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11. Juli 2006
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1.
Betriebsräte in
mehreren Ländern auf dem Vormarsch
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Polen und Irland bekommen
Betriebsräte
Jetzt
ist es amtlich: Am 7. April 2006 verabschiedete das polnische Parlament
ein lange diskutiertes Gesetz zur Information und Konsultation, das die
Einführung von "Arbeitnehmerräten" vorsieht (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2005). Auch in Irland wurde am 9. April 2006 mit
der Verabschiedung des Employees (Provision of Information
and Consultation) Act erstmals die Einführung von
Betriebsräten geregelt. Die Mehrzahl der polnischen und
irischen Unternehmen muß diese Gesetze spätestens im
März 2007 anwenden. Beide Länder setzen damit eine
EU-Richtlinie aus dem Jahr 2002 um, die in Unternehmen ab 50
Beschäftigten eine Unterrichtung und Anhörung der
Belegschaft in sozialen und wirtschaftlichen Fragen verbindlich
vorschreibt. Hierzu kann ein sogenanntes "Komitee für
Information und Konsultation" dienen. Die Übersetzung
"Betriebsrat" ist daher nicht ganz korrekt, insbesondere ist keine Rede
von Mitbestimmungsrechten. Weder in Irland noch in Polen bindet das
neue Gesetz die Arbeitnehmervertretung an den Betriebsfrieden, d. h.
Arbeitskämpfe bleiben bei allen betrieblichen Fragen weiterhin
möglich.
In Polen
werden die
Mitglieder des Arbeitnehmerrates grundsätzlich von den
Gewerkschaften ernannt. Eine Wahl durch die Belegschaft findet nur
statt, wenn die Gewerkschaften sich nicht auf die Sitzverteilung
einigen können oder wenn es keine Gewerkschaft im Betrieb
gibt. In Irland dürfen sich an der Wahl
zum Betriebsrat nur Gewerkschaftsmitglieder beteiligen, deren
Organisation mehr als 10% der Belegschaft vertritt. Eine Wahl durch die
gesamte Belegschaft findet nur statt, wenn es keine Gewerkschaft mit
einer 10%-Mitgliedschaft gibt.
Obwohl
damit gesetzliche Vorrechte für die Gewerkschaften geschaffen
wurden, verlieren sie ihre bisherige Monopolstellung in der
betrieblichen Interessenvertretung. Denn auch Betriebsräte,
die sich wie in Deutschland mehrheitlich aus gewerkschaftlichen
Kandidaten zusammensetzen, können im Laufe der Zeit ein
gewisses Eigenleben entfalten. In beiden Ländern stehen die
Gewerkschaften der neuen Institution daher ambivalent
gegenüber. Problematisch könnte auch werden, wenn in
schwach organisierten Betrieben sogenannte "consultation forums" vom
Arbeitgeber initiiert und an den Gewerkschaften vorbei entstehen. In
Großbritannien ist dies bereits weit verbreitet.
Ähnliche
Regelung auch
in Großbritannien
Die
EU-Richtlinie zur
Information und Konsultation wurde im Vereinigten Königreich
bereits im April 2005 umgesetzt. Dort ist die Einführung von
Betriebsräten vorgesehen, wenn noch kein Abkommen mit den
Gewerkschaften existiert. Die Information and Consultation of
Employees Regulations regeln das Recht auf Unterrichtung
über betriebswirtschaftliche Themen und Anhörung bei
sozialen Fragen oder Betriebsänderungen. Die Einzelheiten sind
mit dem Arbeitgeber zunächst auszuhandeln und in einer
Vereinbarung zu konkretisieren. Das Verfahren ähnelt der
Gründung Europäischer Betriebsräte (siehe Länderschwerpunkt
Großbritannien). Damit ist der britische
Gesetzgeber einer 200jährigen Tradition treu geblieben, wonach
er den Betriebsparteien nur wenig konkrete Vorgaben macht. Die neuen
Regeln sind dennoch ein großer Fortschritt, weil fundierte
betriebswirtschaftliche Informationen für britische "shop
stewards" in der Vergangenheit nur über den
Europäischen Betriebsrat zugänglich waren. Weitere
Informationen in englischer Sprache:
Trotz der neuen Rechtslage ist die Anerkennung
einer betrieblichen Gewerkschaftsvertretung durch den Arbeitgeber noch
lange nicht selbstverständlich, was derzeit die Verlagsgruppe
Holtzbrinck aus Stuttgart beweist, die u. a. das "Handelsblatt" und
"Die Zeit" herausgibt. Deren britische Tochter Macmillan verweigert der
Gewerkschaft Amicus das Recht, die Belegschaft am Standort Swansea zu
vertreten. Hiergegen hat Amicus rechtliche Schritte eingeleitet,
mehrere deutsche Betriebsräte aus dem Holtzbrinck-Konzern
bekundeten ihre Unterstützung.
Das in London ansässige,
gewerkschaftsnahe Forschungsinstitut Labour Research
Department (LRD) hat im April 2005 einen Leitfaden
veröffentlicht, der alle Aspekte der neuen Rechtslage
juristisch aufbereitet. Für britische Interessenvertreter ist
diese Broschüre ebenso unverzichtbar wie in Deutschland ein
juristischer Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz.
→ Weitere
Informationen und Online-Bestellung (in englischer Sprache)
Auch in der ehemaligen britischen Kolonie Malta,
die 2004 Mitglied der EU geworden ist, stellt sich diese Frage. Dort
war die Fluggesellschaft Air Malta das erste Unternehmen mit einem
Betriebsrat.
Einführung von
Betriebsräten in Estland heftig umstritten
Am
25. Mai 2006 kam es in Estland zu Protesten der Gewerkschaften gegen
einen Gesetzentwurf der Regierung, der die Betriebsverfassung neu
ordnen will. Bisher sind Vertrauensleute die einzige Form der
Interessenvertretung im Betrieb. Nach der Reform soll es auch
Betriebsobleute geben, die auf einer Belegschaftsversammlung
gewählt werden und die - wie ein deutscher Betriebsrat -
formal unabhängig von den Gewerkschaften sind. Die Regierung
sieht ihren Gesetzentwurf auf einer Linie mit der EU-Richtlinie zur
Information und Konsultation, was von den Gewerkschaften bestritten
wird.
Der Betriebsobmann
würde nach dem Gesetzentwurf die Information und Konsultation
wahrnehmen, während die Vertrauensleute weiterhin die
betrieblichen Tarifverhandlungen führen. Nach Meinung der
Gewerkschaften würden unorganisierte Obleute nicht
über Ressourcen und Fachwissen verfügen, um ihre
Aufgabe zu erfüllen, denn Seminare und Unterstützung
werden in Estland ausschließlich von den Gewerkschaften
angeboten. Die folgenden Texte sind nur in englischer Sprache
verfügbar:
Konferenz zur Mitbestimmung in
einem vereinten Europa
Vom
30. Mai bis 1. Juni 2006 beschäftigte sich eine internationale
Konferenz der Otto-Brenner-Stiftung (OBS) in der slowakischen
Hauptstadt Preßburg mit Fragen der Mitbestimmung in Mittel-
und
Osteuropa. Die OBS ist eine Wissenschaftsstiftung der IG Metall, die
besonderes Augenmerk auf den Ausgleich zwischen Ost und West legt.
Praktische Erfahrungen der
Unternehmensmitbestimmung aus ungarischer Sicht und aus der Sicht eines
britischen EBR-Mitglieds im deutschen Unternehmen ThyssenKrupp wurden
dort genauso diskutiert wie grenzüberschreitende Netzwerke an
den Beispielen Volkswagen und General Motors. Die Otto-Brenner-Stiftung
hat zahlreiche Beiträge der Konferenz zum Download ins
Internet gestellt.
Über
2 Mio. € für französischen Betriebsrat
Am 11. Mai 2006
verurteilte ein Berufungsgericht in Toulouse die Firma IBM zur Zahlung
von 2,1 Mio. € an den Betriebsrat des Werks Montpellier. Der
Informationstechnikkonzern hatte sich zwischen 1983 und 2001 strikt
geweigert, dem Betriebsrat die in Frankreich gesetzlich
vorgeschriebenen Gelder (jährlich 0,2% der Bruttolohnsumme des
Betriebes) zur Verfügung zu stellen. Auf Initiative der CFDT,
Mehrheitsgewerkschaft bei den 1.400 Beschäftigten in
Montpellier, wurde ein Rechtsstreit in Gang gesetzt, der sich
über zehn Jahre hinzog. Mit dem Budget in Höhe von
0,2% müssen französische Betriebsräte alle
Kosten bestreiten, die in Deutschland nach § 40 des
Betriebsverfassungsgesetzes (Sachaufwand des Betriebsrates) und nach
§ 37,6 (Schulungs- und Bildungsveranstaltungen) vom
Arbeitgeber zu tragen sind. Das Verhalten von IBM France erinnert an
die Verweigerungshaltung der Konzernleitung von SAP, die sich der
deutschen Betriebsverfassung entziehen wollte (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2006).
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2.
Standortpoker in der
Automobilindustrie
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Heute England, morgen Portugal,
übermorgen ganz Opel?
Die
Lage beim US-Autohersteller General Motors, zu dem auch die deutsche
Marke Opel gehört, hat sich in den letzten Wochen nicht
beruhigt.
Die Konzernleitung will ihre Wettbewerbsprobleme lösen, indem
sie
die unterschiedlichen Standorte in Europa gegeneinander ausspielt. So
wird in Ellesmere Port bei Liverpool bis Ende 2006
eine komplette Schicht gestrichen, ohne zuvor mit dem
Europäischen Betriebsrat hierüber eine Absprache
getroffen zu haben. Für den britischen Standort bedeutet dies
einen Verlust von 950 Arbeitsplätzen. In Portugal soll das
Werk Azambuja nördlich von Lissabon mit
1.150 Beschäftigten zum 31. Oktober 2006 komplett geschlossen
werden, während gleichzeitig der Neubau einer Fabrik in
Warschau geplant wird. Das Werk Azambuja trägt 0,6% zum
Bruttoinlandsprodukt von Portugal bei. Die portugiesische Regierung
drohte daher mit der Rückforderung von 40 Mio. €, die
General Motors zuvor an Beihilfen erhalten hatte.
Am
12. Juni 2006 informierte die zentrale Leitung den EBR über
die Zukunft von Azambuja. Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter zeigte
der Konzern in dieser Sitzung kein Interesse an einer gemeinsamen
Lösung. Für den EBR-Vorsitzenden Klaus Franz
wäre die Schließung der Fabrik "der Einstieg in den
Ausstieg aus der Autoproduktion und -entwicklung in Westeuropa und
würde zu massiven Verlusten von Arbeitsplätzen
Schritt für Schritt in ganz Europa führen". Nach
einem Worst-Case-Szenario der zentralen Leitung könnten bis zu
drei westeuropäische Werke geschlossen und 30.000
Beschäftigte abgebaut werden.
Gegen Stellenabbau und drohende
Werksschließungen begannen daher am 13. Juni 2006 in allen 18
Standorten von General Motors Europe koordinierte Protestaktionen. Die
Arbeitnehmervertreter der betroffenen Länder hatten im
Dezember 2005 ein "Europäisches
Solidaritätsversprechen" unterzeichnet, um einen
internationalen Restrukturierungsvertrag durchzusetzen (wir berichteten
in den EBR-News
1/2006). Am 20. Juni 2006 ruhte im größten
deutschen Werk Rüsselsheim drei Stunden
die Arbeit und 5.000 Beschäftigte nahmen an einer
Betriebsversammlung teil (siehe Foto). Auch im belgischen Antwerpen
kam es am 23. Juni 2006 zu einer Arbeitsniederlegung, ebenso wie an
anderen Tagen in Spanien, Portugal, Schweden, Polen und
Großbritannien. Im Werk Eisenach lehnte der
Betriebsrat aus Protest gegen die Schließung in Portugal
Sonderschichten ab, der Arbeitgeber konnte diese jedoch über
die Einigungsstelle durchsetzen.
Als
die zentrale Leitung sich schließlich
bereiterklärte, über die Zukunft des Werkes Azambuja
in Verhandlungen einzutreten, beschloß der EBR am 3. Juli
2006 das vorläufige Ende der Aktionen. Wegen der Proteste war Opel
zwischenzeitlich gezwungen, Autoteile per Hubschrauber quer durch
Europa zu fliegen, berichtet der Betriebsrat des Komponentenwerks Kaiserslautern.
Mega-Fusion
mit Renault und
Nissan?
Wenige
Stunden nach dem Beschluß zur Einstellung der Protestaktionen
bekam die Angelegenheit eine völlig neue Wendung: die
amerikanische Konzernleitung von GM will mit dem französischen
Konkurrenten Renault und dessen japanischem Partner Nissan jetzt
über eine mögliche Dreierallianz sprechen. Sollte
diese
Zusammenarbeit - es wäre eine ähnliche Dimension wie
die
Fusion Arcelor und Mittal - zustandekommen, stünde die gesamte
Automobilindustrie vor einem Umbruch. Der EBR-Vorsitzende von GM
befürchtet, daß Opel bei einem Zusammengehen der
drei
Konzerne "unter die Räder komme" und will sich in den
nächsten Tagen mit dem EBR von Renault treffen.
Wirbel
um Werksschließung von Peugeot Citroën
Bis
Mitte 2007 will der
französische Autohersteller PSA Peugeot Citroën die
Produktion in seinem englischen Werk Ryton bei Coventry komplett
einstellen und alle 2.300 Beschäftigten entlassen. Die
Hälfte des Werkes soll bereits im Juli 2006 stillgelegt
werden. Die Entscheidung steht offenbar im Zusammenhang mit der
Produktionsaufnahme für eine neue Modellreihe in der
Slowakei.
Die
zentrale Leitung
verkündete die Entscheidung Mitte April 2006 ohne vorherige
Konsultation mit dem Europäischen Betriebsrat, auch die
britischen Arbeitnehmervertreter wurden nicht konsultiert. Erst wenige
Tage zuvor, am 1. März 2006 hatte PSA ein weltweites
Rahmenabkommen über soziale Mindeststandards mit den
Gewerkschaften und dem Europäischen Betriebsrat abgeschlossen
(siehe Bericht
in den
EBR-News 1/2006). Die Werksschließung steht im
krassen Widerspruch zu diesen Selbstverpflichtungen. Nach der
Schließung von Rover und dem Personalabbau bei General Motors
in Ellesmere Port ist dies ein erneuter harter Rückschlag
für die britische Automobilindustrie.
Am 27. April 2006 trafen sich
die Arbeitnehmervertreter aus Großbritannien, Frankreich und
Spanien beim Europäischen Metallgewerkschaftsbund (EMB) in
Brüssel und forderten eine außerordentliche
EBR-Sitzung. Am 24. Mai 2006 demonstrierten 250 Gewerkschafter bei der
Aktionärsversammlung von PSA in Paris. Die zentrale Leitung
empfing dort eine Delegation und erklärte sich bereit, ein von
den britischen Gewerkschaften ausgearbeitetes Alternativkonzept
für das Werk zu prüfen.
Unterdessen
starteten die Gewerkschaften TGWU und Amicus unter dem Motto "This
summer think of England - Fighting for British workers and British jobs"
am 9. Juni 2006 eine millionenschwere Anzeigenkampagne in
Tageszeitungen, um Druck auf den Konzern auszuüben (zum
Vergrößern rechts auf das Bild klicken). Britische
Autokäufer sollen über das Verhalten des
französischen Konzerns informiert werden, der zwar gerne
Fahrzeuge auf der Insel verkauft, sich aber gleichzeitig der
gesellschaftlichen Verantwortung entzieht.
Britisches
Arbeitsrecht im Fokus
Nach
Auffassung des Generalsekretärs von Amicus, Derek Simpson,
trägt das schwache britische Arbeitsrecht und die damit
verbundene Flexibilität des Arbeitsmarktes zu dieser
Werksschließung bei. Weil Länder wie Frankreich,
Spanien oder Deutschland strengere Arbeitsgesetze hätten,
seien die britischen Arbeitnehmer stärker betroffen, wenn
Konzerne ihre Produktion in Niedriglohnländer verlagern. Die
Entlassung eines Automobilarbeiters nach 25 Jahren
Betriebszugehörigkeit würde in Frankreich 200.000
€ kosten, im Vereinigten Königreich dagegen nur mit
7.500 € zu Buche schlagen.
Die verarbeitende Industrie des
Vereinigten Königreiches hat seit 1997 rund 22% ihrer
Arbeitsplätze verloren, Frankeich und Deutschland dagegen nur
5 bis 6%. Länder mit härteren Arbeitsgesetzen wiesen
nach Meinung von Amicus eine höhere Produktivität
auf, in Frankreich läge sie um 25% höher als in
England. Auf einer Branchenkonferenz vom 11. - 14. Juni 2006 in
Scarborough forderte Amicus die britische Regierung auf, dringend
arbeitsrechtliche Verbesserungen vorzunehmen. Unterdessen legte der
Gewerkschaftsdachverband TUC eine Broschüre vor, die genau
aufzeigt, an welchen Stellen sich die arbeitsrechtliche Situation
britischer Arbeitnehmer durch EU-Gesetzgebung positiv
verändert hat. Die folgenden Texte sind nur in englischer
Sprache verfügbar.
Leise Verlagerung bei Volkswagen?
Im
spanischen Volkswagen-Werk
Pamplona sind offenbar Tausende von Arbeitsplätzen bedroht.
Die zentrale Leitung will nach der Sommerpause einen Teil der
Produktion in das Werk Brüssel verlagern. Da in Pamplona seit
18 Monaten ergebnislos über einen neuen Haustarifvertrag
verhandelt wird, kommt es immer wieder zu
Produktionsausfällen. Die Verlagerung schafft für die
zentrale Leitung auch zusätzliche Optionen für die
laufenden Verhandlungen mit der IG Metall. So könnte das Werk
Brüssel Kapazitäten nach Wolfsburg abgeben, falls
sich die deutschen Arbeitnehmervertreter kompromißbereiter
zeigen und einer Verlängerung der Arbeitszeit zustimmen
würden, wird in Presseberichten spekuliert.
Konferenz zur Zukunft der
europäischen Automobilindustrie
Am 16. und 17. Mai 2006 kamen etwa 130
Teilnehmer aus 16 Ländern in Eleweijt bei Brüssel
zusammen (siehe Foto), um über Restrukturierung,
Standortverlagerungen und Beschäftigung in der
Fahrzeugherstellung zu diskutieren. Organisiert wurde die Konferenz vom
Branchenarbeitskreis Automobilindustrie im Europäischen
Metallgewerkschaftsbund (EMB). Die Referenten präsentierten z.
B. Hintergründe zur aktuellen Situation bei General Motors,
Unternehmensnetzwerke mit Zulieferern, die schwedischen Erfahrungen mit
der "lernenden Organisation" und das VW 5000 Projekt.
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3.
Fusionen und Restrukturierungen als EBR-Thema
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Siemens baut weiter um
Während Siemens
einerseits den Diagnostika-Bereich von Bayer übernimmt, sollen
bis Ende 2006 die Telekommunikationsnetze in ein Joint Venture mit
Nokia ausgegliedert werden. Durch die Bildung von "Nokia Siemens
Networks" stehen bis zu 9.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der
Gesamtbetriebsrat und die IG Metall halten es für einen
schweren Fehler, daß der Unternehmensbereich Communications
nicht mehr zu den Kernfeldern der strategischen Ausrichtung von Siemens
gehört. Allerdings gilt Nokia als solider Partner, mit dem das
Joint Venture durchaus Erfolgsaussichten hat. Nokia gehört
nicht nur im Mobilfunk, sondern auch bei Europäischen
Betriebsräten zu den Pionieren: bereits 1993, als die
Verabschiedung der EBR-Richtlinie keineswegs sicher war, wurde ein
"Euroforum" gebildet.
Der Europäische Betriebsrat von
Siemens wies in seiner Sitzung am 9. Mai 2006 in Berlin auf die Pflicht
des Unternehmens hin, alle Informationen mit
grenzüberschreitender Bedeutung praktisch als Bringschuld ohne
jegliche bürokratische Hindernisse und vor allem zeitnah
zugänglich zu machen. Die 40 Mitglieder des "Siemens Europe
Committee" (SEC) - so die offizielle Bezeichnung des bereits 1995
gegründeten EBR - können sich nur einmal
jährlich treffen, was im Vergleich mit vielen anderen
Unternehmen dieser Größenordnung wenig ist. Kathleen
Kollewe, Redakteurin der EBR-News, fragte den SEC-Vorsitzenden Werner
Mönius nach seiner Einschätzung
über die aktuellen Restrukturierungen und die Forderungen des
EBR.
So
lautete die Überschrift in einer Tageszeitung am 8. Mai 2006,
nachdem der niederländisch-britische
Konsumgüterkonzern Unilever Pläne bekanntgegeben
hatte, Teile des Tiefkühlgeschäfts an
Finanzinvestoren zu verkaufen. Betroffen sind die deutsche
Tochtergesellschaft Iglo und die britische Birds Eye mit zusammen 3.500
Beschäftigten. Hierzu wäre Iglo zunächst
einmal von der restlichen Tiefkühlsparte
("Langnese") abzuspalten. Iglo ist durchaus profitabel, kommt
aber nicht ganz auf die geforderte Umsatzrendite von 15 Prozent. Vor
einigen Jahren hatte der Finanzinvestor Apax die Restaurantkette
Nordsee samt Fischverarbeitung von Unilever gekauft und später
an die Bäckereigruppe Kamps weitergereicht.
Der
Vorsitzende des Europäischen Betriebsrates, Günter
Baltes, hält den Verkauf für einen schweren
Managementfehler. Statt zu schrumpfen und Firmenteile abzugeben, solle
der Unilever-Konzern besser Wachstumsstrategien erarbeiten. Der EBR
fordert eine langfristige Perspektive für Iglo sowie eine
Übernahme aller Beschäftigten und deren
Arbeitsverträge durch den neuen Eigentümer. Dabei
müßten alle tariflichen und betrieblichen Standards
für mindestens drei Jahre festgeschrieben werden. "Wir haben
uns auf europäischer Ebene mit den Kollegen abgestimmt", sagte
Baltes laut Presseberichten. Proteste und Streiks schließt er
nicht aus, sollte es keine Einigung geben.
Unilever-EBR
interveniert in
Indonesien
Im
März 2006 kritisierte der EBR-Vorsitzende Günter
Baltes in einem offenen Brief an die zentrale Leitung die Verletzung
von Menschenrechten bei einem Unilever-Zulieferer für
Palmölprodukte in Indonesien. Nachdem sich die
Beschäftigten einer Plantage und einer Palmölfabrik
gewerkschaftlich organisiert hatten, wurden Hunderte von ihnen
entlassen. Der EBR forderte gemeinsam mit mehreren
Lebensmittelgewerkschaften, Unilever müsse seine
Geschäftsbeziehungen zu diesem Zulieferer abbrechen.
Andernfalls würde der Konzern gegen seinen eigenen Kodex
verstoßen, wonach auch Geschäftspartner die
Menschen- und Gewerkschaftsrechte zu achten haben.
Pharmaindustrie
vor Großfusion
Der
Übernahmekampf um Schering dauerte bis zum 14. Juni 2006, als
der Darmstädter Pharmakonzern Merck bekanntgab, seine
Schering-Anteile an Bayer in Leverkusen abzutreten. Die neue "Bayer
Schering Pharma AG" wird die neue Nummer eins in Deutschland sein und
ihren Sitz in Berlin haben. Insgesamt fallen durch die Fusion 6.000
Arbeitsplätze weg, was 10% der weltweiten Belegschaft
entspricht. Der Schering-Betriebsrat forderte auf einer
Betriebsversammlung am 22. Juni 2006 in Berlin eine schnelle
Klärung, da die Hauptverwaltung von Schering
überproportional vom Stellenabbau betroffen sein
könnte. Beide Unternehmen verfügen seit 1994
über je einen Europäischen Betriebsrat, die im Zuge
der Fusion jetzt zusammengelegt werden.
Stellenabbau auch bei Agfa
Gevaert
Am 22. Juni 2006 wurde der
Europäische Betriebsrat von Agfa Gevaert am Konzernsitz in
Mortsel bei Antwerpen darüber informiert, daß der
Konzern sich in drei unabhängige Divisionen aufspalten wird.
Für die Beschäftigten des belgischen
Bildtechnik-Konzerns sind damit tiefgreifende Umstrukturierungen
verbunden, weltweit sollen 2.500 der 14.700 Beschäftigten
abgebaut werden, allein in Belgien steht der Verlust von 1.000 der
4.500 Arbeitsplätze zur Debatte. In den letzten Jahren hatte
sich der Fotoausrüster verstärkt dem digitalen
Fotografie-Markt zugewandt und zu einem IT-Unternehmen gewandelt.
Was
bringt die weltweit größte Stahlfusion für
die Beschäftigten?
Die
feindliche Übernahme von Arcelor durch Mittal war monatelang
Thema
in der Presse. Am 25. Juni 2006 stimmte schließlich der
Verwaltungsrat von Arcelor der Fusion mit dem indisch-amerikanischen
Konkurrenten zu (siehe auch Bericht in den
EBR-News 1/2006). Dem Verwaltungsrat von Arcelor in Luxemburg
gehören drei Arbeitnehmervertreter an.
Der Europäische
Metallgewerkschaftsbund (EMB) hatte für den Fall,
daß die Fusion zustandekommt, bereits am 22. Februar 2006
einen Forderungskatalog präsentiert und will nun mit dem neuen
Eigner umgehend in Gespräche eintreten. Die besondere Form der
Arbeitnehmerbeteiligung bei Arcelor spielt dabei
eine wichtige Rolle, sie wird in einem EMB-Dossier von Rosi Schneider
aus Hamburg genauer beleuchtet. Arbeitnehmervertreter von Mittal
aus Osteuropa, Rußland und Kasachstan trafen am 26. und 27.
Juni 2006 in Bukarest mit deutschen, britischen und nordamerikanischen
Kollegen zusammen, um ihre weitere Strategie abzustimmen.
Gewerkschaftliche
Betriebspolitik in der Metallindustrie
Grenzüberschreitende Fusionen und
Umstrukturierungen entwickeln sich immer mehr zum zentralen Thema der
EBR-Arbeit. Mehrere europäische Gewerkschaftsverbände
wollen die Handlungsfähigkeit von Europäischen
Betriebsräten bei diesem Thema verbessern und eine
europäische Antwort auf den Standortwettbewerb finden (wir
berichteten in den EBR-News
2/2005).
Für
Gewerkschaftssekretäre der Metallindustrie, die einen EBR
betreuen, fand am 9. Mai 2006 in Elewijt bei Brüssel ein
Workshop des Europäischen Metallgewerkschaftsbundes (EMB)
statt, um Fallbeispiele transnationaler Standortverlagerungen zu
diskutieren. Referenten erläuterten Möglichkeiten,
sich im Falle einer geplanten Fusion oder Übernahme bei der
Europäischen Kommission Gehör zu verschaffen oder bei
Verletzung der geltenden EBR-Vereinbarung vor Gericht zu ziehen. Auf
dieser Konferenz stellte der EMB sein Handbuch zum Umgang mit
transnationalen Restrukturierungen erstmals der
Öffentlichkeit vor.
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4.
EBR konkret: Fallbeispiele aus der EBR-Arbeit
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"Qualität
geht vor Quantität"
Noch 116
Europäische Betriebsräte
könnten im Bereich der Lebensmittel- und
Tourismusgewerkschaften (EFFAT) gebildet werden, 94 gibt es bereits.
Für den Briten Simon Cox, der seit Februar 2006 für
die Koordination der EBR-Arbeit in diesem Sektor verantwortlich ist,
hat die Unterstützung von bestehenden EBR-Gremien jedoch die
höchste Priorität. Im Interview mit Kathleen Kollewe,
Redakteurin der EBR-News, erläutert der ehemalige Mitarbeiter
des britischen Arbeitsministeriums auch den Umgang mit
Restrukturierungen und die Einbeziehung von Delegierten aus den
Ländern Mittel- und Osteuropas.
Neue
EBR-Vereinbarung bei Alcan
Am
1. März 2006 wurde beim kanadischen Aluminiumkonzern Alcan,
der bereits seit 1996 über einen Europäischen
Betriebsrat verfügt, eine überarbeitete
EBR-Vereinbarung nach französischem Recht geschlossen. In den
letzten Jahren hatte sich die Unternehmensstruktur durch die
Übernahme von Alusuisse und Pechiney tiefgreifend
verändert. Im letzten Jahr war eine geheime Anweisung der
Konzernleitung an die Personalmanager bekanntgeworden, wie sie in den
einzelnen Ländern mit den Gewerkschaften jeweils umzugehen
hätten (siehe Bericht
in den
EBR-News 4/2005).
Die
neue
EBR-Vereinbarung kann in mehrfacher
Hinsicht als typisch französisch eingestuft werden: der
Vorstandsvorsitzende ist gleichzeitig der EBR-Vorsitzende. Die
Arbeitnehmerseite wählt einen EBR-Ausschuß bestehend
aus dem "Sekretär", dessen Stellvertreter und vier weiteren
Mitgliedern. Wie in Frankreich üblich gibt es einen
ständigen betriebswirtschaftlichen Berater,
zusätzlich können Sachverständige zu
bestimmten Fachfragen bestellt werden. Die nationalen Delegationen
können bis zu drei hauptamtliche
Gewerkschaftssekretäre hinzuziehen, auch ein Vertreter der
europäischen Gewerkschaftsverbände nimmt mit
beratender Stimme an allen Sitzungen teil. Die Kosten für
diese Gewerkschaftsvertreter trägt das Unternehmen.
Da
es in
Frankreich statt einer Freistellung "nach Bedarf" konkrete
Stundenkontingente gibt, wurde dies auch in der EBR-Vereinbarung
festgeschrieben. So erhält jedes EBR-Mitglied 40
zusätzliche Stunden Freistellung pro Jahr, die Mitglieder des
EBR-Ausschusses 120 Stunden und der Sekretär 300 Stunden. Zu
Beginn der Amtszeit organisiert die zentrale Leitung eine
dreitägige Schulung, auch die Gewerkschaften können
eine dreitägige Schulung für den ganzen EBR
durchführen. Zusätzlich erhält jedes
EBR-Mitglied zwei Tage pro Jahr individuelle Freistellung zur Teilnahme
an Seminaren.
Wie
in vielen
neueren EBR-Vereinbarungen
üblich gibt es zwei Plenumssitzungen pro Jahr, die sich
über ein bis zwei Tage erstrecken. Interessant ist die
Regelung über die interne Vorbesprechung der
Arbeitnehmerseite, die einen Monat vor der offiziellen EBR-Sitzung
stattfindet. Daher kann faktisch von vier regulären
EBR-Sitzungen pro Jahr gesprochen werden.
Schnelle
Einigung auf EBR-Vereinbarung
Die
Fusion der beiden
Verpackungskonzerne Smurfit und Kappa war von Gewerkschaftsseite bis
zuletzt heftig kritisiert worden (wir berichteten in den EBR-News 4/2005).
In mindestens 22 Niederlassungen in sechs Ländern
würden Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, so der
Europäische Betriebsrat von Smurfit in einer
Erklärung am 6. Januar 2006. Als die Fusion nicht mehr zu
verhindern war, haben die Arbeitnehmervertreter jedoch nicht lange
gewartet und zügig eine neue EBR-Vereinbarung mit der
zentralen Leitung ausgehandelt.
Diese
wurde bereits am 9. Mai 2006 in Paris unterzeichnet und unterliegt
irischem Recht. Danach kommen die 30 EBR-Mitglieder
halbjährlich für jeweils zwei volle Tage zusammen,
und zwar immer in einer anderen Niederlassung des Konzerns. Sitzungen
des EBR mit der zentralen Leitung werden vom Management geleitet. Die
Personalleitung stellt einen Sekretär, der die administrativen
Tätigkeiten im Zusammenhang mit den EBR-Sitzungen erledigt.
Ein Präsidium (Select Committee) aus sieben EBR-Mitgliedern
trifft zweimal jährlich die zentrale Leitung. In
außerordentlichen Fällen kann das Select Committee
eine EBR-Plenarsitzung beantragen.
Die
Freistellung für die Mitglieder des Select Committee erfolgt
ohne zeitliche Eingrenzung nach Bedarf. Neben den üblichen
Punkten benennt die Vereinbarung ausdrücklich den Arbeits- und
Gesundheitsschutz als Thema des EBR. Alle Delegierten können
Englischkurse besuchen, weiterhin zahlt die Konzernleitung alle zwei
Jahre drei Schulungstage für das gesamte Gremium.
Das irische Management hat
offenbar gewisse Berührungsängste mit den
Gewerkschaften: Nur zu den internen Sitzungen der Arbeitnehmervertreter
sind zwei hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre zugelassen,
einer von der britischen Gewerkschaft Amicus einer von der
Europäischen Föderation der Chemiegewerkschaften
(EMCEF). Lediglich versuchsweise finden "inoffizielle" EBR-Sitzungen
mit der zentralen Leitung in Anwesenheit dieser Gewerkschaftsvertreter
statt. Die meisten Beschäftigten hat der fusionierte Konzern
in Frankreich und Deutschland, gefolgt von den Niederlanden und
Großbritannien.
VWR
International gründet Europäischen Betriebsrat
Beim Handelsunternehmen für
wissenschaftlichen Laborbedarf mit Sitz in Darmstadt wurde am 14. Juni
2006 eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. VWR war 2004 vom
Pharmakonzern Merck an einen amerikanischen Finanzinvestor verkauft
worden. Die EBR-Vereinbarung orientiert sich weitgehend an den
Mindestvorschriften der EU-Richtlinie, es handelt sich allerdings um
eines der seltenen Beispiele nach deutschem Recht, wo die zentrale
Leitung den Vorsitz im EBR innehat. Das Plenum des EBR tagt einmal
jährlich für 2,5 Tage inklusive der internen Vor- und
-nachbesprechung. Auf Antrag der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter
findet in außergewöhnlichen Umständen eine
zusätzliche EBR-Sitzung statt. Die 19köpfige
Arbeitnehmerseite wählt einen
geschäftsführenden Ausschuß ("Sekretariat")
aus vier EBR-Mitgliedern, die sich dreimal jährlich treffen
können.
Deutsche Betriebsräte
auf "Repräsentationsbesuch" in ausländischen
Standorten
"Wie stark prägt das deutsche
Mitbestimmungsmodell die EBR-Arbeit?" war eine der Leitfragen von Prof.
Dr. Hermann Kotthoff in einem Forschungsprojekt, das die Arbeit
Europäischer Betriebsräte untersuchte. Im vierten
Teil unserer Serie, in der wir Ergebnisse des Projektes vorstellen,
beleuchten wir eine weniger wirkungsvolle Form von EBR-Arbeit. Beim Typ
4 konnte der EBR sein volles Potenzial noch nicht entfalten - ein
Übergangsstadium?
Typ 4: Der
EBR im Leerlauf - ein zahnloser Tiger
Beim
Typ 4 handelt es sich um einen EBR mit großer Belegschaft in
Deutschland, die noch wenig mit ausländischen Standorten in
Konkurrenz steht. Jedes Werk hat eine spezifische Produktpalette,
Überschneidungen gibt es kaum. Diese "heile Welt"
ändert sich jedoch allmählich durch den Aufbau neuer
Produktionsstätten in Osteuropa. Die normale EBR-Arbeit
funktioniert beim Typ 4 relativ gut, es fehlt weder an Ressourcen noch
an Arbeitsmöglichkeiten. Aber die wirklich "heißen
Themen" laufen am EBR vorbei. Stattdessen beschäftigt er sich
mit sich selbst und dreht sich im Kreis.
Der EBR sucht nach
"attraktiven" Inhalten
für die jährliche Plenumssitzung und organisiert
Vorträge und Workshops zu europapolitischen Themen, die aber
keinen direkten Bezug zu den drängenden Problemen im Konzern
haben. Wichtig ist das Abendprogramm, wo auch einmal ein
Schichtarbeiter aus Portugal mit dem deutschen Vorstandsvorsitzenden
zwanglos reden kann. Diese informellen Kontakte - auch zwischen den
Arbeitnehmervertretern - sind das Wichtigste. Der EBR wird von der
zentralen Leitung ordnungsgemäß informiert, aber
diese Informationen machen ihn nicht "heiß". Als Folge von
Fusionen widmet er sich der Aushandlung einer neuen EBR-Vereinbarung,
nimmt aber auf die zugrundeliegende Konzernpolitik keinen
Einfluß. Der EBR-Vorsitzende besucht
regelmäßig ausländische Standorte - jedoch
nicht anläßlich akuter Probleme im
"Feuerwehreinsatz", sondern zu Repräsentationszwecken, bei
denen der Werksleiter auf dem Hof zum Rundgang wartet.
Die
Wirksamkeit des EBR-Typus 4 ist geringer als bei den Typen 1 bis 3.
Solange der deutsche Konzernbetriebsrat seine Hegemonie
gegenüber den ausländischen Standorten nicht aufgeben
will, scheint eine Weiterentwicklung dieses EBR-Typs schwer
vorstellbar. Sie wird jedoch unausweichlich, sobald internationale
Standortfragen dem deutschen KBR "auf den Tisch rollen".
Dieses
Muster beschreibt lediglich einen von
fünf verschiedenen EBR-Typen, weitere Informationen:
In
Kürze wird die gesamte Studie als Buch vorliegen. Der Autor
zieht darin eine Zwischenbilanz der zurückliegenden zehn Jahre
seit Inkrafttreten der EBR-Gesetzgebung, die er als "Lehrjahre" des EBR
bezeichnet. Seine Typologie basiert auf Befragungen deutscher und
nicht-deutscher EBR-Mitglieder, Gewerkschaftssekretäre und
Personalmanager in zwölf großen Unternehmen.
Hermann Kotthoff
Lehrjahre
des Europäischen Betriebsrates
Zehn
Jahre transnationale Arbeitnehmervertretung
Berlin
2006, 184 Seiten, ISBN 3-8360-8671-9, Preis: 14,90 €
→ Online-Bestellung
EBR-Arbeit in der IT-Industrie
Seit
kurzem sind die
Dokumente einer Konferenz für Europäische
Betriebsräte
aus der Informations- und Kommunikationstechnologie, die der
Europäische Metallgewerkschaftsbund (EMB) gemeinsam mit dem
Europäischen Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften
(UNI-Europa) vom 14. - 16. Dezember 2005 in Brüssel
organisiert
hatte, im Internet verfügbar. Die Konferenzteilnehmer hatten
sich
mit der Frage beschäftigt, wie der Einfluß von
Arbeitnehmervertretern auf grenzüberschreitende
Restrukturierungen
verbessert werden könne. Wissenschaftler,
Gewerkschaftssekretäre und EBR-Mitglieder
präsentierten
folgende Fallstudien: Hewlett-Packard, Alcatel, France
Télécom, Atos Origin, Flextronics und Elcoteq. Am
Ende
der Konferenz wurde ein Strategiepapier verabschiedet.
|
5.
Richter prägen europäische Arbeitsbeziehungen
|
Niederlassungsfreiheit
oder
soziale Grundrechte?
Am
11. März 2006 wurden im Amtsblatt der Europäischen
Union die Einzelheiten eines Rechtsstreits von erheblicher Brisanz
veröffentlicht. Im Rahmen einer Vorabentscheidung
muß der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg
die Frage klären, was höher zu bewerten ist: das
Recht einer Fährgesellschaft auf Niederlassungsfreiheit
innerhalb des Europäischen Binnenmarktes oder das Recht einer
Gewerkschaft, die Einhaltung eines Tarifvertrages durch Arbeitskampf zu
erzwingen.
Ursache
ist ein Streit zwischen der finnischen Reederei Viking Line
und der Seefahrergewerkschaft. Die Reederei hatte im Jahre 2003 eine
Ostsee-Fähre, die zwischen Helsinki und Reval verkehrt, nach
Estland umgeflaggt und die Besatzung durch niedriger bezahlte
Arbeitnehmer ausgetauscht. Eine Flucht aus dem bestehenden Tarifvertrag
konnte die finnische Gewerkschaft jedoch durch Androhung eines
Arbeitskampfes und international koordinierter Boykottaktionen
verhindern. Um davor zukünftig geschützt zu sein,
beantragte
das Unternehmen im August 2004 eine einstweilige Verfügung
gegen
die Internationale Transportarbeiterföderation (ITF) an deren
Sitz
in London. Das oberste englische Berufungsgericht, das in zweiter
Instanz mit der Angelegenheit befaßt war, schaltete im
November
2005 den Europäischen Gerichtshof ein.
Der Europäische
Gewerkschaftsbund (EGB) wies in einer Presseerklärung vom 20.
April 2006 auf die Konsequenzen dieses Gerichtsverfahrens hin, dessen
Bedeutung weit über die Schiffahrt hinausgeht. Auffallend sind
die Parallelen zum Fall Vaxholm, in dem der EuGH die Einhaltung von
Tarifstandards in der schwedischen Bauwirtschaft zu klären hat
(siehe Bericht
in den EBR-News 4/2005). Wann der EuGH eine Entscheidung
fällt, steht noch nicht fest, denn zunächst werden
sämtliche Regierungen im Europäischen Binnenmarkt
(alle EU-Länder plus Norwegen, Island und Liechtenstein) wie
auch die Europäische Kommission um eine Stellungnahme zu
diesem Fall gebeten. Die Entscheidung der Luxemburger Richter wird dann
Bestandteil der europäischen Rechtsordnung. Folgende Texte
sind nur in englischer Sprache verfügbar:
Ein
ähnlicher Fall
auch in Irland
Die Reederei Irish Ferries,
deren Schiffe Irland mit Großbritannien und Frankreich
verbinden,
wollte über 500 Beschäftigte durch
osteuropäische
Leiharbeiter ersetzen, deren Löhne nur etwa halb so hoch wie
der
irische Mindestlohn sind. Da es in Irland keine erzwingbare
Mitbestimmung gibt, konnte der Arbeitgeber einseitig handeln und
brachte am 27. November 2005 die neue Besatzung unter Polizeischutz an
Bord. Der hierdurch ausgelöste Arbeitskampf legte den
Fährverkehr für drei Wochen lahm. Am 9. Dezember 2005
beteiligten sich 150.000 Menschen in ganz Irland an einem nationalen
Protesttag - es war die größte
Solidaritätsdemonstration seit den 70er Jahren.
Unter staatlicher Vermittlung
gelang es den Gewerkschaften schließlich am 14. Dezember
2005, die bisherigen tariflichen Standards für irische
Beschäftigte zu sichern und für ausländische
Leiharbeiter den in Irland geltenden gesetzlichen Mindestlohn von 7,65
€ pro Stunde festzuschreiben. Am 14. März 2006 wurde
ein Tarifvertrag für drei Jahre abgeschlossen, der auch die
Interessenvertretung der osteuropäischen Leiharbeiter regelt
und daher als Meilenstein in der irischen Tariflandschaft gilt.
Abschied
von Closed-Shop-Abkommen in Dänemark
Der
Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte in
Straßburg urteilte am 11. Januar 2006 über eine
Klausel des Kündigungsschutzgesetzes, die
"closed-shop-Abkommen" in Dänemark ermöglicht. Dabei
handelt es sich um Haustarifverträge, in denen sich
dänische Arbeitgeber verpflichten, ausschließlich
Mitglieder der vertragsschließenden Gewerkschaft in ihrem
Betrieb zu beschäftigen. Möchte ein neueingesteller
Arbeitnehmer unorganisiert bleiben oder einer anderen Gewerkschaft
beitreten, führt dies automatisch zur Nichtigkeit des
Arbeitsverhältnisses. Hiergegen hatten zwei Betroffene
geklagt. Die Straßburger Richter sahen einen
Verstoß gegen die "negative Koalitionsfreiheit", also gegen
das Recht, einer Gewerkschaft fernbleiben zu dürfen.
Closed-shop-Abkommen
dienen dazu, die ökonomische Unterlegenheit der Arbeitnehmer
gegenüber dem Arbeitgeber auszugleichen. Historisch sind sie
in der Schiffahrt entstanden, als sich Matrosen weigerten, gemeinsam
mit gewerkschaftlich unorganisierten Besatzungsmitgliedern den Hafen zu
verlassen, um nicht bei Löhnen und Arbeitsbedingungen von den
Reedern gegeneinander ausgespielt zu werden. Ziel ist somit die
Durchsetzung der Allgemeinverbindlichkeit eines (Haus-)Tarifvertrages,
was in Ländern ohne Betriebsrat und ohne gesetzliche
Schutzrechte von den Gewerkschaften immer wieder neu erkämpft
werden muß. Auch die deutsche Betriebsverfassung kennt eine
abgewandelte Form des closed-shop, denn eine Betriebsvereinbarung gilt
automatisch für die gesamte Belegschaft. Selbst wenn der
einzelne Arbeitnehmer mit den Inhalten persönlich nicht
einverstanden ist, kann er sich dem nicht entziehen. Für den
Arbeitgeber bedeutet dies ein hohes Maß an Planungssicherheit.
Unmittelbar
nach dem Straßburger Urteil kündigte die
dänische
Regierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des
Kündigungsschutzgesetzes an. Die dänischen
Gewerkschaften
erklärten, daß sie ab sofort auf die Durchsetzung
der
closed-shop-Vereinbarungen verzichten werden. Dänemark und
Island
sind die einzigen Länder im Europäischen Binnenmarkt,
wo
solche Tarifverträge heute noch eine Rolle spielen, bis in die
80er Jahre hinein waren sie auch in Großbritannien
verbreitet.
Auf die dänischen Arbeitsbeziehungen insgesamt hat das Urteil
nur
geringe Auswirkungen, weil der gewerkschaftliche Organisationsgrad seit
Jahren bei 80% liegt. Closed-shop-Vereinbarungen sind nur in wenigen
Branchen zu finden, in denen es keine stabilen Tarifstrukturen und
keine stabile gewerkschaftliche Mitgliederbasis gibt.
Deutsche
Post verliert Rechtsstreit in Portugal
Die
portugiesische Gewerkschaft für Post und Telekommunikation
SNTCT konnte sich gegen DHL, Tochtergesellschaft der Deutschen Post
für Paket- und Expreßbeförderung, vor
Gericht durchsetzen. Das Unternehmen wollte im Dezember 2005 einen
Arbeitnehmervertreter, der die gewerkschaftliche Organisation bei DHL
Portugal aufgebaut hatte, zunächst durch Abfindung und dann
durch Strafversetzung in eine 40 km entfernte Niederlassung zum
Ausscheiden bewegen. Nachdem Einigungsversuche gescheitert waren,
folgte der Gang zum Arbeitsgericht Lissabon, das am 10. März
2006 die Versetzung schließlich untersagte.
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6.
Umfangreiche neue EBR-Daten aus Brüssel
|
Aktualisierte
Datenbank auf CD-ROM
Vor wenigen Wochen ist eine
Neuauflage der European Works Councils Database
erschienen. Das Europäische Gewerkschaftsinstitut in
Brüssel sammelt seit Jahren alle verfügbaren Daten
über Europäische Betriebsräte und
hält die Datenbank auf dem aktuellen Stand. Auf der CD-ROM
finden sich Informationen zu 2.204 Unternehmen, die unter die
EBR-Richtlinie fallen, sowie der komplette Text von 960
EBR-Vereinbarungen. Alle Daten sind auf dem Stand von Juni 2005.
Die Datenbank kann nach vielen
Kriterien durchsucht werden: Name und Sitz des Unternehmens, Anzahl der
Arbeitnehmer pro Land, zurückliegende Fusionen und
Übernahmen, Delegiertenschlüssel oder
Sitzungshäufigkeit. Weiterhin sind die nationalen
Umsetzungsgesetze zur EBR-Richtlinie, Dokumente zur Revision dieser
Richtlinie, Urteile des Europäischen Gerichtshofes, mehr als
200 Branchenabkommen des Sozialen Dialogs, ILO- und OECD-Texte sowie
EBR-Artikel aus dem europäischen Gewerkschaftsjahrbuch auf der
CD-ROM zu finden. Neu in der Ausgabe 2006 sind etwa 70 Texte von
globalen Rahmenabkommen, die unter Mithilfe von Europäischen
Betriebsräten ausgehandelt worden sind. Die CD-ROM liegt nur
in englischer Sprache vor und ist mit 400 € nicht gerade
preiswert, es gibt aber Ermäßigungen für
Gewerkschaftsmitglieder, Studenten oder bei Sammelbestellungen.
Neben
dieser CD-ROM gibt es auch eine Online-Datenbank über
Europäische Betriebsräte, die wir in den EBR-News 1/2005
bereits vorgestellt hatten.
Noch
1.432 Europäische Betriebsräte warten auf ihre
Gründung
Der
Datenbestand des Europäischen Gewerkschaftsinstituts zeigt,
daß von 2.204 Unternehmen, die in den Geltungsbereich der
EBR-Richtlinie fallen, erst ein Drittel (772) einen
Europäischen
Betriebsrat gebildet hat. Insgesamt 1.432 EBR-Gremien warten also noch
auf ihre Gründung, davon allein 327 in Deutschland, wo der
Nachholbedarf auch prozentual besonders
groß ist.
Jedes fünfte
EBR-fähige Unternehmen im Europäischen Binnenmarkt
(450 von 2.204) ist deutscher Herkunft. Die 344 Konzerne mit einer
US-amerikanischen Mutter rangieren auf Platz zwei, die 265 britischen
auf Platz drei und die 210 französischen auf Platz vier.
Überraschend wird der fünfte Platz von den
Niederlanden eingenommen. Das kleine, aber stark internationalisierte
Land beherbergt 133 Konzernzentralen, rund doppelt soviel wie Italien
oder Belgien. Bei der Anzahl der Unternehmen, die mit Standorten in den
neuen EU-Ländern in Mittel- und Osteuropa vertreten sind,
liegt ebenfalls Deutschland an der Spitze. 231 von 450 deutschen
Unternehmen, also mithin jedes zweite, haben bereits dorthin
expandiert. An diesen EBR-Zahlen lassen sich auch die Gewichte in der
europäischen Wirtschaftslandschaft ablesen.
Neuauflage
der "Facts & Figures"
Im
Jahre 2003 veröffentlichte das Europäische
Gewerkschaftsinstitut erstmals umfassende Statistiken zur EBR-Arbeit in
einer Broschüre. Die "Facts & Figures" beruhten auf
der Auswertung von über 700 EBR-Vereinbarungen. Derzeit ist
eine aktualisierte Neuauflage in Druck und wird in Kürze
erscheinen. Darin werden Unternehmen, die unter die EBR-Richtlinie
fallen, einer genaueren Analyse unterzogen sowie Merkmale wie
Größe oder Sitzungshäufigkeit
Europäischer Betriebsräte und branchenbezogene Daten
statistisch aufbereitet. Die Broschüre umfaßt
über 100 Seiten und ist in englischer, französischer,
deutscher und polnischer Sprache für 20 € plus
Versandkosten beim Europäischen Gewerkschaftsinstitut in
Brüssel erhältlich.
|
7.
Europäische Betriebsräte in
Italien
nach dem Regierungswechsel
|
Obwohl
das EG-Gründungsmitglied Italien von der
Größe her mit Frankreich und
Großbritannien vergleichbar ist, spielt das Land in der
europäischen Unternehmenslandschaft eher eine untergeordnete
Rolle. Eine der Ursachen liegt im starken Gefälle zwischen dem
industrialisierten Norden und dem ländlichen Süden,
dem "Mezzogiorno". Die Wirtschaft des Landes wird einerseits von
Familienkonzernen wie FIAT oder Benedetti und andererseits von
(ehemaligen) Staatskonzernen wie Eni dominiert. Italien ist eines der
wenigen Länder, in denen die Gewerkschaften noch Mitgliederzuwächse
verzeichnen. Dabei spielten sicher die Generalstreiks gegen die
Regierung Berlusconi (2001-2006) eine Rolle, aber die Entwicklung
setzte schon Mitte der 90er Jahre ein. Mit rund 37% liegt der
Organisationsgrad bei der aktiven Arbeitsbevölkerung heute ein
Drittel höher als in Deutschland.
Statt
eines Betriebsrates gibt es eine "Einheitliche
Gewerkschaftsvertretung" (RSU), die von der gesamten
Belegschaft nach Gewerkschaftslisten gewählt wird. Deren
Grundlagen wurden nicht vom Gesetzgeber, sondern zwischen den
Tarifparteien in nationalen Abkommen geregelt. Die RSU verfügt
über keine Mitbestimmungsrechte, sondern
unterliegt der Tarifautonomie inklusive Streikrecht. Im Durchschnitt
der Jahre 2000 - 2003 belegte Italien mit jährlich 135
verlorenen Arbeitstagen pro 1.000 Beschäftigten den zweiten
Platz in Europa (nach Spanien), während Deutschland mit nur
vier Tagen fast am Ende der Statistik steht. Im besonders
streikintensiven Jahr 2002 beteiligten sich 5,4 Mio. Menschen in
Italien an einem Arbeitskampf - gegenüber nur 400.000 in
Deutschland.
Das italienische EBR-Modell
Während
aus den meisten EU-Ländern ausschließlich
betriebliche Arbeitnehmervertreter in den EBR entsandt werden, sind in
italienischen Firmen häufig hauptamtliche
Gewerkschaftssekretäre mit Sitz und Stimme vertreten, was als
"italienisches Modell" bezeichnet wird. In vielen Fragen spielen die
Dachverbände der drei großen
Gewerkschaftsbünde eine entscheidende Rolle, so auch 1996 bei
der Umsetzung der EBR-Richtlinie in einem Tarifabkommen. Erst nachdem
die Europäische Kommission hieran Kritik geübt hatte,
kam es 2002 zu einer gesetzlichen Nachbesserung durch die Regierung.
Nach
Berechnungen des Europäischen Gewerkschaftsinstituts
hatten im Juni 2005 gerade einmal 3% aller EBR-fähigen
Unternehmen (66 von 2.204) ihren Stammsitz in Italien. Damit rangiert
das Land auf dem neunten
Platz, noch hinter den wesentlich kleineren Ländern
Niederlande, Schweden und Belgien und auf einem vergleichbaren Niveau
wie Dänemark. Zwar finden sich italienische
Delegierte in 70% aller Europäischen Betriebsräte,
aber nur in 25 italienischen Unternehmen war ein EBR
gegründet. Dieser Nachholbedarf kann fatale Folgen haben: So
war bei der Fusion von UniCredit und HypoVereinsbank beispielsweise ein
EBR in Deutschland, nicht aber in Italien vorhanden, obwohl eine
funktionierende transnationale Arbeitnehmervertretung gerade in dieser
Situation besonders nötig wäre (wir berichteten in
den EBR-News
2/2005).
Was ist von der neuen Regierung
zu erwarten?
Es
war ein knapper Wahlausgang, der die Ära Berlusconi
(vorläufig?) beendete. Seit
dem 17. Mai 2006 ist der ehemalige Präsident der
Europäischen Kommission, Romano Prodi, erneut
Ministerpräsident. In
seiner ersten Regierungszeit zwischen 1996 und 1998 waren die
italienischen Gewerkschaften in beispielhafter Weise auf
höchster
Ebene in politische Entscheidungsprozesse einbezogen, es wurden Pakte
zur Beschäftigungsförderung und wirtschaftlichen
Entwicklung
abgeschlossen. Aber die Gewerkschaften mußten auch einen
Preis
zahlen: weitgehender Verzicht auf Arbeitskämpfe und eine
Lohnzurückhaltung, um die Kriterien für die
Europäische
Währungsunion und die Einführung des Euro zu
erfüllen.
Geplant war für 2001 die Einführung der
35-Stunden-Woche
ähnlich wie in Frankreich, das entsprechende Gesetz wurde
jedoch
nie verabschiedet.
Die
neue Regierung will Arbeitsmarktreformen wie das Biagi-Gesetz von 2003
revidieren, das eine Vielzahl prekärer
Arbeitsverträge einführte ("job on call" oder
"Projektarbeit"). Als Teil eines Sozialpaktes zur Sanierung der
Staatsfinanzen könnte es zu einer Reform des
Tarifvertragssystems kommen: während die
Arbeitgeberverbände seit langem eine Abkehr vom
Flächentarifvertrag fordern, vertreten die drei
großen Gewerkschaftsbünde hierzu keine einheitliche
Linie. Ob es zu einer Neuorientierung der betrieblichen
Interessenvertretung kommt, kann derzeit nicht prognostiziert werden.
In dem aus acht Parteien bestehenden Wahlbündnis wurde das Amt
des Arbeitsministers an Cesare Damiano (Foto)
übertragen. Er kommt
von der kämpferischen Metallgewerkschaft FIOM.
Informationen
aus Südtirol
Das Arbeitsförderungsinstitut
- Istituto per la promozione dei lavoratori (AFI-IPL) in
Bozen liefert zahlreiche Informationen über die italienischen
Arbeitsbeziehungen in deutscher und italienischer Sprache. Die
folgenden Broschüren liegen in deutscher Sprache vor:
Die bisherigen
Länderschwerpunkte in den EBR-News:
|
8. Sozialer Dialog und EU-Regionalpolitik
|
Gipfeltreffen
Sozialer Dialog
Am 23. März 2006
trafen in Brüssel EU-Regierungsvertreter mit den Spitzen des
Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) und der
europäischen Arbeitgeberverbände zusammen (siehe
Foto). Bei diesem Sozialgipfel präsentierten die
Sozialpartner ihr neues Arbeitsprogramm für die Jahre 2006 bis
2008. Zum zweiten Mal bereits konnten sich Gewerkschaften und
Arbeitgeberverbände auf eine gemeinsame Agenda einigen,
darunter Themen wie die Stärkung des Sozialen Dialogs in
Mittel- und Osteuropa oder der Umgang mit
Unternehmens-Restrukturierungen. Ein entscheidender Punkt fehlt jedoch:
Von einer Revision der EBR-Richtlinie ist keine
Rede.
Wenige Tage zuvor, am 13.
März 2006 hatten sich die europäischen Branchengewerkschaften
mit den Arbeitgeberverbänden und der Europäischen
Kommission
zu einer Konferenz getroffen, um eine Bestandsaufnahme des Sozialen
Dialogs auf Branchenebene vorzunehmen. Im Mittelpunkt standen u. a. die
Zuckerindustrie, die chemische Industrie, der Schiffbau, der Handel,
die Textilindustrie, die Baubranche und das Sicherheitsgewerbe. In 31
Industriezweigen gibt es ständige Arbeitsgruppen aus
Vertretern
der Arbeitgeber, Gewerkschaften und der Europäischen
Kommission,
die eine besondere Rolle im Gesetzgebungsprozeß der EU
innehaben
(siehe auch das Beispiel Arbeitsbedingungen im Eisenbahnverkehr in den EBR-News 1/2005).
EU-weites Abkommen zum
Gesundheitsschutz
Am
25. April 2006 wurde in Brüssel ein Abkommen zum Schutz vor
kristallinen Kieselsäurepartikeln in der Atemluft, die zur
Lungenerkrankung Silikose führen können,
unterzeichnet. Diese Partikel stellen in mehreren Branchen ein Risiko
für die Beschäftigten dar, u. a. in der
Baustoffindustrie, im Bergbau, in Gießereien und in der
Glasherstellung. Da mehrere Industriezweige betroffen sind, wurde die
Vereinbarung von mehreren Branchenverbänden gemeinsam
unterzeichnet - ein Novum in der Geschichte des Sozialen Dialogs auf
EU-Ebene. Die Vereinbarung tritt im Oktober 2006 in Kraft und gilt
zunächst für vier Jahre.
Keine direkten EU-Subventionen
mehr für Betriebsverlagerungen
Wenn
Unternehmen nach Osteuropa gehen, sparen sie Arbeitskosten, profitieren
von niedrigeren Steuersätzen und zielen auf die betreffenden
Absatzmärkte. Viele dieser Firmen würden die
Entscheidung auch ohne öffentliche Förderung treffen,
nehmen aber EU-Gelder gerne in Anspruch. Auf Initiative des
Europäischen Parlaments beschloß der Ministerrat der
EU am 5. Mai 2006, daß Betriebsverlagerungen ab 2007 nicht
mehr mit EU-Geldern gefördert werden dürfen.
Steuergelder sollen nur dann noch fließen, wenn in den
EU-Beitrittsländern zusätzliche
Arbeitsplätze entstehen. Wegen der Vorwürfe im Fall
AEG (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2006) hatte die Europäische
Kommission sämtliche Großprojekte auf Entlassungen
an anderen Ländern überprüft. Die
IG Metall geht sogar noch einen Schritt weiter, sie hatte im
März 2006 eine Verlagerungsabgabe für Unternehmen
gefordert, die aus Profitgier Standorte schließen.
Neben
den EU-Subventionen gewähren die Regierungen in Osteuropa aber
auch eigene Beihilfen. So finanziert beispielsweise Polen den Ausbau
seiner Infrastruktur mit Geld aus Brüssel und nutzt den daraus
entstehenden Haushaltsspielraum zur Subventionierung
ausländischer Investoren. Auf diesem Weg unterstützen
die alten EU-Länder weiterhin Arbeitsplatzverlagerungen von
West nach Ost - nur eben indirekt.
Studie zum Rechtsrahmen
für transnationale kollektive Vereinbarungen
Wir berichteten bereits in den EBR-News 1/2006
über eine Initiative der Europäischen Kommission, den
Abschluß von internationalen Kollektivverträgen auf
eine verläßliche juristische Grundlage zu stellen.
Solche Abkommen, z. B. über Restrukturierungsfragen oder
internationale Mindeststandards, werden häufig auch von
Europäischen Betriebsräten (mit)gestaltet. Am 17. Mai
2006 präsentierte die Generaldirektion Beschäftigung,
soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit eine Studie hierzu.
Fallbeispiele untersuchten die konzernweiten Abkommen im
Arcelor-Konzern und die internationalen Rahmenabkommen in der
Nahrungsmittelindustrie.
Das von der
Europäischen Kommission mit der Studie beauftragte
Expertenteam aus Schweden, den Niederlanden, Frankreich, Italien und
Spanien (unterstützt durch Prof. Dr. Ulrich Zachert von der
Universität Hamburg) schlägt
die Schaffung eines gemeinschaftlichen Verhandlungsgremiums
vor, das befugt sein soll, transnationale Kollektivvereinbarungen
abzuschließen. Diese sind nicht als Ersatz, sondern als
Ergänzung der nationalen Systeme industrieller Beziehungen
gedacht. Werden solche Verhandlungen von Europäischen
Betriebsräten geführt, ist immer auch eine
Beteiligung von Gewerkschaften vorgesehen.
Im Laufe des Jahres 2007 ist
eine offizielle Konsultation der europäischen Sozialpartner
geplant. Der Generalsekretär der europäischen
Arbeitgeberverbände (UNICE), Philippe de Buck, hatte bereits
Anfang 2006 verkündet, daß die Arbeitgeber keine
Zentralisierung von Tarifverhandlungen auf EU-Ebene wünschen,
insbesondere sollen daraus resultierende Vereinbarungen nicht
bindend sein. Vom Europäischen Gewerkschaftsbund
(EGB) wird die Initiative der Europäischen Kommission dagegen
unterstützt.
|
9. Werkzeuge für
die EBR-Arbeit:
|
Effiziente Kommunikation
über Ländergrenzen: ein Tool
Restrukturierungen,
Verlagerungen und Fusionen stellen hohe Anforderungen an
Europäische Betriebsräte. Wie kann deren
Reaktionsfähigkeit und Schnelligkeit gesteigert werden? Mit
dieser Frage haben sich Mitarbeiter der Beratungsgesellschaft IKS und
des Internetdienstleisters Proterzio aus Hamburg intensiv
auseinandergesetzt. Sie sehen in den oft begrenzten Ressourcen eine der
Hauptschwierigkeiten für eine effektive und dynamische
EBR-Arbeit.
Um einen zeitnahen
Informationsaustausch zu ermöglichen, steht jetzt ein
webbasiertes Instrument zur Verfügung: das European
Works Council Information and Consultation Tool (EWCICT). Es
besteht aus einer Datenbank, einem Kommunikationsserver und einer
Webseite und macht aktuelle und umfassende Informationen für
alle EBR-Beteiligten unkompliziert und geballt verfügbar.
Die Datenbank erlaubt eine
laufende Dokumentation der teils hochsensiblen EBR-Tätigkeit,
dort sind auch betriebswirtschaftliche und soziale Informationen zu
einzelnen Standorten und zur gesamten Unternehmensentwicklung bzw.
Branche in mehreren Sprachen abrufbar. Der Kommunikationsserver kann
– je nach Anforderung – einfachen oder komplexeren
Anforderungen gerecht werden, sowohl für die externe
Kommunikation, also die Herstellung von Öffentlichkeit (z. B.
Pressemitteilungen), als auch für die interne Kommunikation,
wo der Zugang nur einem ausgewählten Personenkreis mittels
Paßwort ermöglicht wird. Derzeit arbeitet z. B. der
Europäische Betriebsrat von General Motors
mit diesem Instrument.
Das Tool kann neuen Bedarfen
angepaßt und permanent weiterentwickelt werden. Erste
praktische Erfahrungen zeigen, daß nicht nur neue Ressourcen
erschlossen, sondern die Gestaltungsoptionen des EBR auch qualitativ
erweitert wurden. Bei der Einführung dieses Tools besteht die
Möglichkeit, eine finanzielle Förderung der EU im
Rahmen von Projekten des Sozialen Dialogs in Anspruch zu nehmen.
Interessierte EBR-Gremien können sich an die Redaktion der
EBR-News wenden.
Vielfach
vernachlässigt, aber von großer Bedeutung: die
Geschäftsordnung
Europäische
Betriebsräte, die ihre interne Zusammenarbeit noch nicht in
einer
Geschäftsordnung geregelt haben, sollten dies nachholen.
"Erfahrungen in der Praxis zeigen, daß eine fehlende
Geschäftsordnung gravierende Probleme für die
EBR-Arbeit
verursachen kann", betont Rechtsanwältin Anneliese
Büggel,
EBR-Beraterin und Gastautorin der EBR-News. Sie zeigte in einem Beitrag
für die Fachzeitschrift "Arbeitsrecht im Betrieb" auf, wann
eine
Geschäftsordnung für Europäische
Betriebsräte
gesetzlich vorgeschrieben ist, wie die Geschäftsordnung
formuliert
sein sollte und welche Nachteile es haben kann, wenn ein
Europäischer Betriebsrat darauf verzichtet, sich eine
Geschäftsordnung zu geben.
Die
überwiegende Zahl
der EBR-Vereinbarungen enthält keine Regelung über
die Beschlußfassung - ein wichtiger Punkt, der in eine
Geschäftsordnung mit aufgenommen werden sollte. Leitet ein EBR
ein Gerichtsverfahren ein, so muß er nachweisen
können, daß die Vollmachtserteilung auf einer
ordnungsgemäßen Beschlußfassung beruht.
Der Europäische Betriebsrat von Panasonic scheiterte im Jahre
1998 in einem Berufungsverfahren hinsichtlich der Schließung
des französischen Werkes Longwy genau an dieser Frage. Aber
auch bei der Kündigung der EBR-Vereinbarung ist im Streitfall
die ordnungsgemäße Beschlußfassung
nachzuweisen.
Vorsicht
bei EBR nach französischem Modell !
Besonders
brisant ist dieses Thema in einem Europäischen
Betriebsrat, in dem der
Arbeitgeber den Vorsitz innehat (französisches Modell). So
wurde
im Jahre 2002 im Fall der Fährgesellschaft P&O von
einem
britischen Gericht die Frage der Rechtspersönlichkeit eines
solchen EBR aufgeworfen. Der Richter bekundete Zweifel, ob die
Arbeitnehmerseite unabhängig von den Vertretern der zentralen
Leitung überhaupt einen Prozeß anstrengen bzw. ob
die vom
Arbeitgeber benannten EBR-Mitglieder als Organ des Unternehmens gegen
sich selbst Klage erheben könnten.
Der
Europäische
Gewerkschaftsbund (EGB) empfiehlt daher, die Modalitäten der
Beschlußfassung nicht nur in einer Geschäftsordnung,
sondern in der EBR-Vereinbarung selbst festzuschreiben. In den
Erläuterungen zu einer von ihm ausgearbeiteten EBR-Mustervereinbarung
weist er ausdrücklich auf die Probleme hin, die in einem EBR
nach französischen Modell entstehen können:
"Ob
man Mitgliedern des
Managements den Vorsitz des EBR überträgt, sollte
genau überlegt werden. Entschließt man sich dazu,
sollten dessen Einflußmöglichkeiten so gering wie
möglich gehalten werden. So sollte man ihm beispielweise nicht
die alleinige Genehmigung der Tagesordnungen, Berichte oder Protokolle
überlassen oder gar die Erstellung dieser Dokumente selbst.
... Sollte im konkreten Fall im EBR ein Management-Vertreter sitzen,
muß die Vereinbarung klarstellen, wann dieser ein Stimmrecht
hat und wann nicht, welche Rechte ihm eingeräumt werden und
welche auf keinen Fall!"
|
10.
Interessante Webseiten
|
Neue Webseite und Newsletter
des EMB
Der Europäische
Metallgewerkschaftsbund (EMB) hat seit wenigen Wochen nicht nur eine
neue Büroadresse in Brüssel und ein neues Logo,
sondern auch eine komplett neugestaltete Webseite. Zudem versendet er
seit April 2006 erstmals einen eigenen Newsletter.
EU-Informationen
aus österreichischer Perspektive
Der
Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB)
unterhält in Brüssel ein eigenes Europabüro,
das sich mit Lobbyarbeit und Networking für eine
arbeitnehmerorientierte Politik beschäftigt. Das
Europabüro informiert in einem Newsletter "Für ein
soziales Europa" regelmäßig über Ereignisse
auf der Brüsseler Bühne, die für
Betriebsräte und Gewerkschaften von besonderem Interesse sind.
Seit
Februar 2005 versendet die Arbeiterkammer Wien alle zwei Monate einen
kostenlosen Info-Brief "EU International". Darin liefern Experten der
Arbeiterkammer Hintergrundinformationen, Analysen und Kommentare zu
aktuellen Fragen der EU-Politik und zu internationalen
Wirtschaftsbeziehungen.
Internet-Plattform
zur Bauwirtschaft in Deutschland und Polen
Im
Rahmen eines EU-geförderten deutsch-polnischen Projektes wurde
von der Technologieberatungsstelle Berlin-Brandenburg des DGB eine
Internet-Plattform für grenzüberschreitendes Arbeiten
in der Bauwirtschaft erstellt. Sie beinhaltet zahlreiche Informationen
für Beschäftigte, Arbeitssuchende und Unternehmen.
Das Projekt wird von IG BAU und IG Metall sowie von der polnischen
Gewerkschaft NSZZ Solidarność unterstützt.
Praktische
Hilfe für die Urlaubsplanung
Seit
dem 1. Juni 2006 informiert die Europäische Kommission im
Internet über die Europäische
Krankenversicherungskarte. Die neue Webseite liefert klare
Erläuterungen und Einzelheiten zur Verfügbarkeit und
zum Einsatz der Karte.
Zahlreiche
weitere interessante
Links haben wir hier
zusammengestellt.
|
Neuer
Kommentar zum EBR-Gesetz mit Formularbuch und CD-ROM
Im
Frühjahr 2006 ist die zehnte Auflage eines juristischen
Kommentars zum deutschen Betriebsverfassungsgesetz erschienen, den
viele Betriebsräte als unentbehrliche Hilfe für die
Praxis bereits kennen. Weniger bekannt ist jedoch der in dem Werk
enthaltene 88seitige Kommentar zum EBR-Gesetz
inklusive EBR-Richtlinie und Einführung zur
Europäischen Aktiengesellschaft (SE). Neu ist ein mit dem
Kommentar eng verzahntes Formularbuch - auch dieses nicht auf das
nationale Recht beschränkt. Es enthält neben
zahlreichen praktischen Hinweisen diverse Musterschreiben wie zum
Auskunftsersuchen bei Gründung eines EBR, Antrag auf
Errichtung eines Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG), eine
EBR-Mustervereinbarung, eine
Mustergeschäftsordnung usw., die zur direkten
Nutzung aus der CD-ROM heruntergeladen werden können. Das
Paket aus zwei Büchern und einer CD-ROM ist
uneingeschränkt zu empfehlen und sollte zur Grundausstattung
jedes EBR-Mitglieds gehören.
Wolfgang
Däubler, Michael Kittner, Thomas Klebe (Hrsg.)
Betriebsverfassungsgesetz
mit Wahlordnung und Formularbuch, inklusive CD-ROM
Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-7663-3695-9, €
169,90
→ Online-Bestellung
Die
beiden Bücher
können auch getrennt voneinander bestellt werden:
→
Online-Bestellung
des Kommentars
→ Online-Bestellung
des Formularbuchs
Dissertation mit praktischen
EBR-Fallbeispielen
Diese im November 2005 erschienene und von der
Hans-Böckler-Stiftung geförderte Dissertation stellt
Einschätzungen und Analysen bisheriger EBR-Forschung sowie
Befragungen des Autors in fünf Unternehmen in Bezug zum
wissenschaftlich-theoretischen Rahmen der Systemtheorie. Die
"Bindungslosigkeit internationaler Unternehmen" werden genauso wie die
Shareholder-Value-Debatte untersucht. Besonders interessant sind jedoch
die fünf Fallbeispiele über die praktische
EBR-Arbeit, vor allem über die Kommunikation innerhalb des
Gremiums.
Detlef
Traum
Europäische Betriebsräte
Eine
empirische und theoretische Analyse aus der Perspektive der
Systemtheorie
München/Mering
2005,
337 Seiten, ISBN 3-87988-985-6, € 32,80
→ Online-Bestellung
Weitere
Publikationen haben wir
auf unserer Homepage unter Fachliteratur
zusammengestellt.
Englischsprachige
Fachliteratur
Mehrere
interessante Veröffentlichungen sind in letzter Zeit in
englischer Sprache erschienen. Besonders hervorzuheben ist ein
Sammelband von Volker Telljohann, EBR-Forscher in Bologna: eine
qualitative Bestandsaufnahme der Arbeit Europäischer
Betriebsräte in Großbritannien, Italien und
Schweden. Darin sind mehrere Fallstudien enthalten. Eine Broschüre der IG
Metall über soziale Mindeststandards des EBR-Forschers Stefan
Rüb steht jetzt auch in englischer Sprache zur
Verfügung. Diese
und weitere Veröffentlichungen sind auf unserer englischsprachigen
Literaturseite zu finden.
"Betriebsrat ärgere Dich nicht"
Dieses unterhaltsame Strategiespiel
richtet sich an alle, die ein Interesse an betrieblicher Mitbestimmung
haben. Betriebsräte werden dabei anhand von Aktionskarten mit
betrieblichen Problemen und Problemlösungen konfrontiert. Und
sie können punkten, indem sie beim Betriebsrundgang z. B. die
Meinung der Kollegen am Arbeitsplatz anhören oder sich auf
einem Seminar weiterbilden. Eine freigestellte Betriebsrätin
in einem international agierenden Konzern mit Hauptsitz in
Göttingen hat das Spiel entwickelt und auf Seminaren
ausprobiert.
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12. Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de":
Beispiele aus unserer
Arbeit und
Leserbriefe
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Neue
Amtszeit
für den EBR der Gamma-Holding
Vom
10. - 12. April 2006 konstituierte sich in Sint-Michielsgestel
(Niederlande) der Europäische Betriebsrat der Gamma-Holding,
Dachgesellschaft mehrerer Textil- und Kunststoffhersteller,
für eine neue Amtszeit. Die Zusammensetzung des Gremiums, das
bereits 1996 gegründet wurde, hatte sich durch die Neuwahl zu
einem Drittel verändert. Aus diesem Grund sollte die
praktische EBR-Arbeit durch ein Training geübt werden. Bei der
Sitzung führten die Juristin Reingard Zimmer und der
Betriebswirt Werner Altmeyer vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de" ein mehrtägiges Planspiel mit den
EBR-Mitgliedern durch.
EADS
strukturiert Beteiligungen um
Die EADS-Tochter LFK
gehört zur Sparte Defence & Security Systems (DS) und
wird in Kürze in ein Gemeinschaftsunternehmen mit britischen,
französischen und italienischen Partnern eingegliedert. Um
sich auf diese Umstrukturierung vorzubereiten, fand am 7. Juli 2006 im
Werk Unterschleißheim bei München ein Workshop zur
europäischen Betriebsverfassung statt. Das Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" setzte damit seine
Veranstaltungsreihe für die Betriebsräte und
Personalleitungen im EADS-Konzern fort (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2006).
Unsere
Publikationstätigkeiten
Am
5. Juli 2006 ist die erste
Ausgabe des von ver.di und GPA gemeinsam herausgegebenen
EBR-Newsletters erschienen. Die Inhalte dieses deutsch-österreichischen
Informationsbriefs werden vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de" mitgestaltet. Themen der Ausgabe 1/2006 waren die
SE-Verhandlungen bei Allianz und Strabag, deutsch-britische
EBR-Kooperationen, eine Tagung der privaten Sicherheitsdienste in
Budapest, Berichte aus der EBR-Arbeit, Hinweise auf bevorstehende
Tagungen, neue Veröffentlichungen und interessante Webseiten.
Mit
dem Loseblattwerk Wirtschaftswissen für den
Betriebsrat sind betriebswirtschaftliche Entscheidungen des
Arbeitgebers leichter zu verstehen. Das von den Oldenburger Professoren
Thomas Blanke und Thomas Breisig herausgegebene Lexikon befindet sich
noch im Aufbau und enthält bisher etwa 35 Stichworte. Im April
2006 wurde das von Reingard Zimmer verfaßte Kapitel
"Corporate Social Responsibility – Ausübung sozialer
Verantwortung als Pflicht des Unternehmens" ausgeliefert. Diesem Thema
widmen sich auch immer mehr Europäische Betriebsräte,
indem sie sich z. B. an der Aushandlung internationaler Rahmenabkommen
beteiligen.
In
der Ausgabe Mai 2006 der
Zeitschrift der betriebsrat ist ein Artikel von
Sascha Stockhausen über Managementsysteme zum Arbeitsschutz
erschienen. Dieses Thema wird auch zunehmend von Europäischen
Betriebsräten aufgegriffen.
Weitere
Veröffentlichungen finden Sie auf unserer Publikationsseite.
Leserbriefe und Links
Kürzlich
konnte die Redaktion der EBR-News ein kleines Jubiläum feiern:
der
Fachinformationsdienst existiert jetzt bereits über drei
Jahre,
die erste Ausgabe war im April 2003 verschickt worden. Der Bedarf an
zeitnahen und qualifizierten Hintergrundinformationen über
Europäische Betriebsräte ist nach wie vor
groß, denn
die Zahl unserer Abonnenten ist inzwischen auf über 6.000
gestiegen. Hier einige Kommentare unserer Leser:
Ihr Newsletter ist sehr informativ! Herzlichen
Dank sagt
Franz-Josef Düwell, Vorsitzender
Richter am Bundesarbeitsgericht, Erfurt
Die Newsletter sind ausgezeichnet! Die helfen
einem wirklich, auf dem laufenden zu bleiben.
Dr.
Volker Telljohann, Instituto per il Lavoro, Bologna (Italien)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, finde Eure
EBR-News sehr interessant und informativ.
Ernst
Laufer, Axima Refrigeration, Werk Lindau, EBR-Mitglied bei Suez /
Tractebel
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein riesiges Lob
für euren Newsletter! Er ist richtig klasse.
Anna
Bernstorf, DGB-Bezirk Sachsen, Interregionaler Gewerkschaftsrat
Elbe-Neiße
Gute Info-Quelle. Der BR im globalen NSK-Konzern
schätzt jede Unterstützung.
Brigitte Gleiser-Müller,
Betriebsratsvorsitzende NSK, Ratingen
Weil die EBR-News interessant sind,
weil die EBR-News über meinen Tellerrand zeigen,
weil
die EBR-News technisch und optisch gut gemacht sind,
weil die EBR-News Links funktionieren,
weil die EBR-News
schon so lange gesendet werden und
weil die EBR-News mich
immer mal wieder angenehm von der Arbeit abhalten
EIN GAANZ
DICKES LOB AN DAS REDAKTIONSTEAM.
Alexander
Schiller, EWR Consulting GmbH, Frankfurt am Main
In
einem Bericht über die Tagung "Demokratische Kontrolle
transnationaler Konzerne" wies das in Genf ansässige Global
Labour Institute auf die EBR-News hin:
Das
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" in Hamburg gibt
viermal im Jahr einen online Informationsdienst heraus. Die
Informationen sind hochwertig, umfangreich und aktuell.
Global
Labour Institute, Genf (Schweiz)
→ siehe Tagungsbericht
EBR-News
à la française
Am
26. Juni 2006 haben wir erstmals einen französischsprachigen
Rundbrief versendet: "La lettre pour les comités
d'entreprise européens (CEE)". In Kooperation mit der Groupe
Alpha in Paris, einer französischen Beratungsgesellschaft
für Betriebsräte, wurde dem
französischsprachigen Publikum eine Kurzfassung der letzten
Ausgaben der EBR-News zur Verfügung gestellt.
Auch
hierauf gab es schon die ersten Reaktionen:
J’ai pris connaissance avec grand
intérêt de la version française de
votre lettre pour les CEE et vous adresse mes plus vives
félicitations pour la qualité de votre site. Je
suis attentif
à votre réflexion et à
l’évolution de la notion de négociation
collective, laquelle est remise en question en France
aujourd’hui.
Didier Lebon, Avocat, Lille
(France)
Übersetzung:
Ich habe mit großem Interesse die französische
Ausgabe Ihres EBR-Newsletters zur Kenntnis genommen und schicke Ihnen
meine lebhaftesten Glückwünsche für die
Qualität Ihrer Webseite. Aufmerksam habe ich Ihre
Überlegung zur Fortentwicklung des Tarifverhandlungswesens
verfolgt, welches in Frankreich heute wieder in Frage gestellt wird.
Didier
Lebon, Rechtsanwalt, Lille (Frankreich)
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