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6.
Oktober
2008
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1.
Rahmen für neue
EBR-Richtlinie steht
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Politischer
Durchbruch auf Schloß Chantilly
Auf
Druck des französischen Arbeitsministers Xavier Bertrand
trafen die Spitzenverbände der Gewerkschaften und Arbeitgeber
auf europäischer Ebene eine Grundsatzentscheidung, die den
weiteren Verlauf des Revisionsverfahrens der EBR-Richtlinie
maßgeblich beeinflussen wird. Auf einer Tagung der Arbeits-
und Sozialminister der EU am 10. und 11. Juli 2008 im Schloß
von Chantilly nördlich von Paris (Foto), dem Hauptquartier der
französischen Armee im Ersten Weltkrieg, akzeptierten sie den
Gesetzentwurf der Europäischen Kommission als Basis.
Während
der Sommerpause gab es dann intensive Diskussionen zwischen den
Sozialpartnern, um die verbleibenden Differenzen zu
überwinden. Am
29. August 2008 präsentierten sie der Öffentlichkeit
eine
gemeinsame Empfehlung mit acht konkreten
Formulierungsvorschlägen,
die im Gesetzentwurf verändert werden sollen. Diese
ändern im
Kern jedoch wenig an der Grundphilosophie des Entwurfs. Viel wichtiger
ist die Tatsache, daß mit der gemeinsamen Empfehlung alle
Seiten
letztlich eine Revision der EBR-Richtlinie im vorgeschlagenen Umfang
politisch akzeptiert haben. Folgende Texte liegen nur in englischer
Sprache vor:
Bedenken,
wie sie von den Arbeitgeberverbänden formuliert wurden, oder
weitergehende Forderungen der Gewerkschaften (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2008) werden wohl kaum noch eine Rolle spielen. Da
es sich nicht - wie ursprünglich geplant - um eine vollwertige
Revision der EBR-Richtlinie, sondern lediglich um ein "recast" (eine
Umformulierung der bestehenden Richtlinie) handelt, sind die
Einflußmöglichkeiten des Europäischen
Parlaments stark eingeschränkt. Am 2. Oktober 2008 stand das
Gesetzesvorhaben erneut auf der Tagesordnung des Rates der
EU-Arbeitsminister auf ihrem Treffen in Luxemburg. Sie sprachen sich
angesichts der gemeinsamen Empfehlung der Sozialpartner für
die schnelle Verabschiedung der geänderten Richtlinie aus. Am
13. und 14. November 2008 findet in Lyon eine Konferenz zum
transnationalen sozialen Dialog statt, auf der das Thema noch einmal
öffentlich diskutiert wird.
Papier
der britischen Regierung sorgte für Unruhe
Während
die konservative französische Regierung eine schnelle Revision
der Richtlinie aktiv fördert, sorgte ein Papier
der sozialdemokratischen britischen Regierung für Unruhe im
Gewerkschaftslager. Dort sind fundamentale britische Bedenken ("UK
Concerns") aufgelistet: die Wettbewerbsfähigkeit sei in
Gefahr, wenn Europäische
Betriebsräte die Umsetzung von Restrukturierungen behindern
könnten. Eine rigorose Folgenabschätzung der
Gesetzesänderung sei gefordert.
Die britische Regierung warnt
vor einem Rückschlag für die Europäischen
Betriebsräte, wenn der Gesetzgeber die Flexibilität
der Betriebsparteien zu sehr einschränkt. Dies könnte
viele Firmen, die bisher noch keinen EBR haben, von der
Gründung abschrecken. Eine Überregulierung
würde die Arbeitnehmerstimme auf transnationaler Ebene
faktisch schwächen. Von den Labour-Abgeordneten im
Europäischen Parlament wird diese neoliberale Meinung dagegen
nicht geteilt, sie stehen hinter den Forderungen der Gewerkschaften.
Die britische Lobbyarbeit
hinter den Kulissen konnte die gemeinsame Empfehlung der Sozialpartner
vom 29. August 2008 jedoch nicht verhindern. Daher reagierte das
britische Wirtschaftsministerium BERR (Department for Business,
Enterprise and Regulatory Reform) prompt und veröffentlichte
am 11. September 2008 ein Konsultationspapier. Britische Unternehmen
können bis 6. Oktober 2008 ihre Meinung übermitteln,
die dann von der britischen Regierung im Europäischen
Ministerrat zur Geltung gebracht wird. Folgende Texte liegen nur in
englischer Sprache vor:
Folgenabschätzung
der
Europäischen Kommission
Um auf solche Einwände
vorbereitet zu sein, erarbeitete die Europäische Kommission
eine eigene Folgenabschätzung zur Revision der EBR-Richtlinie.
Das Dokument wurde im Juli 2008 veröffentlicht.
Gewerkschaften
legen Memorandum
vor
Am
8. September 2008 veröffentlichte das Europäische
Gewerkschaftsinstitut in Brüssel zur Revision der
EBR-Richtlinie ein wissenschaftliches Memorandum. Basierend auf
aktuellen Erfahrungen werden konkrete Empfehlungen an die Politik
formuliert.
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2.
Kalkulation: Was kostet
eine EBR-Sitzung?
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Studie
beziffert Kosten der EBR-Arbeit
Im
Auftrag der Europäischen Kommission führte die
Beratungsgesellschaft GHK Consulting aus London zwischen Januar und
April 2008 Telefoninterviews in 70 Unternehmen durch, die über
einen Europäischen Betriebsrat verfügen. Darunter
waren 14
französische Unternehmen sowie je zehn mit Hauptsitz in
Deutschland und Großbritannien. Inzwischen liegt der
Abschlußbericht vor, der alle Kosten, die ein
Europäischer
Betriebsrat verursacht, genau beziffert.
So
kostet eine Plenarsitzung des EBR im Durchschnitt 101.000 €
und
reicht im Einzelfall bis zu 370.000 €. Rund die
Hälfte davon
entfallen auf Reisekosten (15%), Dolmetscher (22%), Hotel und
Verpflegung (15%). Die Lohnfortzahlung der Arbeitnehmervertreter wird
mit 29% kalkuliert. Die Kosten des Lenkungsausschusses schlagen mit
durchschnittlich 25.700 € zu Buche, was drei
jährliche
Sitzungen beinhaltet. Eine Fortbildung für den gesamten EBR
kostet
43.800 €. Noch höhere Kosten verursachen die
SE-Betriebsräte, so die Bezeichnung des Europäischen
Betriebsrates in der Europäischen Gesellschaft (SE). Die
"teuersten" EBR-Sitzungen führen französische
Unternehmen
durch, gefolgt von deutschen, während die EBR-Kosten in
britischen
und außereuropäischen Unternehmen weniger als halb
so hoch
sind. Es kann kaum verwundern, daß auch die Qualität
der
EBR-Beteiligungsrechte unterschiedlich ausgeprägt ist.
Arbeitszeit der Manager ein Teil der
EBR-Kosten
Die Teilnahme von Arbeitgebervertretern an
EBR-Sitzungen schlägt in der Kalkulation mit 14% zu Buche.
Dabei handelt es sich nicht um Reisekosten, sondern lediglich um die
Arbeitszeit. In der Regel berichtet in einer EBR-Plenumssitzung der
Vorstandsvorsitzende gemeinsam mit weiteren Managern der obersten
Führungsebene. In der Studie wird von Unternehmen berichtet,
in denen bis zu 13 Manager in der EBR-Sitzung Bericht erstatten. Bei
den heute üblichen Spitzengehältern kann daher eine
vierstündige PowerPoint-Präsentation der
Geschäftsleitung den Kostenrahmen eines EBR schnell in
schwindelerregende Höhen treiben. Dies mag auch einer der
Gründe sein, warum die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl
der EBR-Sitzungen nach Meinung der Arbeitgeberverbände nicht
erhöht werden soll.
Hohe Beraterkosten in
französischen Unternehmen
Um den Stabsabteilungen
multinationaler Konzerne auf gleicher Augenhöhe begegnen zu
können, brauchen Arbeitnehmervertreter gute Berater. Die
Kosten hierfür belaufen sich in nicht-französischen
Unternehmen auf 3.500 €, in französischen Unternehmen
dagegen auf 143.700 € und im Einzelfall bis zu 500.000
€ jährlich. Diese Zahlen zeigen, warum
französische Euro-Betriebsräte ihre Informations- und
Konsultationsrechte (notfalls auch durch Gerichtsverfahren) signifikant
besser ausschöpfen als EBR-Gremien anderer Länder.
Selbst gut ausgestattete deutsche Gremien haben an dieser Stelle einen
erheblichen Nachholbedarf (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2008).
Die
Kostenunterschiede sind leicht erklärt: ein
Europäischer Betriebsrat außerhalb Frankreichs wird
in der Regel von einem hauptamtlichen Gewerkschaftssekretär
beraten, der seine Tätigkeit nicht in Rechnung stellt. In
Frankreich gibt es dagegen nur einen kleinen hauptamtlichen Apparat,
der kaum in der Lage ist, die kontinuierliche Beratung einer Vielzahl
von EBR-Gremien sicherzustellen. Diese Lücke wird von privaten
Consulting-Häusern wie der Groupe Alpha oder Syndex
geschlossen. Ein weiterer Unterschied: in vielen großen
deutschen Unternehmen verfügt der EBR über
festangestellte Referenten, die nicht unter Beraterkosten verbucht
werden, obwohl sie die gleiche Arbeit leisten.
Auch
die britische Regierung
hat genauer nachgerechnet
Das
britische Wirtschaftsministerium BERR summiert die
jährlichen Kosten für einen Europäischen
Betriebsrat auf rund 137.000 £ (176.000 €). Durch
die geplante Änderung der EBR-Richtlinie werden sie auf
215.000 £ (277.000 €) steigen. Die Sitzung eines
Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) von der Dauer eines Tages wird
mit rund 62.000 £ (80.000 €) geschätzt.
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3. Finanzmarktkrise:
koordinierte EBR-Aktion gestartet
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UNI
Finance fordert Sondersitzungen in 51 Europäischen
Betriebsräten
Die
aktuelle Bankenkrise wird nach Meinung der Finanzsektion des
Dachverbandes der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI) bis zu 200.000
Arbeitsplätze der Finanzbranche in Nordamerika und Europa
vernichten. Um die Auswirkungen für jedes einzelne Unternehmen
zu analysieren, hat UNI Finance am 30. September 2008 in einem
Rundschreiben an Mitglieder von 51 Europäischen
Betriebsräten Sondersitzungen gefordert. Sie sollen innerhalb
weniger Tage stattfinden.
Nach Meinung von UNI Finance
handelt es sich bei der Finanzmarktkrise um
außergewöhnliche Umstände, die die
Interessen der Beschäftigten ernsthaft betreffen.
Hierfür sieht die geltende EBR-Richtlinie das Recht auf
Sondersitzungen vor. UNI Finance veröffentlicht Berichte zur
Krise aus gewerkschaftlichem Blickwinkel tagesaktuell auf einer eigenen
Webseite.
Schon
im September 2007 stellte
UNI Finance einen Forderungskatalog zur besseren Überwachung
von Finanzinstituten und Rating-Agenturen auf und wies auf die ethische
und soziale Dimension der Finanzkrise hin. Nachdem sich die Krise
verschärft hatte, forderte UNI Finance im Mai 2008 erneut eine
bessere Regulierung der Finanzmärkte. Der Europäische
Gewerkschaftsbund (EGB) sprach sich auf einer Sitzung in London am 27.
September 2008 für Fairness und entschlossenes Handeln aus.
Vor
diesem Hintergrund gibt es große Unterschiede, wie in
einzelnen Banken und Versicherungen soziale Verantwortung praktiziert
wird. Die Unternehmen Barclays, Dexia, KBC und Nordea gelten laut einer
UNI-Studie aus dem Jahr 2007 als Vorzeigebeispiele, während
Unternehmen wie Generali, Royal Bank of Scotland, UBS oder die West LB
als besonders schlechte Beispiele genannt werden. Zahlreiche Banken und
Versicherungen, darunter die Deutsche Bank, Axa oder UniCredit, bewegen
sich im Mittelfeld.
Einige Fallbeispiele aus der Branche
Am 29. September 2008 wurde die
britische Bausparkasse Bradford & Bingley
verstaatlicht und das Spargeschäft mit allen 200
Niederlassungen von der spanischen Bank Santander
übernommen. Diese hatte 2004 bereits die britische Bank
Abbey National übernommen und wurde damit
größte Bank der Euro-Zone. Einen EBR gab es bei
Bradford & Bingley noch nicht, die Belegschaft wird
zukünftig von dem 2005 gegründeten
Europäischen Betriebsrat des Santander-Konzerns vertreten.
Am 18. September 2008 gab die
britische Bank Lloyds TSB die Übernahme
der größten britischen Bausparkasse HBOS
bekannt, die 2001 aus der Fusion von Halifax und der Bank of Scotland
entstanden war. Der neue Konzern wird eine marktbeherrschende Stellung
haben. Als Folge der Fusion werden von den rund 130.000 Arbeitnehmern
bis zu 40.000 ihren Arbeitsplatz verlieren. Lloyds TSB verfügt
seit 1999 über einen Europäischen Betriebsrat, der
sich einmal jährlich in London trifft. Seine Mitglieder kommen
aus Großbritannien, Deutschland, Spanien, Frankreich, den
Benelux-Ländern und der Schweiz. Auch die Steueroasen
Gibraltar und Monaco entsenden jeweils einen Arbeitnehmervertreter.
HBOS hatte bisher noch keinen EBR.
Am 31. August 2008 einigten
sich der Versicherungskonzern Allianz und die Commerzbank
auf den Verkauf der Dresdner Bank. Bisher wird
deren Belegschaft vom SE-Betriebsrat der Allianz SE vertreten (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2006), zukünftig wird der
Europäische Betriebsrat der Commerzbank für sie
zuständig sein. Die Fusion der beiden Banken wird
voraussichtlich 9.000 Arbeitsplätze kosten.
Am
28. Juli 2008 wurde in der
schweizerischen Großbank UBS ein
Sozialplan unterzeichnet. Als Folge der Finanzmarktkrise sollen 5.500
Stellen abgebaut werden, davon die Hälfte in der Schweiz. Doch
damit ist der Stellenabbau noch nicht zu Ende, am 3. Oktober 2008
kündigte die zentrale Leitung den Abbau von weiteren 2.000
Arbeitsplätzen an, diesmal insbesondere in
Großbritannien. Einen Europäischen Betriebsrat gibt
es bei UBS bisher noch nicht, obwohl das Unternehmen in 21
europäischen Ländern vertreten ist und zu den
weltweit führenden Finanzinstituten gehört.
Am 12. Juli 2008 wurde bekannt,
daß der US-amerikanische Citigroup-Konzern seine deutschen
Filialen als Folge der Finanzmarktkrise an die französische
Genossenschaftsbank Crédit Mutuelle
verkauft. Diese wird von Straßburg aus gesteuert, hat ihren
Schwerpunkt im Elsaß, in Lothringen und im Burgund und gilt
unter französischen Betriebsräten als bevorzugter
Partner für die Verwaltung betrieblicher Sozialfonds.
Die
6.800 deutschen Citibank-Beschäftigten werden künftig
nicht mehr vom Europäischen Betriebsrat der
Citigroup vertreten. Eine transnationale
Arbeitnehmervertretung gibt es bei Crédit Mutuelle bisher
noch nicht, obwohl die Bank bereits in Belgien, Luxemburg,
Großbritannien und der Schweiz vertreten ist.
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4.
Restrukturierungen in weiteren Branchen
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Siemens
verstößt mehrfach gegen EBR-Richtlinie
Am 17. Juli 2008 gründete der
Europäische Metallgewerkschaftsbund (EMB) gemeinsam mit dem
Europäischen Betriebsrat bei einem Treffen in Brüssel
ein gewerkschaftliches Koordinierungskomitee für Siemens, um
europaweite Aktionen gegen den angekündigten Stellenabbau zu
planen. Solche Komitees haben sich in anderen Unternehmen als
Ergänzung zur Arbeit des EBR bereits bewährt,
insbesondere bei massiven Umstrukturierungen (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2005). Am 22. Juli 2008 wandte sich der EMB in
einem offenen Brief an Sozialkommissar Vladimír
Špidla und beklagte die Verletzung der EBR-Richtlinie durch
die Konzernleitung von Siemens.
Seine erste Bewährungsprobe erlebte
das neue Siemens-Komitee bei seiner zweiten Sitzung am 19. August 2008
in Prag, wo das Werk für Schienenfahrzeuge geschlossen oder
verkauft werden soll. Durch die Anwesenheit von 25 Vertretern aus elf
Ländern und einen Streik am 20. August 2008 war es dem
tschechischen Betriebsrat möglich, am 25. August 2008 eine
Eckpunktevereinbarung mit der Werksleitung zu erzielen. Auch die IG
Metall war mit einer Delegation vertreten, damit bei
Sozialplanverhandlungen im Ausland die gleichen Standards gelten wie
bei Siemens in Deutschland.
Am 19. September
2008 gab Siemens in der Presse
bekannt, das Werk Thessaloniki (Griechenland) mit 240
Beschäftigten zum 31. Oktober 2008 zu schließen.
Weder der örtliche noch der Europäische Betriebsrat
waren vorher informiert worden, was einen klaren Verstoß
gegen die EBR-Richtlinie darstellt - vergleichbar dem Fall Nokia
Bochum.
Zerschlagung
der Continental-Gruppe?
Nach
der
Conti-Übernahme durch das Familienunternehmen Schaeffler
konnten die Gewerkschaften am 22. August 2008 mit dem Investor eine
Beschäftigungssicherung erzielen. Bis 2014 sollen keine
Konzernteile verkauft oder Standorte geschlossen und die Mitbestimmung
in der jetzigen Form erhalten werden.
Die Vereinbarung
bindet jedoch nur den neuen
Eigentümer und nicht das Conti-Management, das inzwischen
Restrukturierungen ankündigte. So hat Continental seit dem 30.
September 2008 eine neue Struktur mit nur noch zwei Sparten: das
Automobilzuliefergeschäft (Automotive) und die Gummisparte
(Rubber). In der Presse wird darüber spekuliert, die
Gummisparte könnte verkauft werden und der Automotive-Bereich
mit der entsprechenden Sparte von Schaeffler fusionieren. Damit
wäre das Abkommen vom 22. August 2008 faktisch
hinfällig.
Nach der Übernahme der
Aktienmehrheit steht auch die Zukunft des Europäischen
Betriebsrates von Continental in Frage. Die Mindestbedingungen der
EBR-Richtlinie sehen nach solchen Fusionen nur ein einziges Gremium
für den Gesamtkonzern - in diesem Fall Schaeffler - vor und
kennen keine Spartenvertretung. Während Continental bereits
seit 1992 über ein Europäisches Forum
verfügt und damals - nach Volkswagen - eines der ersten
deutschen Unternehmen mit einer transnationalen Arbeitnehmervertretung
war, wurde bei Schaeffler erst im Oktober 2007 eine EBR-Vereinbarung
unterzeichnet (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2008).
Der neue EBR von Schaeffler
konstituierte sich am 16. und 17. Juni 2008 in Schweinfurt. Derzeit
existieren beide Europäische Betriebsräte
nebeneinander. Eine Fusion zweier EBR-Gremien verläuft jedoch
nicht immer harmonisch, wie die Auseinandersetzungen um Porsche und
Volkswagen zeigen (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2007). Und: bei Schaeffler gibt es keine
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, da es sich um ein
Familienunternehmen handelt.
Konsultationsverfahren
soll in Verhandlungen münden
Am 25. September 2008 kamen die
Europäischen Betriebsräte von Hewlett-Packard (HP)
und Electronic Data Systems (EDS) zu einer gemeinsamen Sondersitzung in
London zusammen, um über den geplanten Personalabbau im
Gefolge der Fusion informiert zu werden. Nach Meinung der
Arbeitnehmervertreter gibt es keine betriebswirtschaftliche
Notwendigkeit für die Streichung von 7,5% aller
Arbeitsplätze. Sie fordern von der zentralen Leitung ein
reelles Konsultationsverfahren, das in Verhandlungen über
einen europaweiten Sozialplan münden solle. HP wird durch die
Übernahme von EDS zum weltweit zweitgrößten
IT-Service-Provider nach IBM. 2005 hatte schon einmal ein erheblicher
Stellenabbau bei HP stattgefunden (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2005). Beide US-Firmen haben seit 1996 einen EBR nach
belgischem Recht. In Kürze werden die beiden Gremien wohl
zusammengelegt werden.
Europaweiter Protest gegen
Werksschließung
Nach
der einseitigen Ankündigung der zentralen Leitung in Paris,
das Valeo-Leuchtenwerk in Kronach (Bayern) mit 310
Beschäftigten zu schließen und die Produktion in
andere Werke in Frankreich, Polen und Spanien zu verlagern,
führte der 1999 gegründete Europäische
Betriebsrat des französischen Automobilzulieferers erstmals
einen europaweiten Protesttag durch. Am 30. September 2008 fanden in
Kronach (Foto), in anderen deutschen Standorten, in Frankreich,
Spanien, Italien und Tschechien Arbeitsniederlegungen statt, um gegen
die Schließung zu protestieren.
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5.
Gründung von Europäischen Betriebsräten
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Französische Post
gründet EBR für die Paketsparte
Am
13. und 14. Mai 2008 konstituierte sich in Paris der
Europäische Betriebsrat für GeoPost, die Paketsparte
der französischen La Poste. Wichtigste ausländische
Tochter ist der Deutsche Paketdienst (DPD).
Dem
EBR gehören je drei Mitglieder aus Frankreich und Deutschland,
zwei aus Großbritannien sowie je eins aus Irland, Belgien,
Niederlande, Spanien, Portugal, Griechenland, Tschechien, Polen und
Litauen an. Die Schweiz hat einen Beobachterstatus. Da es sich um eine
französische Vereinbarung handelt, liegt der Vorsitz beim
Arbeitgeber. Das Präsidium des EBR besteht aus fünf
Mitgliedern: der Sekretär kommt aus Frankreich, seine
Stellvertreterin aus Deutschland und die weiteren Mitglieder aus
Spanien, Belgien und Tschechien. Plenumssitzungen finden zweimal pro
Jahr statt.
Typisch
für französische Vereinbarungen ist der genaue Rahmen
für die Freistellung: der Sekretär des EBR
erhält 120 Stunden pro Jahr, die Mitglieder des
Präsidiums 60 Stunden und alle anderen EBR-Mitglieder 20
Stunden zusätzlich zur Teilnahme an Sitzungen. Pro Jahr ist
ein Schulungstag vorgesehen. Die Vorbereitungen zur
EBR-Gründung wurden vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de" unterstützt (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2006).
Französische
EBR-Vereinbarung im Elektronikkonzern Safran
Am 4. Juli 2008 wurde in Paris
eine EBR-Vereinbarung für die 42.000 europäischen
Beschäftigten von Safran unterzeichnet. Der 2005 durch Fusion
entstandene französische Konzern stellt vorwiegend Flugzeug-
und Rüstungselektronik her. Bei Snecma, einem der beiden
Vorgängerunternehmen, war 2001 ein Europäischer
Betriebsrat gebildet worden, der jetzt aufgelöst wird.
Dem
neuen EBR werden 25 Mitglieder angehören, darunter neun aus
Frankreich, jeweils zwei aus Belgien, Deutschland und
Großbritannien und je einer für die übrigen
zehn
Länder. Sie treffen sich einmal jährlich unter dem
Vorsitz
des Arbeitgebers. Sondersitzungen finden statt, wenn durch eine
Maßnahme mindestens 1.000 Beschäftigte in mehr als
einem
Land betroffen sind. In allen anderen Fällen ist das
Präsidium des EBR zuständig, das aus fünf
Mitgliedern
besteht, davon kommen drei von außerhalb Frankreichs. Das
Präsidium verfügt über ein Budget von 25.000
€
für Dolmetscher und Sachverständige und von 8.000
€
für Reisekosten, zusätzlich zu den Kosten der
Plenumssitzungen. Der Sekretär des EBR erhält elf
Tage
Freistellung, die Mitglieder des Präsidiums sechs Tage und
alle
anderen EBR-Mitglieder einen Tag pro Jahr zusätzlich zur
Teilnahme
an den Sitzungen. Jedes EBR-Mitglied kann zehn Tage Bildungsurlaub
für Sprachkurse in Anspruch nehmen.
Italienischer
Hubschrauberproduzent gründet EBR
In Farnborough (Großbritannien) wurde
am 17. Juli 2008 eine
EBR-Vereinbarung für das Unternehmen AgustaWestland nach
italienischem Recht unterzeichnet. Das Europäische Forum
besteht
aus jeweils acht Arbeitnehmervertretern aus Italien und
Großbritannien, die von drei Sachverständigen
unterstützt werden. Ein sechsköpfiges
Präsidium
führt die Geschäfte zwischen der jährlichen
Plenumssitzung. AgustaWestland ist eine Tochter des italienischen
Rüstungskonzerns Finmeccanica, der selber noch keinen EBR
eingerichtet hat.
Automobilzulieferer:
erfolgreiche
EBR-Verhandlungen nach Ausgliederung
Am 1. Oktober 2008 wurde in Brüssel
eine EBR-Vereinbarung für Wabco unterzeichnet. Das
US-Unternehmen stellt Bremssysteme her und war bis 2007 eine
Tochtergesellschaft von American Standard, wo bereits seit 2001 ein
Europäicher Betriebsrat besteht.
Nach
dem Börsengang erhält
Wabco jetzt einen eigenen EBR. Obwohl die Vereinbarung belgischem Recht
unterliegt (in Belgien sind Betriebsräte paritätische
Gremien), besteht der Wabco-EBR nur aus Arbeitnehmervertretern. Er tagt
einmal jährlich und wählt einen
fünfköpfigen Lenkungsausschuß, der dreimal
jährlich mit der zentralen Leitung zusammenkommt.
Sondersitzungen finden statt, wenn durch eine Betriebsänderung
mindestens je 50 Arbeitsplätze in zwei Ländern
betroffen sind. Die Gründzüge der EBR-Vereinbarung
orientieren sich stark an den alten Regeln von American Standard (siehe
Bericht in den
EBR-News 1/2007).
Die Texte von zahlreichen
EBR-Vereinbarungen stehen auf einer Download-Seite
zur Verfügung.
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6.
Anpassung alter EBR-Vereinbarungen
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Britisch-australischer
Rohstoffkonzern akzeptiert EBR-Vereinbarung
Seit
dem 4. Juni 2008 verfügt Rio Tinto über einen
Europäischen Betriebsrat nach französischem Recht,
der neben dem Europäischen Binnenmarkt auch die Schweiz
umfaßt. Der Rohstoffkonzern übernahm im Juli 2007
die kanadische Aluminiumgruppe Alcan, deren wichtigste
europäische Produktionsstätten in Frankreich und der
Schweiz liegen (siehe Bericht
in den EBR-News 2/2007). Viele Regelungen der
EBR-Vereinbarung von Alcan, die im März 2006 nach zahlreichen
Fusionen ausgehandelt worden war (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2006), sind jetzt für den Gesamtkonzern
Rio Tinto gültig.
Erweiterter
Wirtschaftsausschuß nahm Arbeit auf
Am
19. Juni 2008 wurde für den französischen
Automobilhersteller PSA Peugeot Citroën eine Vereinbarung
getroffen, die den paritätischen Wirtschaftsausschuß
des Konzerns, der bisher nur den französischen
Arbeitnehmervertretern zugänglich war, auf Deutschland,
Großbritannien und Spanien ausdehnt. Dort sollen
Betriebsänderungen und die Folgen für die
Personalpolitik frühzeitig besprochen werden ("Antizipation
des Wandels"). Der paritätische Ausschuß ist eine
Ergänzung zu der Arbeit des Europäischen
Betriebsrates und zu dessen Präsidium. Er tagte erstmals am 1.
Juli 2008 in der erweiterten Zusammensetzung und beschäftigte
sich unter anderem mit den Produktplanungen des Konzerns und dem Ausbau
der Geschäfte in Deutschland.
PSA Peugeot Citroën
war im Sommer 2006 massiv in die gewerkschaftliche Kritik geraten, als
die Schließung einer britischen Fabrik mit 2.300
Beschäftigten ohne Konsultation mit dem Europäischen
Betriebsrat bekanntgegeben worden war (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2006). Der paritätische
Wirtschaftsausschuß soll helfen, solchen einseitigen
Managemententscheidungen vorzubeugen.
EBR-Vereinbarung
suspendiert
Normalerweise berichten wir in
den EBR-News über die Gründung von
Europäischen Betriebsräten, manchmal gibt es aber
auch gegenteilige Entwicklungen. In der Maschinenbaugruppe Milacron war
2000 ein EBR nach niederländischem Recht gebildet worden, der
jetzt wieder abgeschafft wurde. Das US-Unternehmen ist in Europa unter
die Schwelle von 1.000 Beschäftigten gesunken und
fällt daher nicht mehr in den Geltungsbereich der
EBR-Richtlinie. Am 13. Februar 2008 einigten sich die zentrale Leitung
und der Europäische Betriebsrat darauf, die EBR-Vereinbarung
solange ruhen zu lassen, bis die Belegschaft wieder die gesetzliche
Schwelle erreicht hat.
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Coca-Cola:
Vorstufe
zum Weltbetriebsrat
Am
22. und 23. Mai 2008 kamen 90 Arbeitnehmervertreter des
Getränkekonzerns zu ihrer zweiten Tagung ins
NGG-Bildungszentrum Oberjosbach in der Nähe von Frankfurt am
Main. Dort gründeten sie eine Allianz für die
weltweit 600.000 Coca-Cola-Beschäftigten, eine Art
Vorläufer zu einem Weltbetriebsrat. Die Allianz wird von einem
Lenkungsausschuß geführt, dem Vertreter aus allen
Kontinenten angehören und der zweimal jährlich die
Konzernleitung in den USA trifft. Auch an der Tagung in Oberjosbach
nahm ein Vertreter der Konzernleitung aus Atlanta teil und stellte sich
den Fragen der Delegierten aus 32 Ländern. Gewerkschaften und
Konzernleitung hatten sich 2005 verständigt,
regelmäßige Treffen durchzuführen.
Weltweites Treffen der
Tesco-Gewerkschaften
Arbeitnehmervertreter der britischen
Einzelhandelskette Tesco aus zwölf Ländern kamen am
18. Juni 2008 in Nyon (Schweiz) zusammen, um ein Netzwerk zu bilden.
Angestrebt wird dabei nicht nur die Gründung eines
weltumspannenden Dialogforums mit der Konzernleitung, sondern auch
eines Europäischen Betriebsrates, der die Länder
Großbritannien, Irland, Tschechien, Slowakei, Ungarn und
Polen umfassen würde. Tesco ist Marktführer im
Vereinigten Königreich und Nummer drei in Europa.
Dänische
Bank bekennt sich zur sozialen Verantwortung
Am
9. September 2008 wurde in Kopenhagen ein Rahmenabkommen für
Danske Bank unterzeichnet, das weltweit soziale Mindeststandards in
allen Niederlassungen garantiert. Die dänische Bank hatte im
Dezember 2007 die EBR-Vereinbarung erneuert und geht über die
Mindestbedingungen der EU-Richtlinie weit hinaus. Derzeit
läuft ein EU-Projekt zur Stärkung der Zusammenarbeit
im EBR (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2008).
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8. Revision der SE-Richtlinie verschoben
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Ähnlich
wie die Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat
sieht auch die 2001 verabschiedete Richtlinie über die
Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Gesellschaft (SE)
in Artikel 15 einen verbindlichen Termin für die
Überprüfung vor, nämlich den 8. Oktober
2008. Am 30. September 2008 teilte die Europäische Kommission
in Brüssel mit, daß dies ins Jahr 2009 verschoben
wird und erst nach der Neuwahl des Europäischen Parlaments und
der Europäischen Kommission ansteht.
"Einfrieren" der Mitbestimmung
als Problem benannt
Wächst
ein deutsches Unternehmen über die Schwelle von 2.000
Arbeitnehmern hinaus, so wird der Aufsichtsrat zu 50% mit
Arbeitnehmervertretern besetzt. Wächst eine deutsche SE
über
dieses Schwelle hinaus, bleibt es dagegen bei einer Drittelbeteiligung
der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Die SE-Richtlinie sichert die
Mitbestimmung nur in dem Umfang, wie sie zum Zeitpunkt der
SE-Gründung besteht. Es fehlt eine Anpassung für die
Zeit
danach. Dieses "Schlupfloch" zur Vermeidung wachsender
Arbeitnehmerbeteiligung nutzen inzwischen immer mehr Unternehmen und
wandeln sich in eine SE um. In der deutschen Wirtschaftspresse wird
gezielt auf diese Möglichkeit hingewiesen (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2008).
Eine
von der Europäischen Kommission beauftragte Expertengruppe hat
dieses Problem inzwischen erkannt und schlägt eine Anpassung
der SE-Richtlinie vor. Ähnliche Probleme können auch
bei der Gründung einer SE auftreten, die keine Arbeitnehmer
beschäftigt und später Firmen mit großer
Belegschaft aufkauft. Inzwischen gibt es sogar eine nennenswerte Zahl
von Vorratsgründungen, also Firmenmäntel ohne
Geschäftstätigkeit. Die meisten dieser "virtuellen
SE" finden sich in Tschechien. Das Beispiel Volkswagen zeigt, wie
schwierig eine juristische Anfechtung einer SE-Vereinbarung ist (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2007).
Aktuelles
Beispiel: Pumpenhersteller vermeidet paritätischen Aufsichtsrat
Der
Dortmunder Pumpenhersteller Wilo firmiert seit 24. Juli 2008 als
Europäische Gesellschaft (SE), nachdem wenige Tage zuvor am 1.
Juli 2008 eine Vereinbarung zur Mitbestimmung unterzeichnet worden war.
Sie schreibt eine Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat
fest. Wilo hat weltweit 6.000 Beschäftigte, in Deutschland
knapp
1.900. Durch die SE-Umwandlung kann das Unternehmen einen
paritätisch besetzten Aufsichtsrat vermeiden, der ab 2.000
Arbeitnehmer gesetzlich vorgeschrieben ist. Nach geltendem SE-Recht
wird der Status quo (hier die deutsche Drittelbeteiligung) für
alle Ewigkeit festgeschrieben.
Mit
der SE-Umwandlung wird auch der seit 1996 bestehende
Europäische
Betriebsrat in einen SE-Betriebsrat überführt. Dieser
trifft
sich einmal jährlich und deckt den Europäischen
Binnenmarkt
ab (alle EU-Länder sowie Norwegen, Island und Liechtenstein,
nicht
jedoch die Schweiz). Er wählt einen
fünfköpfigen
geschäftsführenden Ausschuß.
Produktionsstätten
hat Wilo in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und
Irland.
Die Länder mit kleiner Belegschaft werden zu Gruppen
zusammengefaßt, diese wählen Regionalvertreter. Der
SE-Betriebsrat hat ein Zutrittsrecht zu allen Betrieben in Europa.
Textilunternehmen
aus dem Schwarzwald als SE
Am
16. Mai 2008 wurde eine SE-Mitbestimmungsvereinbarung für das
Textilunternehmen Gütermann mit Sitz in Gutach (Schwarzwald)
unterzeichnet. In Europa hat das Unternehmen Standorte in Deutschland,
Spanien und der Schweiz. Die Umwandlung in eine SE erfolgte am 14. Juni
2008. Da es bisher noch keinen Europäischen Betriebsrat bei
Gütermann gab, wird der SE-Betriebsrat die erste
transnationale
Arbeitnehmervertretung sein.
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9. Euro-Zone und
Grenzkontrollen
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Währungsumstellung
in der Slowakei
Am 1. Januar 2009 wird das
Währungsgebiet des Euro um fünf Millionen Menschen
größer: in der Slowakei ersetzt die
Gemeinschaftswährung die Krone. Die Kriterien zum Beitritt hat
das Land mit Bravour gemeistert. 2007 verzeichnete die Slowakei ein
Wirtschaftswachstum von über zehn Prozent, was fast
chinesischen Verhältnissen entspricht. Als erstes Land in
Osteuropa trat Slowenien bereits am 1. Januar 2007 der Euro-Zone bei
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2006).
Schweiz schafft Grenzkontrollen
zur EU ab
Am 26. September 2008 stimmte
die EU dem Beitritt der Schweiz zum Schengener Abkommen zu. Danach
werden am 12. Dezember 2008 sämtliche Personenkontrollen an
den Grenzen der Schweiz mit der EU abgeschafft. Das Land
erhält den gleichen Status wie Norwegen und Island. Der
Beitritt zum Schengener Abkommen führt jedoch dazu,
daß erstmals seit 1923 die Grenze zwischen der Schweiz und
Liechtenstein kontrolliert wird
(24-Stunden-Video-Überwachung). Das Fürstentum ist
das einzige verbleibende Nicht-Schengen-Land in ganz Mitteleuropa.
Bereits
am 21. Dezember 2007
war der Kreis der Staaten, die auf Kontrollen an ihren gemeinsamen
Grenzen verzichten, um neun auf 24 angewachsen. Alle mittel- und
osteuropäischen EU-Länder mit Ausnahme von
Rumänien, Bulgarien und Südzypern gehören
seither zum Gebiet des Schengener Abkommens. In Europa muß
man dann nur noch seinen Paß vorzeigen, wenn man in das
Vereinigte Königreich, nach Irland, auf den Balkan oder weiter
östlich reist. Zwischen Athen und Reykjavik, zwischen Lissabon
und Riga herrscht
grenzenlose Reisefreiheit. Der Beitritt von Liechtenstein und
Südzypern soll 2009 oder 2010 erfolgen.
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10.
Interessante Webseiten
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Europäischer
Betriebsrat der Versicherungsgruppe Axa
Mit einem flotten Sound werden
Besucher auf der neuen Internetseite des Europäischen
Betriebsrates der französischen Versicherungsgruppe Axa
begrüßt. Nach der Übernahme der
schweizerischen Versicherung Winterthur im Dezember 2006 (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2007) ist er auf 61 Mitglieder angewachsen und
gehört damit zu den größeren EBR-Gremien.
Die Webseite ist in mehreren Sprachen verfügbar.
Fusionen
transparent gemacht
Die
Webseite "wer-kauft-wen" ist ein aktueller Nachrichtendienst
für Firmenübernahmen. Alle relevanten Meldungen
werden auf der Startseite zur Verfügung gestellt, sie sind
auch nach Branchen abrufbar. Zudem kann das Profil von Investoren (z.
B. Private Equity-Firmen) recherchiert werden.
Sozialer Dialog im
Baltikum
Das EU-finanzierte
Gewerkschaftsprojekt "BalticTU.NET" widmet sich dem Ausbau der
Arbeitnehmerbeteiligung in den Niederlassungen skandinavischer
Unternehmen in den drei baltischen Staaten. Die Schwerpunkte liegen im
Einzelhandel, in der Hotelbranche, der Telekommunikation und bei
Finanzdienstleistungen. Eines der behandelten Themen ist auch der
Europäische Betriebsrat.
Ländervergleich zum
Sozialrecht
Die soziale Sicherheit bei
Krankheit, Rente oder Arbeitslosigkeit ist in den einzelnen
Mitgliedsstaaten der EU sehr unterschiedlich geregelt. Das
Informationssystem MISSOC sorgt für Aufklärung und
bietet Überblicksdarstellungen für einzelne
Länder, eine Online-Abfragemaske und
regelmäßige Analysen für jedes einzelne
EU-Land.
Zahlreiche
weitere interessante
Links haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Betriebsräteberatung
aus unterschiedlichen Blickwinkeln
Wie
können Berater zur
Stärkung von Mitbestimmung, Beteiligung und Sozialstaat
beitragen?
Welche Projekte und Programme sind geeignet, mit Hilfe von externem
Sachverstand ein soziales Europa zu schaffen? Diesen Fragen gehen 24
Autoren in einem Sammelband nach, das der
Geschäftsführer des
Beratungsunternehmens PCG Project Consult in Essen, Prof. Dr. Klaus
Kost, herausgegeben hat. Neben dem IG Metall-Vorsitzenden Berthold
Huber äußert sich auch Michael Vassiliadis vom
Vorstand der
IG BCE zur Zusammenarbeit der Gewerkschaften mit externen Beratern. Dr.
Werner Altmeyer, Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de",
ist mit folgendem Beitrag vertreten: "Äpfel und Birnen
vergleichbar machen: Berater im interkulturellen Kontext".
Klaus
Kost (Hrsg.)
Beratung anders. Consulting
für Betriebsräte und Gewerkschaften
Gewerkschaften
im Umbruch – neue Anforderungen, neue Antworten
Marburg
2008, 271 Seiten, € 19,90
Spielen Europäische
Betriebsräte eine Rolle über Europa hinaus?
Wer
negative
Auswirkungen der Globalisierung begegnen will, kann nicht an den
Grenzen der EU haltmachen. Auf internationaler Ebene fehlt jedoch ein
verbindlicher Ordnungsrahmen. Um diese Lücke zu
füllen, schließen die Gewerkschaften internationale
Rahmenabkommen über soziale Mindeststandards mit
multinationalen Unternehmen ab. Bei der Aushandlung und der
Überwachung dieser Abkommen spielen auch Europäische
Betriebsräte zunehmend eine wichtige Rolle. Dr. Reingard
Zimmer vom Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de"
beleuchtet in ihrer Dissertation die Durchsetzung internationaler
sozialer Mindeststandards unter juristischen und politischen
Gesichtspunkten, ein Kapitel beschäftigt sich besonders mit
Europäischen Betriebsräten.
Reingard Zimmer
Soziale Mindeststandards und
ihre Durchsetzungsmechanismen
Sicherung internationaler
Mindeststandards durch Verhaltenskodizes?
Baden-Baden 2008, 398 Seiten,
broschiert, € 69,-
Die
Folgen von Privatisierungen im Europäischen Binnenmarkt
Treibende
Kraft der
Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen ist die
Europäische Kommission. Die Folgen sind oft
Beschäftigungsabbau, prekäre Arbeit und
Lohnkürzungen.
In diesem Sammelband stellen 25 Autoren die Entwicklung für
einige
Branchen in Deutschland (Energie, Wasserwirtschaft,
Krankenhäuser,
Nahverkehr, Post, Telekommunikation) und in ausgewählten
Nachbarländern (Großbritannien, Österreich,
Schweiz und
Niederlande) dar. Besonders interessiert sie dabei, welche Auswirkungen
die Privatisierungen auf die Tarifpolitik haben.
Torsten Brandt/Thorsten
Schulten/Gabriele Sterkel/Jörg Wiedemuth (Hrsg.)
Europa im Ausverkauf
Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher
Dienstleistungen und ihre Folgen für die Tarifpolitik
Hamburg 2008, 400 Seiten,
broschiert, € 19,80
Leitfaden
Private Equity
für eilige Leser
Der Dachverband der
Dienstleistungsgewerkschaften (UNI) beschäftigt sich seit
mehreren Jahren intensiver mit dem Thema Private Equity. Um die
Komplexität dieser Anlagestrategie und ihre Auswirkungen auf
die Arbeitnehmer auf einfache Art zu erläutern, hat UNI im
Juli 2008 diese Broschüre vorgelegt. In nur dreißig
Minuten Lektüre erfährt der Leser, warum
Finanzinvestoren eine Gefahr für Arbeitsplätze und
Beschäftigung in der ganzen Welt darstellen und warum
Gewerkschaften sich für eine angemessene Kontrolle dieser
milliardenschweren Industrie einsetzen. Die Broschüre liegt in
fünf Sprachen vor.
Andrew Bibby
Rundgang durch die Private
Equity-Welt in 30 Minuten
Nyon 2008, 35 Seiten, kostenlos
Weitere Fachliteratur haben wir
auf einer Sonderseite
zusammengestellt.
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12. Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de":
Beispiele aus unserer
Arbeit
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Präventive EBR-Arbeit
soll forciert werden
Vom 15. bis 17. Juli 2008 fand eine
Plenumssitzung des Europäischen Betriebsrats von Bombardier in
der nordfranzösischen Stadt St. Amand-les-Eaux statt. Der
kanadische Konzern produziert Schienenfahrzeuge und Businessjets und
hat seit 1998 einen EBR nach britischem Recht. Folgende Dokumente sind
nur in englischer Sprache verfügar:
Der Vorsitzende
Johannes Hauber aus dem Werk
Mannheim will die Beteiligungsrechte des EBR bei Restrukturierungen
zukünftig besser gewährleisten und vorausschauend
planen. Aus diesem Grund wurde unter Beteiligung des Trainings- und
Beratungsnetzes "euro-betriebsrat.de" über ein
mögliches EU-finanziertes Projekt und einzelne Aspekte der
geltenden EBR-Vereinbarung diskutiert. Im Mai 2008 hatten sich die
deutschen Betriebsräte von Bombardier auf einer Versammlung in
Bautzen bereits eingehend mit dem Thema beschäftigt (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2008).
Unter dem
Stichwort "Antizipation des Wandels" unterstützt die
Europäische Kommission solche Initiativen von
Europäischen Betriebsräten mit
beträchtlichen finanziellen Zuschüssen. Einzelheiten
hatten wir in den EBR-News
2/2008 genauer dargestellt.
Verhandlungsgremium
bei tesa konstituiert
Vom
16. bis 18. Juli 2008 konstituierte sich bei einer Sitzung in Frankfurt
am Main das Besondere Verhandlungsgremium (BVG) für tesa. Der
Hamburger Klebstoffhersteller will sich in eine Europäische
Gesellschaft (SE) umwandeln. Sachverständige sind Prof. Dr.
Ulrich Zachert und Dr. Werner Altmeyer vom Trainings- und Beratungsnetz
"euro-betriebsrat.de".
Japanischer
Pharmakonzern auf dem Weg zur EBR-Gründung
Deutsche
und französische Arbeitnehmervertreter von Takeda, des
größten japanischen Pharmakonzerns, haben einen
Antrag zur Bildung eines Europäischen Betriebsrates gestellt.
Nach einer Schulung des deutschen Betriebsrates am 16. und 17. Juli
2008 in Aachen trafen sich deutsche und französische
Arbeitnehmervertreter am 12. September 2008 in Paris, um die Bildung
des Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) vorzubereiten. Für
die notwendige Expertenunterstützung sorgte das Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat".
Intensivere
EBR-Arbeit in spanischer Großbank angestrebt
Santander,
die größte Bank der Euro-Zone, verfügt seit
2005 über einen Europäischen Betriebsrat nach
spanischem Recht, der bisher jedoch noch nicht über das
Anfangsstadium hinausgekommen ist. Durch den Aufkauf der GE Money Bank
und Teile der Royal Bank of Scotland wächst die deutsche
Tochtergesellschaft in Kürze über die Schwelle von
2.000 Arbeitnehmern und wird erstmals einen paritätisch
besetzten Aufsichtsrat erhalten.
Für
die deutschen
Betriebsräte wird die internationale Zusammenarbeit immer
drängender. Aus diesem Grund ließ sich der deutsche
Gesamtbetriebsrat am 13. August 2008 in der Hauptverwaltung in
Möchengladbach (Foto) durch Dr. Werner Altmeyer vom Trainings-
und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" über die
Besonderheiten der spanischen Betriebsverfassung unterrichten. Zwischen
der ver.di-Bundesverwaltung und dem europäischen Dachverband
der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI) werden derzeit
Möglichkeiten eines EU-finanzierten Projekes für den
EBR der Santander-Gruppe ausgelotet, die auch in
Großbritannien über eine bedeutende Marktstellung
verfügt. Am 21. Mai 2008 hatte der Europäische
Betriebsrat von Santander mit der zentralen Leitung ein Abkommen
über Chancengleichheit der Geschlechter unterzeichnet.
Neuer
EBR führt konstituierende Sitzung durch
Am
27. und 28.
August 2008 kam der Europäische Betriebsrat von West
Pharmaceutical Services in Eschweiler (bei Aachen) zu seiner ersten
Sitzung zusammen. In diesem Rahmen führte das Trainings- und
Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" ein Seminar für die
neugewählten EBR-Mitglieder durch. Die EBR-Vereinbarung war im
März 2008 unterzeichnet worden (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2008), der Prozeß der
EBR-Gründung hatte 2006 begonnen (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2006).
Qualifizierung
für Europa: Arbeit, Beteiligung, interkulturelle Kompetenz
Unter
diesem Titel startet die Akademie der Ruhr-Universität-Bochum
ab Januar 2009 eine Weiterbildungsreihe für
Gewerkschaftssekretäre und Betriebsräte, die mit
EU-relevanten Fragen befaßt sind. Einzelne Bausteine
beschäftigen sich mit Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht,
betriebswirtschaftlichen Fragen, interkulturellen Kompetenzen oder
Verbändepolitik in der EU. In Kooperation mit dem Trainings-
und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de" wird ein eigener Baustein zum
Europäischen Betriebsrat angeboten.
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