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10.
September 2004
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1. Neues zur Revision der
EBR-Richtlinie
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Beginnt im November 2004 die
zweite Phase der Konsultationen?
Seit fast
fünf Jahren war dieser Schritt erwartet worden: am 20. April
2004 startete die Europäische Kommission offiziell das
Verfahren zur Revision der Richtlinie über
Europäische Betriebsräte. In einem ersten Schritt
wurden die Sozialpartner - also der Europäische
Gewerkschaftsbund (EGB) und die europäischen
Arbeitgeberverbände - zu Stellungnahmen aufgefordert, die seit
Ende Mai / Anfang Juni 2004 vorliegen.
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Antwort
des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) an
die Europäische Kommission vom 19. Mai 2004 im Wortlaut: Download (pdf-Datei, nur in Englisch verfügbar)
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Stellungnahme der Bundesvereinigung
der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) vom 26.
Mai 2004 im Wortlaut: Download (pdf-Datei, deutsch)
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Stellungnahme
der Union der Industrien der Europäischen Gemeinschaft (UNICE)
vom 1. Juni 2004 im Wortlaut: Download (pdf-Datei, nur in Englisch verfügbar)
Während
die Gewerkschaften konkrete Verbesserungswünsche an den
Gesetzgeber formuliert haben, wollen die Arbeitgeber keine
Veränderung des Gesetzestextes. Der Arbeitgeber-Dachverband
UNICE hat sich aber bereiterklärt, mit den Gewerkschaften
über praxisbezogene Orientierungspunkte bzw. Leitlinien
für die Unternehmen zur Anwendung der bestehenden Richtlinie
zu verhandeln.
Am 23.
Juni 2004
kamen die Sozialpartner in einer gemeinsamen Sitzung überein,
im Herbst 2004 auf zwei Veranstaltungen zunächst einige
Fallstudien über die Arbeit Europäischer
Betriebsräte zu diskutieren. In Brüssel wird
erwartet, daß die zweite Phase der Konsultationen vermutlich
erst startet, wenn die neuen Mitglieder
der Europäischen Kommission ihre Arbeit aufgenommen
haben. Am 1. November 2004 wird das Ressort Arbeit und
Soziales von dem früheren tschechischen
Arbeitsminister Vladimír Špidla, einem
Sozialdemokraten, übernommen.
Entscheiden
sich die Sozialpartner im Laufe des weiteren Verfahrens, gemeinsame
Verhandlungen aufzunehmen, so haben sie neun Monate Zeit
dafür. Kommt es zu einer einvernehmlichen Regelung, wird
dieser Text mit großer Wahrscheinlichkeit als neue
EBR-Richtlinie in Kraft gesetzt. Nähere Informationen - auch
Dokumente zum Download - haben wir auf einer Sonderseite zusammengestellt.
Unter dem
Motto: "Europäische Betriebsräte - in
Europa und darüber hinaus" hatte der EGB vom
29. Juni bis 1. Juli 2004 in Barcelona zu einer Konferenz eingeladen.
Dort wurde eine 81 Seiten umfassende Bestandsaufnahme über die
Revision der EBR-Richtlinie vorgestellt.
Der Arbeitskreis "Europäisierung der
Arbeitsbeziehungen" der Hans-Böckler-Stiftung führt
am 5. November 2004 in Frankfurt am Main eine Tagung unter dem Motto "Europäische
Betriebsräte. Macht und Ohnmacht einer europäischen
Arbeitnehmervertretung" durch. Aus der Praxis berichten
EBR-Mitglieder von General Motors und Leoni sowie ein Arbeitsdirektor,
über die Revision der EBR-Richtlinie diskutieren Aline
Hoffmann von der IG Metall, Frank Siebens von ver.di und Reinhard
Reibsch von der Europäischen Föderation der
Chemiegewerkschaften (EMCEF).
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2.
Die Meinung der Praktiker:
Was
erwarten EBR-Mitglieder von der Revision?
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In den letzten Wochen hat unsere
Newsletter-Redaktion eine Umfrage bei Mitgliedern Europäischer
Betriebsräte durchgeführt, um ihre Meinung zur
Revision der Richtlinie in Erfahrung zu bringen. Hier einige
Einschätzungen:
Der kanadische Schienenfahrzeugbauer Bombardier
schließt derzeit europaweit Standorte. EBR-Vorsitzender
Johannes Hauber aus dem Werk Mannheim: "Der Gesetzgeber sollte dem EBR
das Recht einräumen, die Unternehmensleitung an der Umsetzung
solcher Maßnahmen hindern zu können, wenn sein
Konsultationsrecht nicht korrekt eingehalten worden ist."
Für Manfred Monje, der von Mainz aus
die Arbeit des Hilton-EBR koordiniert, steht fest: "Da das Unternehmen
in Quartalszahlen denkt, wird eine einzige EBR-Sitzung pro Jahr der
Realität nicht gerecht."
Für den
EBR-Vorsitzenden bei Gruner + Jahr, Peter Reuter, wäre es ein
Fortschritt, "wenn der Lenkungsausschuß die
Möglichkeit hätte, eigenständige Treffen
durchzuführen, um zwischen den jährlichen
EBR-Sitzungen die Arbeit zu koordinieren".
Beim irischen
Verpackungshersteller Smurfit dürfen
Gewerkschafts-sekretäre nur an internen Vorbesprechungen der
Arbeitnehmerseite teilnehmen. "Sie müssen den Saal verlassen,
wenn das Management dem EBR Bericht erstattet", wundert sich
EBR-Mitglied Rainer Beiteke aus dem nordhessischen Werk Diemelstadt.
Der Gesetzgeber sollte den Gewerkschaften klare Kompetenzen
einräumen.
EBR-Mitglieder
wollen selbst auf den Gesetzgeber einwirken
Betriebsräte
aus dem Bereich der Europäischen Föderation der Bau-
und Holzarbeiter (EFBH)
wollen selbst aktiv werden und rufen die Mitglieder
Europäischer Betriebsräte in anderen Branchen auf,
sich mit Forderungen zur Revision der EBR-Richtlinie direkt an die
Europäische Kommission zu wenden.
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3. Erneut EuGH-Urteil zur EBR-Gründung
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Erneut Urteil des
Europäischen Gerichtshofes zur
Informationspflicht des Arbeitgebers
Wie im letzten Newsletter berichtet,
hatte der Europäische Gerichtshof bereits in mehreren
Fällen Betriebsräten in europaweit
tätigen Unternehmen einen Anspruch auf Informationen
zugestanden, die sie zur Gründung eines Europäischen
Betriebsrates brauchen. Das erste Urteil hierzu erging im März
2001 im Fall des Handelsunternehmens Bofrost,
im Januar 2004 folgte ein ähnliches Urteil bezüglich
des Speditionsunternehmens Kühne + Nagel.
Der deutsche Gesamtbetriebsrat von Kühne & Nagel
siegte mit seiner Auffassung schließlich auch am 29. Juni
2004 vor dem Bundesarbeitsgericht.
Am 15. Juli 2004 erging nun ein weiteres Urteil des
Europäischen Gerichtshofes. Das Unternehmen ADS
Anker, Hersteller von Kassenabrechnungssystemen,
verweigert seinem Betriebsrat nach wie vor Auskünfte, die
erforderlich sind, um die Gründung eines
Europäischen Betriebsrates einleiten zu können. Der
Hauptfirmensitz befindet sich in Bolton, Großbritannien, die
deutsche Zentrale ist in Bielefeld ansässig. Die
Muttergesellschaft von ADS Anker hat ihren Sitz - wie im Fall
Kühne & Nagel - in der Schweiz. Ähnlich wie
seinerzeit bei Bofrost legte das zuständige deutsche
Arbeitsgericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur
Vorabentscheidung vor. Der Tenor des Urteils unterscheidet sich nicht
wesentlich von den beiden zuvor gefällten Entscheidungen.
Weitere Informationen zu diesen Urteilen
haben wir auf einer Sonderseite zusammengestellt.
Weitere
relevante Urteile aus den 90er Jahren
Wir haben diese neuen Gerichtsentscheidungen zum
Anlaß genommen, um weitere für die EBR-Arbeit
relevante Urteile zu recherchieren.
So hatte beispielsweise im Jahre 1997 das Arbeitsgericht
Hamburg über die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers im
Vorfeld der Gründung eines Europäischen Betriebsrates
zu entscheiden. Die Leitsätze des Urteils: Der
Konzernbetriebsrat ist nach § 58 Abs. 1 BetrVG
zuständig für die zur Bildung eines
Europäischen Betriebsrats erforderlichen Maßnahmen,
wenn dieser auf Konzernebene zu bilden ist. Der
Kostenerstattungsanspruch für entsprechende Vorarbeiten ergibt
sich aus § 40 BetrVG. Er ist nicht nach §§
16, 30 des Gesetzes über Europäische
Betriebsräte ausgeschlossen.
Arbeitsgericht
Hamburg, Urteil vom 17.04.1997 - 4 BV 1/97 -
Im
gleichen Jahr hatte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main über
den Anspruch auf Übersetzungen und Dolmetscher für
Sitzungen zu entscheiden. Es handelte sich in diesem Fall nicht um eine
EBR-Angelegenheit, dennoch kann das Urteil als richtungsweisend auch im
Vorfeld der Gründung von Europäischen
Betriebsräten angesehen werden.
Arbeitsgericht
Frankfurt, Urteil vom 05.03.1997 - 14 BV 170/96 -
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4. Gesetzgebung zur Europäischen
Aktiengesellschaft
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Stand
des
Gesetzgebungsverfahrens zur Europäischen Aktiengesellschaft
(SE)
Die
SE ist eine neue Rechtsform für Unternehmen, die in
verschiedenen Mitgliedstaaten der EU tätig sind.
Zukünftig können diese zwischen den
vorhandenen (deutschen, französischen, schwedischen
usw.) Gesellschaftsformen und einer Europäischen
Aktiengesellschaft (SE) wählen. Um die in vielen
Ländern bestehende Mitbestimmung im Aufsichtsrat nicht
unterlaufen zu lassen, gibt es neben der eigentlichen EU-Verordnung
eine gesonderte EU-Richtlinie zur Arbeitnehmerbeteiligung in der
SE.
Am 26. Mai
2004 verabschiedete die Bundesregierung, zurückgehend
auf einen Referentenentwurf des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Arbeit vom 22. April 2004, den Entwurf des Gesetzes
zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG).
Er setzt die entsprechenden EU-Vorgaben in deutsches Recht um. Der
Bundestag hat den Gesetzentwurf am 2. Juli 2004 an den Ausschuss
für Wirtschaft und Arbeit überwiesen. Die
EU-Regelungen werden jedoch am 8. Oktober 2004 in Deutschland
unmittelbare Geltung erlangen, auch wenn der Gesetzentwurf zu diesem
Zeitpunkt noch nicht in Kraft gesetzt sein sollte.
Am 9. Juli 2004 bemängelte der
Deutsche Bundesrat in einer Stellungnahme, daß sich die Zahl
der Arbeitnehmervertreter zwingend nach dem höchsten
Arbeitnehmeranteil im Aufsichts- oder Verwaltungsrat der beteiligten
Gesellschaften vor Gründung der SE bemißt. Daraus
folge in den Fällen der Beteiligung eines deutschen
Unternehmens auch die Anwendbarkeit des deutschen Mitbestimmungsrechts (Anmerkung:
genau dies ist seinerzeit von den deutschen Gewerkschaften als Erfolg
betrachtet worden!). Um die damit verbundenen
Wettbewerbsnachteile zu vermeiden, solle der Gesetzgeber - so die
Meinung des Bundesrates - von der Umsetzung der Auffangregelung zur
Mitbestimmung absehen. Hieran wird deutlich, daß die
CDU/CSU-Mehrheit in der Länderkammer keine Bereitschaft
zeigt, die deutsche Mitbestimmung zu schützen.
Das
Europäische Gewerkschaftsinstitut und die
Hans-Böckler-Stiftung haben Informationen zum Thema in einer
englischsprachigen Broschüre zusammengefasst:
European
Trade Union Institute / Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.):
The European Company - Prospects
for Board Level Representation,
Brüssel/Düsseldorf 2004
Unter
dem Titel Mitbestimmung in der europäischen
Perspektive hat die Hans-Böckler-Stiftung auch
eine PowerPoint-Präsentation zum Thema
entwickelt:
→ Download
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5. Entwicklung einer EBR-Informationsplattform
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6. Neue EBR-Vereinbarungen
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Gründung
von
Europäischen Betriebsräten in
der Telekommunikation
Am
14. April 2004 wurde für France Télécom
eine
EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Mit 218.000 Beschäftigten ist
es
eines der wenigen Großunternehmen in Frankreich, das bisher
noch
keinen EBR gegründet hatte. Die Mitgliedsgewerkschaften des
europäischen Dachverbandes UNI hatten zuvor mehrere Jahre
für
die EBR-Gründung gekämpt. Nach französischem
Muster
wurde ein gemischter EBR gebildet, dem Arbeitnehmer- wie auch
Arbeitgebervertreter angehören und der sich zweimal
jährlich
trifft. Die Arbeitnehmerseite hat 32 Delegierte, die aus 16
Ländern kommen. Die wichtigsten Standorte außerhalb
Frankreichs befinden sich in Polen und Großbritannien, in
Deutschland hat der Konzern in seiner Tochtergesellschaft Equant etwa
450 Beschäftigte.
Die Liste der Themen,
über die die
Konzernleitung zu informieren hat, bewegt sich im üblichen
Rahmen. Anders als in vielen EBR-Vereinbarungen wurden jedoch
detaillierte Regelungen über einen Neuzuschnitt des Gremiums
bei Veränderungen der Unternehmensstruktur festgelegt und ein
ausführlicher Konsultationsmechanismus im Fall von
außergewöhnlichen Umständen schriftlich
fixiert. Jedes EBR-Mitglied erhält pro Jahr
zusätzlich zu den Sitzungszeiten ein persönliches
Freistellungskontingent von 30 Stunden, die sieben Mitglieder des
Lenkungsausschusses sogar von 100 Stunden. Neben dem
uneingeschränkten Zugang zu Kommunikationsmitteln hat der
Arbeitgeber auch die Erstellung einer eigenen EBR-Webseite zugesichert.
Nur
wenige Tage später wurde am 21. April 2004 bei der Deutschen
Telekom eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Der Prozeß der
EBR-
Gründung, der sich über dreieinhalb Jahre
hinzog, war
durch nationale und internationale Workshops fundiert
vorbereitet. Bereits vor Bildung des Besonderen
Verhandlungsgremiums (BVG) hatte die Arbeitnehmerseite unter Mithilfe
von Werner Altmeyer (damals FREE e.V., heute Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de") Eckpunkte einer EBR-Vereinbarung
ausgearbeitet.
Der
EBR besteht aus 32 Mitgliedern aus 13 Ländern, nach deutschem
Muster sind es ausschließlich Arbeitnehmervertreter. Wie in
neueren Vereinbarungen inzwischen häufiger zu finden, wurden
zwei
jährliche EBR-Sitzungen festgeschrieben (Dauer jeweils drei
Tage).
Die Themen der Information und Konsultation entsprechen wie bei der
France Télécom dem üblichen Rahmen. Ein
fünfköpfiger Lenkungsausschuß
(Präsidium) tagt
viermal jährlich. Auf eine detaillierte Freistellungsregelung
wie
bei der France Télécom wurde zunächst
verzichtet, am
Konzernsitz in Bonn wird ein eigenes EBR-Sekretariat eingerichtet.
Besonders hervorzuheben ist ein Schulungsanspruch von 15 Tagen
innerhalb der vierjährigen Amtszeit des EBR. Der
Prozeß der
EBR-Gründung und die Inhalte der Vereinbarung sind in einem
Beitrag der Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb ausführlich
beschrieben worden:
Am
15. Juni 2004 wurde für den Mobilfunkbetrieber o2 eine
EBR-Vereinbarung nach britischem Recht unterzeichnet, nachdem
annähernd drei Jahre lang hierüber verhandelt worden
war. Die
Initiative zur EBR-Gründung ging ursprünglich von den
deutschen und niederländischen Betriebsräten aus.
Ursache
für die lange Verhandlungsdauer waren personelle
Veränderungen in der Arbeitgeberdelegation. Die
EBR-Vereinbarung
sieht zwei reguläre Sitzungen pro Jahr sowie Sondersitzungen
in
außergewöhnlichen Umständen vor. Die
Konsultationsrechte - insbesondere für die Sondersitzungen -
wurden sorgfältig ausformuliert, so hat die Anhörung
in jedem
Fall vor der endgültigen Entscheidung der Konzernleitung zu
erfolgen.
Dem
Europäischen Betriebsrat gehören elf Mitglieder aus
Großbritannien, Irland und Deutschland an.
Zusätzlich
erhielt die Isle of Man, die nicht zur EU gehört, einen Sitz.
Die
Niederlande sind nicht im EBR vertreten, weil die
niederländische
Tochtergesellschaft von o2 zwischenzeitlich verkauft wurde. Auf der
ersten EBR-Sitzung Anfang Juli 2004 wurde ein
Lenkungsausschuß
mit zwei britischen und je einem deutschen und einem irischen Mitglied
gewählt.
Deutsche Bahn strebt schnelle EBR-Gründung
an
Auch
bei der Deutschen Bahn nimmt die Gründung eines
Europäischen Betriebsrates jetzt klarere Konturen an. Aus
Sicht der Gewerkschaft Transnet ist eine möglichst schnelle
Gründung des EBR erforderlich. Hintergrund sind die
Bestrebungen der Konzernleitung, sich in den nächsten zwei
Jahren verstärkt im europäischen Markt zu etablieren.
In dieser Zeit würden sonst ohne Beteiligung des EBR Fakten
geschaffen und Entscheidungen ohne Einfluß der
Beschäftigten in den europäischen Ländern
getroffen.
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7. Neue interessante Webseiten
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Informationsaustausch
in multinationalen Konzernen
Seit Anfang 2004
bietet die
Webseite SODIA
eine Plattform für die grenzüberschreitende
Kommunikation von Arbeitnehmervertretern multinationaler Konzerne.
Entstanden ist sie aus einem Projekt der belgischen
Gewerkschaftsstiftung Fondation André Renard
in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer Oberösterreich, dem
spanischen Gewerkschaftsbund UGT und dem französischen
Gewerkschaftsinstitut émergence mit
finanzieller Unterstützung des Europäischen
Sozialfonds.
Beteiligt sind derzeit sechs Konzerne: Südzucker, Snecma, Alstom, Carrefour,
Arcelor und Smurfit. Für deren nationale
Arbeitnehmervertreter und EBR-Mitglieder hat
SODIA eine Analyse der aktuellen Unternehmensstrategien, eine
wirtschaftliche und soziale Analyse einiger Standorte in Deutschland,
Österreich, Belgien, Spanien und Frankreich sowie eine
Darstellung der wichtigsten Inhalte der jeweils anwendbaren
Tarifverträge zusammengestellt. Neben geschlossenen Bereichen
für jedes der beteiligten Unternehmen gibt es auch
öffentliche Diskussionsforen - in deutscher,
französischer und spanischer Sprache.
Im öffentlichen Bereich stellt die
Webseite Informationen und Hilfsmittel zur Verfügung, um die
Funktionsweise der Gewerkschaften anderer Länder zu verstehen,
die Gründung von Europäischen Betriebsräten
zu erleichtern sowie Ideen zur Analyse und Vorwegnahme von
Krisensituationen im Unternehmen. Interessant ist auch die Diplomarbeit
von Regina Kellner aus Wien über die Nutzung neuer Medien
für die praktische EBR-Arbeit:
Internationale Lohnvergleiche
Am
8. Juli 2004 wurde ein grenzübergreifender, interaktiver Lohn- und Gehaltsspiegel
gestartet. Mit diesem Tool lassen sich erstmals online nationale und
internationale Lohnvergleiche für bestimmte Berufe und
Tätigkeiten durchführen.
Ursprünglich ist der "Loonwijzer"
in Kooperation mit dem niederländischen Gewerkschaftsbund FNV
an der Universität Amsterdam entstanden. Inzwischen wird das
Projekt von der Europäischen Union gefördert und auf
neun EU-Länder ausgedehnt: neben den Niederlanden sind
Deutschland, Belgien, Dänemark, Finnland,
Großbritannien, Italien, Polen und Spanien beteiligt. Jedes
Land hat eine eigene muttersprachliche Unterseite (auf
Deutsch: www.lohnspiegel.de),
die über die englischsprachige Dachseite www.wageindicator.org alle
miteinander verbunden sind. Das Projekt ist noch im Aufbau, es lohnt
sich daher, von Zeit zu Zeit die Fortschritte zu beobachten. Der
deutsche Lohnspiegel wird vom WSI-Tarifarchiv beigesteuert und soll im
Herbst 2004 ins Netz gestellt werden.
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EBR-Datenbank
auf CD-ROM
Im Abstand von mehreren Jahren
veröffentlicht das Europäische Gewerkschaftsinstitut
in Brüssel eine Bestandsaufnahme aller Unternehmen, die unter
die EBR-Richtlinie fallen, sowie von EBR-Vereinbarungstexten. Nach dem
Beitritt von zehn neuen Mitgliedsländern zur EU hat sich die
Anzahl der Unternehmen, die einen EBR gründen
könnten, auf 2.150 erhöht. Hiervon
hatten Anfang September 2004 jedoch erst rund ein Drittel,
nämlich 731 Unternehmen einen oder mehrere
Europäische Betriebsräte eingerichtet.
Die im Oktober 2004
erscheinende CD-ROM wird nicht nur die Adressen aller betroffenen
Unternehmen und Daten zu den vorhandenenen EBR-Gremien (wie
Delegiertenschlüssel oder
Sitzungshäufigkeit) auflisten, sondern auch eine
Rückschau auf erfolgte Fusionen und Übernahmen geben.
Mit einer Suchfunktion können z.B. ehemals
selbständige Unternehmen gefunden werden, die heute zu einem
größeren Konzernverbund gehören, sowie alle
betroffenen Unternehmen in einem bestimmten Land, einer Region oder
einer Branche ermittelt werden. Die Suchfunktion erschließt
mehr als 800 Texte von EBR-Abkommen und mehr als 200 Abkommen auf
europäischer (sowohl branchen- als auch
brachenübergreifender) Ebene. Überaus
nützlich ist die enthaltene Sammlung von Gesetzestexten zur
Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, von Dokumenten zur
anstehenden Revision der EBR-Richtlinie und zur Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofes.
Peter Kerckhofs/Irmgard Pas:
EWC Database 2004. Inventory of
Multinationals affected by the EWC Directive
CD-ROM, Preis: 400
€ (ermäßigt 125 €) → Anfragen
/ Bestellungen an etui@etuc.org
Kündigungsschutz in
Europa
Restrukturierung und Personalabbau
sind Themen, die viele Europäische Betriebsräte
beschäftigen. Doch kaum jemand kennt im Detail die
Unterschiede, die zwischen den einzelnen europäischen
Ländern beim Kündigungsschutz, bei Befristungen und
Leiharbeit und beim Arbeitslosengeld bestehen. Das gerade erschienene
Buch von Prof. Zachert enthält hierzu Länderberichte
für Großbritannien, Dänemark, Niederlande,
Österreich, Frankreich, Spanien und Portugal, die alle nach
einem einheitlichen Schema gegliedert sind. Es handelt sich um ein
profundes Nachschlagewerk für alle Fragen rund um die
Beendigung von Arbeitsverhältnissen.
Ulrich Zachert
Beendigungstatbestände
im internationalen Vergleich
Eine normative und
empirische Bestandsaufnahme
2004, 90 Seiten,
broschiert, 19,– €, ISBN 3-8329-0616-9
→ Online-Bestellung
Arbeitsbeziehungen in Mittelosteuropa
Inzwischen ist es schon zu
einem Standardwerk geworden und jetzt in einer zweiten und
aktualisierten Ausgabe erschienen: Das Handbuch des Autorenteams
Kohl/Platzer beschreibt auf der Basis detaillierter
Ländererhebungen und Expertenaussagen den Prozess der
bisherigen Umgestaltung der Arbeitsbeziehungen in den neuen
EU-Mitgliedsländern und dokumentiert deren aktuellen
Entwicklungsstand. Wie kein anderes Buch liefert es einen tiefgehenden
Einblick in die Betriebsverfassung jedes der
acht dargestellten Länder. Ein Muß
für jedes EBR-Mitglied.
Heribert Kohl/Hans-Wolfgang
Platzer
Arbeitsbeziehungen in Mittelosteuropa
Transformation und Integration. Die acht neuen
EU-Mitgliedsländer im Vergleich
2. Auflage
2004, 335 Seiten, broschiert, 44,– €, ISBN
3-8329-0695-9 → Online-Bestellung
Qualifizierung von
EBR-Mitgliedern
Grenzüberschreitendes Arbeiten ist
für viele Mitglieder Europäischer
Betriebsräte eine andere Erfahrung als die gewohnte
Betriebsratsarbeit zuhause: Sprachprobleme, unterschiedliche Kulturen
und Interessenvertretungssysteme, die Komplexität der
Arbeitsaufgabe und ein begrenztes Zeitbudget führen -
vor allem in der Startphase - immer wieder zu Schwierigkeiten. Klaus
Buchholz, langjähriges Mitglied des EBR-Teams in der
Vorstandsverwaltung der IG Metall, hat in einer Handlungshilfe die
Kompetenzen beschrieben, die für eine effiziente EBR-Arbeit
erforderlich sind.
Klaus Buchholz:
Hinterm Horizont geht's
weiter...
Die Qualifizierung von
Mitgliedern Europäischer Betriebsräte
Handlungshilfe
der IG Metall, Mai
2004
→ Download
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9. Neues zu EU-Richtlinien:
Arbeitszeit und Arbeitsschutz
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Siemens als
„Vorreiter“? - Zur Revision der
europäischen Arbeitszeitrichtlinie
Nicht
nur in Deutschland kocht die Diskussion über die
Verlängerung der Arbeitszeit hoch. Nach den
Tarifabschlüssen für Siemens und DaimlerChrysler in
Deutschland, Bosch in Frankreich sowie Maréchal Ketin und
Siemens Herentals in Belgien wird auch in anderen Ländern
über die Wieder-einführung der 40-Stunden-Woche ohne
Lohnausgleich diskutiert. In Frankreich steht das Gesetz über
die 35-Stunden-Woche möglicherweise zur Disposition, die
niederländische Regierung hat kürzlich die
Tarifparteien zu einer Diskussion über die
Verlängerung der Arbeitszeit aufgefordert.
Vor diesem Hintergrund wird derzeit die
europäische Arbeitszeitrichtlinie überarbeitet
und ein für Ende September 2004
angekündigter Vorschlag der EU-Kommission mit Spannung
erwartet. Die alte EU-Arbeitszeitrichtlinie aus dem Jahre 1993 sieht
noch eine durchschnittliche Maximalarbeitszeit von 48 Wochenstunden
vor, die je nach Mitgliedsland auf einen Bezugsrahmen von einem Monat
bis zu einem Jahr umgelegt werden kann. Daneben gibt es eine sog.
"opt-out"-Regelung, die selbst diese 48 Stunden überschreiten
hilft, wenn der einzelne Beschäftigte einwilligt.
In
den Jahren 2000 und 2003 hatte der Europäische Gerichtshof in
zwei Urteilen die Definition von Arbeitszeit auf die Zeit der
Bereitschaft ausgedehnt. Anfangs nutzte die Möglichkeit des
"opt-out" nur das Vereinigte Königreich. Nach diesen Urteilen
ist es fast zum Normalfall geworden, in Deutschland wird vor allem im
Gesundheitsbereich davon Gebrauch gemacht. Der eigentliche Zweck der
Richtlinie, nämlich die Regelung und Beschränkung der
Arbeitszeit, wird damit jedoch verfehlt.
Ende
Mai 2004 begannen die Konsultationen der europäischen
Sozialpartner dazu. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite waren sich
einig, daß die Richtlinie überarbeitet werden
muß, jedoch gingen ihre Vorstellungen weit auseinander. Die
EU-Kommission hat aber keinen Zweifel daran gelassen, daß sie
die Revision selbst vornehmen wird, falls die Sozialpartner zu keinem
gemeinsamen Vorschlag kommen sollten. Ihre Aufgabe wäre es
dann, die Sicherheits- und Gesundheitsziele mit der von den Unternehmen
geforderten Flexibilisierung "unter einen Hut" zu bringen. So will sie
die "opt-out"-Regelung in die Verantwortung der Tarifparteien geben und
später eventuell ganz streichen. Darauf hatten vor allem das
Europäische Parlament und der Europäische
Gewerkschaftsbund gedrängt.
Zum
Weiterlesen:
Das
Europäische Observatorium für die Entwicklung der
Arbeitsbeziehungen (EIRO)
veröffentlichte kürzlich eine umfassende Studie
über die Arbeitszeit in der EU. Im Durchschnitt lag
sie in den beiden zurückliegenden Jahren bei 38 Stunden.
Neufassung der
Arbeitsstättenverordnung
Am
25. August 2004 ist in Deutschland die neue
Arbeitsstättenverordnung in Kraft getreten. Sie setzt
EU-Vorgaben, und zwar die Arbeitsstättenrichtlinie, die
Sicherheitskennzeichnungsrichtlinie und Teile der Baustellenrichtlinie,
in deutsches Recht um. Anders als die bisherige
Arbeitsstättenverordnung sehen die EU-Regelungen keine
detaillierten Vorgaben vor, sondern nur noch allgemeine Anforderungen
und Schutzziele. Obwohl die EU-Richtlinien ausdrücklich nur
Mindestforderungen darstellen, die durch die nationale Gesetzgebung
verbessert werden dürfen, geht die neue
Arbeits-stättenverordnung nicht darüber hinaus.
Der neugefaßte Text geht im wesentlichen
auf einen Entwurf des Bundesrates zurück, der von der
bayerischen Staatsregierung vorbereitet worden war.
Ausdrückliches Ziel ist eine Straffung und
Beschränkung auf das nach EU-Richtlinien erforderliche
Maß, womit sich Deutschland als einem - auch innerhalb der EU
- hoch entwickelten Industrieland mit einer Umsetzung auf
niedrigstmöglichem Niveau begnügt hat. Der
Bundesrat wollte durch Flexibilisierung und
Entbürokratisierung betriebliche
Gestaltungsspielräume schaffen. Konkret
bedeutet dies eine Reduzierung der in der Verordnung benannten
Schutzziele und eine Umkehr der Beweislast bei
Verstößen, die zukünftig bei den
Behörden und nicht mehr beim einzelnen Arbeitgeber liegt. Die
bisher vorhandenen Arbeitsstätten-Richtlinien gelten
allerdings noch für einen Übergangszeitraum von sechs
Jahren.
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10. Trainings-
und Beratungsnetz: Aus unserer Arbeit
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Betriebsverfassung in Osteuropa - ein Thema
für (fast) jeden EBR
Viele
Europäische Betriebsräte sind im Laufe dieses Jahres
hautnah mit der EU-Osterweiterung konfrontiert. Neue Mitglieder aus den
Beitrittsländern nehmen an den EBR-Sitzungen teil und wollen
in die laufende EBR-Arbeit integriert werden. Der Europäische
Betriebsrat des Maschinenbaukonzerns GEA, Hersteller von
Prozeß- und Wärmetechnik, hat dies schon hinter
sich. In der Jahressitzung Anfang Juli 2004 fand eine Trainingseinheit
statt, um den westeuropäischen "Alten Hasen"
ein besseres Verständnis der Arbeit der neuen
osteuropäischen Delegierten in deren
Heimatländern zu ermöglichen. Wir
dokumentieren aus diesem Seminar eine Präsentation
von Dr. Werner Altmeyer vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de" über Belegschaftsvertretungen in
Mittelosteuropa.
Solidarität über Europa hinaus:
Soziale Verantwortung entlang der Wertschöpfungskette
Immer mehr Europäische
Betriebsräte beschränken ihren Wirkungskreis nicht
mehr auf Europa, sondern schließen Verhaltenskodizes
mit der Konzernleitung ab, die weltweite Geltung beanspruchen (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2004 über die Beispiele Bosch und
Rheinmetall). Mit solchen Vereinbarungen verpflichten sich Unternehmen,
grundlegende und international anerkannte Arbeitsnormen
gegenüber ihren Beschäftigten, Subunternehmen,
Zulieferern, staatlichen Behörden sowie gegenüber der
Umwelt zu beachten. Hierzu zählen das Verbot von
Diskriminierung, von Kinder- und Zwangsarbeit sowie die Anerkennung der
Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit.
Heiner
Köhnen, Mitarbeiter der Trainings- und Beratungsnetzes
"euro-betriebsrat.de", ist Autor einer Studie
über Unternehmenskodizes am Beispiel Faber-Castell.
Diese Sozialcharta kann als Modell für andere Unternehmen
gelten. Sie ist ein Beispiel dafür, wie Betriebsräte
und Gewerkschaften bei der Planung, der Festlegung der Inhalte, Regeln
und Verfahren sowie bei der Überprüfung und
Verifikation von Unternehmenskodizes beteiligt werden können.
Derzeit arbeitet
Heiner Köhnen im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung an
einer Untersuchung über den Textilkonzern Hennes &
Mauritz. Durch eine Zusammenarbeit von Arbeitnehmervertretern in
Deutschland, Schweden, Bangla Desh, Sri Lanka und der Türkei
sollen Zulieferer von H&M und anderer in Deutschland
tätigen Einzelhandelsunternehmen identifiziert werden (in Sri
Lanka wurde dafür eigens eine Datenbank eingerichtet).
Hierdurch wird es für die Arbeitnehmervertreter der
Einzelhandelsunternehmen in der EU möglich, Forderungen der
Beschäftigten entlang der Zulieferkette im Textil-,
Bekleidungs- und Einzelhandelssektor aufzugreifen und zu
unterstützen.
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11. Aktuelle Seminartermine
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Wir
bieten folgende Seminare - zum Teil in Kooperation mit verschiedenen
Bildungsträgern - an:
Die praktische
Arbeit Europäischer Betriebsräte
Workshop
für den Organisationsbereich der Gewerkschaft ver.di
20.
- 22.10.2004 in Walsrode
Betriebsratstätigkeit
in Europa - Der Euro-Betriebsrat (EBR)
Rechtliche
Grundlagen - Errichtung - Interkulturelle Kommunikation
27.02. - 04.03.2005 in Brüssel
Alle
Seminare finden auf der Grundlage von § 37,6 BetrVG
statt.
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Die EBR-News werden herausgegeben von:
Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de" GbR
Mitarbeiter/innen dieser Ausgabe:
Werner Altmeyer, Heiner
Köhnen, Kathleen Kollewe, Sascha Stockhausen
Verteiler: 2.104
Empfänger
Wir
freuen uns über Anregungen zu diesem Newsletter und
über Berichte aus Ihrem EBR.
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