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8.
August 2011
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1.
Neue EBR-Gesetze: viele Länder im Rückstand
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Pünktliche
Umsetzung
nur in elf Ländern
Die
neue EU-Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat bestimmte die
Frist zur Umsetzung in nationales Recht sehr genau. Bis zum 5. Juni
2011 hatten die 27 EU-Länder sowie Norwegen, Island und
Liechtenstein Zeit, ihre nationalen Regelungen zu
überarbeiten. Gelungen ist dies nur in elf von 30
Ländern. Auch Deutschland konnte die Frist nicht einhalten.
Pionier
war Portugal, wo das neue EBR-Gesetz bereits im November 2009 in Kraft
trat (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2009).
An zweiter Stelle folgte das
Vereinigte Königreich, wo die frühere
Labour-Regierung als letzte Amtshandlung vor ihrer Abwahl
das Gesetz im April 2010 ins Parlament einbrachte. Es trat am
6.
Juni 2011
unverändert in Kraft (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2010). Im Dezember 2010 folgten
dann Österreich mit dem europaweit besten EBR-Gesetz (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2011) und Belgien mit einem
allgemeinverbindlichen Tarifvertrag (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2011).
Im
Januar 2011 setzten Norwegen und im Februar 2011 die Slowakei neue
EBR-Gesetze in Kraft.
In Dänemark und Bulgarien erfolgte dies im März 2011,
Spanien, Schweden und Lettland folgten im Mai 2011. In Malta
trat das Gesetz am 10. Juni 2011 mit wenigen Tagen Verspätung
in Kraft, Irland folgte am 21. Juli 2011.
In
zehn Ländern sind die Gesetze noch nicht verabschiedet, aber
die Gesetzgebung befindet sich in der Endphase, darunter Tschechien,
die Niederlande und Rumänien. Weitere sechs Länder
sind noch stärker im Rückstand, darunter Ungarn,
Polen und Luxemburg.
Deutschland überzieht knapp zwei
Wochen
Nach Verabschiedung des neuen
EBR-Gesetzes im Deutschen Bundestag am 7.
April 2011 (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2011) stand es erst am 27. Mai 2011 auf der
Tagesordnung des Bundesrates. Nach der Unterschrift des
Bundespräsidenten und der Veröffentlichung im
Bundesgesetzblatt trat es dann am 18. Juni 2011 in Kraft.
Franzosen müssen sich noch
gedulden
Nicht
vor September 2011 wird das neue französische EBR-Gesetz in
Kraft treten. Derzeit liegt nur ein Entwurf vor. Die
französische Nationalversammlung hatte im Januar 2011 die
Regierung ermächtigt, Änderungen am bestehenden
EBR-Gesetz mittels einer Verordnung vorzunehmen. Trotz dieses
einfacheren
Verfahrens verwundert der Rückstand, denn die
französische Regierung war im Dezember 2008 treibende Kraft
auf EU-Ebene für eine zügige Verabschiedung der neuen
Richtlinie (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2008).
Italien wartet auf Berlusconi
Die
italienischen Arbeitgeberverbände einigten sich nach fast
einem Jahr zäher Verhandlungen am 12. April 2011 mit den drei
großen Gewerkschaftsbünden CGIL, CISL und UIL auf
eine gemeinsame Stellungnahme zur Umsetzung der neuen EBR-Richtlinie.
Auf ein ähnliches Dokument hatten sie sich auch schon 1996
geeinigt. Für die Europäische Kommission war dies
jedoch unzureichend. Sie drohte mit juristischen Schritten gegen
Italien und erzwang somit 2002 die Verabschiedung eines italienischen
EBR-Gesetzes (siehe Bericht
in den EBR-News 2/2006). Auch die neue EBR-Richtlinie
wäre daher per Gesetz umzusetzen, was bei den derzeitigen
Schwerpunkten der politischen Agenda in Italien jedoch kaum kurzfristig
zu erwarten ist.
Schweiz
diskutiert erstmals ein EBR-Gesetz
Am
16. Juni 2011 brachten 22 sozial- und christdemokratische Abgeordnete
einen Antrag in den Nationalrat ein, der die Einbeziehung von
Delegierten aus der Schweiz in die Europäischen
Betriebsräte auf einer gesetzlichen Grundlage regeln will.
Bisher können schweizerische Vertreter nur auf freiwilliger
Basis in den Geltungsbereich von EBR-Vereinbarungen einbezogen werden.
Die Ereignisse um den Personalabbau im Maschinenbaukonzern Alstom haben
die politische Debatte in der Schweiz über
EU-Arbeitnehmerrechte in den letzten Monaten ins Blickfeld der
Öffentlichkeit gerückt (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010). Ein weiterer Antrag sieht einen
Rechtsanspruch auf Gründung von Betriebsräten in
Unternehmen ab 100 Arbeitnehmer vor. Innerhalb der EU ist dies ab 50
Arbeitnehmern gesetzlich geregelt, in Deutschland bereits ab
fünf.
Kroatien
wird EBR-Richtlinie in Kraft setzen
Am
1. Juli 2013 wird Kroatien der EU beitreten. Ab diesem Tag gilt in dem
Balkanstaat die
EBR-Richtlinie (und die SE-Richtlinie).
Alle Europäischen Betriebsräte
und SE-Betriebsräte sind
spätestens zu diesem Termin um Delegierte aus Kroatien zu
erweitern.
Nachverhandlung
von EBR-Vereinbarungen notwendig?
In jedem zweiten Europäischen Betriebsrat sind
Nachverhandlungen
zwingend erforderlich, um in den Genuß der neuen Standards zu
kommen. Grund: Die EU-Richtlinie klammert viele Unternehmen aus. Ein
Artikel in der Juni-Ausgabe der Fachzeitschrift "der betriebsrat"
beleuchtet diese Frage im Detail.
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2.
EBR-Rechtsfragen im Fokus
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Zweite
deutsch-französische Betriebsrätetagung in Paris
Vom
29. Juni bis zum 1. Juli 2011 kamen 35 Teilnehmer aus Deutschland und
Frankreich in die französische Hauptstadt, um Erfahrungen aus
der EBR-Arbeit auszutauschen und sich über die neue Rechtslage
zu informieren. Besonders stark war die Metall- und Elektroindustrie
vertreten, weiterhin die Branchen Chemie und Pharma, Transport sowie
Banken und Versicherungen.
Am
ersten Tag präsentierten zwei deutsche EBR-Mitglieder ihren
Umgang mit grenzüberschreitenden Restrukturierungen: beim
Automobilzulieferer Mahle (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009) und beim Heiztechnikhersteller Vaillant
(siehe Bericht
in den EBR-News 2/2010). Danach erläuterten zwei
französische EBR-Sekretäre die kürzlich
geschlossenen europaweiten Restrukturierungsabkommen des Stahlkonzerns
ArcelorMittal (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2009) und des Energiekonzerns Areva (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2011). Die Teilnehmer diskutierten dann in
Arbeitsgruppen mögliche Strategien, wie Europäische
Betriebsräte den Abschluß solcher Verträge
fördern können. Für die Metall- und
Elektroindustrie entwickelte eine Arbeitsgruppe dafür
konkrete
Schritte.
Am
zweiten Tag informierten Evelyne Pichot von der Europäischen
Kommission in Brüssel (Mitte), Hanna Schelz vom
Bundesarbeitsministerium in Bonn (zweite von rechts) und Benjamin
Maurice vom französischen Arbeitsministerium (zweiter von
links) über die Umsetzung der EBR-Richtlinie.
Die Besonderheiten einzelner
Ländergesetze
Für die
Europäische Kommission sind bereits
qualitative Unterschiede zwischen einzelnen Ländern erkennbar.
So verfügt Österreich über die
weitreichendsten Regelungen beim Zutrittsrecht des EBR zu
ausländischen Betriebsstätten. Während alle
anderen Länder die bis 1996 geschlossenen bzw. zwischen 2009
und 2011 abgeänderten EBR-Vereinbarungen von den neuen
Standards ausklammern (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2011), hat Österreich als bisher einziges
EU-Land dies nicht getan. Die neue Definition von Unterrichtung und
Anhörung gilt in der Alpenrepublik ausnahmslos für
alle Europäischen Betriebsräte, auch für die
bis 1996 geschlossenen "freiwilligen" Abkommen.
Die größten
Einschränkungen sieht nach der
Analyse der Europäischen Kommission das britische EBR-Gesetz
vor. Während neuverhandelte EBR-Vereinbarungen nach
strukturellen Änderungen des Unternehmens (z. B. nach einer
Fusion) in allen Ländern uneingeschränkt den
Standards der neuen Richtlinie unterworfen sind, hat das Vereinigte
Königreich als einziges Land dies nicht vorgesehen.
Alt-Verträge über ein "Europa-Forum" nach britischem
Recht behalten daher ihren schwachen Status für alle Ewigkeit
bei - es sei denn, der Arbeitgeber wäre freiwillig bereit, die
neuen Standards zu akzeptieren.
Strafvorschriften in Deutschland kritisiert
Ein
Kritikpunkt am deutschen Gesetzgeber sind die niedrigen Strafen bei
Verstoß gegen die Rechte des EBR. Selbst das schwache
britische Gesetz hat die Höchststrafe von 75.000 auf 100.000
Pfund erhöht. In Deutschland blieb es dagegen
bei 15.000 Euro Höchststrafe, ein Betrag, der nicht
einmal die
Kosten einer EBR-Sitzung deckt. Allerdings sieht das deutsche
EBR-Gesetz in manchen Fällen auch Gefängnisstrafen
vor.
Hanna
Schelz vom Bundesarbeitsministerium wies auf die Bedeutung einer
frühzeitigen Beteiligung des EBR hin. Nicht die
mögliche Strafe im Nachhinein sei für den EBR
hilfreich, sondern die Nutzung rechtlicher Möglichkeiten schon
im Vorfeld. Ob deutsche Arbeitsgerichte allerdings so weit gehen wie in
Frankreich, wo im Fall von Gaz de France ein Unterlassungsanspruch
anerkannt wurde (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2008), muß sich in der Praxis
erst noch erweisen.
Unterrichtung bei
feindlichen Übernahmen
in Frankreich
Für das
französische Arbeitsministerium gilt die
Unterrichtung des EBR bei feindlichen Übernahmen als besonders
sensibel. Die zentrale Leitung muß den EBR laut Gesetzentwurf
erst zwei Tage nach Veröffentlichung informieren und in
möglichst kurzer Zeit danach zu einer Sondersitzung einladen.
Das Arbeitsministerium wird zeitgleich mit der
Gesetzesänderung ein
Rundschreiben veröffentlichen, das diesen und weitere Punkte
klarer präzisiert.
Pariser
Richter: der EBR ist zuerst zu informieren!
Während
in der juristischen Fachwelt die
Frage kontrovers diskutiert wird, haben französische Richter
erneut eine beispielhafte Entscheidung mit europaweiter Brisanz
getroffen. Das Landgericht Paris entschied am 26. April 2011,
daß die Unterrichtung und Anhörung des
Europäischen Betriebsrates vor der des nationalen
Betriebsrates zu erfolgen habe.
Geklagt
hatte der französische Gesamtbetriebsrat des Energiekonzerns
GdF Suez. Der Arbeitgeber hatte ihm im Dezember 2009 einen Plan zur
Zusammenlegung von zwei Servicebereichen vorgelegt, eine davon in
Belgien und die andere in Frankreich. Als Folge der Fusion von Gaz de
France und Suez sollten die 119 Arbeitnehmer dieser zwei Bereiche zu
einer einzigen Einheit zusammengefaßt werden. Der
Gesamtbetriebsrat verweigerte eine Stellungnahme unter Hinweis auf die
Zuständigkeit des EBR. Zunächst solle das
Konsultationsverfahren mit dem EBR durchgeführt werden, danach
erst könne die Maßnahme dem GBR vorgelegt werden.
Dieser Streit hat juristische Konsequenzen, denn in Frankreich kann der
Arbeitgeber seine Planungen erst umsetzen, wenn alle
Konsultationsverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen
sind.
Die
Richter bestätigten diese Sichtweise der
Arbeitnehmervertreter. Bereits im Oktober 2006 war ein vergleichbares
Urteil im Hamburger Konsumgüterkonzern Beiersdorf ergangen,
als ein französisches Gericht die Umsetzung einer
Maßnahme solange stoppte, bis der EBR sich damit
beschäftigt hatte.
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3. Internationale Protest- und
Solidaritätsaktionen
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Trotz
Rahmenvereinbarung keine
Beschäftigungssicherung
Am
30. Mai 2011 organisierte der Europäische
Metallgewerkschaftsbund (EMB) gemeinsam mit dem EBR von Alstom erneut
einen europaweiten Aktionstag. Mehrere Tausend Arbeitnehmer an 13
deutschen Standorten beteiligten sich daran. Proteste gab es auch an
zwei Standorten in der Schweiz (Foto). In Belgien, Frankreich, Italien,
Spanien und Polen wurden Alstom-Werke an diesem Tag ebenfalls bestreikt
oder es gab Proteste.
Trotz
Unterzeichnung einer
europaweiten Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung am 24.
Februar 2011 (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2011) sind die Probleme nicht
gelöst. Der EBR fordert einen Kündigungsschutz bis
2015 und den Einstieg in das Geschäft mit erneuerbaren
Energien. Dadurch könnte der im Oktober 2010
angekündigte Abbau von 3.200 Arbeitsplätzen in der
Energiesparte des französischen Konzerns (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2010) verhindert werden. Konflikte gibt es auch
über Abbaupläne im Schienenfahrzeugbau, die
insbesondere den Standort Salzgitter betreffen.
Weltweiter Aktionstag zum
Firmengeburtstag
Der US-Computerkonzern IBM feiert
100jähriges Bestehen. Aus diesem Anlaß riefen die
bei IBM vertretenen Gewerkschaften zu einem weltweiten Aktionstag am
14. Juni 2011 auf, um Respekt gegenüber den
Beschäftigten des Konzerns auf der ganzen Welt einzufordern.
In Europa gab es Aktionen in Griechenland, Italien, Frankreich, Belgien
und Deutschland. Australien, Argentinien, Indien und die USA waren
Schauplätze außerhalb Europas. Arbeitnehmervertreter
aus 15 Ländern hatten am 6. Mai 2011 eine weltweite
Gewerkschaftsallianz für IBM gegründet, eine Art
Vorläufer für einen Weltbetriebsrat.
Deutsche Ikea-Betriebsräte
unterstützen US-Kollegen
Vom 28. bis 30. Juni 2011 fand in Berlin die
jährliche Vollversammlung von 300 Betriebsratsmitgliedern
statt. Sie vertreten 13.000 Beschäftigte in 46
Ikea-Märkten quer durch Deutschland. Einstimmig
unterstützte die Versammlung die Kampagne zur Wahl einer
Arbeitnehmervertretung in der Ikea-Produktionsgesellschaft Swedwood in
Virginia. Das örtliche US-Management sträubt sich
dagegen, was im Juli 2010 bereits zu einem Eklat in Schweden
führte (siehe Bericht
in den EBR-News 2/2010).
Am 27. Juli 2011 war es dann endlich soweit: 76% der Belegschaft sprach
sich in einer geheimen Abstimmung für die Bildung einer
Belegschaftsvertretung aus.
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4. Betriebsräte
erarbeiten transnationale Lösungen
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Arbeitsgruppe
für Call- und Servicecenter gegründet
Der Europäische
Betriebsrat des französischen Versicherungskonzerns Axa
möchte die Arbeitsbedingungen in den Assistance-Standorten
durch einen europaweiten Rahmenvertrag im Stil des Areva-Abkommens
regeln (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2011). Am 12. und 13. April 2011 fand
erstmals ein europäisches Treffen von Arbeitnehmervertretern
am Sitz von Axa Assistance in Châtillon bei Paris statt.
Dabei wurde die Situation in Deutschland, Spanien, Belgien, Portugal
und Frankreich eingehend besprochen.
Die
Servicecenter sind durch niedrige Löhne, junges Personal und
hohe Fluktuation gekennzeichnet. Verlagerungen haben in der
Vergangenheit je nach Sprache von Frankreich nach Marokko und von
Spanien nach Argentinien stattgefunden. Die zentrale Leitung von Axa
erklärte sich bereit, zukünftig einmal pro Jahr ein
Treffen nur für die Tochtergesellschaften von Axa Assistance
durchzuführen, die insgesamt mehr als 6.000 Arbeitnehmer
beschäftigen.
Europaweite
Leitlinien zum arbeitsbedingten Stress
Am 5. Mai 2011 wurde in
München ein Abkommen zur Reduzierung von Stressbelastungen am
Arbeitsplatz zwischen der zentralen Leitung der Allianz-Gruppe und dem
SE-Betriebsrat geschlossen. Es definiert sowohl die
Risikoabschätzung als auch Aufgaben nationaler
Arbeitssicherheitsausschüsse und des örtlichen
Managements. Ein vergleichbares Abkommen hatte im Juli 2010 der
Europäische Betriebsrat der französischen
Luxusgütergruppe PPR geschlossen (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010).
Im
Zuge der Umwandlung der Allianz-Gruppe in eine Europäische
Gesellschaft (SE) im Oktober 2006 gewährte die
Beteiligungsvereinbarung dem SE-Betriebsrat ausdrücklich ein
Initiativrecht bei Themen wie z. B. dem Gesundheitsschutz (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2006). Solche Klauseln finden sich in zahlreichen
SE-Vereinbarungen, bisher wurden sie jedoch noch nicht genutzt. Die
Allianz SE ist somit ein Pionier bei der Fortentwicklung der Arbeit
eines SE-Betriebsrates.
Die
Richtlinien im Allianz-Konzern beziehen sich ausdrücklich auf
ein Rahmenabkommen zwischen den europäischen Sozialpartnern
vom Oktober 2004.
Gewinnbeteiligung bei EADS
Am
1. Juni 2011 wurde in Paris ein transnationaler Kollektivvertrag
über Gewinnbeteiligung der EADS-Beschäftigten in
Deutschland, Frankreich, Spanien und im Vereinigten Königreich
unterzeichnet. Vertragspartner der zentralen Leitung ist eine
gewerkschaftliche Verhandlungsgruppe (inklusive der Delegierten des
deutschen Konzernbetriebsrates) und der Europäische
Betriebsrat. Es ist die erste Vereinbarung auf Grundlage eines
Prozedere, das im September 2010 in einem europaweiten Rahmenabkommen
definiert wurde (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010).
EADS
hat mit der gewerkschaftlichen Verhandlungsgruppe eine Parallelstruktur
zum EBR etabliert, die sich an der französischen
Betriebsverfassung anlehnt. In Frankreich ist der Betriebsrat nur
für Unterrichtung und Anhörung zuständig,
während Verhandlungen mit dem Arbeitgeber in der Regel den
Gewerkschaften vorbehalten sind. Grund dieser Aufgabenteilung ist die
fehlende Mitbestimmung.
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5. Neue
EBR-Vereinbarungen
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Neuer EBR in der Pharmaindustrie
Am
5. April 2011 wurden die Verhandlungen über die Errichtung
eines Europäischen Betriebsrates im japanischen
Pharmaunternehmen Takeda erfolgreich abgeschlossen. Die
Vertragsunterzeichnung fand am 9. Mai 2011 in London statt, kurz vor
Ablauf der dreijährigen Verhandlungsfrist. Für den
Vorsitzenden des Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG), Manfred Lock
vom Betriebsrat in Aachen (Foto), war es eine besondere
Herausforderung, nach britischem Recht zu verhandeln. Seit Januar 2009
war Dr. Werner Altmeyer vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de" als Berater für das BVG tätig
(siehe Bericht
in den EBR-News 1/2009).
Italienische
Getränkefirma gründet EBR
Am
19. April 2011 wurde für den Mineralwasserhersteller San
Benedetto eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Das Unternehmen mit
2.300 Arbeitnehmern hat fünf Produktionsstandorte in Italien
sowie Werke in Spanien, Frankreich, Polen und Ungarn. Der Hauptsitz
befindet sich in Scorzè in der Region Venetien. Der neue EBR
unterliegt noch der alten EBR-Gesetzgebung und kann bis zu 20
Mitglieder umfassen. Zu den Unterzeichern gehören
Arbeitnehmervertreter der drei großen italienischen
Gewerkschaftsbünde CGIL, CISL und UIL.
Französischer
Hersteller von Elektromotoren gründet EBR
Für die 6.000
europäischen Beschäftigten von Leroy-Somer wurde am
20. Mai 2011 am Hauptsitz im westfranzösischen
Angoulême (Foto) eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Der
Vorsitz liegt beim Arbeitgeber, die Arbeitnehmerseite wählt
einen Sekretär und drei weitere Mitglieder ins
Präsidium. Der EBR tagt einmal jährlich in Paris. In
der vierjährigen Amtsperiode haben die 17
EBR-Mitglieder fünf Tage Schulungsanspruch. Sechs Delegierte
kommen aus Frankreich, alle anderen Länder erhalten je einen
Sitz. Außerhalb von Frankreich gibt es
größere Belegschaften in Tschechien und
Ungarn,
weitere acht
Länder haben dagegen jeweils weniger als 75 Arbeitnehmer.
Erster schwedischer EBR nach
neuem Recht
Das
2009 gegründete Gemeinschaftsunternehmen ST Ericsson, Anbieter
von Plattformen für Smartphones, wird einen EBR
gründen. Am 10. Juni 2011 wurde eine Vereinbarung nach
schwedischem Recht unterzeichnet, die erste ihrer Art nach
Inkrafttreten des neuen EBR-Gesetzes. Die beiden Muttergesellschaften
verfügen bereits seit Jahren über eigene
Europäische Betriebsräte: der
Telekommunikationsanbieter Ericsson seit 1995 nach schwedischem
Recht und der italienisch-französische Halbleiterhersteller ST
Microelectronics seit 1999 nach italienischem Recht.
Die
3.800 Arbeitnehmer von ST Ericsson in Europa werden von 17
EBR-Mitgliedern vertreten. Davon kommen fünf aus Frankreich,
vier aus Schweden und je einer aus acht weiteren Ländern. Sie
wählen einen Koordinator und drei weitere Mitglieder in den
engeren Ausschuß. Der Vorsitz in den beiden
jährlichen Plenarsitzungen liegt beim Arbeitgeber.
Während sich das
Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung an der neuen
Richtlinie orientiert, wurde die Frist zur Ausarbeitung einer
Stellungnahme auf zwei bis drei Wochen begrenzt.
Die
Texte von EBR-Vereinbarungen stehen auf einer Sonderseite
zum Download zur Verfügung.
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6.
Beispiele aus der EBR-Agenda
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Erstes
Konsultationsverfahren nach 15 Jahren
Die französische
Supermarktkette Carrefour, weltweit zweitgrößtes
Einzelhandelsunternehmen nach Wal-Mart mit fast einer halben Million
Arbeitnehmern (davon 120.000 in Frankreich), führte erstmals
seit der Gründung des Europäischen Betriebsrates im
Jahre 1996 ein Anhörungsverfahren durch.
Am 24. März 2011 fand
eine außerordentliche Sitzung des Europäischen
Betriebsrates statt, die sich mit der Abspaltung von
Geschäftsaktivitäten befaßte. Die
spanisch-französische Discountkette Dia mit 3.700 Filialen
soll komplett verkauft werden, ebenso wie ein Anteil von
25% an der Carrefour-Immobiliengesellschaft. Der EBR hatte eine
Beratungsfirma beauftragt, die betriebswirtschaftlichen
Konsequenzen dieser Pläne zu bewerten. Die Stellungnahme des
EBR war eine Premiere, da es zuvor lediglich
Unterrichtung, aber noch nie eine Anhörung gab.
Tabakkonzern:
Neue
EBR-Vereinbarung nach der Fusion
Am
30. März 2011 wurde für den Tabakkonzern Imperial
Tobacco eine überarbeitete EBR-Vereinbarung nach britischem
Recht unterzeichnet. Das Unternehmen aus Bristol übernahm im
Januar 2008 den spanischen Wettbewerber Altadis (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2008). Fast drei Jahre lang arbeiteten beide
Europäische Betriebsräte parallel weiter, erst jetzt
werden sie zu einem einzigen Gremium zusammengelegt.
Die 16.600 Arbeitnehmer des
fusionierten Unternehmens werden von 41 EBR-Mitgliedern vertreten.
Spanien erhält neun Delegierte, Frankreich sechs, Deutschland
und das Vereinigte Königreich je vier, Polen drei und die
übrigen 15 Länder je einen. Der engere
Ausschuß trifft sich dreimal pro Jahr und besteht aus acht
Arbeitnehmervertretern. Der 1996 gegründete EBR von Imperial
Tobacco arbeitet weiterhin mit dem Status einer "freiwilligen
Vereinbarung" nach alter Rechtslage, trotzdem wurden die Standards der
neuen EBR-Richtlinie weitgehend integriert. Das Konsultationsverfahren
ist auf sechs Wochen begrenzt (vier Wochen zur Ausarbeitung einer
Stellungnahme und zwei Wochen für die Antwort der zentralen
Leitung). Bei Problemen mit der Freistellung von EBR-Mitgliedern wurde
ein Schlichtungsverfahren festgeschrieben.
Bergbaukonzern
will Mineraliensparte verkaufen
Am 31. Mai 2011 wurde der Europäische
Betriebsrat von Rio Tinto in einer Sondersitzung über den
geplanten Verkauf der Talkaktivitäten an das
französische Baustoffunternehmen Imerys konsultiert. Nach dem
Verkauf sollen zwei Arbeitnehmervertreter von Rio Tinto
vorübergehend in den EBR von Imerys aufgenommen werden: je
einer aus Österreich und aus Frankreich. Imerys hatte 2001
einen EBR gebildet, dessen laufende Amtszeit erst 2014 endet. Der
britisch-australische Bergbaukonzern Rio Tinto verfügt erst
seit dem Erwerb des kanadischen Aluminiumherstellers Alcan
über einen EBR und übernahm dessen
französische EBR-Vereinbarung (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2008).
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7.
Ist die Rechtsform SE nicht mehr attraktiv?
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Zahl der
SE-Gründungen rückläufig
Während
in den letzten Jahren die Umwandlung deutscher Unternehmen in die
Rechtsform einer Europäischen Gesellschaft (SE) zunahm,
scheint die Entwicklung derzeit wieder rückläufig zu
sein. Am 1. Juni 2011 gab es in Deutschland 87 operativ tätige
Unternehmen als SE, in der ersten Jahreshälfte 2011 sind nur
fünf neue dazugekommen, während drei Unternehmen
ausgeschieden sind. Die Hans-Böckler-Stiftung spricht daher
von einer "Sättigung des Marktes" für diese
Rechtsform.
Knapp die
Hälfte aller Europäischen Gesellschaften hat ihren
Sitz in Deutschland. Einer der Gründe hierfür ist die
deutsche Mitbestimmung. Im Zuge der Umwandlung deutscher Unternehmen in
eine SE kann entweder der paritätisch besetzte Aufsichtsrat
verkleinert, eine unmittelbar bevorstehende
Vergrößerung vermieden oder eine Drittelbeteiligung
für alle Zukunft "eingefroren" werden. Derartige
Fälle sind in der Praxis relativ häufig zu beobachten.
Fresenius
gibt den SE-Status wieder auf
Seit dem 28.
Januar 2011 firmiert der Gesundheitskonzern Fresenius in der deutschen
Rechtsform einer KG. Zwar existiert die SE formal weiter, aber alle
Aktien wurden auf die neue Firma übertragen.
Aufgelöst wurde auch der SE-Betriebsrat. Dessen Rolle
übernimmt jetzt ein "normaler" Europäischer
Betriebsrat, den es schon einmal vor der SE-Umwandlung gab (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2007).
Damit der
Aufsichtsrat nicht laut deutschem Mitbestimmungsgesetz auf 20
Mitglieder vergrößert wird, fand eine Verschmelzung
auf einer niederländische, arbeitnehmerlose Gesellschaft
statt. Dem Aufsichtsrat gehören zwölf Mitglieder an,
davon sechs Arbeitnehmervertreter (vier aus Deutschland, je einer aus
Österreich und Italien). Die Wahl der Arbeitnehmervertreter in
den neuen Aufsichtsrat war eine der letzten Amtshandlungen des
SE-Betriebsrates. Faktisch hat sich an der Zusammensetzung der
Arbeitnehmerbank dadurch aber nichts geändert.
Die Nutzung der
EU-Fusionsrichtlinie zum Einfrieren des Aufsichtsrates ist in der
Praxis noch sehr selten, eines der ersten Beispiele war im Februar 2010
der Nahrungsmittelhersteller Apetito (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010).
Weitere
SE-Umwandlungen zielen gegen die Mitbestimmung
Aixtron aus
Herzogenrath, Hersteller von Anlagen für die
Halbleiter-Industrie, firmiert seit dem 22. Dezember 2010 als SE. Damit
konnte das Management des expandierenden Technologiekonzerns
sicherstellen, daß der Aufsichtsrat auch in Zukunft
mitbestimmungsfrei bleibt. Mit 450 Arbeitnehmern in Deutschland
hätten ohne die SE-Umwandlung bald Arbeitnehmervertreter in
den Aufsichtsrat berufen werden müssen. Im Besonderen
Verhandlungsgremium waren Delegierte aus Deutschland,
Großbritannien und Schweden vertreten.
Knapp unterhalb
der Schwelle von 2.000 Arbeitnehmern entschied sich der
Windkraftanlagenbauer REpower
Sytems aus Hamburg gegen die
paritätische Mitbestimmung. Seit dem 15. Juni 2011 firmiert er
als SE und konnte damit die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im
Aufsichtsrat einfrieren. Neu ist allerdings die Bildung eines
SE-Betriebsrates, der sieben Länder umfaßt.
Fränkischer
Sportartikelhersteller wählt monistisches Modell
Die Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat
gehört für Puma nun der Vergangenheit an. Am
25. Juli 2011 wurde die SE eingetragen, in deren
Verwaltungsrat drei von neun Mitgliedern von der Arbeitnehmerseite
kommen (zwei aus Deutschland und einer aus Frankreich). Vorwiegend
französisch ist dagegen die Arbeitgeberseite besetzt,
denn seit 2007 ist das Familienunternehmen aus Herzogenaurach
mehrheitlich im
Besitz von PPR, einer französischen Handels-
und Luxusgütergruppe.
Das monistische
Modell lehnt sich an die französische Form der Corporate
Governance an, wonach der Vorsitzende des Verwaltungsrates
über besondere Vollmachten verfügt und
geschäftsführende Direktoren weniger Rechte haben als
ein deutscher Vorstand. Die voraussichtlich 30 Mitglieder des neuen
SE-Betriebsrates kommen aus 26 Ländern. Gleichzeitig bleibt
der 1999 bei PPR gegründete Europäische
Betriebsrat (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2008) weiter bestehen.
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8. Highlights aus
einzelnen EU-Ländern
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Beispielhafter
Tarifvertrag gegen Sozialdumping
Am
1. März 2011 ist in Dänemark ein neuer
Branchentarifvertrag in Kraft getreten, der Sozialdumping verbietet.
Die Klein- und Mittelbetriebe der Bauindustrie und Holzverarbeitung
verpflichten sich darin, Unteraufträge nur an Firmen zu
vergeben, die einem dänischen Tarifvertrag unterliegen. Der
Mindestlohn in dieser Branche wurde auf 112,85 Dänische Kronen
(15,15 Euro) angehoben und alle Arbeitgeber zahlen ab sofort in einen
Fonds ein, der Maßnahmen gegen Sozialdumping finanziert.
Damit stellen die Tarifparteien unter Beweis, daß sie
eigenständig Probleme lösen können und nicht
auf den Gesetzgeber angewiesen sind.
Mit
dem neuen Tarifvertrag soll verhindert werden, was 2004 in Schweden zu
einem beispiellosen Konflikt führte. Damals errichtete das
lettische Unternehmen Laval Schulgebäude in Vaxholm in der
Nähe von Stockholm und zahlte seine lettischen Arbeitnehmer
nach lettischen Tarifen. Weil Laval sich weigerte, den schwedischen
Flächentarifvertrag einzuhalten, organisierten
die Gewerkschaften in Schweden Arbeitskampf- und
Boykottmaßnahmen. Der
hiervon ausgelöste Rechtsstreit ging bis zum
Europäischen Gerichtshof und wurde im Dezember 2007 gegen die
schwedischen
Gewerkschaften entschieden (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2007).
Verbesserter Kündigungsschutz
für polnische Arbeitnehmervertreter
Am
26. Mai 2011 verabschiedete das Parlament in Warschau eine
Ergänzung des Arbeitsgesetzbuches, die den
Kündigungsschutz für betriebliche
Gewerkschaftsvertreter erheblich stärkt. Sie sind ab sofort
wie Schwangere praktisch unkündbar. Die neue Regelung geht auf
ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts vom 12. Juli 2010
zurück, das den bisher mangelhaften Kündigungsschutz
als Verstoß gegen die verfassungsrechtlich garantierte
Gewerkschaftsfreiheit betrachtet.
Geklagt
hatte ein Mitglied der Gewerkschaft Solidarność, der fristlos
entlassen wurde, nachdem er seinen Arbeitgeber über die
Gründung einer Gewerkschaftssektion in Kenntnis gesetzt hatte.
Auf ein Urteil des Verfassungsgerichts geht auch die im Juli 2009 in
Kraft getretene Revision des polnischen Betriebsrätegesetzes
zurück (siehe Bericht
in den EBR-News 3/2009).
Caterer erkennt Gewerkschaften als
Tarifvertragspartei an
Am
30. Juni 2011 unterzeichnete das französische Unternehmen
Sodexo ein Rahmenabkommen ("recognition agreement") mit den drei
größten britischen Einzelgewerkschaften Unite,
Unison und GMB. Darin wurden Leitlinien für die Zusammenarbeit
zwischen dem örtlichen Management und Arbeitnehmervertretern
definiert. Sodexo beschäftigt im Vereinigten
Königreich 43.000 Arbeitnehmer in 2.300
Betriebsstätten in der Gemeinschaftsverpflegung wie auch im
Gebäudemanagement für Firmen, Bildungseinrichtungen,
Behörden und Krankenhäuser.
Ohne
dieses Rahmenabkommen hätten die Gewerkschaften vor Ort
jeweils um ihre Anerkennung kämpfen müssen. Britische
Arbeitgeber gewähren nur selten eine derart umfassende
"recognition" für die gesamte Belegschaft. So akzeptierte z.
B. Vodafone im Oktober 2007 nur für 500 von 11.600 britischen
Arbeitnehmern eine kollektive Vertretung (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2007).
Das
Rahmenabkommen ist Ergebnis einer koordinierten Kampagne der
Gewerkschaften aus sechs Ländern: neben den britischen
forderten auch Gewerkschaften aus Frankreich, den USA und der
Türkei das Recht auf freie gewerkschaftliche
Betätigung überall auf der Welt. Im September 2010
hatte eine Menschenrechtsorganisation Sodexo wegen Verletzung
internationaler Arbeitsstandards in den USA kritisiert (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010).
Einen Europäischen Betriebsrat
gibt es in dem Unternehmen seit 1998 nach französischem
Recht. Die folgenden Texte sind nur in englischer Sprache
verfügbar:
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9. Der Blick
über
Europa hinaus
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Norwegischer
Aluminiumhersteller stärkt Sozialen Dialog
Am
15. März 2011 unterzeichneten
norwegische Chemiegewerkschaften und der internationale Dachverband der
Chemiegewerkschaften ICEM ein Rahmenabkommen mit der zentralen Leitung
von Norsk Hydro in Oslo, das für 23.000 Beschäftigte
in 40 Ländern Mindestnormen sicherstellt.
Bereits
zwei Wochen später reisten zwei
norwegische Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite nach
Brasilien, um über den Sozialen Dialog und das neue
Rahmenabkommen zu informieren. Norsk Hydro hatte erst kürzlich
mehrere brasilianische Betriebe aufgekauft.
Arbeitnehmervertreter vereinbaren weltumspannenden
Arbeitsplan bei Caterpillar
Am
30. und 31. März 2011 tagte das gewerkschaftliche Netzwerk
für den US-Baumaschinenhersteller. Die 30 Delegierten aus
Belgien, Frankreich, Deutschland, dem Vereinigten Königreich
und den USA verständigten sich in Chicago auf einen
Arbeitsplan. Das Netzwerk, dem auch Japan und Australien
angehören, gibt es erst seit 2010. Vier Mitglieder der
Steuerungsgruppe werden vom Europäischen Betriebsrat
nominiert, der 1996 nach belgischem Recht gegründet wurde.
Folgende Texte sind nur in englischer Sprache verfügbar:
Deutsche
Telekom produziert weiter Negativ-Schlagzeilen
Am
12. Juli 2011 reichten mehrere Gewerkschaften eine offizielle
Beschwerde bei der OECD ein, weil die Deutsche Telekom gegen die
Grundsätze einer verantwortungsvollen
Unternehmensführung verstoßen hat. Darin werden
gewerkschaftsfeindliche Aktivitäten in den USA und in
Montenegro aufgeführt. Deutschland und die USA als
Vertragsstaaten der OECD haben eine politische und juristische
Verantwortung, diese Grundsätze sicherzustellen.
Die
Gewerkschaften werfen der zentralen Leitung Doppelmoral bei ihrer
sozialen Verantwortung vor. Im September 2010 hatte eine
Menschenrechtsorganisation die Deutsche Telekom wegen Verletzung
internationaler Arbeitsstandards in den USA kritisiert (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010).
OECD mit neuen
Grundsätzen
Wenige
Tage zuvor, am 25. Mai 2011, verabschiedete die OECD eine
überarbeitete Fassung ihrer Richtlinien für
verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten im globalen Kontext.
Neu ist die Sorgfaltspflicht der Unternehmen für die soziale
Situation in der Zulieferkette.
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10.
Medien
für Arbeitnehmervertreter
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Video zur neuen
EBR-Gesetzgebung aus Brüssel
Pünktlich
zum Inkrafttreten der neuen EBR-Gesetze publizierte die
Europäische Kommission ein Video in drei Sprachen, das
die Aufgaben und praktische Arbeit der Europäischen
Betriebsräte erläutert. Ein Teaser gibt
einen Vorgeschmack auf den eigentlichen Video-Film, der etwas mehr als
sechs Minuten dauert.
- Der
Video-Film ist nicht mehr online verfügbar
Ungarisches
Video über die Gründe für einen EBR
Ungarische
Gewerkschafter haben ein Video produziert, das die
Gründe erläutert, warum ein Europäischer
Betriebsrat für Arbeitnehmer in den neuen und alten
EU-Ländern nützlich ist. Der animierte Film ist in
ungarischer Sprache mit englischen Untertiteln verfügbar.
Neuer
Internet-Blog aus Italien
Anläßlich
des 110jährigen Bestehens der
Metallgewerkschaft FIOM im größten italienischen
Gewerkschaftsbund CGIL wurde am 16. Juni 2011 das FiomNetWork ins Leben
gerufen, ein Kommunikationsblog im Internet. Auf Facebook
und Twitter sind die Inhalte abrufbar.
TUC-Newsletter
für prekär Beschäftigte
Im
Januar 2011 begann der britische Gewerkschaftsbund TUC, mit einem
Newsletter über die Rechte von prekär
Beschäftigten aufzuklären. Der Titel
der ersten Ausgabe lautet "Enforcing Minimum Workplace Rights".
Zahlreiche
weitere interessante Links haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Fallstudien
über das Innenleben Europäischer Betriebsräte
Im
März 2011 ist diese
Forschungsarbeit erschienen, die auf 216 Seiten die Rolle und
Einflußmöglichkeiten des Europäischen
Betriebsrates auf die Politik der Konzernleitung darstellt. Sie basiert
auf einer empirischen Studie an der Universität Linz, die auch
die internen Strukturen der EBR-Arbeit untersucht. Im Fokus standen
Europäische Betriebsräte aus der
Nahrungsmittelverarbeitung, der Bauindustrie, der Papierherstellung,
der Stahl- und Automobilindustrie und der Pharmabranche. Ein eigenes
Kapitel beschäftigt sich mit der gewerkschaftlichen Betreuung
der Europäischen Betriebsräte, die durch wachsende
Ressourcenprobleme und ein zunehmendes Engagement externer Berater
gekennzeichnet ist.
Arbeitsbedingungen
entsandter
Arbeitnehmer
Seit
1. Mai 2011
herrscht völlige Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt
des Europäischen Binnenmarktes zwischen West- und Osteuropa.
Lediglich Rumänien und Bulgarien müssen noch bis 2013
warten, bis die letzten Beschränkungen fallen.
Die Universität Amsterdam untersucht in dieser neu
erschienen
Studie die Lebens- und Arbeitsbedingungen entsandter Arbeitnehmer, die
rechtliche Seite der Entsendevorschriften sowie deren praktische
Anwendung in zwölf Ländern. Eine
ausführliche Expertise
hatte im September 2010 auch die Friedrich-Ebert-Stiftung
vorgelegt.
Geschäftsbericht
des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB)
Vom
16. bis 19. Mai 2011 tagte der 12. Kongreß des EGB in Athen
unter
dem Motto "Mobilisieren für ein soziales Europa". Dort legte
das
Sekretariat einen 112 Seiten umfassenden Bericht über
die
vergangenen vier Jahre
vor, der die Ergebnisse des Sozialen Dialogs
auf EU-Ebene darstellt und eigene Kapitel zu den Europäischen
Betriebsräten und über
die Arbeitnehmerbeteiligung in
der SE enthält. Für die kommenden Jahre wurden zwanzig Arbeitsschwerpunkte im
"Athener Manifest" definiert.
40
Jahre Europäischer
Metallgewerkschaftsbund (EMB)
Aus
Anlaß seines 40jährigen
Bestehens legte der EMB im Juni 2011 in Brüssel ein Buch vor,
das auf 33 Seiten die Geschichte seit der Gründung im Jahr
1971 beleuchtet. Das Buch ist Ergebnis eines Forschungsprojekts der
Hans-Böckler-Stiftung. Die Autoren von der Freien
Universität Berlin stellen die verschiedenen Themenfelder der
Verbandsarbeit dar und geben einen Ausblick auf die Zukunft. Das Buch
ist in deutscher, englischer und französischer Sprache
verfügbar.
Weitere Fachliteratur haben wir
auf einer Literaturseite
zusammengestellt.
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12. Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de":
Weitere Beispiele aus
unserer Arbeit
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Seminar für
Europäische und
SE-Betriebsräte auf Schloß Montabaur
Betriebsratsmitglieder
aus 15 Unternehmen (davon drei in der Rechtsform
SE) kamen vom 6. bis 9. Juni 2011 nach Montabaur, um sich über
das neue deutsche EBR-Gesetz und Handlungsmöglichkeiten im
Fall von transnationalen Restrukturierungen auf den neuesten Stand zu
bringen. Die meisten Teilnehmer kamen aus der Metall-, Elektro- und
IT-Industrie, auch Chemie, Pharma und Banken waren vertreten. Parallel
fanden die EBR-Schnuppertage für Betriebsräte statt,
die die EBR-Gründung noch vor sich haben.
Schwerpunkt
des betriebswirtschaftlichen Seminars war die Darstellung, wie
Unterrichtung und Anhörung in französischen
Unternehmen praktiziert wird. Da die Grundphilosophie der
EBR-Richtlinie stark von der französischen Betriebsverfassung
geprägt ist, müssen sich deutsche
Betriebsräte eine "französische Brille" aufsetzen, um
den EBR bzw. den SE-Betriebsrat strategisch fortzuentwickeln. Die
Veranstaltung wird im April 2012 erneut angeboten.
Aluminiumkonzern
nutzt bereits vorzeitig neues EBR-Recht
Im
Jahr 2006 verkaufte der niederländisch-britische Stahlkonzern
Corus (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2009) seine Aluminiumsparte an den
US-Konzern Aleris, wo sich daraufhin ein eigenständiger EBR
mit Sitz in Koblenz bildete. Ihm gehören Delegierte aus
Deutschland, Belgien, Norwegen und dem Vereinigten Königreich
an. Die EBR-Vereinbarung wurde im Mai 2007 unterzeichnet, sie
unterliegt deutschem Recht und blieb seither unverändert. Aus
diesem Grund gilt das neue deutsche EBR-Gesetz für Aleris
unmittelbar.
Auf
der Plenarsitzung des EBR vom 11. bis 13. April 2011 in Waldburg
(Baden-Württemberg) wurde mit Unterstützung des
Trainings- und Beratungsnetzes "euro-betriebsrat.de" über eine
proaktive Kommunikationsstrategie des EBR diskutiert. Der Hinweis auf
das neue deutsche EBR-Gesetz führte nach der Sitzung zur
Aufstockung des Lenkungsausschusses um einen britischen Delegierten,
noch bevor der Text der EBR-Vereinbarung geändert wurde bzw.
das neue Gesetz in Kraft trat.
Automobilzulieferer will
spanisches Werk
schließen
Am 23. Juni 2011 gab die
zentrale Leitung des US-Konzerns Visteon bekannt, den Standort El
Puerto de Santa María in Andalusien (Foto) mit etwa 400
Arbeitnehmern zu schließen. Der EBR wurde auf einer
außerordentlichen Sitzung am 12. Juli 2011 am Sitz der
zentralen Leitung in Kerpen bei Köln hierüber
informiert. Visteon unterliegt dem neuen deutschen EBR-Gesetz bereits
jetzt in vollem Umfang, obwohl die Verhandlungen über eine
neue EBR-Vereinbarung noch nicht abgeschlossen sind (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2011).
EBR will neue Rechtslage für intensive
Beteiligung nutzen
Das
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" wurde vom EBR mit
der Beratung im Rahmen des Unterrichtungs- und
Anhörungsverfahrens beauftragt und hat hierfür ein
deutsch-spanisches Beraterteam zusammengestellt. Als
Sachverständiger für die Überarbeitung der
EBR-Vereinbarung wurde im März 2011 bereits Dr. Werner
Altmeyer bestellt.
Abschlußbericht des
REDITER-Projekts
Am
4. April 2011 wurde der Abschlußbericht des REDITER-Projektes
in Paris vorgelegt. Im Rahmen dieses Projektes hatten im Lauf des
Jahres 2010 fünf Seminare in fünf verschiedenen
Ländern stattgefunden, um über die Auswirkungen der
neuen EBR-Richtlinie zu informieren (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2010). Die meisten der 160 Teilnehmer kamen aus
Dienstleistungsunternehmen. Das
Projekt wurde mit Partnern aus fünf Ländern im
Auftrag des Dachverbandes der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI
Europa) durchgeführt. Projektpartner in Deutschland war das
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de".
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13.
Aktuelle Seminartermine
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Das
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" führt seit
Januar 2009 für die Mitglieder von Europäischen
Betriebräten, SE-Betriebsräten und Besonderen
Verhandlungsgremien Tagungen und Seminare durch. Bisher haben daran 253
Arbeitnehmervertreter aus 121 Unternehmen teilgenommen (das entspricht
etwa 12% aller Unternehmen in Europa, die einen EBR gebildet haben).
Die Mehrzahl der Teilnehmer kamen aus Deutschland und Frankreich, aber
auch neun weitere Länder waren vertreten. Hier sind die
aktuellen Termine:
Deutsch-belgische
Betriebsrätetagung in Brüssel
Am 29. und 30. September 2011 findet eine
deutsch-belgische Tagung für Betriebsräte in
Brüssel
statt. Über 100 Europäische Betriebsräte
arbeiten
nach belgischem Recht. Damit steht Belgien
zahlenmäßig an vierter Stelle hinter Deutschland,
Frankreich und Großbritannien. Auf der Tagung besteht die
Möglichkeit, sich mit der rechtlichen Situation in Belgien und
dem belgischen System der Arbeitnehmervertretung näher
vertraut zu machen. Die Veranstaltung
wird simultan gedolmetscht.
Neuverhandlung
von EBR-Vereinbarungen
Nach Inkrafttreten der neuen
EBR-Gesetze ist es in vielen Unternehmen ratsam, die EBR-Vereinbarung
neu zu verhandeln. Hierzu bieten wir einen Workshop an, der einen
Erfahrungsaustausch ermöglicht und die EBR-Vereinbarungstexte
der Teilnehmer einer kritischen Betrachtung unterzieht. Der Workshop
findet vom 10. bis 12. Oktober 2011 auf der Wartburg in Eisenach statt
(Foto).
Deutsch-britische
Betriebsrätetagung in London
Am 27. und 28. Oktober 2011 findet eine
deutsch-britische Tagung nach § 37 Abs. 6
Betriebsverfassungsgesetz in London statt. Die Veranstaltung wird
simultan gedolmetscht. Sie richtet sich an alle Mitglieder
Europäischer Betriebsräte, die britischem Recht
unterliegen, sowie an Arbeitnehmervertreter, die sich mit dem
britischen System näher vertraut machen wollen.
Sprachkurs
Englisch
für Betriebsratsmitglieder
13.
– 18.11.2011 in
Esher Place (bei London)
Hamburger Fachtagung
für Europäische und SE-Betriebsräte
Wie
jedes Jahr findet im Januar
wieder eine zweitägige Fachtagung in Hamburg statt. Die Themen:
Montag,
23. Januar 2012
Neue
Maßstäbe für Unterrichtung,
Anhörung und Mitsprache
Dienstag,
24. Januar 2012
Arbeitnehmervertretung
in Mittel- und Osteuropa
Die beiden Tage
können getrennt oder zusammen gebucht werden.
Das Programm ist derzeit in Vorbereitung. Gedolmetscht wird die Tagung
in drei Sprachen (Deutsch, Englisch und Französisch).
Seminare des Instituts zur
Fortbildung von
Betriebsräten (ifb)
Seit 1998 bietet das ifb
Seminare für Europäische Betriebsräte an,
deren Inhalte vom Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de"
mit erarbeitet wurden.
Grundseminar: Der Europäische Betriebsrat
von A - Z
07.
– 11.11.2011 in Rottach-Egern
Aufbauseminar:
Vertiefungsworkshop und Ideenbörse
04.
– 08.06.2012 in Hamburg
Workshop
für SE-Betriebsräte
Im
Jahr 2012 wird das Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de"
erneut einen SE-Workshop anbieten. Da die Zahl der
SE-Betriebsräte noch relativ klein ist, wird der Termin mit
möglichen Teilnehmern zuvor telefonisch abgestimmt. Wer
Interesse hat, füllt bitte den folgenden Fragebogen aus.
Inhouse-Veranstaltungen
Eine
Übersicht über mögliche Themen für
Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:
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Die
EBR-News werden herausgegeben von:
Trainings-
und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" GbR
Mitarbeiter
dieser Ausgabe:
Werner Altmeyer, Sandro Maier,
Bernhard Stelzl
Verteiler
der deutschsprachigen
Ausgabe: 15.648 Empfänger
Verteiler
der
englischsprachigen Ausgabe: 2.157 Empfänger
Verteiler
der
französischsprachigen Ausgabe: 2.322 Empfänger
Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de
Wir freuen uns über
Anregungen zu diesem Newsletter und über Berichte aus Ihrem
EBR.
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