informationen und die fehlende
Zeit, eine begründete Stellungnahme auszuarbeiten.
Die Folge sei ein fehlender Einfluß des EBR bei
grenzüberschreitenden Restrukturierungen. Organisiert wurde
die Konferenz von der Vereinigung "Europe et
Société", die unabhängig von der Politik und den
Sozialpartnern einen Ort zur Diskussion europapolitischer Themen in
Frankreich bieten will.
Das eigentliche
Motto der Konferenz waren jedoch die Herausforderungen der
EU-Osterweiterung für Europäische
Betriebsräte. Viele Redebeiträge zeigten,
daß durch die EU-Osterweiterung zwar keine wirklich neuen
Probleme entstanden sind, allerdings hätten sich die bereits
vorhandenen Probleme für den EBR verschärft.
Verhandlungen über die Anpassung der EBR-Vereinbarung
konzentrieren sich meist auf die Zahl der Sitze, darüber
hinausgehende Fragen (logistische und interkulturelle Probleme und
soziale Befürchtungen innerhalb des Gremiums) werden kaum
aufgegriffen. Auch nach der Erweiterung bleibt die eigentliche
Herausforderung, den EBR funktionsfähig zu machen.
Eine
weitere Konferenz fand am 11. Juni 2005 in Brüssel statt, dort
wurde die Rolle Europäischer Betriebsräte in
Umstrukturierungsprozessen diskutiert. Veranstalter waren die
französische Betriebsräteberatung Syndex und der
Europäische Gewerkschaftsbund (EGB). Syndex hatte zuvor die
EBR-Arbeit in den Unternehmen Miroglio, Reckitt Benckiser und Schneider
Electric untersucht. Kernpunkte der Studie war die praktische Wirkung
des EBR in Bezug auf die generelle Situation des Unternehmens, die
Vorgehensweise bei Fusionen und bei Arbeitszeitregelungen.
Das
Ergebnis der Studie zeigt die gleichen Probleme, die sich auch in
vielen anderen Europäischen Betriebsräten stellen:
Das Management gibt Informationen meist erst dann weiter, wenn die
Entscheidungen bereits gefallen sind. Eine vorherige
Konsultation findet bis auf Ausnahmen nicht statt. Zwischen den
EBR-Mitgliedern gibt es teilweise gravierende Kommunikationsdefizite
aufgrund von Sprachproblemen, fehlender Infrastruktur sowie von
Fehleinschätzungen der Wichtigkeit von Informationen. Die
EBR-Mitglieder sind nicht ausreichend auf ihre Tätigkeit
vorbereitet und teilweise nur mangelhaft dafür ausgebildet.
Antworten
der Gewerkschaften
EBR-Koordinatoren
des Europäischen Gewerkschaftsverbandes für den
Öffentlichen Dienst (EGÖD) hatten bereits im August
2004 Leitlinien für Fusionen und Übernahmen
entwickelt, die für Unternehmen der Energie- und
Wasserversorgung oder der Entsorgung richtungsweisend sind. Es finden
sich darin zahlreiche praktische Empfehlungen für eine
verbesserte EBR-Arbeit.
Für
den Europäischen Metallgewerkschaftsbund (EMB) ist die Frage,
wie auf grenzüberschreitende Umstrukturierungen zu reagieren
sei, inzwischen zu einem Anliegen höchster Dringlichkeit
geworden. Der EMB hatte am 7. und 8. Juni 2005 zehn
Grundsätze für den Umgang mit
Unternehmensrestrukturierungen beschlossen, die neben der
Entwicklung eines Frühwarnsystems auch die völlige
Transparenz aller in Europa für die Arbeitnehmerseite
verfügbaren Informationen beinhaltet. Ähnlich wie bei
General Motors sollen Vertreter des EMB-Sekretariats, EBR- und
Aufsichtsratsmitglieder des betroffenen Unternehmens und hauptamtliche
Betriebsbetreuer der nationalen Gewerkschaften ad hoc eine
Koordinierungsgruppe bilden, sobald eine Umstrukturierung ansteht.
Aktuelles
Beispiel: die Fusion von UniCredit und HypoVereinsbank
Bevor
ein Europäischer Betriebsrat seine Konsultationsrechte
wahrnehmen kann, muß es überhaupt erst einmal einen
EBR geben. Arbeitnehmervertreter der an der Fusion beteiligten Banken
aus Italien, Deutschland und Österreich beschlossen daher bei
einem Treffen in Wien am 24. Juni 2005, einen EBR bei UniCredit zu
gründen.
Während
die Konzernleitung rund 7% der
150.000 Beschäftigen abbauen möchte, fordern die
Gewerkschaften Gespräche über die künftige
Strategie. Entlassungen als Folge der Fusion sollen ausgeschlossen und
die geltenden Tarifverträge und Arbeitsbedingungen sowie die
nationalen Banken und Standorte erhalten werden. Besonders dramatisch
ist die Situation in Polen, wo die Zusammenlegung der zweit- und
drittgrößten Bank des Landes rund 6.000
Arbeitsplätze kosten kann. Im Gegensatz zu den
Betriebsräten der Mutterbanken sollen die
Arbeitnehmervertreter der polnischen Töchter - so schreibt die
Stuttgarter Zeitung am 14. Juni 2005 - über die Fusion weder
informiert noch konsultiert worden sein.
In der
Bayerischen Vereinsbank gab es bereits
seit 1996 einen EBR. Als Folge der Fusion mit der Bayerischen
Hypotheken- und Wechselbank zur HypoVereinsbank wurde dieser 1999
erweitert und nach dem Zukauf der Bank Austria 2001 erneut aufgestockt.
Bei UniCredit gibt es dagegen - wie in der Mehrzahl der italienischen
Firmen - noch keine grenzüberschreitende
Arbeitnehmervertretung. Von den 65 EBR-fähigen Unternehmen in
Italien hatten bis April 2005 erst 23 einen EBR gegründet, so
die Zahlen des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (EGI) in
Brüssel.
Veranstaltungshinweis:
Am 29. September
2005 führt der Österreichische Gewerkschaftsbund
(ÖGB) in Wien eine Konferenz unter dem Motto "10
Jahre Pionierarbeit - Der Europäische Betriebsrat in der
Praxis" durch. Referenten werden Dr. Willy Buschak von der
Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und
Arbeitsbedingungen in Dublin und Dr. Werner Altmeyer vom Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" in Hamburg sein. An dieser
Veranstaltung können auch Gäste aus Deutschland und
anderen Ländern teilnehmen.
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2. Verwirrung um Revision der
EBR-Richtlinie
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Im April 2004 hatte die Europäische
Kommission das Verfahren zur Revision der Richtlinie über
Europäische Betriebsräte eingeleitet, die
Stellungnahmen der Sozialpartner liegen seit Juni 2004 vor. Seit
März 2005 gibt es eine von Gewerkschaften und
Arbeitgeberverbänden gemeinsam formulierte Auswertung der zwei
Sozialpartner-Seminare, die im Herbst
2004 in
Brüssel stattgefunden hatten. Die dort präsentierten
Fallstudien über die Arbeit Europäischer
Betriebsräte sollten Grundlage der zweiten Phase der
Anhörungen und damit des weiteren Gesetzgebungsverfahrens
werden. Folgende Dokumente liegen nur in englischer Sprache vor.
Nachdem die
Auswertung der Sozialpartner-Seminare vorlag, setzte EU-Kommissar
Vladimír Špidla am 31. März 2005 die zweite
Phase der Konsultationen in Gang. In einer 15 Seiten
umfassenden Mitteilung nahm die Europäische Kommission zum
Thema "Umstrukturierung und Beschäftigung" Stellung und
ersuchte die europäischen Sozialpartner,
"die
laufenden Arbeiten voranzutreiben und Verhandlungen aufzunehmen, mit
dem Ziel, zu einer Vereinbarung über Mittel und Wege zu
gelangen, die es ermöglichen, bewährte Verfahren
für die Arbeitsweise der Europäischen
Betriebsräte zu fördern, um ihre Wirksamkeit, vor
allem bei der Wahrnehmung ihrer Rolle als Akteure des Wandels zu
verbessern."
Mit diesem Dokument
wurden die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände auf
europäischer Ebene erneut aufgefordert, in eigener Regie den
Text einer veränderten EBR-Richtlinie auszuhandeln. Sollte es
dabei zu einer einvernehmlichen Regelung kommen, wird diese mit
großer Wahrscheinlichkeit als neue EBR-Richtlinie in Kraft
gesetzt. Die Europäische Kommission will die Arbeiten der
Sozialpartner bis zum Sozialgipfel im Jahre 2006 verfolgen und die
erzielten Fortschritte analysieren.
Kritik des
Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB)
Derzeit ist
strittig, ob die zweite Phase der Konsultationen im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens überhaupt schon begonnen hat. In einer
rechtlichen Bewertung bemängelt
der EGB,
daß es an einer Zeitvorgabe seitens der Europäischen
Kommission fehlt und keine konkreten Vorschläge für
die Inhalte einer neuen EBR-Richtlinie gemacht wurden. Da kein
Gegenstand konkret fixiert worden sei, ist die Mitteilung vom 31.
März 2005 aus Sicht des EGB ohne jede rechtliche
Verbindlichkeit.
Weiterhin
kritisiert der EGB, daß die Zusammenfassung mehrerer
Gesetzgebungsverfahren bezüglich "Europäische
Betriebsräte" und "Umstrukturierungen" wenig Sinn mache. Am 7.
Juni 2005 tagte in Brüssel die "Workers' Participation working
group" des EGB, ein Kreis von Gewerkschaftssekretären aus ganz
Europa, der sich regelmäßig mit Fragen betrieblicher
Arbeitnehmerbeteiligung befaßt. Dort wurde mehrheitlich die
Auffassung vertreten, eine Konzentration auf fünf
Schlüsselforderungen sei im weiteren Gesetzgebungsverfahren
sinnvoller als ein Festhalten an den 26 (Maximal-)Forderungen des
Strategiepapiers vom Februar 2004. Ein Vorschlag der deutschen
Gewerkschaften zur Gründung einer EBR-Arbeitsgruppe zur
Begleitung des weiteren Gesetzgebungsverfahrens fand keine Mehrheit.
Nähere
Informationen sowie zahlreiche Dokumente zum Download haben wir auf
einer Sonderseite
zusammengestellt, die regelmäßig aktualisiert wird.
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3. Neue Personen - neue Initiativen?
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ETF-Kongreß
wählte neuen Generalsekretär
Rund
400 Gewerkschafter aus dem Transportwesen versammelten sich am 25. und
26. Mai 2005 in Mariehamn/Finnland zum zweiten ordentlichen
Kongreß der Europäischen
Transarbeiterföderation. Die
ETF wurde erst 1999 gegründet und ist daher noch ein relativ
junger europäischer Dachverband. Zum neuen
Generalsekretär
wurde der Portugiese Eduardo Chagas gewählt, der zuvor
für
die Schiffahrtssektion der ETF zuständig war.
Wir
berichteten bereits in den EBR-News
1/2005 über den Personalwechsel
beim Europäischen Metallgewerkschaftsbund (EMB).
Am 1. März 2005 nahm dort Peter Scherrer aus Deutschland seine
Arbeit auf.
Beide
Generalsekretäre sind 45
Jahre alt und hatten vor ihrer Gewerkschaftslaufbahn schon einen
"richtigen" Beruf ausgeübt: Chagas war Seefahrer und Scherrer
Schlosser. Was wollen die Neuen an der Spitze zweier
europäischer Gewerkschaftsverbände an der Strategie
ihrer Organisation verändern? Wie denken sie über den
Stellenwert, den Europäische Betriebsräte in ihrer
Branche haben? Und welche gewerkschaftlichen Herausforderungen sehen
sie für die EBR-Arbeit? Unsere Newsletter-Redakteurin Kathleen
Kollewe hat bei den beiden neuen Generalsekretären in
Brüssel genauer nachgefragt.
Peter Scherrer
(links) leitete bei der Hans-Böckler-Stiftung das Referat
Internationales, arbeitete dann beim EGB in Brüssel und war
zuletzt im Düsseldorfer Stahlbüro der IG Metall
für die Betreuung des ThyssenKrupp-Konzerns
zuständig. Er ist Mitbegründer der Zeitschrift "South
East Europe Review for Labour and Social Affairs".
Eduardo
Chagas (rechts) war seit dem Jahr 2000 innerhalb der ETF
für den Bereich Seeschiffahrt verantwortlich, zugleich
Vorstandsmitglied der Seefahrergewerkschaft FSM und des
Gewerkschaftsdachverbandes CGDP in Portugal.
Neuer EBR-Koordinator bei der IG BAU
Ein neues Gesicht
gibt es auch
bei der IG BAU in Frankfurt. Seit dem 18. April 2005 ist
Matthias Hartwich für die Koordinierung
sämtlicher EBR-Aktivitäten zuständig. Zuvor
war er Geschäftsführer des Bezirksverbandes Schwaben
mit Sitz in Augsburg, wo auch die Walter Bau AG vereinigt mit Dywidag
ihren Sitz hatte. Er ist 38 Jahre alt und lernte nach seinem Studium
der Politikwissenschaften das "Handwerk" des
Gewerkschaftssekretärs von der Pike auf.
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4. Neues
von der Europäischen Aktiengesellschaft (SE)
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Strabag:
Rechtsstreit
vorläufig ausgesetzt
Wir berichteten in
den EBR-News 4/2004
bereits über die Umwandlung der österreichischen
Baugesellschaft Strabag in eine Europäische Gesellschaft. Die
Eintragung der Strabag SE im Firmenbuch hätte den
Abschluß einer Mitbestimmungsregelung durch ein Besonderes
Verhandlungsgremium (BVG) erfordert, was von der Konzernleitung jedoch
versäumt wurde. Nachdem mehrere ausländische
Gewerkschaften und die Bundesarbeitskammer von Österreich
Rechtsmittel gegen die Entscheidung des zuständigen
Firmenbuchgerichts eingelegt hatten, finden jetzt
außergerichtliche Bemühungen statt, doch noch ein
BVG zu gründen und Verhandlungen über eine
Mitbestimmungsvereinbarung aufzunehmen. Der Rechtsstreit ist jedoch
nicht beendet, sondern nur vorläufig ausgesetzt worden.
Neue
SE-Gründungen
Im Januar 2005
hatte die österreichische Personalberatung Neumann Partners
die Rechtsform einer SE angenommen. Inzwischen sind erstmals auch
Europäische Aktiengesellschaften in Deutschland und in
Großbritannien gegründet worden. Es handelt sich um
die Go-East-Invest SE in Berlin sowie um die Schering-Plough Clinical
Trials SE, in der britische und irische Niederlassungen des
US-Pharmaherstellers Schering-Plough zusammengefaßt
wurden.
Weitere
SE-Gründungen sind derzeit in Vorbereitung, so z. B. die von
16 Unternehmen getragene Zoll Pool Hafen Hamburg SE, die im Bereich der
Zollabfertigung für Transitcontainer tätig ist. Auch
der französische Wirtschaftsprüfer Mazars plant
diesen Schritt. In allen diesen Fällen ist wegen der geringen
Zahl betroffener Arbeitnehmer jedoch keine Mitbestimmungsregelung
erforderlich. Weitere Hintergrundinformationen zum Thema haben wir auf
einer SE-Sonderseite
zusammengestellt.
Konferenz
der Hans-Böckler-Stiftung
Im Februar 2005 trafen sich in Berlin
auf Einladung der Hans-Böckler-Stiftung Arbeitnehmervertreter
in Verwaltungsräten aus Irland, Dänemark, Schweden,
Norwegen und Frankreich zum Erfahrungsaustausch. Die
Präsentationen der Referenten stehen jetzt zum Download zur
Verfügung, sie vermitteln einen praktischen Einblick in die
Corporate Governance unserer Nachbarländer (zum
Vergrößern der Karte bitte rechts auf das Bild
klicken).
Mitbestimmung
in Dänemark
In
dänischen Verwaltungsräten sitzen über 3.000
Arbeitnehmervertreter, bereits für Unternehmen ab 35
Beschäftigten gilt eine entsprechende Mitbestimmungsregelung.
Kürzlich hat die Copenhagen Business School eine Studie
über deren Arbeit vorgelegt.
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5. Europäische
Betriebsräte in der Praxis
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RWE Energy bekommt jetzt
offiziell einen EBR
Wir berichteten in
den EBR-News 1/2005
über die politischen Stellungnahmen des Besonderen
Verhandlungsgremiums (BVG) von RWE Energy. Dadurch hatte die
eigentliche EBR-Arbeit faktisch schon vor der Konstituierung eines
Europäischen Betriebsrates begonnen. Am 1. März 2005
wurden die Verhandlungen nun mit der Unterzeichnung einer
EBR-Vereinbarung abgeschlossen.
Innerhalb
der RWE-Gruppe ist RWE Energy mit rund 42.000 Beschäftigten
für den Strom-, Gas- und Wasserabsatz in sieben
Ländern zuständig. Dem neuen EBR werden Delegierte
aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Polen,
Tschechien, Ungarn und der Slowakei angehören. Vorgesehen sind
zwei jährliche Sitzungen, die in der Regel in Essen oder
Dortmund stattfinden. Pro vierjährige Amtsperiode ist ein
Schulungsanspruch von drei Tagen vereinbart. Dem
geschäftsführenden EBR-Ausschuß sollen
sieben Mitglieder aus allen beteiligten Ländern
angehören.
Verbesserte Konsultationsrechte
bei Axa
Am
4. April 2005 wurde in der französischen Versicherungsgruppe
Axa ein Abkommen des sozialen Dialogs unterzeichnet. Der
Europäische Betriebsrat konnte damit eine verbesserte Regelung
zur Information und Konsultation bei Restrukturierungen
durchsetzen. Die zentrale Leitung verpflichtet sich zur Einhaltung von
neun Prinzipien, die auch für die Landesgesellschaften
gegenüber den nationalen Arbeitnehmervertretungen vor Ort
gelten. Themen wie lebenslanges Lernen, Arbeits- und Gesundheitsschutz
wie auch Antidiskriminierung sind Bestandteil dieser Prinzipien. Das
Präsidium des EBR kann die Einhaltung des Abkommens in
monatlichen Sitzungen überwachen.
Portugal:
Banco Espirito Santo
Die
bisher einzige transnationale Arbeitnehmervertretung in einem
portugiesischen Unternehmen darf seit 7. April 2005 offiziell die
Bezeichnung "Europäischer Betriebsrat" tragen. In der
Bankengruppe
Espirito Santo gibt es seit 2003 ein Abkommen zur
grenzüberschreitenden Information und Konsultation. Allerdings
war
der Bankvorstand bisher nicht bereit, das Gremium als
Europäischen
Betriebsrat anzuerkennen. Das Abkommen selbst bleibt davon
unberührt.
Erste
Bank
gründet EBR
Am
19. April 2005 wurde in Wien eine EBR-Vereinbarung für die
Erste
Bank unterzeichnet. Es handelt sich um die erste Neugründung
eines
Europäischen Betriebsrates in einem österreichischen
Unternehmen seit der EU-Osterweiterung. Der Schritt gilt als
richtungsweisend, weil österreichische Unternehmen im
Finanzdienstleistungssektor zu den größten
Investoren in den
EU-Beitrittsländern gehören.
Neben
den österreichischen Betriebsräten nehmen an den
künftigen EBR-Sitzungen Delegierte aus Tschechien, Ungarn und
der
Slowakei teil, Kroatien und Serbien entsenden Gastdelegierte. Erstes
Thema des Europäischen Betriebsrates wird die europaweite
Koordinierung und das Controlling eines neuen Modells der
Mitarbeiterbeteiligung sein.
Überarbeitete
EBR-Vereinbarung bei EdF
Beim französischen Stromversorger
Électricité de France (EdF) wurde die
EBR-Vereinbarung aus dem Jahre 2001 revidiert. Kernpunkt der am 18. Mai
2005 unterzeichneten Textänderungen ist die Konkretisierung
des Zeitpunkts und des Umfangs von Information und
Konsultation. Nach den negativen Erfahrungen der
Arbeitnehmervertreter bei europaweiten Restrukturierungen des Konzerns
(wir berichteten in den EBR-News 1/2005)
bestand hier Handlungsbedarf.
Weiterhin wird das Sekretariat des EBR (in
Frankreich ist dies eine gebräuchliche Bezeichnung
für den geschäftsführenden
Ausschuß) von acht auf zwölf Mitglieder
vergrößert. Entsprechend der französischen
Praxis, wonach Betriebsräte vom Arbeitgeber ein Budget in
eigener Verantwortung zur Verfügung gestellt bekommen,
erhält der EBR für das Jahr 2005 die Summe von
185.000 €, davon 70.000 € für externe
Beratung. Der EBR wird auch eine eigene Intranet-Seite erstellen.
Zahlreiche weitere
EBR-Vereinbarungen stehen auf unserer Downloadseite
zur Verfügung.
Behinderung der EBR-Gründung: ein
Erfahrungsbericht
Wir berichteten in den EBR-News 1/2005
über die Abmahnung gegen Kersten Artus, die Vorsitzende des
Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) und Konzernbetriebsrats der
Bauer-Verlagsgruppe in Hamburg. Der Arbeitgeber betreibt seit Jahren
Obstruktion, um die EBR-Gründung zu vermeiden. Hier der
aktuelle Stand:
Wir haben einen neuen
englischen Vertreter. Darüber sind wir sehr froh, weil wir
dachten, nun würde der Arbeitgeber endlich einen Termin
für die Fortsetzung der Verhandlungen ansetzen. Man hatte uns,
solange die Entsendung aus London unklar war, keinen neuen Termin
angeboten, "weil das BVG ja unvollständig sei".
Übersetzungen ins Englische wurden auch nicht mehr gestattet.
Dennoch gibt es keinen neuen Termin. Begründung:
weil es keinen Vertreter aus Polen gibt. Es gab eine gewählte
Vertreterin, deren Wahl aber vom polnischen Bauer-Management nicht
akzeptiert wurde, weil sie nicht von der gesamten polnischen
Belegschaft gewählt war. Die Kollegin wurde mittlerweile
entlassen. Ob das in einem Zusammenhang mit ihrer Wahl steht, wissen
wir noch nicht. Außerdem wurde behauptet, es gäbe
für Polen kein EBR-Umsetzungsgesetz - was wir erst durch die
Zuleitung des Textes widerlegen mußten. Immerhin gibt es
mittlerweile einen deutschsprachigen Vertreter aus Tschechien.
Mit den Übersetzungen haben wir immer noch
große Probleme, denn wir bekommen keine Dolmetscher zur Seite
gestellt. Uns unterstützen zwei Kolleginnen beim
Übersetzen von französischen, spanischen und
englischen Briefen und E-Mails neben ihrer normalen Arbeit, was zu
großen zeitlichen Verzögerungen
führt. Dennoch: Trotz der Probleme halten wir
regelmäßigen Kontakt zu allen BVG-Mitgliedern. Im
Juli werden wir das weitere Vorgehen beraten.
Das
Verfahren vor dem Hamburger Arbeitsgericht gegen meine Abmahung wegen
der Teilnahme am EBR-Seminar wird fortgesetzt, der Arbeitgeber scheint
hier aber einlenken zu wollen.
Kersten Artus
Vorsitzende des BVG der Bauer-Verlagsgruppe
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6. Grenzübergreifende
Initiativen und Netzwerke
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Betriebsrätenetzwerk
in der
Fleischwirtschaft
Am
10. März 2005 kündigte die
Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) in
Hamburg an, mit Gewerkschaften aus Dänemark,
Großbritannien, Polen, Ungarn und den Niederlanden ein
europäisches Betriebsrätenetzwerk in der
Fleischwirtschaft zu gründen. Damit soll der Gefahr des
Lohndumping durch die geplante Einführung des
Herkunftslandprinzips bei EU-weit angebotenen Dienstleistungen
entgegengewirkt werden.
Seit
der EU-Erweiterung häufen sich Berichte vom Einsatz mehrerer
Tausend vorwiegend polnischer Fleischer, die in deutschen
Schlachthöfen zu deutlich niedrigeren Löhnen und
längeren Arbeitszeiten als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer
tätig wurden. Die Bundesregierung beschloß daher am
13.
April 2005 die Einrichtung einer "Task Force zur Bekämpfung
des
Mißbrauchs der Dienstleistungs- und
Niederlassungsfreiheit“. Die Regierungsfraktionen brachten am
10.
Mai 2005 den "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Arbeitnehmer-Entsendegesetzes“ in den Bundestag ein, der
derzeit
im Ausschuß für Wirtschaft und Arbeit beraten wird.
Auch
in Österreich
haben Betriebsräte der Nahrungsmittelbranche am 16. Juni 2005
bei einer Konferenz in Wien erklärt, ihre
grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu verstärken.
Globale
Abkommen zur sozialen Verantwortung
Zum
ersten Mal hat sich ein norwegisches
Bauunternehmen vertraglich zu seiner weltweiten sozialen Verantwortung
bekannt. Veidekke,
mit rund 5.500 Beschäftigten eines der führenden
Unternehmen
der Branche in Skandinavien, hat am 31. März 2005 ein weltweit
gültiges Rahmenabkommen mit den Gewerkschaften unterzeichnet.
Kernpunkte sind Arbeitsbedingungen, Gesundheitsstandards und
Umweltverträglichkeit.
Am 26. April 2005
wurde ein vergleichbares Abkommen für BMW
unterzeichnet. Im Metallsektor ist es bereits das elfte weltweite
Abkommen seiner Art. Die Konzernleitung von BMW will soziale
Mindeststandards nicht nur im eigenen Unternehmen einhalten, sondern
auch zur Grundlage für dauerhaft tragfähige
Zulieferbeziehungen machen. An den Verhandlungen war der
Europäische Betriebsrat von BMW maßgeblich beteiligt.
Am 9. Mai 2005
wurde in Berlin erstmals ein Rahmenabkommen über
Grundsätze der Arbeits- und Sozialpolitik mit einem
Unternehmen der Kurier-, Paket- und Expreßdienstbranche
abgeschlossen. Das Unternehmen GeoPost
gehört zur französischen Gruppe La Poste und ist in
Deutschland mit dem Deutschen Paketdienst (DPD) vertreten. Neben den
üblichen Punkten enthält das Abkommen einen Verzicht
auf
betriebsbedingte Kündigungen. Die Verhandlungen
führte die
Gewerkschaft ver.di gemeinsam mit der schweizerischen Gewerkschaft
Kommunikation und den Gewerkschaftsbünden CGT, CFDT und CGT-FO
aus
Frankreich.
Die Texte
weiterer Abkommen haben wir auf unserer Downloadseite
zusammengestellt.
Deutsche
Telekom will über globale Sozialstandards verhandeln
Am
11. Mai 2005 erklärte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen
Telekom sich erstmals bereit, mit den Gewerkschaften über ein
weltweites Rahmenabkommen zu verhandeln. Vorausgegangen waren
Verstöße gegen grundlegende Rechte der Arbeitnehmer
in einer
US-Tochtergesellschaft, die Anlaß zu Protesten bis hin zu
einem
Schreiben an Bundeskanzler Schröder waren (wir berichteten in
den
EBR-News 1/2005).
Während die Konzernleitung
sich mit dieser Ankündigung als sozial verantwortliches
Unternehmen in der Öffentlichkeit präsentieren
möchte, sind jetzt Probleme in der britischen Tochter
T-Mobile UK bekanntgeworden. Das dortige Management
möchte innerhalb von zwei Jahren 800 Arbeitsplätze
abbauen und weigert sich, mit den zuständigen Gewerkschaften
hierüber zu verhandeln. Auf der Webseite von UNI-Europa kann
gegen dieses Verhalten protestiert werden (für weitere
Informationen links auf den Button klicken).
Studie
zur sozialen Verantwortung
Mitte
Juni 2005 legte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG eine
neue Studie über Trends in der Corporate Social Responsibilty
in mehr als 1.600 Unternehmen vor. Deutlich zugenommen hat die soziale
Verantwortung danach vor allem im Bankensektor.
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7. Europäische
Betriebsräte in Polen
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Das
wirtschaftlich bedeutendste und bevölkerungsreichste der neuen
EU-Länder steht zahlenmäßig auch bei den
Europäischen Betriebsräten an der Spitze. Von
insgesamt 2.169
EBR-fähigen Unternehmen in der EU sind 784 mit einer
Niederlassung
in Polen vertreten (alle Zahlen von Dezember 2004). Ungarn folgt mit
644 und Tschechien mit 609 Unternehmen, alle anderen
EU-Beitrittsländer spielen eine weit geringere Rolle. Von den
784
Unternehmen haben allerdings nur acht ihren Hauptsitz in Polen, eines
davon ist die Fluggesellschaft LOT. Bisher wurde noch in keinem der
acht polnischen Unternehmen ein EBR gegründet. Polen gilt
nicht
als einfaches Pflaster für die Arbeitnehmervertretung: der
gewerkschaftliche Organisationsgrad ist mit 15% vergleichsweise niedrig
und die Arbeitslosigkeit mit knapp 20% die höchste in der
ganzen
EU.
Der
Gewerkschaftsbund Solidarność schätzt, daß zur Zeit
über 200 polnische Delegierte in etwa 100
Europäischen
Betriebsräten vertreten sind. Zum Zeitpunkt des EU-Beitritts
im
Mai 2004 waren es erst rund 60 Delegierte. Der EBR des
französischen Elektronikproduzenten Thomson Multimedia nahm
1994
als erster einen polnischen Delegierten auf. Ab 1997 folgten weitere
Unternehmen, darunter Volkswagen, wo ein polnischer Vertreter bereits
dem Lenkungsausschuß des EBR angehörte, als Polen
noch kein
EU-Mitglied war.
Die
meisten polnischen EBR-Vertreter gehören entweder der
Solidarność
oder dem konkurrierenden Gewerkschaftsbund OPZZ an. Gibt es im Betrieb
keine Gewerkschaft, so werden die Delegierten aus
Belegschaftsinitiativen heraus gewählt oder gar vom Management
nominiert. Polen kennt keine Betriebsräte.
Ähnlich
wie in Großbritannien wird die Arbeitnehmervertretung
ausschließlich durch betriebliche Vertrauensleute
wahrgenommen
und läßt hinsichtlich der Erfüllung von
EU-Standards zu
wünschen übrig.
Forschungsberichte zur Unternehmenskultur und
Arbeitnehmerbeteiligung
Im Auftrag von Hans-Böckler- und
Bertelsmann-Stiftung wurden im Jahre 2003 Managementstile und
betriebliche Arbeitsbeziehungen bei ausländischen Unternehmen
untersucht, die einen Standort in Tschechien, Ungarn und Polen
unterhalten. In diesem Rahmen legte Eckhard Voß von
wmp-consult in Hamburg einen Länderbericht über
industrielle Beziehungen und Unternehmenskultur in Polen vor.
Derzeit findet ein weiteres
Forschungsprojekt
gerade seinen Abschluß. Durchgeführt wurde das
sogenannte
„ViVe“-Projekt im Auftrag des
Europäischen Metallgewerkschaftsbundes (EMB) und der
Europäischen Föderation der Chemiegewerkschaften
(EMCEF) durch wmp-consult in Hamburg und das Europäische
Gewerkschaftsinstitut in Brüssel. In diesem Rahmen fand im
Herbst 2004 in Warschau ein Hearing mit Spitzenvertretern von
Ministerien, Verbänden und Unternehmen über die
Implementierung von EU-Richtlinien zur Arbeitnehmerbeteiligung statt.
Kernpunkt der Diskussion war die Rolle von
Europäischen Betriebsräten in Polen.
Deutsch-polnischer EBR
gegründet
Am
18. März 2005 wurde
in Danzig eine EBR-Vereinbarung für die Stadtwerke
Leipzig mit ihren rund 2.000 Beschäftigten
unterzeichnet, es handelt sich dabei um die erste EBR-Gründung
in einem städtischen Unternehmen überhaupt. Im Jahre
2004 hatten die Stadtwerke Leipzig die kommunalen Versorgungsbetriebe
in drei polnischen Städten aufgekauft. Die EBR-Vereinbarung
ist in mehreren Punkten richtungsweisend: neben einem umfangreichen
Schulungsanspruch für die EBR-Mitglieder (fünf Tage
pro Jahr) und zwei jährlichen Sitzungen kann der EBR
zusätzlich auch operative Arbeitsgruppen bilden. Seine
Themenpalette erstreckt sich - neben den gesetzlich definierten
Bereichen - auch auf Gleichstellung, Umweltschutz und betriebliche
Gesundheitspolitik.
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8. Diskussion über
Mindestlöhne und
Arbeitsbedingungen
in Call Centern
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Tagung über
Mindestlöhne
Während
in Deutschland noch über die Einführung eines
gesetzlichen Mindestlohnes diskutiert wird, ist dies in vielen anderen
Ländern seit Jahren fester Bestandteil des Sozialsystems. Am 21.
und 22. April 2005 diskutierten
Gewerkschafter und Wissenschaftler aus mehreren Ländern
auf einer Konferenz in Zürich über eine gemeinsame europäische Mindestlohnpolitik.
Das deutsche WSI (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in
der Hans-Böckler-Stiftung), das Schweizer Denknetz und das
französische IRES (Institut de Recherches
Économiques et Sociales) stellten "Thesen für eine
europäische Mindestlohnpolitik" zur Diskussion.
Gesellschaftliche
Verantwortung in Call Centern
Call Center gelten als die
"sweat shops" des 21.
Jahrhunderts. Für die Gewerkschaften stellt es eine
Herausforderung dar, Arbeitnehmervertretungen zu installieren und
grundlegende soziale Standards durchzusetzen. Derzeit befindet sich die
Branche in einem stürmischen
Internationalisierungsprozeß. Der Gewerkschaftsdachverband
UNI-Europa hat daher eine Charta für die Arbeitsbedingungen in
Call Centern entwickelt und versendet Newsletter mit Neuigkeiten aus
der Branche.
CSR-Label für Call
Center in Frankreich angekündigt
Die
Call-Center-Charta von UNI-Europa hat in Frankreich intensive
Bemühungen der Gewerkschaften ausgelöst. Auf einer vom
französischen Gewerkschaftsbund CFDT organisierten Konferenz
für Betriebsräte der Call-Center-Branche
kündigte der französische Sozialminister Jean Louis
Borloo am 12. April 2005 die Schaffung eines CSR-Labels (Corporate
Social Responsibility – gesellschaftliche Verantwortung der
Unternehmen) speziell für ausgelagerte Call Center an. Ein
solches Label, das Unternehmen für verantwortliche und
ethische Praktiken im Umgang mit ihren Beschäftigten erhalten
sollen, wird von der CFDT als positiver Schritt betrachtet.
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Globalisierung in der
IT-Industrie
Seit
Dezember 2004 widmet sich das Gewerkschaftsprojekt MOOS dem Thema
Offshoring, insbesondere dem Transfer wissensintensiver
Arbeitsplätze in die Schwellenländer. Das Projekt
wird von
UNI Europa, dem Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften,
koordiniert und von der Europäischen Union gefördert.
Zum
Projektteam gehören acht IT-Gewerkschaften aus sechs
europäischen Ländern, darunter ver.di
aus Deutschland.
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Österreich
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europäischen und internationalen Fragen präsentiert
sich die
Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) im Netz. Themenbereiche wie
die EU-Osterweiterung, Europäische Betriebsräte oder
grenzüberschreitende Fusionen werden behandelt, zahlreiche
Dokumente stehen zum Download bereit. Seit März 2005
verschickt
die GPA auch einen monatlichen
elektronischen Newsletter zu europäischen Themen.
Neue
Webseite deutschsprachiger Verkehrsgewerkschaften
Kürzlich
haben mehrere Verkehrsgewerkschaften aus Deutschland,
Österreich, Luxemburg und der Schweiz gemeinsam mit der
Europäischen Transportarbeiterföderation (ETF) das
Internetportal "atenta" gestartet. Ziel ist es, Fragen der
Europapolitik, der grenzüberschreitenden Verkehrspolitik und
die Arbeitswelt Europas anschaulich zu präsentieren.
Zwar nicht in deutscher Sprache
gehalten, aber dennoch auch für Nicht-Franzosen sehenswert ist
der Internetauftritt der Arbeitnehmervertretung der SNCF. Der
Gesamtbetriebsrat (französisch: "comité central d'
entreprise") der französischen Eisenbahngesellschaft
präsentiert dort Informationen, die auch für die
örtlichen Betriebsräte in allen Teilen Frankreichs
eine Fundgrube darstellen.
Restrukturierung
und Personalabbau
Das
"European Monitoring Centre on Change" (EMCC) liefert auf seiner
Webseite viele praktische Beispiele, Informationen und Ideen
über die (sozialverträgliche) Gestaltung von
Restrukturierungsprozessen und den industriellen Wandel. Teil des
Projektes, das die Europäische Stiftung zur Verbesserung der
Lebens- und Arbeitsbedingungen 2004 gestartet hat, ist auch
der Europäische Restrukturierungsmonitor.
Er beobachtet die Restrukturierungsprozesse, die in Europa
stattfinden und trägt eine Vielzahl von Daten zusammen. Alle
drei Monate wird eine Übersicht der aktuellsten Entwicklungen
publiziert, die Ausgabe Frühjahr 2005 beschäftigt
sich z. B. mit den Restrukturierungen bei der Deutschen Telekom und dem
Modeunternehmen Nina Ricci. Eine weitere Studie untersucht die
Personalabbaupolitik der HypoVereinsbank. Alle Berichte und die
Webseite sind jedoch nur in englischer Sprache verfügbar.
Nicht
überall wird Personalabbau sozialverträglich
durchgeführt, in manchen Fällen stehen ganze
Standorte zur Disposition. Im folgenden Beispiel handelt es sich dabei
um eine politische Vorgabe des internationalen Managements, die
betriebswirtschaftlich nicht zwingend wäre. Ihren Widerstand
gegen die Standortschließung hat die Belegschaft im Internet
dokumentiert.
Weitere interessante Webseiten
haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Seit Januar 2005 ist eine neue
"Fachzeitschrift für die erfolgreiche Interessenvertretung"
auf dem deutschen Markt. Herausgegeben wird der betriebsrat
vom Medienverlag des Instituts zur Fortbildung von
Betriebsräten (ifb). Im April-Heft findet sich beispielsweise
ein Interview mit Willy Buschak, dem Direktor der Stiftung zur
Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Dublin. Buschak war
zuvor als Sekretär des Europäischen
Gewerkschaftsbundes in Brüssel zuständig für
das Ressort Europäische Betriebsräte.
Ebenfalls
in der April-Ausgabe ist ein Artikel von Werner Altmeyer über
"Betriebsräte in Westeuropa" enthalten. Da es sich bei diesem
Thema um Grundlagenwissen für viele EBR-Mitglieder handelt,
haben wir den Beitrag unverzüglich auf unserem Server zum
Download bereitgestellt. Innerhalb von acht Wochen wurde er dort
bereits über 1.500 Mal abgerufen, eine Resonanz, die uns mehr
als überrascht hat.
Leitfaden
zum Europäischen Betriebsrat
Der belgische Gewerkschaftsbund
CGSLB hat gemeinsam mit dem DGB
und dem polnischen Gewerkschaftsbund OPZZ eine Broschüre
über
die Bildung und Funktionsweise von Europäischen
Betriebsräten
erstellt. Zuvor wurde in einem von der EU geförderten Projekt
die
EBR-Arbeit in den beteiligten drei Ländern untersucht.
Der
Leitfaden vermittelt in knapper Form Grundlagenwissen.
Zunächst werden einzelne Schritte dargestellt, die bei der
Errichtung eines EBR zu beachten sind. Der zweite Teil nimmt die
Verbesserung der Arbeit von bestehenden Europäischen
Betriebsräten ins Blickfeld. Die
Broschüre ist im April 2005 in mehreren Sprachen erschienen
und kostenlos.
Informationen
zur Bolkestein-Richtlinie
Am 2. Juni 2005 stellte die
Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) auf einer Konferenz zur
EU-Dienstleistungsrichtlinie eine neue Broschüre vor. Die
österreichische Gewerkschaft will damit Fakten und Argumente
zu einem Thema liefern, das in der EU jeden betreffen würde
und das in jüngster Zeit alle europäischen
Gewerkschaften stark bewegt hat.
Seit
Januar 2004 liegt der
Entwurf für diese umstrittene Richtlinie - benannt nach dem
damaligen EU-Kommissar Bolkestein - vor. Sollte der Entwurf
für eine völlige Liberalisierung des
Dienstleistungsmarktes in Kraft treten, droht ein europaweites Dumping
bei Löhnen, Arbeits- und Umweltschutz.
Entsenderichtlinie im
Baugewerbe untersucht
Die
grenzüberschreitende Mobilität im
Europäischen Binnenmarkt zeigt sich in der Praxis vor allem in
der Gruppe der Führungskräfte sowie bei Arbeitnehmern
im Baugewerbe. Im Rahmen seiner Schriftenreihe hat das
Europäische Institut zur Erforschung der Arbeit im Baugewerbe
(CLR) kürzlich eine Untersuchung über die
Entsenderichtlinie in zehn Ländern vorgelegt. Die Studie
beinhaltet auch gemeinsame Empfehlungen der europäischen
Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften der Bauindustrie und
ist in mehreren Spachen verfügbar, darunter auf Deutsch.
Jan Cremers/Peter Donders
(Hrsg.):
Freizügigkeit der
Arbeitnehmer in der EU
CLR Studies 4, Den Haag 2005,
ISBN 90-5901-508-8, € 12,-
Das Institut verschickt quartalsweise einen
Rundbrief (CLR-News) in englischer Sprache, der auch zum kostenlosen Download
zur Verfügung steht.
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11. Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de":
Beispiele aus unserer Arbeit
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DESY:
Europäische Arbeitnehmervertretung für die
Grundlagenforschung angestrebt
Am
24. Januar 2005 haben neun europäische Länder ein
"Memorandum
of Understanding" zum Bau des Röntgenlasers XFEL
unterzeichnet,
zwei weitere Länder sind inzwischen gefolgt. Die Anlage soll
beim
Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg entstehen, wo heute
schon mehr als 1.500 Menschen arbeiten, viele davon aus dem Ausland.
Für den Gesamtbetriebsrat von DESY stellt sich mit dem Projekt
XFEL erstmals die Frage nach einer europäisch vernetzten
Interessenvertretung. Zu diesem Zweck wurde Werner Altmeyer vom
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" als Berater
hinzugezogen, die Auftaktveranstaltung fand am 23. Mai 2005 statt. Im
Fachbereich Wissenschaft und Forschung von ver.di wäre es die
erste europäische Arbeitnehmervertretung überhaupt.
EBR-Beratung
bei Johnson & Johnson
Europaweite Distributionsplanungen des amerikanischen
Medizinproduktekonzerns Johnson & Johnson standen am 5. und 6.
April 2005 neben anderen Themen auf der Agenda eines Inhouse-Workshops
für dessen größte Tochtergesellschaft
Ethicon. Im Rahmen des "European Distribution Projects" zeichnet sich
die Schließung von mehreren Standorten zugunsten eines
Zentrallagers ab. Vor diesem Hintergrund diskutierten Werner Altmeyer
vom Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" und Michael
Bonder von der Technologieberatungsstelle Niedersachsen mit den
Arbeitnehmervertretern über eine bessere Verzahnung der
nationalen Gremien mit der Arbeit des Europäischen
Betriebsrates.
Der Sprecher der Arbeitnehmerseite
im EBR, Gerhard Fischer, bemüht sich derzeit um eine bessere
Betreuung seines Europäischen Betriebsrates. Wie dies konkret
aussehen kann, wird jetzt mit dem Generalsekretär der
Europäischen Chemiegewerkschaften (EMCEF), Reinhard Reibsch,
diskutiert.
Erfolgreiche
Gespräche in
Paris
Die Versendung der EBR-News wird
auch außerhalb Deutschlands mit Spannung verfolgt. Der Bedarf
an zielgerichteten und zeitnahen Informationen zu EBR-Themen ist im
französischen Sprachraum nicht geringer als hierzulande. Am
26. April 2005 fand daher in Paris ein Gespräch über
die Bündelung der deutsch-französischen
Bemühungen bei der Informationspolitik für
Europäische Betriebsräte statt. An dem
Gespräch nahmen teil: Mireille Battut und Sonia Mesters aus
der internationalen Abteilung der Beratungsgruppe Alpha, Prof. Dr.
Heinz Bierbaum vom INFO-Institut in Saarbrücken und Dr. Werner
Altmeyer vom Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de".
Die
Groupe Alpha hat etwa 900 Mitarbeiter und ist in Frankreich
Marktführerin bei der Beratung von Betriebsräten
(französisch: "comité d' entreprise"), insbesondere
in betriebswirtschaftlichen Fragen. Das Unternehmen ist
ständiger Berater für etwa 30 Europäische
Betriebsräte vorwiegend französischer Herkunft und
führt Seminare durch. Als Ergebnis des Gesprächs
wurde vereinbart, zunächst bei etwa 50 EBR-Gremien eine Studie
über deren Informationsbedarf zu erstellen.
Um
die deutsch-französische Kooperation auch in den englischen
Sprachraum hinein auszudehnen, sollen in Kürze erste
Vorgespräche mit potentiellen britischen Partnern beginnen.
Unsere
Publikationstätigkeiten
Für
die EBR-News
1/2005
hatte unsere Newsletter-Redakteurin Kathleen Kollewe ein Interview mit
dem EBR-Vorsitzenden von General Motors, Klaus Franz,
durchgeführt. Dieses Interview ist nicht nur bei unseren
Lesern auf großes Interesse gestoßen, sondern auch
bei der Presse. Am 30. März 2005 wurde eine etwas
ausführlichere Fassung in der Frankfurter Rundschau
abgedruckt.
Für
die
Fachzeitschrift Arbeitsrecht
im Betrieb untersuchte Reingard Zimmer, Juristin im
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de", die rechtlichen
Grundlagen der Informationsrechte von EBR und
Wirtschaftsausschuß bei drohenden Produktionsverlagerungen.
Den zugrundeliegenden Fall des schweizerischen Forbo-Konzerns hatten
wir in den EBR-News
4/2004 kurz dargestellt.
Unterschiedliche
Betriebsverfassungen der europäischen Länder rufen
immer wieder interkulturelle Mißverständnisse
hervor, Probleme für die Strategieentwicklung im EBR
können die Folge sein. Dieses Thema war Gegenstand eines
Interviews von Werner Altmeyer für die Wochenzeitung Das
Parlament. Sie wird vom Deutschen Bundestag herausgegeben und
hatte am 30. Mai 2005 "Tarifliche Bündnisse und betriebliche
Mitbestimmung" als Schwerpunktthema.
Weitere
Veröffentlichungen finden Sie
auf unserer Publikationsseite.
Leserbriefe
und Empfehlungen in der Gewerkschaftspresse
In
den letzten Wochen haben wir wieder zahlreiche Rückmeldungen
von Newsletter-Lesern erhalten, hier einige Beispiele:
Liebe
EBR-Spezialisten,
ich finde es echt
Klasse, Eure aktuellen Informationen zu unserem gemeinsamen Thema! Als
EBR-Vorsitzender kann ich Eure Mitteilungen bestens bei meiner
"EBR-Team"-Arbeit einflechten.
Helmut
Dietterle, EBR-Vorsitzender TRW Automotive, Electronics &
Components, Radolfzell
Klasse!
Ich möchte mich als EBR der Firma Dow Deutschland für
die sehr gute und informative Internetseite bedanken.
Thomas
Mellin, EBR-Mitglied, Dow Chemical, Werk Stade
Danke
für die Links... dort
sind sehr gute Informationen zu finden!! Habe mir erlaubt, den Link an
meine ausländischen Kollegen zu forwarden. Ich war
vorgestern/gestern auf unserem jährlichen Meeting und hab die
Leute neugierig gemacht... Einige haben noch nie von den gesetzlichen
Rahmenbedingungen gehört!
André
Brauer,
EBR-Mitglied, Lilly Forschung, Hamburg
Auch
die
Gewerkschaftspresse findet positive Worte. Am 26. März 2005
empfahlen die ver.di-News, Infoservice für Aktive
unsere Webseite und die EBR-News. Am 15. Mai 2005 wurden wir im
Europa-Newsletter der österreichischen Gewerkschaft
der Privatangestellten (GPA) besonders hervorgehoben.
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