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4.
Juli
2013
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1.
EBR-Gesetz: Schlichterspruch in London
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Erstmals Entscheidung im Vereinigten
Königreich zum Konsultationsverfahren
Am 22. April 2013 entschied das
Central Arbitration Committee (CAC) in London über die Rolle
eines Europäischen Betriebsrates im Rahmen der Unterrichtung
und Anhörung. Als staatliche Schlichtungsstelle fungiert das
CAC im kollektiven Arbeitsrecht als erste gerichtliche Instanz. Es hat
seinen Sitz im 22. Stock des Euston Tower (Foto), einem der
höchsten Gebäude der nördlichen Innenstadt
in der Nähe von Regent's Park. Nie zuvor ist zu diesem Thema
eine gerichtliche Entscheidung im Vereinigten Königreich
ergangen. Die anderen drei Entscheidungen des CAC zwischen 2004 und
2008 betrafen die Errichtung eines Europäischen
Betriebsrates oder Wahlmodalitäten, nicht aber das
Konsultationsverfahren.
Für
Arbeitnehmervertreter ist die jüngste
Entscheidung wenig ermutigend. Geklagt hatte Nigel Haines aus
Lissabon in seiner Eigenschaft als Co-Vorsitzender des
Europäischen Betriebsrates des British Council, einer
gemeinnützigen Einrichtung zur Förderung
internationaler Beziehungen mit Büros in allen Teilen der Welt
(vergleichbar dem Goethe-Institut in Deutschland). Nach Meinung des EBR
hatte die
zentrale Leitung hinsichtlich geplanter Umstrukturierungen
- Informationen
nicht rechtzeitig
zur Verfügung gestellt,
- Informationen
nicht ausreichend
detailliert zur Verfügung gestelllt und
- keine
ausreichende
Unterrichtung und Anhörung über transnationale
entlohnungsbezogene Fragen durchgeführt.
Zur Vorgeschichte der Klage
Der Europäische
Betriebsrat des British Council war 2006 nach ergebnislosen
Verhandlungen
ohne Abschluß einer EBR-Vereinbarung gegründet
worden. Als EBR "kraft Gesetz" arbeitet er bis heute
auf Basis der subsidiären Bestimmungen des britischen
EBR-Gesetzes (TICER), vergleichbar dem EBR der
Fluggesellschaft easyJet (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2012).
Später regelte er in einer schriftlichen
Absprache mit der zentralen Leitung einige Dinge, die normalerweise
Bestandteil einer EBR-Vereinbarung sind – eine
Situation wie
bei der Deutschen Bahn zwischen 2005 und 2012 (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2012). Ergänzend wurde
2009 ein "EWC Code of Practice" mit der zentralen
Leitung entwickelt, der einen Zeitplan für
Anhörungsverfahren und ein Diagramm mit einem
Kommunikationszyklus enthält.
Als
am 1. August 2012 bekannt
wurde, daß
ein Pilotprojekt zur Leistungsentlohnung von Lehrern in der Ukraine auf
Rumänien übertragen wird, reichte der EBR am
7.
August 2012 Klage ein. Der EBR befürchtet eine
schleichende
Veränderung des gesamten
Entlohnungsgefüges der EU und benannte Mängel im
Konsultationsverfahren bei Umstrukturierungen in den
Monaten zuvor. Die zentrale Leitung bestritt sämtliche
Vorwürfe und belegte anhand von Unterlagen einen intensiven
Diskussionsprozeß mit dem EBR, der weit über die
gesetzlichen Mindeststandards hinausging.
Die Entscheidung des
CAC
Die
Schlichter schlossen sich der Sichtweise der zentralen Leitung in allen
Punkten an. Der EWC Code of Practice sei rechtlich nicht bindend ("Code
not being legally
enforceable"). Die Unterrichtung sei weder zu spät
noch zu wenig detailliert erfolgt, da seit
Februar 2011 insgesamt 16 Sitzungen des engeren Ausschusses
stattfanden und der Arbeitgeber der Bitte um weitere Unterlagen stets
umfassend nachkam. Zudem verlange das EBR-Gesetz von der
zentralen
Leitung nicht, Berichte schon Tage vor einer geplanten Sitzung zu
verschicken. Das
Pilotprojekt zur
Leistungsentlohnung der Lehrer falle zudem nicht in den
Zuständigkeitsbereich des EBR, da der Gesetzgeber Fragen der
Entlohnung klar ausgeklammert hat. Es handele sich auch nicht um
eine "transnationale" Angelegenheit im Sinne der
EU-Richtlinie, da
im
konkreten Fall nur ein einziges EU-Land (Rumänien) betroffen
ist. Folgende Dokumente sind nur in englischer Sprache
verfügbar:
Welche Lehren können
daraus gezogen werden?
1.
Mit seinem Code of Practice ist der EBR des British Council
schon
einige Schritte weiter als viele andere Europäische
Betriebräte.
Angesichts der neuen EU-Richtlinie kann es sehr nützlich sein,
das
Konsultationsverfahren im Detail - auch mit Flowcharts - zu
strukturieren. Allerdings genügt es nicht, dies
niederzuschreiben.
Um einklagbar zu sein, sollte es in die
EBR-Vereinbarung
integriert werden.
2. Ohne die sehr
ausführliche und gewissenhafte Dokumentation von
Sitzungsprotokollen und eMails ist ein solcher Rechtsstreit
überhaupt nicht vorstellbar. Das Verfahren vor dem CAC hat
nämlich ohne mündliche Verhandlung nur nach Aktenlage
stattgefunden.
3.
Obwohl der EBR dieses Verfahren verloren hat, sollten sich
andere
Betriebsräte nicht entmutigen lassen, in London
gerichtliche
Schritte einzuleiten. Eine derart enge Kooperation zwischen
zentraler Leitung und EBR wie beim British Council ist nicht die Regel
in angelsächsischen Unternehmen. Andere Konzernleitungen
müssen
diesen Standard erst einmal erreichen, bevor sie
auf
einen Sieg vor Gericht hoffen können.
Für künftige
Streitfälle ist damit eine Benchmark gesetzt.
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2.
Umgang mit vertraulichen Informationen
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Französisches Berufungsgericht
stoppt Konsultationsverfahren
Erneut
haben Richter in Frankreich die Umstrukturierung eines Unternehmens
wegen Formfehlern im Rahmen der Unterrichtung und
Anhörung
des Betriebsrates gestoppt. Am 11. März 2013 ordnete das
Berufungsgericht Paris an, daß ein Personalabbau
im Forschungsbereich des Pharmakonzerns Sanofi derzeit nicht
stattfinden darf. Zuvor ist das gesamte Konsultationsverfahren neu
aufzurollen.
Grund
für die Gerichtsentscheidung: die zu Beginn des
Unterrichtungsverfahrens am 2. Oktober 2012 dem Gesamtbetriebsrat
vorgelegten Dokumente waren als "strikt vertraulich" gekennzeichnet.
Somit konnten die Arbeitnehmervertreter die Inhalte der geplanten
Umstrukturierung nicht in vollem Umfang mit der Belegschaft
diskutieren. Die Richter beurteilten die strenge
Vertraulichkeit
als mißbräuchlich. Knapp 1.000
Arbeitsplätze sollen
abgebaut und der Standort Toulouse komplett geschlossen werden. Die
folgenden Texte sind nur in französischer Sprache
verfügbar:
Während
dieses Urteil nur für französische
Betriebsräte eine
direkt Relevanz hat, wirft es doch ein Schlaglicht auf das
Konsultationsverfahren im Europäischen Betriebsrat.
Wäre ein
solches Urteil auch für den EBR denkbar? Können
EBR-Mitglieder ihre Anhörungsrechte
überhaupt wahrnehmen, wenn sie nur wenige
Informationen mit
nationalen Betriebsräten oder der Belegschaft teilen
dürfen? Wer
entscheidet, welche Dokumente nach objektiven
Kriterien vertraulich oder nicht vertraulich sind?
Das
deutsche EBR-Gesetz sagt
dazu in § 35:
Die Mitglieder und
Ersatzmitglieder eines Europäischen Betriebsrats sind
verpflichtet, Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer
Zugehörigkeit zum
Europäischen Betriebsrat bekannt geworden und von der
zentralen
Leitung ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig
bezeichnet
worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. ... Die
Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern
eines Europäischen Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht
gegenüber den örtlichen Arbeitnehmervertretern...,
den
Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat ..."
Die
Pflicht zur Verschwiegenheit gilt nicht zur
Erfüllung gewerkschaftlicher Aufgaben
Ein
Streitthema ist die Verschwiegenheit vor allem in
angelsächsisch
geprägten Unternehmen. Dort werden Arbeitnehmervertreter oft
durch
restriktive Klauseln in der EBR-Vereinbarung zu einer sehr weitgehenden
Vertraulichkeit verpflichtet. 2005 hatte der Europäische
Gerichtshof ein Urteil gefällt, wonach die Weitergabe
vertraulicher Informationen zur Erfüllung beruflicher Aufgaben
zulässig ist. In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob
Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten ihre Gewerkschaft
über eine bevorstehende Fusion informieren dürfen
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2009).
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3. Mehr Mitbestimmung in Frankreich
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Bald Hunderte
von
Arbeitnehmervertretern in den Verwaltungsräten
Am
16. Juni 2013 wurde das neue Beschäftigungssicherungsgesetz in
Paris offiziell bekanntgemacht. Es basiert auf einem Abkommen, das die
Mehrheit der französischen Gewerkschaften, die
Arbeitgeberverbände und die sozialistische Regierung am 11.
Januar
2013 getroffen hatten (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2013). Eine umfassende Arbeitsmarktreform ist der
Kern des Gesetzes, es
beinhaltet aber auch eine Neuregelung für Europäische
Betriebsräte. Diese können in Zukunft wie ein
SE-Betriebsrat Arbeitnehmervertreter in den Aufsichts- oder
Verwaltungsrat wählen.
Frankreich
ist mit der Neuregelung zwar immer noch weit von einer
paritätischen Mitbestimmung wie in Deutschland (Foto)
entfernt,
aber einen derart weitgehenden Ausbau der Arbeitnehmerbeteiligung hatte
es
in Westeuropa seit den 70er Jahren nicht mehr gegeben. Künftig
werden alle Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten in
Frankreich (bzw. mehr als 10.000 weltweit) Arbeitnehmervertreter in
ihrem Aufsichts- oder Verwaltungsrat mit vollem
Stimmrecht integrieren. Abhängig von der
Größe des Aufsichtsorgans
sind es ein oder zwei Sitze. Das erste Mandat geht immer an die
französischen Betriebsräte, der zweite
Sitz wird vom Europäischen Betriebsrat gewählt. Dabei
kann es
sich wie in einer Europäischen Gesellschaft (SE) auch um
Delegierte aus anderen Ländern handeln. Betroffen von dieser
Neuregelung sind die größten französischen
Firmen (etwa
200).
Bisher
gibt es
Arbeitnehmervertreter mit vollem Stimmrecht nur in Unternehmen, die
mehrheitlich in Staatsbesitz sind oder in den letzten Jahren
privatisiert wurden. Gibt es Belegschaftsaktionäre, so haben
diese ebenfalls
Anspruch auf einen Sitz. In der Privatwirtschaft gehören
Arbeitnehmervertreter bisher meist nur mit beratender Stimme dem
Aufsichts- oder Verwaltungsrat an. Da alle diese Mandate erhalten
bleiben, werden in Zukunft faktisch oft vier, sechs oder mehr
Arbeitnehmervertreter an den Sitzungen teilnehmen, wenn auch nicht alle
mit Stimmrecht.
Entlohnung
der
Spitzenmanager unter stärkerer Beobachtung
Am 17. Juni 2013 legten die
französischen Arbeitgeberverbände in Absprache mit
der sozialistischen Regierung einen neuen Verhaltenskodex zur Corporate
Governance börsennotierter Unternehmen vor. Er gilt als eines
der strengsten Regelwerke der OECD, ist allerdings rechtlich nicht
bindend. Die Überwachung nimmt eine hochrangige
Kommission für Unternehmensführung ("Haut
Comité de gouvernement d'entreprise") aus sieben Personen
wahr.
Diese
Selbstverpflichtung der
Wirtschaft war durch die Drohung der Regierung
zustandegekommen, andernfalls ein entsprechendes Gesetz zu
verabschieden. Der Verhaltenskodex enthält ein eigenes Kapitel
über die Arbeitnehmerbeteiligung in den Organen der Corporate
Governance. Künftig hat dort jeder Arbeitnehmervertreter einen
Anspruch auf Schulung. Dem Ausschuß für
Gehaltsfindung, der die Vergütung der Vorstandsmitglieder
festlegt, wird grundsätzlich ein Arbeitnehmervertreter
angehören.
Erstmals
knappe
Mehrheit für reformorientierte Gewerkschaften
Während
die Verantwortung französischer Arbeitnehmervertreter durch
diese jüngsten Entwicklungen steigt, zeigt die
Gewerkschaftslandschaft auf den ersten Blick kaum
Reformansätze. Frankreich bleibt das Land mit der
größten Zahl konkurrierender Gewerkschaften und der
niedrigsten Zahl an Mitgliedern aller EU-Länder in Westeuropa.
Am 29. März 2013 legte das Arbeitsministerium die neuesten
Statistiken vor, die als Basis für die
Tariffähigkeit ("Repräsentativität") bei
Flächentarifverträgen dienen. Danach behalten die
fünf großen Dachverbände, die bereits seit
1966 als repräsentativ gelten, diesen Status auch weiterhin
und sind legitimiert, Flächentarifverträge zu
unterzeichnen. Auf Grundlage des seit Januar 2009 geltenden
Tarifvertragsgesetzes ist dieser
Status für die nächsten vier Jahre
damit
festgeschrieben (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2008).
Zur
Gültigkeit eines Tarifvertrages müssen die
unterzeichnenden Gewerkschaften mindestens 30% der
Wählerstimmen der
Betriebsratswahlen im Geltungsbereich auf sich vereinen. Um den
Tarifvertrag zu kippen, brauchen die ablehnenden Gewerkschaften
zusammen 50%. Da es in den letzten drei Jahren zu
einer leichten Verschiebung zugunsten der eher
gemäßigten
Gewerkschaften kam (+2%), bringen
es die
kämpferischen
Gewerkschaften CGT und CGT-FO zusammen nur noch auf 48,8% der
Wählerstimmen. Sie können daher keinen
Flächentarifvertrag auf nationaler Ebene mehr juristisch zu
Fall bringen. Dies gilt insbesondere auch für Rahmenabkommen
mit der
Regierung, die z. B. zum neuen
Beschäftigungssicherungsgesetz geführt haben.
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4. Berichte aus
weiteren Ländern
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Ungarn: Kein
Kündigungsschutz
mehr für Betriebsratsmitglieder
Am 1. Januar 2013 ist das neue
Arbeitsgesetzbuch in Ungarn nach einer sechsmonatigen
Übergangszeit komplett in Kraft getreten. Es verschlechtert
die Rechte der Arbeitnehmer stark und verletzt nach Meinung der
Gewerkschaften die Europäische Sozialcharta (siehe Bericht
in den EBR-News 3/2011). Das ungarische Arbeitsrecht gilt
hierdurch als das zweitflexibelste in Europa nach dem Vereinigten
Königreich. Die rechtskonservative Regierung verspricht sich
davon eine Wiederbelebung der stark angeschlagenen Wirtschaft. Ungarn
hat seit Jahren eine Arbeitslosenquote von 10 bis 12%.
Das
neue Arbeitsgesetzbuch
schränkt auch die Rechte der Betriebsräte und
Gewerkschaften ein. So hat jetzt nur noch der oder die Vorsitzende des
Betriebsrates Kündigungsschutz, alle anderen nicht mehr.
Reduziert wurde auch die Freistellungszeit der
Gewerkschaftsdelegierten, komplett gestrichen wurde der Anspruch auf
Freistellung für Seminare. Unklar ist jetzt der
Kündigungsschutz ungarischer Delegierter im
Europäischen Betriebsrat. Nach Artikel 10 Abs. 3
der EBR-Richtlinie genießen sie "bei der
Wahrnehmung ihrer Aufgaben den gleichen Schutz und gleichartige
Sicherheiten wie die Arbeitnehmervertreter nach den innerstaatlichen
Rechtsvorschriften ... des Landes, in dem sie
beschäftigt sind." Da einfache Mitglieder eines
ungarischen Betriebsrates keinen Kündigungsschutz mehr
haben, sind EBR-Mitglieder aus Ungarn folglich auch nicht mehr
geschützt – es sei denn, sie haben den Vorsitz im ungarischen
Betriebsrat inne.
Gewerkschaften
ziehen Konsequenzen
Eines
der Grundprobleme der
ungarischen Gewerkschaften ist der niedrige Organisationsgrad und die
starke Zersplitterung. Nur 14% aller Arbeitnehmer
sind Mitglied einer Gewerkschaft und es gibt sechs konkurrierende
Dachverbände. Am 1. Mai 2013 erklärten drei dieser
Dachverbände ihre Absicht, zu fusionieren. Sie
repräsentieren etwa zwei Drittel aller Gewerkschaftsmitglieder
in
Ungarn.
Belgische
Regierung beklagt
deutsches Sozialdumping
Am 18. März 2013 legte
die belgische Regierung Beschwerde bei der
Europäischen Kommission in Brüssel gegen
Deutschland ein. Zuvor hatten sich der Wirtschafts- und
die Arbeitsministerin ein eigenes Bild über die
Arbeitsbedingungen
auf
Schlachthöfen in Niedersachsen gemacht. Die belgische
Fleischindustrie war bei ihrer Regierung vorstellig geworden, weil sie
wegen des in Deutschland praktizierten Lohndumpings nicht mehr
wettbewerbsfähig ist. In der Kritik stehen der fehlende
Mindestlohn und die Beschäftigung von osteuropäischen
Arbeitern zu unwürdigen Bedingungen.
Die
Regierung
von Niedersachsen will Belgien unterstützen und so Druck auf
Berlin machen. "Das Billiglohnland Deutschland ist zum
Arbeitsvernichter in vielen angrenzenden Ländern wie Belgien
geworden." Auch der Europäische Gewerkschaftsverband der
Nahrungsmittelindustrie EFFAT fordert von der deutschen
Regierung ein Ende dieses Sozialdumpings. Der Versuch der Gewerkschaft
NGG, eine Lösung im Gespräch mit großen
Schlachtkonzernen zu finden, ist am 27. Juni 2013 gescheitert.
Kroatien ist jetzt 28.
Mitgliedsland der EU
Seit
dem 1. Juli 2013 ist die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Kroatien
Vollmitglied der Europäischen Union. Die
Beitrittsverhandlungen
begannen im Oktober 2005 gemeinsam mit der Türkei. Das Land
hat
4,5 Mio. Einwohner und eine Arbeitslosenquote von 23%,
dritthöchste der EU nach Spanien und Griechenland. Viele
ausländische Investitionen kommen aus Österreich, der
wichtigste Handelspartner ist Italien. Neben dem Tourismus spielt der
Schiffbau eine große Rolle.
Größtes
Unternehmen in ausländischem Besitz ist die ehemals
staatliche Telefongesellschaft. Sie
gehört heute unter dem Namen T-Hrvatski Telekom mit 6.000
Arbeitnehmern zur Deutschen
Telekom (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2012). Vor dem Beitritt mußte
Kroatien alle sozialpolitischen
EU-Richtlinien in die nationale Gesetzgebung übernehmen. Dazu
gehören auch die Richtlinien zum Europäischen
Betriebsrat und
zur Mitbestimmung in der Europäischen Gesellschaft (SE). Daher
sind alle bestehenden Europäischen und
SE-Betriebsräte
jetzt um Delegierte aus Kroatien zu erweitern.
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5. Neue Initiative
im
Europäischen Parlament
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Gesetz
über
transnationale Betriebsvereinbarungen rückt
näher
Nach der historischen
Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2013,
eine europaweite Gesetzesinitiative über die soziale
Gestaltung von betrieblichen Restrukturierungen zu fordern (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2013), bahnt sich eine weitere
spektakuläre Gesetzesinitiative an. Am 20. Juni 2013 stimmte
der Ausschuß für Beschäftigung und soziale
Angelegenheiten des Europäischen Parlaments bei einer Sitzung
in Brüssel dem Bericht des deutschen Abgeordneten
Thomas Händel über die rechtliche Absicherung
transnationaler Unternehmensvereinbarungen zu. Händel
gehört der Fraktion Die Linke an und war von 1979 bis 2009
Gewerkschaftssekretär der IG Metall. Die Abstimmung ergab eine
überraschend große Mehrheit (31 Ja-Stimmen, sechs
Nein-Stimmen, drei Enthaltungen), weshalb die Annahme des Berichts in
einer Plenartagung des Europäischen Parlaments in der zweiten
Jahreshälfte 2013 sehr wahrscheinlich ist.
Der
Händel-Bericht beinhaltet folgende Punkte:
- Der
Rechtsrahmen soll
fakultativ (freiwillig) sein
- Nur
repräsentative Gewerkschaften sollen verhandeln und
abschließen können
- Europäische
Betriebsräte sollen beteiligt werden, aber nicht selbst
verhandeln dürfen
- Mechanismen
zur
außergerichtlichen Streitbeilegung sollen eingeführt
werden
- Der
Aufbau einer europäischen
Arbeitsgerichtsbarkeit wird vorgeschlagen
Deutsches oder
französisches Modell?
Auch
die
Europäische Kommission beschäftigt sich mit diesem
Thema, und zwar schon seit 2005. Zuletzt hatte sie im September 2012
ein Arbeitspapier vorgelegt und eine Anhörung gestartet (siehe
Bericht
in
den EBR-News 3/2012). Von Arbeitgeberseite gibt es starken
Widerstand gegen eine solche gesetzliche Regelung, obwohl die Zahl transnationaler
Unternehmensvereinbarungen stetig
wächst. Waren es anfangs "weiche"
Themen wie Gleichstellung von Mann und Frau, Weiterbildung oder
Arbeitsschutz, so entwickeln sich zunehmend "harte"
Restrukturierungsfragen zum Gegenstand solcher Abkommen. Bisher gibt es
jedoch keine Rechtssicherheit über deren
Einklagbarkeit. Strittig ist auch, wer die Verhandlungen
führen und die Abkommen dann unterzeichnen soll: der
Europäische Betriebsrat (deutsches Modell)
oder die Gewerkschaften (französisches Modell) oder beide. In
einem Forschungsprojekt der Hans-Böckler-Stiftung
wurde kürzlich festgestellt:
Französisch
dominierte EBR tendierten dazu, die Verhandlungsführung den
europäischen Gewerkschaftsverbänden und den
nationalen Gewerkschaften zu überlassen. Deutsche
Arbeitnehmervertreter betrachteten häufig eher den EBR als
einen zentralen Akteur.
Eine starke
Koordinierungsrolle eines europäischen Gewerkschaftsverbandes
setzt starke personelle Kapazitäten im hauptamtlichen Apparat
voraus. Da dies immer weniger der Fall ist, verhandeln die
Europäischen Betriebsräte selber, was an den Zahlen
der Hans-Böckler-Stiftung deutlich wird: von 75
untersuchten Vereinbarungen wurden 61 vom EBR unterzeichnet,
aber nur 21 von den europäischen
Gewerkschaftsverbänden.
Betriebsräte
"am
Katzentisch" und ohne Rechtsschutz
Diese
empirische Realität
spiegelt sich im Händel-Bericht jedoch nicht wider. Die
Mehrzahl der heute existierenden Abkommen wird von der
Gesetzesinitiative gezielt ausgeklammert und soll nach wie vor keinen
Rechtsschutz erhalten. Auch eine Weiterentwicklung
Europäischer Betriebsräte in Richtung Mitbestimmung,
was viele deutsche Betriebsräte fordern, wird an keiner Stelle
erwähnt. Der Vorzug wird eindeutig dem französischen
Modell gegeben (ähnlich wie schon in der
EBR-Richtlinie). Die Geringschätzung der deutschen
Mitbestimmung in Brüssel verwundert umso mehr, da zur gleichen
Zeit in Frankreich die besonderen Vorzüge der deutschen
Mitbestimmung stärker erkannt werden und Gegenstand von
Reformen sind (siehe Bericht
weiter oben).
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6.
Konsultation bei Massenentlassungen
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Oberster
Gerichtshof in Madrid stärkt spanische Betriebsräte
Am
20. März 2013 fällte der Oberste Gerichtshof Spaniens
erstmals ein Urteil zur umstrittenen Arbeitsrechtsreform vom Februar
2012. Er annullierte eine Massenentlassung des Bauunternehmens Talleres
López Gallego aus der Industriestadt Móstoles bei
Madrid, weil die Unterrichtung des Betriebsrates unvollständig
war. Im Rahmen des Konsultationsverfahrens soll der Betriebsrat die
Möglichkeit erhalten, Alternativen zu Entlassungen zu
erarbeiten, so die Richter. Hierzu sind detaillierte Unterlagen
über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens
erforderlich. Die Annullierung der Kündigungen folgt dem
französischen Vorbild, wonach einseitige Maßnahmen
des Arbeitgebers ohne korrekt durchgeführtes und komplett
abgeschlossenes Konsultationsverfahren nichtig sind (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2009).
Das
Urteil hat eine weitreichende politische Signalwirkung. Die
Arbeitsrechtsreform der konservativen Regierung wurde im Februar 2012
zur Bekämpfung der Finanzmarktkrise per Notverordnung in Kraft
gesetzt und beinhaltet die massivsten Einschränkungen im
Arbeitsrecht seit dem Ende der Franco-Diktatur. Die Gewerkschaften
reagierten darauf mit wochenlangen Protesten und einem Generalstreik
(siehe Bericht
in den EBR-News 2/2012). Bei einer
Rekordarbeitslosigkeit von
über 25% entstand durch diese Reform in Spanien ein Klima von
Manchester-Kapitalismus und Rechtlosigkeit, dem der Oberste Gerichtshof
nun entgegengetreten ist.
Oberster Gerichtshof
in Riga schwächt lettische Arbeitnehmervertretungen
Am
26. April 2013 fällte der Oberste Gerichtshof von Lettland
eine genau entgegengesetzte Entscheidung. Die Richter sahen keinen
Grund, die Schließung der Flugzeugwartung und Entlassung
aller in Riga stationierten Ingenieure durch die lettische
Fluggesellschaft SmartLynx zu annullieren. Mit einer Anhörung
soll Arbeitnehmern die
Möglichkeit gegeben werden, Alternativen aufzuzeigen, um den
Personalabbau zu vermeiden oder die Zahl der Betroffenen zu reduzieren.
Die EU-Richtlinie über
Massenentlassungen sehe aber keine Verpflichtung vor, eine
Vereinbarung über einen Interessenausgleich zu
schließen. Daher ergibt sich aus einem fehlerhaften
oder überhaupt nicht durchgeführten
Konsultationsverfahren nach Ansicht der Richter in Riga kein Anspruch
auf Entschädigung oder Annullierung der Entlassungen.
Britische
Regierung halbiert Konsultationsfrist
Seit
6. April 2013 gilt bei
Massenentlassungen von
mehr als 100 Arbeitnehmern im Vereinigten Königreich eine
Konsultationsfrist von 45 Tagen. Zuvor konnten Entlassungen erst nach
90 Tagen ausgesprochen werden. Trotz Halbierung ist diese Frist immer
noch länger als in Irland, wo sie generell nur 30 Tage
beträgt. Die Gesetzesänderung ist Teil eines
weitreichenden Pakets von Arbeitsrechtsreformen, die das Wirtschafts-
und Arbeitsministerium BIS (Department of Business, Innovation and
Skills) für die kommenden Monate plant. Die
unabhängige Schlichtungsstelle ACAS hat einen
überarbeiteten
Leitfaden zum Konsultationsverfahren
vorgelegt.
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7.
Neue SE-Betriebsräte und Update von EBR-Vereinbarungen
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Hannover
Rück bildet SE-Betriebsrat und vermeidet
paritätischen Aufsichtsrat
Am 23. Januar 2013 wurde in Hannover zwischen der
zentralen Leitung und dem Besonderen Verhandlungsgremium des
Rückversicherers eine SE-Vereinbarung unterzeichnet. Das
Unternehmen gehört mehrheitlich zum Versicherungskonzern
Talanx, der bisher noch nicht über einen Europäischen
Betriebsrat verfügt. Die SE-Vereinbarung sieht die Bildung
eines SE-Betriebsrates vor, der zweimal pro Jahr zusammenkommt und
über Initiativrechte zu länderübergreifenden
Maßnahmen verfügt. Er wählt einen
geschäftsführenden Ausschuß aus vier
Mitgliedern. Die sonstigen Merkmale der Vereinbarung entsprechen
weitgehend der Auffangregelung des deutschen SE-Beteiligungsgesetzes.
In den
Aufsichtsrat entsenden die Arbeitnehmer wie
zuvor drei deutsche Vertreter (Drittelbeteiligung). Bei
Überschreiten der Grenze von 2.000 Arbeitnehmern in
Deutschland wird jedoch kein paritätischer Aufsichtsrat
gebildet. Die SE-Vereinbarung sieht für diesen Fall lediglich
ergebnisoffene Gespräche vor, die zu einvernehmlichen
Änderungen führen können. Falls diese
Gespräche scheitern, gilt die Drittelbeteiligung weiter. Damit
reiht sich die Rückversicherungsgesellschaft in viele typisch
deutsche SE-Umwandlungen ein, die den Arbeitnehmereinfluß im
Aufsichtsrat zahlenmäßig begrenzen wollen.
Fuchs Petrolub
bildet SE-Betriebsrat und vermeidet paritätischen Aufsichtsrat
Am
30. Januar 2013 wurde in Mannheim zwischen zentraler Leitung
und
Besonderem Verhandlungsgremium des Schmierstoffherstellers eine
SE-Beteiligungsvereinbarung
unterzeichnet. Das Unternehmen ist mehrheitlich im Besitz der
Gründerfamilie und hat 3.800 Arbeitnehmer weltweit. In
Deutschland ist die Grenze von 2.000 Arbeitnehmern zur Bildung eines
paritätischen Aufsichtsrates derzeit noch nicht erreicht,
daher hat die Arbeitnehmerseite zwei von sechs
Aufsichtsratssitzen (Drittelbeteiligung). Dieses Verhältnis
soll
nach der SE-Umwandlung beibehalten werden,
auch bei weiterem Wachstum der Belegschaft – ein wichtiger Grund
für fast alle SE-Umwandlungen in Deutschland.
Der
zukünftige SE-Betriebsrat besteht aus
zehn Mitgliedern aus sieben Ländern. Aufgrund ihrer sehr
kleinen Belegschaft haben neun weitere Länder kein eigenes
Delegiertenmandat erhalten und werden von anderen Ländern
mitvertreten. Europa außerhalb Deutschlands wurde hierzu in
drei Regionen aufgeteilt, eine ähnliche Lösung hatte
bereits 2008 der Hamburger Klebstoffhersteller tesa entwickelt (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2008).
Schweizerisches
Pharmaunternehmen integriert neue EBR-Richtlinie
Für den zweitgrößten
Medikamentenhersteller der Welt wurde am 1. Februar 2013 in Wien die
EBR-Vereinbarung aktualisiert. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Basel
und damit nicht in der EU. Mit 4.000 Arbeitnehmern ist es das
größte Pharmaunternehmen in Österreich. Der
1995 gegründete EBR unterliegt österreichischem
Recht, das als eines der besten der EU gilt. In Fällen wie
Novartis, die den Status einer "freiwilligen" Alt-Vereinbarung nach
Artikel 13 der alten EBR-Richtlinie beibehalten, können sich
die Arbeitnehmervertreter in Österreich nämlich auf
die Neuregelung des EBR-Gesetzes direkt berufen (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2011).
Der
geschäftsführende
Ausschuß besteht aus acht Mitgliedern und tagt dreimal
jährlich. Weiterhin kann der EBR Arbeitsgruppen bilden, die
ebenfalls bis zu dreimal jährlich tagen. Plenarsitzungen
finden dagegen nur einmal pro Jahr statt. Detailliert wird in der neuen
EBR-Vereinbarung auch das Anhörungsverfahren im Fall von
Umstrukturierungen beschrieben. Maßnahmen wird die zentrale
Leitung erst umsetzen, wenn das Prozedere komplett abgeschlossen ist.
Ausdrücklich wird der Beschäftigungssicherung ein
hoher Stellenwert eingeräumt. Eine Besonderheit ist die
Einbeziehung nicht nur von EU-Richtlinien, sondern auch von
ILO-Konventionen und OECD-Richtlinien als Basis der Zusammenarbeit. Bei
Streitigkeiten ist nicht das Arbeitsgericht zuständig, sondern
es findet eine Schlichtung durch die Internationale Handelskammer in
Wien statt.
Eine
Auswahl von
EBR-Vereinbarungstexten haben wir
auf einer Downloadseite
zusammengestellt.
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8. Europäische Betriebsvereinbarungen à la
française
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9. Vom
Rahmenabkommen zum
Weltbetriebsrat
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Erstes Rahmenabkommen im privaten
Glücksspielsektor
Am 6. März 2013 wurde
in Madrid für einen der weltgrößten
Konzerne des Glücksspielgewerbes ein internationales
Rahmenabkommen zum Schutz der Arbeitnehmerrechte
unterzeichnet. Die spanische Codere-Gruppe ist mit 22.000
Beschäftigten in Spanien, Italien sowie in sechs
Ländern
Lateinamerikas vertreten. Das Abkommen setzt damit einen sozialen
Standard in einer weltweit wachsenden Branche.
Französischer EBR
stärkt Beziehungen mit Japan
Am 15. April 2013 traf eine
Delegation des Europäischen Betriebsrates von Axa in Tokio mit
japanischen Gewerkschaftsvertretern und der örtlichen
Geschäftsleitung zusammen. Japan ist mit über 8.000
Beschäftigten eine relativ große Einheit des
französischen Versicherungskonzerns. Nachdem bereits am 4.
Juli 2012 japanische Vertreter zu Gesprächen in Paris waren,
sind für November 2013 zwei Delegierte zu einer
EBR-Sitzung eingeladen.
In der laufenden Amtsperiode
benannte der Lenkungsausschuß erstmals einen
Verantwortlichen für außereuropäische
Kontakte, der sich bereits mit Arbeitnehmervertretern aus Tunesien,
Marokko, Indien und Mexiko traf. Ziel dieser Bemühungen ist
die spätere Bildung eines Weltbetriebsrates. Axa ist einer der
größten Versicherungskonzerne der Welt und hat eine
der besten EBR-Vereinbarungen in Frankreich (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2009).
Italienischer
Energiekonzern
gründet Weltbetriebsrat
Am
14. Juni 2013 wurde ein internationales Rahmenabkommen für
Enel in
Rom unterzeichnet, das nicht nur die Bildung eines Weltbetriebsrates,
sondern auch von drei Ausschüssen (Arbeits- und
Gesundheitsschutz,
Weiterbildung sowie Gleichbehandlung) vorsieht. Der
größte
italienische Stromversorger hat weltweit ca. 74.000 Arbeitnehmer, neben
Europa vor allem in Lateinamerika. Bereits seit April 2009 gibt es eine
Vereinbarung zur sozialen Unternehmensverantwortung unter Beteiligung
des Europäischen Betriebsrats (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2009). Folgende Texte sind nur in englischer
Sprache verfügbar:
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10.
Interessante Webseiten
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Europäischer
Betriebsrat von Unilever
Auf der Webseite des
deutschen Konzernbetriebsrates wird auch der "Unilever European Works
Council" (UEWC) dargestellt. Neu ist ein Film über die
Aktivitäten, die Zusammensetzung und die Philosophie des UEWC
in fünf Sprachen. Eine Reihe von EBR-Mitgliedern kommt in dem
Neun-Minuten-Video zu Wort. Dargestellt wird u. a. der Umgang des EBR
mit der angekündigten Schließung eines
Waschmittelwerkes in Spanien im Sommer 2012 (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2012). Eine eigene "Barcelona-Agenda" entwickelte
der EBR als Gegenmodell zum kurzfristigen Profitdenken der
zentralen Leitung.
Europäischer
Betriebsrat von UniCredit
Der Europäische
Betriebsrat der italienischen Bankengruppe UniCredit ist im Internet
unter drei verschiedenen Adressen zu finden. Auf der Webseite des
Unternehmens gibt es unter dem Stichwort "Corporate Governance" ein
Porträt des Gremiums. Dort stehen auch die bisher
geschlossenen transnationalen Abkommen (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2009) zum Download bereit. Die beiden
Gewerkschaften CGIL und FABI haben ihre eigenen
Internetpräsenzen über den UniCredit-EBR eingerichtet.
Weltweite
Solidaritätskampagnen
Unter
Nutzung neuester Technologien wie Podcast, Twitter usw. berichtet die
britische Webseite USI aus einer gewerkschaftlichen Basisperspektive
über die Einhaltung von Sozialstandards auf der ganzen Welt.
Erste Ratingfirma für
Arbeitsbedingungen
Auf
der italienischen Webseite Bastard & Poor's geht es
nicht um
das Rating von Finanzprodukten, sondern hier werden die
Arbeitsbedingungen aus der Sicht der Beschäftigten bewertet.
Umfrageteilnehmer können anonym acht Bereiche (Arbeitsumwelt,
Art
des Arbeitsvertrages, Weiterbildung, Absicherung bei
Krankheit
usw.) nach einem Punkteschema (Fünf-Punkte-Ampel) bewerten.
Für eine Vielzahl von Unternehmen in Italien liegen schon
Bewertungen vor, unter ihnen Ikea, Ryanair, IBM, Vodafone und
Adecco.
Zahlreiche
weitere interessante Links haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Gewerkschaften
im EU-Beitrittsland Türkei
Von
ihrer Zerschlagung in Folge des Putsches von 1980 hat sich die einst
starke türkische Gewerkschaftsbewegung bis heute nicht erholt.
Tiefe ideologische Gräben, eine extrem restriktive
Gesetzgebung
und ein sehr geringer Organisationsgrad hemmen ihren Einfluß
im
wirtschaftlichen Boomland am Bosporus. Immer wieder wird auch von
Verletzungen der Rechte der Arbeitnehmer in der Türkei durch
multinationale Unternehmen berichtet. Diese Studie der
Friedrich-Ebert-Stiftung analysiert die aktuelle Situation der
türkischen Gewerkschaften. Ein Gutachten untersucht das im
Dezember 2012 modifizierte Gewerkschaftsgesetz, dessen Inhalt an
einigen Stellen gegen
internationale Normen verstößt. Interessant sind
auch die mehrmals
jährlich von der Friedrich-Ebert-Stiftung publizierten
"Türkei-Nachrichten" über die aktuelle politische
Lage.
Berichterstattung der
Unternehmen über nicht-finanzielle Fragen
Im Februar 2013 publizierte das
Europäische
Gewerkschaftsinstitut
(ETUI)
diese Studie, die die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Praxis
in 28 europäischen Ländern über
Berichterstattung
der Unternehmen jenseits traditioneller Bilanzen und Wirtschaftsdaten
untersucht. Findet eine offene und transparente Kommunikation
über Sozialpolitik und die
Bemühungen um
Nachhaltigkeit statt? Nachdem sich bereits eine Expertengruppe
der Europäischen Kommission seit 2011 damit
beschäftigt
hatte, legte
sie am
16. April 2013 einen Richtlinienentwurf vor. Unternehmen mit mehr als
500 Arbeitnehmern sollen in Zukunft einmal jährlich
über
ihre Bemühungen im Bereich von Menschenrechten, Umweltschutz,
Arbeitnehmerrechten und
Korruptionsbekämpfung berichten.
Arbeitsbeziehungen im
europäischen Vergleich
Im
April 2013 veröffentlichte die Europäische
Kommission ihren neuesten Bericht über den Stand der
Arbeitsbeziehungen auf europäischer Ebene und in den
EU-Mitgliedsländern. Im Gegensatz zu früheren Jahren
seien
diese "zunehmend konfliktbeladen", eine Folge der
Sparmaßnahmen
im Zuge der Finanzmarkt- und Eurokrise. Der alle zwei Jahre
erscheinende Bericht enthält aktuelle Zahlen z. B. zur
Reichweite
von Tarifverträgen oder den Mitgliederzahlen der
Gewerkschaften
und gibt einen Überblick über die Reformen des
europäischen Arbeitsrechts seit 2010. Ein eigenes Kapitel
widmet
sich der Situation in Mittel- und Osteuropa.
Überwachung
internationaler Rahmenvereinbarungen
Im
Mai 2013 ist diese Praxishilfe zur Umsetzung und
Überwachung
von internationalen Rahmenvereinbarungen in multinationalen Unternehmen
erschienen. Mit solchen Abkommen (auch IFA genannt) werden weltweit
soziale Mindeststandards zwischen Gewerkschaften und
Europäischem Betriebsrat einerseits und der Konzernleitung
andererseits festgelegt. Die Broschüre ist im Rahmen eines
EU-finanzierten Projektes durch EBR-Mitglieder aus fünf
Unternehmen der Holz- und Möbelindustrie erarbeitet worden.
Sie
liefert wertvolle Anregungen für Arbeitnehmervertreter, die
eine
internationale Rahmenvereinbarung abschließen oder
überwachen wollen, darunter einen Masterplan für
integriertes
IFA-Management und Audit.
Weitere
Literatur haben wir in einer Literatursammlung
zusammengestellt.
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12. Die EWC Academy:
Beispiele aus unserer Arbeit
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Ingenieurgesellschaft
startet SE-Umwandlung
Am 24.
April
2013 konstituierte sich am
Firmensitz von Inros-Lackner in Rostock (Foto) ein Besonderes
Verhandlungsgremium (BVG). Es wird in den kommenden Monaten mit der
zentralen Leitung der Architektur- und Bauträgergesellschaft
eine
SE-Vereinbarung erarbeiten. Inros-Lackner ist 2004 durch Fusion von
Firmengruppen aus West- und Ostdeutschland entstanden,
inzwischen expandiert das Unternehmen weltweit. Das BVG
beauftragte die EWC Academy mit
einem Sachverständigenmandat.
Nachverhandlung
der EBR-Vereinbarung in französischem Pharmakonzern
Am
14. Juni 2013 tagte der geschäftsführende
Ausschuß des
EBR von Sanofi in Berlin, um den Anpassungsbedarf seiner
EBR-Vereinbarung zu identifizieren. Mit Unterstützung der EWC
Academy wurden Eckpunkte für die weitere Diskussion
erarbeitet.
Die 2005 nach mehreren Fusionen geschlossene Vereinbarung (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2005) ist seither nicht mehr verändert
worden. Daher gelten die Regeln der
neuen französischen EBR-Verordnung für den
drittgrößten Pharmakonzern der Welt unmittelbar,
was die
Verhandlungsposition des EBR stärkt.
Teile
der heutigen Sanofi-Vereinbarung gehen bereits über die
Standards
der neuen EBR-Richtlinie hinaus, insbesondere die Anzahl der
Sitzungen und die Delegiertenmandate. Obwohl Sanofi nicht die
Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (SE) gewählt
hat,
sitzen fünf Arbeitnehmervertreter aus drei
Ländern mit
beratender Stimme im Verwaltungsrat des Unternehmens. Eine
Gesetzesänderung in Frankreich, wonach künftig
Arbeitnehmervertreter mit vollem Stimmrecht in
die Verwaltungsräte großer Unternehmen
entsandt werden können
(siehe Bericht
weiter oben), macht auch hierzu eine Anpassung der
EBR-Vereinbarung von Sanofi erforderlich.
Sozialer Dialog
jenseits des Atlantik?
Zu diesem
Thema fand
am 5. und 6. Juni 2013 erstmals ein Seminar statt. In der American
Academy am Berliner
Wannsee trafen sich 14 Teilnehmer aus
acht
Unternehmen, um sich über Erfahrungen
mit dem
US-Mutterhaus bzw. Standorten in den USA
auszutauschen. Experten beleuchteten die aktuelle Lage der
Arbeitsbeziehungen in den USA
und
gaben Einblick in Unternehmensstrategien und kulturelle
Unterschiede.
Aus
New York war Kenneth Levy angereist, ehemaliger Pressesprecher von
Daimler Chrysler, Ford und General Motors. Michael Fichter von der
Freien Universität Berlin erläuterte die
Bemühungen von Volkswagen,
in den USA einen Betriebsrat zu gründen. Ado
Wilhelm, ehemaliger
ver.di-Bereichsleiter und Aufsichtsratsmitglied von T-Mobile,
erläuterte die US-Kampagne bei der Deutschen Telekom.
Weiterhin
gab es Praxisberichte von Betriebsräten, darunter der Wechsel
vom
deutschen Siemens-Konzern zu einem amerikanisch geführten
Unternehmen bei
Corning Cable Systems in Oberfranken.
Impressionen
aus weiteren
Seminaren
- Links:
Teilnehmer des EBR-Seminars auf Schloß Montabaur vom 2. bis
5. April 2013
- Mitte: Seminarteilnehmer vor
dem Europäischen Parlament in Straßburg am 16. April
2013
- Rechts: Präsentation über
den EBR von Ikea für die deutschen Teilnehmer des
Skandinavien-Seminars auf der Fähre
von Kiel nach Oslo am 22. April 2013
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13.
Aktuelle Seminartermine
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Neues
Faltblatt zum Seminarprogramm
Die
EWC Academy und ihre
Vorläuferorganisation führt seit
Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von
Europäischen
Betriebräten, SE-Betriebsräten und Besonderen
Verhandlungsgremien durch. Bisher haben 503 Arbeitnehmervertreter aus
202
Unternehmen daran
teilgenommen, darunter viele auch mehrfach. Das entspricht etwa 18%
aller Unternehmen in Europa, die einen Europäischen
Betriebsrat oder SE-Betriebsrat gebildet haben. Für das zweite
Halbjahr 2013 liegt jetzt ein neues Faltblatt vor, das hier zum
Download zur Verfügung steht.
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Die
EBR-News werden herausgegeben von:
Mitarbeiter
dieser Ausgabe:
Werner Altmeyer, Katharina
Barrie, Rita
da Luz
Verteiler
der deutschsprachigen
Ausgabe: 19.225 Empfänger
Verteiler
der
englischsprachigen Ausgabe: 2.974 Empfänger
Verteiler
der
französischsprachigen Ausgabe: 2.927 Empfänger
Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de
Wir freuen uns über
Anregungen zu diesem Newsletter und über Berichte aus Ihrem
EBR.
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