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18.
Oktober 2014
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1.
Erneute Revision der EBR-Richtlinie in Sichtweite
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Arbeitsrechtliche Agenda in
Brüssel ist prall gefüllt
Spätestens
am 5. Juni 2016 hat die Europäische Kommission in
Brüssel dem Europäischen Parlament und dem Rat der
Staats-
und Regierungschefs einen Bericht über die Umsetzung der neuen
EBR-Richtlinie vorzulegen - so lautet der Arbeitsauftrag in
Artikel 15 eben dieser Richtlinie. Doch damit nicht genug, im
nächsten Halbsatz steht: die Europäische Kommission
"legt
gegebenenfalls geeignete Vorschläge vor", sprich: eine neue
Revision steht an.
Zur
Vorbereitung ihres Berichts ist die Europäische Kommission
bereits jetzt in der Planung für eine Evaluierungsstudie
über
die praktischen Probleme in der Anwendung der neuen
EBR-Richtlinie. Die
Grundlage für eine verbesserte Rechtslage
für
Europäische Betriebsräte wird daher ganz
maßgeblich im Laufe des Jahres
2015 gelegt. Dies steht im zeitlichen Zusammenhang mit dem
sogenannten "Fitness-Check" mehrerer Richtlinien zur Unterrichtung und
Anhörung, der mit dem Argument des Bürokratieabbaus
zu einem
Abbau von Arbeitnehmerrechten führen könnte. Hier
legte die
scheidende EU-Kommission im Juni 2014 einen Zwischenbericht vor.
Unabhängig
von diesem Fitness-Check möchte die Europäische
Kommission
mehrere Rechtsakte zur Unterrichtung und Anhörung der
Arbeitnehmer
"konsolidieren", also Definitionen vereinheitlichen und Unterschiede
begradigen. Dazu gehören insbesondere die Richtlinie
über Massenentlassungen von 1998, die Richtlinie über
die
Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim
Betriebsübergang
von 2001 sowie die Richtlinie zur Unterrichtung und Anhörung
der
Arbeitnehmer auf nationaler Ebene von 2002. Weiterhin könnten
die
Richtlinie über die Mitbestimmung in der Europäischen
Gesellschaft (SE) von 2001, die Richtlinie zur
grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften
(Fusionsrichtlinie) von 2005 und die Richtlinie über die
Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats (EBR-Richtlinie)
von
2009 einbezogen werden. Eine zentrale Rolle spielt in allen diesen
Richtlinien das Konsultationsverfahren.
Was bedeutet das Wort
"Konsultation"?
Möchte
man das Arbeitsrecht aus einem Guß gestalten, wird es hier zu
einer einheitlichen Definition des Konsultationsbegriffs kommen
müssen. Die Frage stellt sich in jedem Europäischen
Betriebsrat: Kinoveranstaltung oder Verhandlung über
substantielle
Themen von länderübergreifendem Interesse? Wird
Konsultation
im französischen Sinne interpretiert, kann der Arbeitgeber
nichts
umsetzen, bevor die Arbeitnehmervertretung nicht ihre "Stellungnahme"
abgegeben hat. Bei kluger Nutzung dieses Konzepts finden vor der Abgabe
einer Stellungnahme hinter den Kulissen Verhandlungen statt (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2011).
Die SE-Richtlinie benennt in der Auffangregelung die Anhörung
nicht als Kaffeerunde, sondern gibt den Betriebsparteien den
Auftrag, "zusammenzutreffen, um eine Einigung herbeizuführen".
Wird dies die Blaupause für alle diese Richtlinien werden?
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2.
Neue EU-Kommissare nehmen ihre Arbeit auf
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Gestärktes Europa-Parlament
fordert mehr Mitsprache
Vom
22. bis 25. Mai 2014 wurde das Europäische Parlament
neu
gewählt. Die größte Fraktion bilden
weiterhin die
christdemokratischen Parteien, aber nur wenig kleiner ist die
sozialdemokratische Fraktion. Die seit vielen Jahren praktizierte
"Große Koalition" wird jetzt fortgesetzt. Da die
Christdemokraten
massiv Stimmen verloren haben und die Sozialdemokraten stabil geblieben
sind, ist das Verhältnis zwischen den beiden jetzt
ausgeglichener.
Anders formuliert: das sozialdemokratische Gewicht kommt
etwas mehr zum Tragen.
Durch
die Benennung von Spitzenkandidaten im Wahlkampf wurde zum ersten Mal
die Auswahl des neuen Kommissionspräsidenten von den
Hinterzimmern
der Staats- und Regierungschefs auf die öffentliche
Bühne
verlagert ("parlamentarisiert"). Diese Stärkung der
gewählten
Abgeordneten machte sich bereits bei den Anhörungen der
Kandidaten
für die Kommissionsposten bemerkbar: mehrere von ihnen fielen
durch. Die neue Kommission soll am 1. November 2014 ihr Amt antreten.
Verbesserungen
im Arbeitsrecht haben jetzt größere Chancen
als noch in
der letzten Amtsperiode, in der manche Initiative zwar eine Mehrheit im
Parlament fand, aber von der EU-Kommission nicht umgesetzt wurde. Dazu
gehört die Gesetzesinitiative zur Gestaltung betrieblicher
Umstrukturierungen ("Cercas-Bericht") vom Januar 2013. Die
Untätigkeit der Kommission veranlaßte den
Europäischen
Gewerkschaftsbund (EGB) zu einer offiziellen Beschwerde beim
Ombudsmann der Europäischen Union (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2013).
Auch der "Händel-Report" vom September 2013 über die
rechtliche Absicherung von transnationalen Betriebsvereinbarungen liegt
derzeit auf Eis.
Neue
Kommissarin für Beschäftigung und Soziales
Die
flämische Christdemokratin Marianne Thyssen übernimmt
ein
Ressort, das für Betriebsräte von besonderer
Bedeutung ist.
Die Juristin war jahrelang bei einem Verband von Klein- und
Mittelbetrieben tätig, bevor sie 1991 ins Europäische
Parlament gewählt wurde. Zu ihren Prioriäten
gehört die
Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie, die im Dezember 2012 gescheitert
war (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2012) und die Umsetzung der
Entsenderichtlinie. Gewerkschaften begrüßten die
Nominierung.
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3. Blick
in einzelne Länder
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Neue
Regierung in Schweden
Nach den Reichstagswahlen trat
am 3. Oktober 2014 eine rot-grüne
Minderheitsregierung ihr Amt an. Zum Ministerpräsidenten wurde
der ehemalige Gewerkschafter Stefan Löfven gewählt,
von 2006 bis 2012 Vorsitzender von IF Metall. Erstmals seit 2006
stellen die Sozialdemokraten in ihrem Stammland wieder den
Regierungschef. Schweden war zuvor seit 1932 mit nur kurzen
Unterbrechungen fast immer sozialdemokratisch regiert. Die neue
Regierung will bis zum Jahr 2020 die niedrigste Arbeitslosenquote
Europas erreichen.
Zwei
Punkte des
Regierungsprogramms sind für Arbeitnehmervertreter auch
international besonders interessant: die Regierung
will nämlich starke Datenschutzregeln
in der gesamten EU durchsetzen und alle Arbeitnehmer auf
schwedischem Boden sollen künftig nur noch nach schwedischen
Tarifen entlohnt werden. Damit soll eine Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2007 revidiert werden,
der einen Streik der schwedischen Baugewerkschaft für
illegal erklärt hatte. Mit dem Arbeitskampf gegen ein
lettisches Unternehmen, das Leiharbeiter nach Schweden entsandt und
nach lettischen Tarifen entlohnte, sollte damals der schwedische
Flächentarifvertrag durchgesetzt werden (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2007). Die schwedische Gewerkschaft wurde
später zur
Zahlung eines
erheblichen Schadensersatzes verurteilt.
Die
damalige konservative
Regierung setzte die Gerichtsentscheidung ins schwedische Arbeitsrecht
um, was im Februar 2013 von der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) in Genf als Verstoß gegen
grundlegende Arbeitsstandards gerügt wurde. Die ILO verlangte,
die Einschränkung des Streikrechts wieder
rückgängig zu machen (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2013), was die neue Regierung nun tun
will.
Schwedische Energiewende mit
Auswirkungen auf Ostdeutschland
Ein
weiterer Punkt des
Regierungsprogramms sieht die Umstellung der Energieversorgung auf 100%
erneuerbare Energien ohne Kohle und Atomkraft vor. Der staatliche
Energieversorger Vattenfall, der in Ostdeutschland Braunkohle abbaut,
soll dabei eine führende Rolle übernehmen.
Für die betroffenen Regionen in Ostdeutschland sind die
Konsequenzen derzeit nicht absehbar.
Historischer Regierungswechsel in
Belgien
Seit 11.
Oktober 2014
wird das Königreich Belgien von einer
liberal-christdemokratischen Koalition mit Beteiligung der
flämischen Separatisten regiert. Damit ist die Ära
der "Großen Koalitionen" beendet, denn erstmals seit 1988
sind keine Sozialisten mehr in der Regierung vertreten. Einer
der wichtigsten Punkte der neuen Koalition ist die Anhebung des
Rentenalters von 65 auf 67 Jahre. Die Gewerkschaften, die in Belgien
über eine hohe Mitgliederzahl verfügen und bei
früheren Generalstreiks erheblich schlagkräftiger
mobilisieren konnten als ihre Bundesgenossen in Frankreich, haben
bereits Proteste angekündigt. Die erste Kundgebung fand am 23.
September 2014 in Brüssel statt, als die
Koalitionsverhandlungen noch liefen.
Euro-Zone
wird erweitert
Am
1. Januar 2015 führt Litauen den Euro ein. Die ehemalige
Sowjetrepublik ist das letzte der drei baltischen Länder, das
der
Währungsunion beitritt. In Estland wurde der Euro bereits
Anfang
2011 und in Lettland Anfang 2014 eingeführt.
Ursprünglich
wollte Litauen schon 2007 den Umtausch vornehmen, hatte aber damals die
Aufnahmebedingungen knapp verfehlt. Alle EU-Staaten mit
Ausnahme
des Vereinigten Königreichs und Dänemarks
sind
vertraglich verpflichtet, den Euro einzuführen. Derzeit ist
aber
keines der sieben Länder (Bulgarien, Kroatien, Polen,
Rumänien, Schweden, Tschechien und Ungarn) in der
Lage,
sämtliche Kriterien zu erfüllen.
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4. Fusionen
verändern die EBR-Landschaft
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Der
Microsoft-Nokia-Deal und der Europäische Betriebsrat
Im April 2014 wurde die
Mobiltelefonsparte von Nokia durch den US-Konzern Microsoft aufgekauft.
Unter dem Namen Microsoft Mobile arbeitet die Sparte als
eigenständige Tochtergesellschaft und hat ihren Sitz weiterhin
in Espoo (Finnland). Zuvor hatte im Juli 2013 Siemens seinen 50%-Anteil
am Telekommunikations- und Netzwerkdienstleister Nokia Siemens Networks
(NSN) an Nokia verkauft, seit Juli 2014 ist NSN unter dem neuen Namen
Nokia Networks komplett in den finnischen Konzern integriert.
Microsoft
hat bisher noch
keinen Europäischen Betriebsrat. Nokia war dagegen Pionier und
verfügt seit 1993 über ein solches Gremium, das bis
heute auf "freiwilliger" Grundlage arbeitet und nicht der EU-Richtlinie
unterliegt. Bei NSN waren 2010 Verhandlungen über die Bildung
eines EBR gescheitert und es wurde ein EBR kraft Gesetz errichtet
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2010). Dieser hatte 2013 umfangreiche
Konsultationsrechte bei der Schiedsstelle des finnischen
Arbeitsministeriums ("Co-operation Ombudsman") erwirkt. In Finnland war
es die erste und bis heute einzige juristische Entscheidung, die in
einer
EBR-Angelegenheit ergangen ist (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2012).
Die
aktuelle Situation im Herbst 2014
Microsoft
Mobile nutzt nun die
alte EBR-Vereinbarung von Nokia aus dem Jahr 1993, die kurz vor der
Übernahme noch überarbeitet und um einen Passus
ergänzt wurde: sie soll weiterhin gelten, solange es in einem
neuen Konzern keine bessere EBR-Vereinbarung gibt. Was für die
Arbeitnehmervertreter als Schutzklausel interpretiert wurde, hat jedoch
an anderer Stelle juristisch negative Konsequenzen. Damit war
nämlich der Rechtsanspruch auf komplette Neuverhandlung nach
Artikel 13 der neuen EU-Richtlinie außer Kraft gesetzt (siehe
Bericht
in
den EBR-News 3/2012). Im Mai 2014 fand die erste Sitzung des
Europäischen Betriebsrates von Microsoft Mobile statt. Es war
eine Premiere für den gesamten Microsoft-Konzern.
Auch
für die 560
Arbeitnehmer in den Einheiten von Nokia, die nicht an Microsoft
verkauft wurden, gilt weiterhin die alte EBR-Vereinbarung von 1993. Mit
der kompletten Übernahme von NSN hatte der recht aktive "EBR
kraft Gesetz" seine Grundlage verloren und war aufzulösen.
Somit werden jetzt die 17.700 ehemaligen NSN-Arbeitnehmer in einen
Europäischen Betriebsrat integriert, der juristisch eine
wesentlich schlechtere Basis hat und 1993 unter völlig anderen
Rahmenbedingungen zustandekam. Zudem verweigert die zentrale Leitung
die Integration von 1.600 Arbeitnehmern einer Sparte.
Auch für diesen EBR ist ein Antrag nach Artikel 13
der neuen EU-Richtlinie ausgeschlossen, aufgrund des Passus, der von
den ehemaligen Nokia-Delegierten vor der Übernahme durch
Microsoft in den Vertrag aufgenommen wurde.
Ein Thema für viele
Europäische Betriebsräte
An
diesem Beispiel wird
deutlich, wie komplex die juristischen Auswirkungen einer
Umstrukturierung sein können. Oft lassen
sich potentielle Konsequenzen einer Unterschrift unter einen
Passus nicht in allen Details prognostizieren und nach einer solchen
Umstrukturierung sind die handelnden Personen auf Arbeitgeber- wie auf
Arbeitnehmerseite nicht mehr die gleichen. Dennoch gelten die alten
Texte.
Megafusion
in der Baustoffindustrie geplant
Im
April 2014 gaben die beiden
größten Baustoffhersteller der Welt, Holcim
(Schweiz) und Lafarge (Frankreich), ihre Absicht zu einer Fusion
bekannt. Der neue Konzern LafargeHolcim soll in der Schweiz seinen Sitz
haben, weltweit 140.000 Arbeitnehmer beschäftigen und 30 Mrd.
€ Jahresumsatz machen. Beide Unternehmen verfügen
über
einen EBR mit
umfangreichen Aktivitäten und eigenständiger
Vertragspolitik, z. B. im Gesundheitsschutz (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2011). Bei Lafarge wurde er 1994 nach
französischem Recht gegründet und Holcim hat seit
1996 ein Euro-Forum nach belgischem Recht.
Besonders
rege ist der französisch geprägte EBR
von Lafarge, der bereits am 22. Mai 2014 mit der zentralen
Leitung ein Prozedere zur Unterrichtung und Anhörung
über die verschiedenen Stadien der Fusion
vereinbarte: eine Verfahrensvereinbarung ("method agreement"),
wie es in
Frankreich auch von lokalen Betriebsräten häufig
verwendet wird. Am 19. Juni 2014 begann in einer Sondersitzung des EBR
das offizielle Konsultationsverfahren. Ein
Sachverständigenbüro untersucht im Auftrag
des EBR mögliche Konsequenzen für die
Arbeitsplätze pro Land und pro Geschäftseinheit. Die
Stellungnahme wird aber erst in einem Jahr erwartet. Am
22. Juli 2014 trafen sich die engeren Ausschüsse beider
Gremien in Brüssel, um die aktuelle Situation zu besprechen.
Bemängelt wurde eine unzureichende Informationspolitik des
Managements hinsichtlich der möglichen Arbeitsplatzverluste.
Automobilzulieferer
fusionieren
Am
15. September 2014 gab ZF Friedrichshafen die Übernahme des
US-Unternehmens TRW Automotive bekannt, die im ersten Halbjahr 2015
abgeschlossen sein soll. ZF Friedrichshafen ist der
drittgrößte deutsche Automobilzulieferer und seine
72.000
Beschäftigten sind in 26 Ländern zu finden. Durch die
Fusion
wird ZF auf die doppelte Größe anwachsen.
Zunächst soll
TRW als eigenständige Division bei ZF integriert werden. Ein
Abbau
von Arbeitsplätzen wird nicht befürchtet. Die
Betriebsräte von ZF wollen ihre Zustimmung zur
Übernahme von
einer soliden Finanzierung abhängig machen, sehen aber eine
unbestreitbare industrielle Logik darin. Drei Werke von TRW werden an
den US-Konzern Federal Mogul verkauft und gehen nicht an ZF.
Beide
Unternehmen haben einen Europäischen Betriebsrat: der
Automobilzulieferer vom Bodensee seit 2000 nach deutschem Recht und der
US-Automobilzulieferer seit 1997 nach britischem Recht. Bei TRW
Automotive liegt der Schwerpunkt der europäischen
Belegschaft ebenfalls in Deutschland, der EBR-Vorsitzende
kommt aus
dem Werk in Koblenz. Wenn es keine Sonderregelung mit der zentralen
Leitung gibt, wird der EBR von TRW
im Frühjahr 2015 aufgelöst. Vermeiden
läßt sich dies nur durch
Rückgriff auf Artikel 13 der neuen EBR-Richtlinie. In diesem
Fall
würden beide Gremien für bis zu drei Jahre weiter
bestehen, bis eine komplett neue EBR-Vereinbarung durch ein Besonderes
Verhandlungsgremium (BVG) ausgearbeitet worden ist. Mit der Fusion wird
ZF
seinen 50%-Anteil am Gemeinschaftsunternehmen ZF Lenksysteme an den
Bosch-Konzern abtreten. Der im Dezember 2013 errichtete
EBR von ZF Lenksysteme (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2014) wird daher wieder aufgelöst und die
Belegschaft künftig vom Bosch-EBR mitvertreten.
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5. Update von
EBR-Vereinbarungen
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Schweizer Pumpenhersteller lehnt
neue EU-Standards ab
Am
3. Juni 2014 wurde in Winterthur eine neue EBR-Vereinbarung
für Sulzer nach deutschem Recht unterzeichnet. Der EBR war
1996 auf Basis einer "freiwilligen" Vereinbarung gegründet
worden und unterliegt bis heute nicht der EU-Gesetzgebung.
Was in anderen Unternehmen in einem Halbsatz erwähnt
wird, umfaßt bei Sulzer einen umfangreichen Paragraphen. Das
Management hat sämtlichen Eventualitäten
juristisch vorgebaut und sich von den
Arbeitnehmervertretern die
Nichtanwendung der EU-Gesetzgebung bei "strukturellen
Änderungen" unterschreiben lassen (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2011).
Besonders
auffallend ist das Fehlen jeglicher Definition von Unterrichtung und
Anhörung. Damit fällt diese EBR-Vereinbarung
stellenweise sogar unter das Niveau der alten EU-Richtlinie
zurück. Gibt es in einem Land keinen Delegierten, so kann das
Präsidium nur schriftlich mit diesen Belegschaften
kommunizieren. Betriebsbesuche sind nicht vorgesehen. Schulungen
kann der Arbeitgeber jederzeit ablehnen, auch wenn sie
erforderlich sind. Positiv ist dagegen die Möglichkeit, aus
dem EBR heraus Arbeitsgruppen zu speziellen Themen zu bilden. Die
Vereinbarung gilt für rund 6.000 Arbeitnehmer in Europa, davon
1.700 im Vereinigten Königreich, 1.100 in der Schweiz und 900
in Deutschland.
Französische
Fluggesellschaft setzt Maßstäbe
Am
12. Juni 2014 wurde am Pariser Flughafen Roissy eine revidierte Version
der EBR-Vereinbarung für Air France KLM unterzeichnet. Obwohl
französische EBR-Vereinbarungen meist zur
europäischen Spitzengruppe gehören, setzt dieses
Dokument einen noch höheren Maßstab,
ähnlich wie die Regelung im Versicherungskonzern Axa (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2009). Darin verpflichtet sich die zentrale
Leitung, in allen strategischen Fragen die Konsultation des EBR zu Ende
zu führen, bevor Maßnahmen umgesetzt werden.
Der
EBR besteht aus 39 Mitgliedern inklusive der Schweiz, darunter elf aus
Frankreich und sieben aus den Niederlanden. Sie tagen zweimal
jährlich. Ein Präsidium aus sieben Mitgliedern
führt die laufenden Geschäfte, daneben gibt es einen
Wirtschaftsausschuß ("Group Strategy Commission") aus
fünf Mitgliedern. Der EBR kann weitere Arbeitsgruppen bilden.
Jeder Delegierte hat Anspruch auf acht Tage Fortbildung pro
Amtszeit und kann Betriebsbesuche durchführen. Der heutige EBR
war 2006 nach der Fusion gebildet worden (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2006) und hat bereits aktiv bei europaweiten
Betriebsänderungen eingegriffen (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2013).
Kanadischer
Schienentechnikhersteller mit neuen EU-Standards
Am
2. September 2014 wurde in Berlin eine neue EBR-Vereinbarung
für Bombardier
unterzeichnet. Der kanadische Konzern stellt Businessjets und
Schienenfahrzeuge her, er hat seit 1998 einen EBR nach britischem
Recht. Das Plenum ist auf 30 Mitglieder begrenzt und tagt einmal pro
Jahr. Die fünf Mitglieder des Lenkungsausschusses
treffen sich zweimal pro Jahr mit der zentralen Leitung.
Integriert
wurde ein Schulungsanspruch sowie die Definition von Unterrichtung und
Anhörung aus der neuen EU-Richtlinie inklusive des
Erwägungsgrundes 16 über die
länderübergreifende Zuständigkeit (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2013). Bei einer Kündigung der
EBR-Vereinbarung bleibt der EBR weiter im Amt, es greifen dann
automatisch die subsidiären Bestimmungen des britischen
EBR-Gesetzes (TICER 2010). Damit wird eine Situation vermieden, wie sie
in der Großbank HSBC und im Technologiekonzern
Hewlett-Packard zu beobachten ist (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2014).
Eine
Auswahl von
EBR-Vereinbarungstexten haben wir
auf einer Downloadseite
zusammengestellt.
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6.
Neue SE-Vereinbarungen
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SE-Pionier
revidiert Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung
Am
3. Juli 2014 wurde bei einer Sitzung des SE-Betriebsrates in
Triest eine vollständig überarbeitete Version der
SE-Beteiligungsvereinbarung
für den Versicherungskonzern Allianz unterzeichnet.
Im
Oktober 2006 war es eines der ersten großen Unternehmen, das
die
Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft (SE)
gewählt
hatte. Damals wurden die Verhandlungen über die
SE-Vereinbarung in
der Fachöffentlichkeit genauestens beobachtet (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2006).
Die
Revision der Vereinbarung war notwendig, weil seit 2006 die
Bedeutung grenzüberschreitender Geschäftseinheiten
(Cross-Border Units) zugenommen hat und
einzelne Tochtergesellschaften in der Rechtsform der SE
hinzukamen. Daher werden zusätzliche Delegierte aus diesen
Einheiten neu in den SE-Betriebsrat der Holding integriert.
Die Kompetenzen des SE-Betriebsrats bei der Verlagerung von
Niederlassungen oder Betriebseinheiten in nicht-europäische
Länder (Off-Shoring) sind präzise formuliert worden.
So hat
der SE-Betriebsrat innerhalb von vier Jahren nach der
Verlagerung
nicht nur das Recht, Informationen anzufordern, sondern kann
die nicht-europäischen Standorte bei konkreten
Anlässen
sogar besuchen.
Gestärktes
Konsultationsverfahren
Erweitert
wurden die
Unterrichtungs- und Anhörungsrechte bei
länderübergreifenden Veränderungen der
Arbeitsplätze, der Arbeitsabläufe und der
Arbeitsumgebung.
Die Mitglieder des SE-Betriebsrates erhalten bessere Rahmenbedingungen
für die Ausübung ihres Mandates (Kommunikation mit
lokalen
Ebenen, Arbeitsmittel, bis hin zum besseren Kündigungsschutz).
Der
SE-Betriebsrat der Allianz ist einer der wenigen, der bisher seine
Initiativrechte aus der SE-Vereinbarung tatsächlich genutzt
hat:
im Mai 2011 unterzeichnete er mit der zentralen Leitung europaweite
Leitlinien zum arbeitsbedingten Stress (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2011) und im Juni 2012 zum lebenslangen Lernen.
Deutsches Familienunternehmen mit
arbeitnehmerfreiem Verwaltungsrat
Seit
dem 17. September 2014 firmiert der Automobilzulieferer Eisenmann mit
Sitz in Böblingen und weltweit 3.800 Beschäftigten
als
Europäische Gesellschaft (SE). Mit der SE-Umwandlung war es
nicht
nur möglich, die Trennung von Vorstand
und Aufsichtsrat
(dualistisches Modell) zu vermeiden, sondern auch den jetzt neu
gebildeten
Verwaltungsrat (monistisches Modell) auf Dauer frei von
Arbeitnehmervertretern zu halten. Eisenmann hat zwei
Standorte in Deutschland sowie Niederlassungen in Frankreich, Italien,
Spanien und im Vereinigten Königreich.
Nach
nur zwei Monaten hatte das Besondere Verhandlungsgremium (BVG) am 24.
März 2014 eine SE-Beteiligungsvereinbarung mit der zentralen
Leitung geschlossen. Der SE-Betriebsrat wurde fast identisch mit den
subsidiären Bestimmungen des deutschen SE-Beteiligungsgesetzes
aufgebaut, sowohl hinsichtlich der Mandatszahlen, der
Sitzungshäufigkeit und des Konsultationsverfahrens.
Zusätzlich erhält er Initiativrechte in Bereichen wie
Arbeitsschutz oder Chancengleichheit.
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7.
Europaweite betriebliche Abkommen
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Soziale Mindeststandards sollen
festgeschrieben werden
Der
Europäische
Betriebsrat der Deutschen Bahn wurde am 15. Oktober 2013 von der
zentralen Leitung über die Errichtung eines Shared Service
Centers informiert. Teile der Buchhaltung sollen nach Rumänien
verlagert werden und in Deutschland etwa 250 Arbeitsplätze
wegfallen. Für den EBR geht es hier um eine Frage von
grundsätzlicher Bedeutung. Er möchte die im
März 2012 in der EBR-Vereinbarung ausgeweiteten
Konsultationsrechte (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2012) daher gezielt ausschöpfen.
Bei
einer
außerordentlichen EBR-Sitzung am 20. und 21. Mai 2014 sagte
die zentrale Leitung soziale Mindeststandards für die
betroffenen Arbeitnehmer zu. Der EBR machte dies am 4.
September 2014 bei einer Sitzung in Wien erneut zum Thema, da die
Zusage bisher noch nicht eingehalten wurde. Konkret geht es ihm dabei
um Ersatzarbeitsplätze, Qualifizierung, vorgezogenen Ruhestand
sowie finanzielle Ausgleichszahlungen. Vergleichbare Vereinbarungen
wurden in anderen Unternehmen auf europäischer Ebene bereits
getroffen (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2010).
Umweltkonzern
regelt
Gesundheitsschutz
Am 12. Juni
2014 wurde in
Barcelona eine europaweite Vereinbarung über Gesundheit und
Arbeitssicherheit für Suez Environnement unterzeichnet. Der
französische Konzern ist mit 65.000 Arbeitnehmern in der
Abfall- und Wasserwirtschaft tätig. Ein Europäischer
Betriebsrat war im Juli 2013 nach Ausscheiden des Unternehmens aus
dem ehemaligen Mutterkonzern GdF Suez errichtet worden (siehe Bericht
in den EBR-News 3/2013).
Der EBR hat seinen eigenen Arbeitssicherheitsausschuß, der
sich
zweimal jährlich trifft und für die
Überwachung dieser
Vereinbarung zuständig ist.
Europaweite
Chancengleichheit in französischer Bank
Am
16. September 2014 wurde in Paris ein Abkommen über
die Gleichbehandlung der Geschlechter am Arbeitsplatz zwischen der
zentralen Leitung und dem Europäischen Betriebsrat von BNP
Paribas und zwei europäischen
Gewerkschaftsverbänden geschlossen. Die Vereinbarung
beinhaltet Themen wie gleiches Entgelt, berufliche
Weiterbildung und Work-Life-Balance. Der 1996 nach
französischem Recht gegründete EBR hatte bereits im
Juli 2012 eine europaweite Sozialcharta ausgehandelt (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2012). Ein drittes Abkommen über die
Prävention psychosozialer Risiken ist in Vorbereitung.
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8. Betriebliche Aktionen und Konflikte
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9. Der Blick
über
Europa hinaus
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Rahmenabkommen im amerikanischen
Bankensektor
Der
internationale
Gewerkschaftsdachverband für den Dienstleistungssektor UNI
konnte kürzlich ein Rahmenabkommen für einen ganzen
Industriebereich in Nord- und Südamerika erzielen.
Normalerweise werden solche Abkommen nur mit einzelnen multinationalen
Konzernen geschlossen. Sie beinhalten die Respektierung internationaler
Arbeitsstandards, Koalitionsfreiheit, Förderung von
Tarifverhandlungen, Arbeitsschutz etc. Am 26. Juni 2014 unterzeichnete
in Buenos Aires (Argentinien) der Bankenverband Felaban. Es ist das
erste Abkommen
dieser Art im amerikanischen Finanzsektor und erstreckt sich
auf mehr als 500 Banken in 19 Ländern.
Rahmenabkommen von Siemens
hilft in den USA
Am 28. August 2014 stimmte die
Belegschaft einer kleinen Service-Einheit in vier
Bundesstaaten im Nordwesten der USA für die Errichtung einer
Belegschaftsvertretung. Das Management von Siemens hatte zuvor
versucht, Druck zu erzeugen, um die Abstimmung zu verhindern. Erst der
Rückgriff auf das 2012 geschlossene internationale
Rahmenabkommen (siehe Bericht
in den
EBR-News 3/2012) und die Einschaltung der deutschen
Betriebsräte und der IG Metall konnte die Blockade aufbrechen.
In anderen Unternehmen werden ähnliche Taktiken immer wieder
beobachtet, zuletzt beispielsweise im Februar 2014 bei Volkswagen in
den USA
(siehe Bericht
in den EBR-News 1/2014).
Internationales
Netzwerk bei
US-Landtechnikhersteller
Am
4. und 5. September 2014 trafen sich Arbeitnehmervertreter von
John Deere aus den USA, Brasilien, Indien und mehreren
europäischen Ländern in Mannheim, um ihr weltweites
Netzwerk und die Zusammenarbeit mit dem Europäischen
Betriebsrat zu stärken. Das Werk Mannheim ist
größter Produktionsstandort außerhalb der
USA. Hier ist auch der 1996 auf Grundlage einer "freiwilligen"
Artikel-13-Vereinbarung nach deutschem Recht gebildete EBR angesiedelt.
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10.
Interessante Webseiten
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Corporate Europe Observatory
(CEO)
Der
bevorstehende Amtsantritt
der neuen EU-Kommission und das umstrittene transatlantische
Freihandelsabkommen (TTIP) sind zwei aktuelle Gründe, um
Verflechtungen der Unternehmen mit der Politik genauer zu beleuchten.
Das Corporate Europe Observatory in Brüssel forscht zum Thema
Lobbyismus in der EU-Politik und leistet
Aufklärungsarbeit. Die Webseite ist nur in englischer Sprache
verfügbar.
EU-Kampagne: Gesunde
Arbeitsplätze
Im
April 2014 startete eine zweijährige Kampagne
der Europäischen Agentur für Sicherheit und
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA). Ziel ist es, in allen
europäischen Ländern Verfahren zu fördern,
um
arbeitsbedingten Stress und psychosoziale Risiken zu minimieren. Auf
der Webseite stehen hierzu Materialien in 25 Sprachen bereit.
Aktuelle Entwicklungen
im britischen Arbeitsrecht
Die
unabhängige Schlichtungs- und Beratungsstelle ACAS (Advisory,
Conciliation and Arbitration Service) informiert auf ihrer Webseite
über neue und bevorstehende Entwicklungen im britischen
Arbeitsrecht. ACAS wird als öffentliche Einrichtung von der
Regierung finanziert und steht Arbeitgebern, Gewerkschaften wie auch
einzelnen Arbeitnehmern zur Seite. Seit April 2014 ist
im individuellen Arbeitsrecht die (kostenlose) Schlichtung
durch
ACAS verbindlich vorgeschrieben, erst danach kann ein Gericht angerufen
werden. Folgende Texte sind in
englischer Sprache:
Gewerkschaftsdaten aus
Arbeitgebersicht
Viermal
pro Jahr veröffentlicht das Institut der deutschen Wirtschaft
in
Köln seinen Gewerkschaftsspiegel. Er
enthält Kurzberichte, Fakten und Trends rund um das
Thema
Gewerkschaften. Regelmäßig werden bestimmte
Länder
genauer untersucht, in jüngster Zeit waren
dies Tschechien,
Polen, das Vereinigte Königreich und die USA.
Sämtliche
Berichte sind auf der Webseite des Instituts abrufbar, allerdings nur
in deutscher Sprache.
Zahlreiche
weitere interessante Links haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Juristischer Kommentar
von arbeitgebernahen Autoren
Im
September 2014 ist dieser
Kommentar erschienen, der die EU-Richtlinien zur
Arbeitnehmerbeteiligung und deren Umsetzung ins deutsche Arbeitsrecht
beinhaltet. Auf 344 Seiten beschäftigt sich etwa die
Hälfte des Buches allein mit dem revidierten deutschen
EBR-Gesetz. Weitere Kapitel untersuchen die Arbeitnehmerbeteiligung in
der Europäischen Gesellschaft (SE) und in der
Europäischen Genossenschaft (SCE) sowie Mitbestimmungsfragen
im Fall einer grenzüberschreitenden Verschmelzung
(EU-Fusionsrichtlinie). Während es zur SE-Gesetzgebung eine
Vielzahl von juristischen Kommentaren von arbeitgebernahen Autoren
gibt, ist dies beim Europäischen Betriebsrat eher die
Ausnahme. Zwei gewerkschaftsnahe Kommentare zum deutschen EBR-Gesetz
waren kürzlich erschienen (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2014).
Broschüren
zur
internationalen Gewerkschaftsbewegung
Der
Verband zur gewerkschaftlichen Bildung in Österreich
(VÖGB)
legte zusammen mit den Arbeiterkammern zwei neue Publikationen vor: im
April 2014 eine Einführung in die Europäische Union
und im
September 2014 zu Globalisierungsfragen. Die erste Broschüre
erläutert sowohl die Entstehung der EU, den
Beitrittsprozeß
der osteuropäischen Länder und stellt die Organe der
EU vor.
Ein besonderer Schwerpunkt wird auf das soziale Europa gelegt. Die
zweite Broschüre beschäftigt sich mit der
internationalen
Vernetzung des Kapitals und beschreibt gewerkschaftliche
Gegenstrategien. Beide Broschüren sind kostenlos
erhältlich.
Länderstudie
über Gewerkschaften in Polen
Im
September 2014 legte die Friedrich-Ebert-Stiftung aus ihrer Reihe
über Arbeitsbeziehungen einzelner Länder eine
Bestandsaufnahme zu Polen vor. Während die
Handlungsfähigkeit
der Gewerkschaften in den Jahren nach dem Zusammenbruch des
Kommunismus eingeschränkt war und die
Mitgliederzahlen stark
zurückgingen, ist in letzter Zeit eine Verbesserung zu
beobachten.
Die konkurrierenden Gewerkschaftsbünde haben sich von
der
engen Bindung an politische Parteien verabschiedet und sind deutlich
konfliktbereiter geworden. So gab es im September 2013 in
Warschau
die größten Demonstrationen gegen die Regierung seit
den
80er Jahren. Die betriebliche Verankerung ist jedoch immer noch
schwach, obwohl es seit 2006 ein Betriebsrätegesetz
gibt
(siehe Bericht
in den EBR-News 3/2009).
Leitfaden zur
grenzüberschreitenden Beschäftigung
Im
Mai 2014
legte die Europäische Kommission einen Leitfaden vor, der das
anwendbare Recht bei grenzüberschreitenden
Arbeitsverhältnissen im Europäischen Binnenmarkt und
in der
Schweiz untersucht. Jeweils eigene Kapitel beleuchten die Entsendung
von Arbeitnehmern in ein anderes EU-Land, die Ausübung von
Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten sowie Regeln
über die Bestimmung des Wohnortes. Der Leitfaden
umfaßt 61
Seiten und ist in 23 Sprachen verfügbar.
Weitere
Literatur haben wir in einer Literatursammlung
zusammengestellt.
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12. Die EWC
Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
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Schulung in schweizerischem
Agrochemie-Unternehmen
Am
4. und 5. September 2014 fand in Monthey im Wallis die
halbjährliche Sitzung des Europäischen Betriebsrates
von
Syngenta statt. Der Konzern produziert an diesem Standort
Pflanzenschutzmittel. Die EWC Academy führte eine
Schulung
über die Arbeitsbeziehungen in Europa und über die
Merkmale
eines korrekten Konsultationsverfahrens durch. Syngenta hat seinen Sitz
in Basel und verfügt seit 2001 über einen EBR nach
britischem
Recht. Im November 2010 war die Vereinbarung an die Standards der neuen
EU-Richtlinie angepaßt worden. Da es bereits seit 1995 in den
Vorgängerunternehmen Europäische Foren gab,
behält sie
ihren Status als "freiwillige" Vereinbarung nach Artikel 13 der alten
(Artikel 14 der neuen) EU-Richtlinie. Für Streitfälle
wurde
eine spezifische Unternehmensregelung getroffen, zuständig ist
nicht das Central Arbitration Committee in London.
Vorbereitung
auf SE-Umwandlung
Am
10. September 2014 fand in Toulouse eine Plenarsitzung des
Europäischen
Betriebsrates von Airbus statt. Kurz vor dem Beginn der Verhandlungen
über die Umwandlung des Konzerns in eine Europäische
Gesellschaft (SE) war die EWC Academy beauftragt worden, Optionen
über die Struktur des künftigen SE-Betriebsrates
auszuarbeiten und "best practice"-Beispiele aus anderen SE-Umwandlungen
zusammenzustellen.
Am
22. und 23. September 2014 kam das Besondere Verhandlungsgremium zur
konstituierenden Sitzung in Amsterdam zusammen, wo Airbus seinen
offiziellen Sitz hat. Ihm gehören 24 Mitglieder aus 16
Ländern an. Der EBR besteht dagegen nur aus den vier
Kernländern Frankreich, Deutschland, Großbritannien
und
Spanien. Bereits im Januar 2014 hatte die deutsche Presse das
Ergebnis der Verhandlungen vorweggenommen: "Airbus verzichtet auf
Arbeitnehmer im Verwaltungsrat". Möglich ist dies nur aufgrund
besonderer Gesetzgebung in den Niederlanden, die zu
Mitbestimmungsflucht einlädt (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2013).
Betriebsrätetagung
der Kreditversicherer
Vom 15.
bis 17. September 2014 trafen sich in Koblenz etwa zwanzig
Betriebsratsmitglieder aus drei Kreditversicherungen zu ihrer
jährlichen Tagung. Neben einem branchenspezifischen Austausch
ging es dieses Mal um die Modelle und Kulturen der Mitbestimmung in
anderen EU-Ländern und transnationale
Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten. Hierzu
lieferte die EWC Academy fachlichen Input. Neben SE-Umwandlungen sind
in der Versicherungswirtschaft auch grenzüberschreitende
Verschmelzungen nach EU-Fusionsrichtlinie zu beobachten (siehe
Bericht
in
den EBR-News 2/2009). Das französische Unternehmen
Coface hatte 2012 seine nationalen Aufsichtsräte zu einem
einzigen grenzüberschreitenden, mitbestimmten Aufsichtsrat
zusammengelegt und in der Allianz-Tochter Euler Hermes erfolgte dies
Mitte 2014.
"Kinoveranstaltung"
oder vollwertiger Europäischer Betriebsrat?
Vom
29. September bis 2. Oktober 2014 fand zum fünften
Mal
das jährliche Grundlagenseminar der EWC Academy
für die Mitglieder von
Europäischen Betriebsräten und
SE-Betriebsräten statt. Das Schloßhotel
Bad Wilhelmshöhe in Kassel (Foto) war erstmals
Veranstaltungsort, das
nächste Seminar im April 2015 findet wieder wie
üblich auf Schloß
Montabaur statt.
SE-Betriebsrat
will strukturiert konsultieren
Vom
13. bis 17. Oktober 2014 kam der SE-Betriebsrat des
Klebstoffherstellers tesa zu seiner halbjährlichen
Sitzung in
Lübeck zusammen. Mit
Unterstützung der
EWC Academy erarbeiteten die Delegierten Eckpunkte eines strukturierten
Konsultationsverfahrens. An dem Workshop nahmen auch Vertreter der
zentralen Leitung aus mehreren Ländern teil. tesa
hatte 2008 eine SE-Beteiligungsvereinbarung geschlossen (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2008).
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13.
Aktuelle Seminartermine
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Die
EWC Academy und ihre
Vorläuferorganisation führt seit
Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von
Europäischen
Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen
Verhandlungsgremien durch. Bisher haben 574 Arbeitnehmervertreter aus
222
Unternehmen daran
teilgenommen, darunter viele auch mehrfach. Das entspricht etwa 19%
aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Hinzu
kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und
Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.
Deutsch-britische
Betriebsrätetagung in London
Am
23. und 24. Oktober 2014 findet bereits zum vierten Mal eine Tagung
nach § 37 Abs. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes in London
statt.
Die Veranstaltung wird simultan gedolmetscht. Sie richtet sich
besonders an Mitglieder Europäischer Betriebsräte,
die
britischem Recht unterliegen, und an Arbeitnehmervertreter, die sich
mit dem britischen System vertraut machen wollen.
Juristisches
EBR-Seminar
Vom 28. bis 30. Oktober
2014 stehen in Würzburg folgende Themen auf dem Programm:
Juristische Feinheiten einer EBR-Vereinbarung, bisherige
Rechtsprechung zum EBR und Anwendung der neuen EU-Standards in
juristischen Zweifelsfällen. Das Seminar wird simultan
gedolmetscht (Deutsch-Englisch). Es gibt getrennte Arbeitsgruppen
für das deutsche und das britische EBR-Gesetz (TICER 2010).
Datenschutz
im internationalen
Unternehmen
Die
weltweite Vernetzung
von IT-Systemen schreitet immer weiter voran,
Beschäftigtendaten werden international und konzernweit
verarbeitet. Welche Möglichkeiten hat der Betriebsrat, die
Übermittlung von Daten innerhalb des
Konzerns zu kontrollieren oder einzuschränken?
In Hamburg
wird dies vom 3. bis 5. November 2014 in einem Seminar behandelt (mit
Simultandolmetschern Deutsch-Englisch).
7. Hamburger Fachtagung
für Europäische und SE-Betriebsräte
Wie jedes Jahr findet im Januar
wieder eine zweitägige Fachtagung in Hamburg statt. Die Themen:
Montag,
26. Januar 2015: Aktuelle Trends in der EBR-Landschaft - neue
Gerichtsurteile und Beispiele von EBR-Aktivitäten
Dienstag,
27. Januar 2015: Besuch eines Kraftwerks von Vattenfall
und Diskussion mit EBR-Mitgliedern
Vorschau 2015
- Montabaur,
7. bis 10. April
2015: EBR-Schnuppertage / EBR-Konsultationsseminar
- Berlin,
11./12. Juni 2015:
Tagung
für Betriebsräte in US-Unternehmen, Gastredner:
Hermann Nehls, Sozialattaché der deutschen Botschaft in
Washington
- Luxemburg,
28.
September bis 2. Oktober 2015: Seminar zum europäischen
Arbeitsrecht und den Wirkungen auf das deutsche Arbeitsrecht, mit
Besuch
des Europäischen Gerichtshofes
Inhouse-Veranstaltungen
Eine
Übersicht über mögliche Themen für
Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:
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Die
EBR-News werden herausgegeben von:
Mitarbeiter/innen
dieser Ausgabe:
Werner
Altmeyer, Manfred Bobke, Rita da Luz
Verteiler
der deutschsprachigen
Ausgabe: 20.290 Empfänger
Verteiler
der
englischsprachigen Ausgabe: 3.360 Empfänger
Verteiler
der
französischsprachigen Ausgabe: 3.174 Empfänger
Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de
Wir freuen uns über
Anregungen zu diesem Newsletter und über Berichte aus Ihrem
EBR.
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