Nr. 3/2018
5. Oktober 2018    
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Willkommen zur Ausgabe Nr. 3 / 2018 der EBR-News  

Inhalt

  1. Brexit-Verhandlungen in der Sackgasse
  2. Welche Richtung nach dem Regierungswechsel?
  3. Soziale Gestaltung der Internet-Arbeitswelt
  4. Neuer EBR-Rechtsstreit in Deutschland
  5. Gründung von Europäischen Betriebsräten
  6. Überarbeitung von EBR-Vereinbarungen
  7. Neue SE-Umwandlungen
  8. Europäische Betriebsräte setzen Akzente
  9. Der Blick über Europa hinaus
10. Informationsmedien für Betriebsräte
11. Neue Publikationen
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 

  1. Brexit-Verhandlungen in der Sackgasse

Stunde der Wahrheit in Salzburg

 

Am 20. September 2018 trafen sich in Salzburg die Staats- und Regierungschefs der EU. Für Premierministerin Theresa May war es die letzte Chance, auf höchster Ebene noch den Durchbruch in den lange stockenden Brexit-Verhandlungen zu erzielen. Sie möchte zukünftig nur noch am Europäischen Binnenmarkt für Waren, nicht aber für Dienstleistungen oder Personen teilnehmen. Die EU lehnt diese "Rosinenpickerei" ab und will die vier Freiheiten des Binnenmarktes nicht dem Brexit opfern. Falls bis Mitte November 2018 kein endgültiger Vertragstext vorliegt, kann das Gesetzgebungsverfahren nicht mehr rechtzeitig beendet werden. Beide Seiten bereiten sich daher jetzt schon auf einen EU-Austritt ohne Abkommen vor, den No-Deal-Brexit oder "Sturz von der Klippe". Die ursprünglich geplante Übergangszeit bis Dezember 2020 wird es dann nicht geben (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017).

 

Nach wie vor finden die wichtigsten Brexit-Verhandlungen nicht in Brüssel, sondern innerhalb der völlig zerstrittenen Konservativen Partei in London statt. Der am 6. Juli 2018 beschlossene "Chequers-Plan", benannt nach dem Landsitz der Premierministerin, ist das erste und bisher einzige Brexit-Konzept der Regierung seit dem Referendum vor zwei Jahren. Er kam nur zustande, weil die Industrie erheblichen Druck ausgeübt hatte. Wenige Tage zuvor drohte Airbus mit der Verlagerung aller britischen Standorte mit 14.000 Beschäftigten nach Kontinentaleuropa, sollte der Zugang zum Binnenmarkt verloren gehen. Jaguar Land Rover, größter britischer Automobilhersteller mit 40.000 Arbeitnehmern, warnte ebenfalls vor der Schließung von Fabriken. Der Chequers-Plan ist jedoch umstritten und führte zum Rücktritt von Außenminister Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis, den beiden wichtigsten Protagonisten eines "harten Brexit". Hinter ihnen stehen inzwischen etwa 50 konservative Abgeordnete, die den Plan im Unterhaus ablehnen wollen. Da auch die Oppositionsparteien den Plan nicht unterstützen, gibt es wenig Chancen für Theresa May, dafür eine Mehrheit zu bekommen.

 

No-Deal-Brexit wäre "so katastrophal wie die Finanzkrise"

 

Diese Prognose gab der Gouverneur der Bank von England am 14. September 2018 ab. Er befürchtet hohe Arbeitslosigkeit und einen Kollaps am Immobilienmarkt mit zahlreichen Zwangsversteigerungen. Am Tag 1 des Brexit wird es zu einer Unterbrechung des Flugverkehrs, von Lieferketten und in der Arzneimittelversorgung kommen. Die Regierung warnt vor Unruhen, bestreitet aber, Militär einsetzen zu wollen. Frankreich bereitet Notstandsgesetze vor und will die Eurostar-Züge hindern, französisches Territorium zu erreichen. Britische Führerscheine werden in der EU nicht mehr anerkannt. Im Ausland lebende Briten verlieren ihren Zugang zu Bankkonten und Rentenzahlungen. Zollkontrollen verstopfen die Häfen, daher wird die Autobahn von London zum Ärmelkanal (M 20) ein LKW-Parkplatz und für den Verkehr gesperrt usw. usw.

 

Informationen der Europäischen Kommission zum No-Deal-Szenario

Pressebericht über die Warnungen der britischen Regierung

 

Zweites Referendum oder Neuwahlen

 

"Wenn es keine Unterstützung im Unterhaus für einen Brexit ohne ein Abkommen gibt, dann stehen wir kurz vor Neuwahlen", sagte Herman van Rompuy, ehemaliger Präsident des Europäischen Rates, am 25. August 2018. Im Fall von Neuwahlen müsste der Brexit verschoben werden. Die regierende Konservative Partei kann jedoch kein Interesse an Neuwahlen haben, denn ihre Umfragewerte sind schlechter als bei der letzten Wahl. Unterdessen wächst in allen Parteien allmählich die Forderung nach einem zweiten Referendum ("People's Vote"). Sollte es stattfinden, ist eine Mehrheit für den Verbleib in der EU nach jüngsten Umfragen sehr wahrscheinlich. Dies wiederum würde nicht nur zum Rücktritt der Regierung, sondern zu einer Implosion des britischen Parteiensystems führen. Beide Hauptparteien (Konservative und Labour) sind in der Brexit-Frage intern gespalten. Zwei von fünf Wählern würden nach neuesten Umfragen lieber für eine neue Partei in der politischen Mitte stimmen. Es könnte rund um die Aktivistin Gina Miller, Gewinnerin im Rechsstreit um Artikel 50 (siehe Bericht in den EBR-News 4/2016), einen "Macron-Effekt" geben, zumindest aber komplizierte Koalitionsverhandlungen. Kaum prognostizierbar wären auch die Folgen für den Staatsaufbau des Vereinigten Königreichs (Schottland, Nordirland).

 

Die Roadmap zum zweiten Referendum

Die Webseite der People's Vote-Kampagne

Bericht über Gina Miller

Weitere Informationen über den Brexit


Europäische Betriebsräte nach dem Brexit

 

Am 28. März 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission eine zweiseitige Mitteilung über die juristischen Konsequenzen des Brexit für Europäische Betriebsräte. Nach aktuellem Stand werden EU-Richtlinien ab dem 30. März 2019 keine Gültigkeit mehr im Vereinigten Königreich haben. Ein Austrittsabkommen könnte dies ändern, für eine Übergangszeit oder auf Dauer. Da es aber bisher kein Austrittsabkommen gibt, droht auch für die Europäischen Betriebsräte ein "Sturz von der Klippe". Alle EBR-Vereinbarungen nach britischem Recht hätten keinen Bestand mehr und britische Delegierte würden automatisch ihre Sitze verlieren. Daher sollten nach Empfehlung der Europäischen Kommission die Betriebsparteien rechtzeitig Vorkehrungen treffen. In immer mehr Unternehmen werden bereits Brexit-Klauseln in die EBR-Vereinbarung aufgenommen (siehe Beispiel in den EBR-News 1/2018).

 

Die Mitteilung der Europäischen Kommission

 

Auch die britische Regierung veröffentlichte am 23. August 2018 eine Mitteilung über die juristischen Konsequenzen des Brexit für Europäische Betriebsräte. Sollte es kein Austrittsabkommen geben, will sie das britische EBR-Gesetz (TICER 2010) nicht abschaffen, aber einfrieren. Alle schon bestehenden Europäischen Betriebsräte auf britischem Boden könnten weiterarbeiten und kein britischer Delegierter in einem kontinentaleuropäischen EBR würde sein Mandat verlieren. Auch alle Anträge zur Gründung eines Europäischen Betriebsrates, die vor dem Brexit-Tag gestellt werden, bleiben gültig und können bis zum Ende ausverhandelt werden. Allerdings wäre es künftig nicht mehr möglich, neue Europäische Betriebsräte nach britischem Recht zu gründen.

 

Die Mitteilung der britischen Regierung

  2. Welche Richtung nach dem Regierungswechsel?

Neues Grundsatzabkommen in Italien

 

Am 9. März 2018, wenige Tage nach der Parlamentswahl, unterzeichneten die drei großen italienischen Gewerkschaftsbünde CGIL, CISL und UIL mit der Industriellenvereinigung Confindustria einen "Patto della Fabbrica", ein Grundsatzabkommen zur Betriebsverfassung und zum Tarifvertragswesen. Während diese Bereiche in Deutschland oder Frankreich vom Gesetzgeber geregelt werden, hat Italien eine lange Tradition freiwilliger Abkommen der Tarifparteien. Noch vor Bildung der neuen rechtspopulistischen Regierung am 1. Juni 2018 konnten Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände damit ihre eigenen Prioritäten festschreiben. Der Pakt reformiert die industriellen Beziehungen und die Verzahnung der Tarifverhandlungsebenen.

 

Die Tarifverhandlungen werden weiterhin auf zwei Ebenen geführt, nämlich landesweit und im Betrieb (oder regional), wobei die Rolle der größten, repräsentativen Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften gestärkt wird. Ziel ist die Vermeidung von Tarifkonkurrenz (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017) und von "Dumping-Tarifverträgen", die Mindeststandards unterlaufen. Auch die Vielzahl der Verträge sollen reduziert und Vorschriften vereinfacht werden. Der Pakt sieht auch vor, mehr Gelder für Weiterbildung und Kompetenzentwicklung, Arbeitssicherheit und den Einstieg von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt bereitzustellen. Gefördert werden Entgeltzulagen bei Produktivitätssteigerungen des Unternehmens.

 

Pressebericht über den Pakt

Bericht von der Unterzeichnung mit Link zum Originaltext

 

Eilverordnung gegen prekäre Beschäftigung

 

Mit dem "Dekret der Würde", das am 14. Juli 2018 in Kraft trat, will der neue Arbeitsminister von der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, befristete Arbeitsverträge eindämmen und unbefristete fördern. Es bedeutet eine Abkehr von der Politik des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi, der 2014 und 2015 unter dem Titel "Jobs Act" das Arbeitsrecht im Sinne der Arbeitgeber flexibilisiert hatte (siehe Bericht in den EBR-News 2/2017). Künftig sind Befristungen nur noch für zwölf Monate möglich, bei einer sachlichen Begründung zwei Jahre (bisher drei). Ein Arbeitsvertrag darf höchstens viermal verlängert werden (bisher fünfmal) und bei jeder Verlängerung steigen die Sozialabgaben des Arbeitgebers um 0,5 Prozentpunkte. Maximal 30% aller Arbeitsverhältnisse pro Betrieb dürfen befristet sein. Um ungerechtfertigte Kündigungen einzuschränken, sieht das Dekret Abfindungen von bis zu 36 Monatsgehältern vor. Unternehmen, die staatliche Förderung erhalten und innerhalb von fünf Jahren Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagern, müssen nicht nur alles zurückzahlen, sondern zusätzlich eine Strafe in Höhe von bis zu 400% der Förderbeiträge.

 

Pressebericht über das Dekret

Überblick über die Neuerungen

Die Meinung des Südtiroler Gewerkschaftsbundes

Analyse der politischen Lage in Italien


Neue spanische Regierung will Arbeitsgesetzbuch reformieren

 

Am 1. Juni 2018 wurde die konservative Minderheitsregierung von Mariano Rajoy infolge eines Korruptionsskandals durch Misstrauensvotum gestürzt, das erste in der Geschichte des spanischen Parlamentarismus. Die jetzt regierende sozialistische Partei PSOE hat ebenfalls keine Mehrheit und verlor am 27. Juli 2018 eine Abstimmung über ihren Haushaltsplan. Damit steigt die Möglichkeit einer vorgezogenen Parlamentswahl. Dennoch setzt die neue Arbeitsministerin Magdalena Valerio ihre Prioritäten, wie z. B. am 12. August 2018 in Barcelona auf dem Festakt zur Gründung der UGT vor 130 Jahren (Foto). Ihre Partei ist historisch mit dem Gewerkschaftsbund UGT eng verbunden.

 

Die Juristin will das Arbeitsgesetzbuch ("Estatuto de los Trabajadores") aus den 1980er Jahren an die Bedingungen des 21. Jahrhunderts anpassen und sucht nach parlamentarischen Mehrheiten, z. B. um prekäre Beschäftigung zu begrenzen. Spanien hat die höchste Quote befristeter Arbeitsverträge in der EU, etwa 90% aller neu geschlossenen Arbeitsverträge waren 2017 nur befristet. Die Arbeitslosigkeit beträgt über 15%, nur in Griechenland ist sie höher. Auch die Arbeitsrechtsreform, die die konservative Regierung 2012 zur Bekämpfung der Finanzmarktkrise per Notverordnung in Kraft gesetzt hatte, soll jetzt zumindest teilweise rückgängig gemacht werden. Die Gewerkschaften hatten mit wochenlangen Protesten und einem Generalstreik darauf reagiert (siehe Bericht in den EBR-News 2/2012). Künftig sollen Flächentarifverträge wieder Vorrang vor Haustarifverträgen bekommen. Die Arbeitsinspektion soll ausgebaut werden, um weitverbreiteten Missbrauch bei der Teilzeitarbeit zu bekämpfen, und die Rolle der Gewerkschaften soll gestärkt werden.

 

Überblick über die Arbeitsbeziehungen in Spanien


Ein Jahr "Macronomics": Franzosen im Schleudertrauma

 

In einem ungeheuren Tempo setzt der französische Präsident Emmanuel Macron seine Reformen um, die an den Grundpfeilern des französischen Systems rütteln. Der Internationale Währungsfonds verlieh Frankreich im Juni 2018 den Titel "Reform-Champion". Die Arbeitslosigkeit ist von 10,5% im Jahr 2016 auf derzeit 9,2% gesunken. Ob dies auf die Weltkonjunktur oder Macrons Reformen zurückgeht, ist umstritten. Die nächsten Schritte der Reformagenda betreffen Berufsausbildung und Weiterbildung, auch um die hohe Zahl von 22% arbeitslosen Jugendlichen zu verringern. Das am 5. Oktober 2018 verabschiedete Gesetzespaket PACTE ("Plan d'action pour la croissance et la transformation des entreprises") konzentriert sich auf Bürokratieabbau für kleine und mittlere Unternehmen, will aber auch die Beteiligung der Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens verbessern. Hierzu gibt es in Frankreich bereits seit 1959 eine gesetzliche Pflicht (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016).

 

Das PACTE-Gesetz ändert auch die Corporate Governance großer Unternehmen. Sie müssen künftig Sozial- und Umweltstandards angemessen berücksichtigen und die Mitbestimmung wird zur Viertel- bis Drittelbeteiligung ausgebaut. Hat der Aufsichts- oder Verwaltungsrat mindestens acht Mitglieder, so müssen zwei Sitze für die Arbeitnehmerbank reserviert werden, hinzu kommt häufig ein Mandat für die Belegschaftsaktionäre. Eine solche Form der Mitbestimmung gab es bis 2013 nur in staatlichen oder ehemals staatlichen Unternehmen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2013). Das PACTE-Gesetz wird auch eine Welle von Privatisierungen auslösen.

 

Krise des traditionellen Protestmodells der Gewerkschaften

 

An Protesten haben sich seit dem Regierungantritt von Macron etwa 100.000 bis 200.000 Menschen beteiligt. Das ist für französische Verhältnisse relativ bescheiden. Es sind erheblich weniger als in der großen Bewegung von 1995 gegen eine damals konservative Regierung. Der Mitgliederschwund der zersplitterten Gewerkschaften geht weiter, Proteste werden immer fragmentierter nur für bestimmte Berufsgruppen geführt. Die militante CGT erscheint als isolierte Vorkämpferin einer immer schwächer werdenden Widerstandsbewegung, die selbst nach mehrmonatigen Streiks bei der Staatsbahn SNCF faktisch gescheitert ist. Der Vorsitzende der gemäßigten CFDT warnt, dass nicht nur Parteien sterben können, wenn sie sich nicht ändern (wie die Sozialistische Partei), sondern auch Gewerkschaften.

 

Studie zur aktuellen Lage der französischen Gewerkschaften

Analyse der Reformagenda des ersten Regierungsjahres von Macron

  3. Soziale Gestaltung der Internet-Arbeitswelt

Historischer Tarifvertrag für dänische Online-Plattform

 

Am 10. April 2018 unterzeichnete die Geschäftsleitung von Hilfr mit der Gewerkschaft 3F in Kopenhagen einen Tarifvertrag. Er trat am 1. August 2018 in Kraft und ist der erste derartige Tarifvertrag auf der ganzen Welt. Hilfr bietet Reinigungsdienste für Privathaushalte an und Fagligt Fælles Forbund (3F) ist die zuständige Branchengewerkschaft für private Dienstleistungen, Hotels und Gaststätten. An der Unterzeichnung nahmen der dänische Ministerpräsident und der Präsident der dänischen Arbeitgeberverbände teil (Foto).

 

Der Tarifvertrag ist zunächst für ein Jahr befristet und wird dann ausgewertet. Er sieht neben Kranken- und Urlaubsgeld auch einen Beitrag zur Rente und einen Mindestlohn von knapp 19 € pro Stunde vor. Arbeitslosenunterstützung und Fortbildung sind noch nicht inbegriffen. Alle Arbeitsentgelte werden von Hilfr direkt an das Finanzamt gemeldet. Die vier Jungunternehmer, die Hilfr erst 2017 gegründet hatten, nutzen den Tarifvertrag für ihr Marketing als sozial verantwortliches Unternehmen. Auf ihrer Webseite schreiben sie dazu: "Hilfr zielt darauf ab, Menschen zuverlässige Reinigungsdienste in Verbindung mit angemessenen Arbeitsbedingungen und Steuerzahlungen anzubieten."

 

Pressemitteilung zur Unterzeichnung

Bericht aus gewerkschaftlicher Perspektive


Durchbruch bei Amazon in Italien

 

Am 22. Mai 2018 wurde im Logistikzentrum von Amazon in Castel San Giovanni (Norditalien) der erste italienische Tarifvertrag für den Online-Versandhändler geschlossen. Er ist nach Meinung der zuständigen Branchengewerkschaft FILCAMS als "historisch" zu bewerten. Die Belegschaft hatte in fünf Betriebsversammlungen die Inhalte diskutiert und immer wieder gestreikt, auch im Weihnachtsgeschäft.

 

Der neue Haustarifvertrag ergänzt - wie in Italien üblich - den landesweit geltenden Branchentarifvertrag und regelt die Schicht- und Arbeitszeitplanung speziell für Amazon. Künftig ist Nachtarbeit nur noch freiwillig möglich und die Nachtzulage steigt um 25%. Jeder Beschäftigte in Wochenendarbeit erhält innerhalb von acht Wochen vier aufeinanderfolgende freie Wochenenden. Obwohl die Gewerkschaften sich bei Amazon inzwischen in acht Ländern koordinieren und in Deutschland schon seit 2013 immer wieder Streiktage stattfinden (siehe Bericht in den EBR-News 3/2014), hat kein anderes Land derzeit einen Tarifvertrag. Nur in Spanien gab es ein befristetes Abkommen, das aber nicht verlängert wurde.

 

Bericht über den Tarifabschluss in Italien

Pressemitteilung der italienischen Gewerkschaft

Pressemitteilung des Verbandes der Dienstleistungsgewerkschaften UNI

Bericht über Streiks in Spanien


Essenskuriere wollen Arbeitnehmerstatus

 

In mehreren Ländern laufen derzeit Gerichtsverfahren, mit denen Fahrradkuriere ihren Beschäftigungsstatus klären wollen. Am 28. Juni 2018 kam es in London zu einer außergerichtlichen Einigung zwischen Deliveroo und einer Gruppe von 50 Fahrern, die mit einer Klage den gesetzlichen Mindestlohn und bezahlten Urlaub durchsetzen wollten. Deliveroo hatte dies zuvor verweigert, weil es sich um Selbständige und nicht um Arbeitnehmer handele.

 

Die außergerichtliche Einigung kam zustande, nachdem der High Court am 15. Juni 2018 die Revision gegen eine Entscheidung des Central Arbitration Committee (CAC) zugelassen hatte. Das CAC als erste Instanz im kollektiven Arbeitsrecht hatte der IWGB (Gewerkschaft der selbständigen Arbeiter von Großbritannien) im November 2017 das Recht abgesprochen, Tarifverhandlungen zu führen, weil die Fahrer keine Arbeitnehmer seien. Die Gewerkschaft finanziert den Rechtsstreit über Crowdfunding und beruft sich auf die Europäische Menschenrechtskonvention. Ein vergleichbares Gerichtsverfahren hat auch in den Niederlanden begonnen. In Spanien fordert die Arbeitsinspektion rückwirkend 1,3 Mio. € Sozialversicherungsbeiträge von Deliveroo, da Fahrradkuriere keine Selbständigen sondern abhängig Beschäftigte seien. Auch in Italien gibt es zahlreiche Aktionen der Fahrradkuriere.

 

Bericht über den Rechtsstreit in London

Bericht über die außergerichtliche Einigung der 50 Fahrer

Bericht über den Rechtsstreit in den Niederlanden

Bericht über die Situation in Spanien

Bericht über Entwicklungen in Italien

  4. Neuer EBR-Rechtsstreit in Deutschland

Tochter der Deutschen Telekom vor radikalem Personalabbau

 

Am 1. August 2018 lehnte das Arbeitsgericht Bonn einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die zentrale Leitung der Deutschen Telekom ab. Der Europäische Betriebsrat des größten deutschen Telekommunikationsunternehmens sieht seine Rechte auf Unterrichtung und Anhörung angesichts von massiven Stellenstreichungen bei T-Systems verletzt und hat inzwischen Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt. Das Verfahren ähnelt dem Fall Visteon, der 2011 vor dem gleichen Gericht in Köln entschieden wurde (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011).

 

Am 17. Januar 2018 informierte die Geschäftsleitung von T-Systems, der Tochtergesellschaft für IT-Dienstleistungen, den deutschen Gesamtbetriebsrat über eine bevorstehende Umstrukturierung. Dem Europäischen Betriebsrat wurden die Pläne erst am 27. Februar 2018 erläutert. Weltweit sollen 10.000 Arbeitsplätze wegfallen, in Deutschland allein 6.000 (jeder dritte Arbeitsplatz). Da neben Deutschland noch fünf weitere EU-Länder betroffen sind, sieht der EBR in der verspäteten Unterrichtung einen Gesetzesverstoß. Das deutsche EBR-Gesetz läßt in Artikel 1 Absatz 7 keinen Zweifel: "Unterrichtung und Anhörung des Europäischen Betriebsrats sind spätestens gleichzeitig mit der der nationalen Arbeitnehmervertretungen durchzuführen."

 

Am 20. August 2018 einigte sich der deutsche Gesamtbetriebsrat von T-Systems mit dem Arbeitgeber auf einen Interessenausgleich. Es werden nur noch 5.600 Stellen in Deutschland abgebaut, aber die Umsetzung beginnt in Kürze, auch wenn das Anhörungsverfahren mit dem Europäischen Betriebsrat noch nicht abgeschlossen ist. Damit wird der EBR zu einer Art "Kinoveranstaltung" degradiert. Weil die Umsetzung von Restrukturierungsplänen rechtssicher erst dann möglich ist, wenn alle betroffenen Betriebsratsebenen ihre Beteiligungsverfahren abgeschlossen haben, könnte die Geschäftsleitung von T-Systems in die gleiche juristische Falle laufen wie seinerzeit Fujitsu Siemens Computers. Dessen finnische Niederlassung musste nach einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof erheblich höhere Abfindungen an entlassene Arbeitnehmer zahlen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2010).

 

Bericht über den Interessenausgleich in Deutschland

 

Der Rechtsstreit wirft eine europaweite Grundsatzfrage auf

 

Es geht im Kern um die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber die EU-Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat hinsichtlich der Sanktionen bei Rechtsverstößen europarechtskonform umgesetzt hat. Die Europäische Kommission hatte im Mai 2018 das Thema aufgegriffen und die Überprüfung nationaler EBR-Gesetze zur Debatte gestellt (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018). Ob die aktuelle Klage bis zum Europäischen Gerichtshof gelangt, bleibt abzuwarten. Der EBR der Deutschen Telekom leitete parallel zur einstweiligen Verfügung auch das Hauptsacheverfahren ein.

  5. Gründung von Europäischen Betriebsräten

Japanischer Brauereikonzern mit zwei EBR-Gremien


Am 6. Juni 2018 wurde in Pilsen eine EBR-Vereinbarung für die Asahi Breweries Europe Group unterzeichnet. Unter dem Dach dieses neuen Unternehmens finden sich fünf mitteleuropäische Biermarken, die Asahi im März 2017 vom englischen Konzern SABMiller gekauft hatte, darunter der tschechische Marktführer Pilsner Urquell. Die Transaktion erfolgte im Zuge des Kaufs von SABMiller durch den belgischen Bierkonzern Anheuser-Busch InBev, um die Genehmigung der Kartellbehörden zu bekommen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2016). Kurz davor übernahm Asahi schon Biermarken von SABMiller in Italien und in den Niederlanden und ist heute der viertgrößte Brauereikonzern in Europa.

 

Da West- und Osteuropa in eigenständigen Unternehmenseinheiten geführt werden, soll es auch zwei getrennte Europäische Betriebsräte geben. Der künftige EBR für Osteuropa vertritt 7.000 Beschäftigte in fünf Ländern und hat 13 Mitglieder, darunter vier aus Polen und drei aus Tschechien. Obwohl die zentrale Leitung ihren Sitz in Prag hat, unterliegt die EBR-Vereinbarung ungarischem Recht, wie zuvor der 2006 gegründete EBR von SABMiller (siehe Bericht in den EBR-News 3/2006). Die Verhandlungen für Westeuropa sind noch nicht abgeschlossen.

 

Die EBR-Vereinbarung geht an einigen Punkten über die Standards der neuen EU-Richtlinie hinaus. So wurde in die Definition der länderübergreifenden Zuständigkeit der Erwägungsgrund 16 ausdrücklich aufgenommen. Für das Konsultationsverfahren ist die Rede von "alternativen Lösungen", die der EBR ausarbeiten kann, ohne an eine genaue Frist gebunden zu sein. Der Zeitrahmen wird von Fall zu Fall ausgehandelt und das ausdrückliche Ziel der Anhörung besteht darin, bei Umstrukturierungen eine sozial verantwortliche Lösung zu erzielen. Pro Jahr sind zwei Plenarsitzungen unter dem Vorsitz des Arbeitgebers vorgesehen. Der EBR-Sekretär und vier weitere Delegierte aus fünf Ländern bilden den geschäftsführenden Ausschuss, der mindestens einmal pro Jahr und bei Bedarf zusammentritt, wobei das Management den Ort der Sitzungen bestimmen kann. Jedes Jahr gibt es einen Schulungstag in einer Plenarsitzung. In jedem Land finden pro Jahr zwei Treffen der EBR-Mitglieder mit ihren jeweiligen Personalleitern statt. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre, Sachverständigenkosten sind auf 10.000 € pro Jahr begrenzt.

 

Bericht von der Unterzeichnung

Die EBR-Vereinbarung im Wortlaut


Französischer Molkereikonzern beugt sich Gerichtsverfahren


Am 14. Juni 2018 wurde am Sitz von Lactalis in Laval (Loire-Region) eine außergerichtliche Einigung zwischen zentraler Leitung und den Gewerkschaften erzielt, die am 30. Januar 2018 ein Gerichtsverfahren eingeleitet hatten. Das weltweit tätige Unternehmen mit 32.000 Beschäftigten in Europa (die Hälfte davon in Frankreich) ignorierte beharrlich den Antrag zur Gründung eines Europäischen Betriebsrates. Lactalis hat in den letzten Jahren zahlreiche Akquisitionen getätigt und wurde dadurch zum größten Käseverarbeiter der Welt (u. a. mit der Marke "Président"). Das Familienunternehmen ist sehr öffentlichkeitsscheu und weigert sich seit 2011, Jahresabschlüsse dem Handelsregister offenzulegen und zahlt dafür lieber Geldstrafen. Da ein Europäischer Betriebsrat ebenfalls Anspruch auf diese Dokumente hat, ist die Weigerung zur EBR-Gründung verständlich.

 

Kurz vor dem geplanten Gerichtstermin am 26. März 2018 signalisierte die zentrale Leitung erstmals Kompromissbereitschaft. Daher wurde der Gerichtstermin zunächst verschoben und Verhandlungen über eine außergerichtliche Einigung begannen. Sie sieht vor, dass innerhalb von sechs Monaten ein Besonderes Verhandlungsgremium einberufen und spätestens nach zwei Jahren ein EBR gegründet wird. Andernfalls wird sich das Gericht erneut mit der Frage befassen. In einem ähnlichen Fall hatte das Arbeitsgericht Berlin im Juli 2016 entschieden, dass unverzüglich ein EBR "kraft Gesetz" errichtet werden muss (siehe Bericht in den EBR-News 3/2016).

 

Bericht über den Rechtsstreit bei Lactalis


Italienischer Papierhersteller wartet Gerichtsurteil ab


Das Familienunternehmen Sofidel aus Porcari in der Toskana, einer der größten Hersteller von Hygienepapier der Welt mit 5.000 Beschäftigten in elf EU-Ländern, weigert sich seit Jahren beharrlich, einen EBR zu bilden. Als 2014 der Antrag zur EBR-Gründung eintraf, unternahm die zentrale Leitung nichts, um ein Besonderes Verhandlungsgremium zu installieren. Daher forderten die Gewerkschaften nach Ablauf der sechsmonatigen gesetzlichen Frist die Einberufung eines EBR "kraft Gesetz" auf Basis der subsidiären Bestimmungen. Die zentrale Leitung war aber nur bereit, EBR-Sitzungen als Videokonferenz in englischer Sprache und ohne Dolmetscher durchzuführen. Daraufhin kündigten die Gewerkschaften in einer Pressekonferenz im Mai 2015 in Pisa gerichtliche Schritte an (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015). Am 6. Juni 2017 fand schließlich vor dem Arbeitsgericht Lucca ein Güteverfahren statt, das jedoch scheiterte. Der nächste Gerichtstermin ist für den 15. Oktober 2018 geplant. Bisher ist keine Kompromissbereitschaft der Geschäftsleitung erkennbar. Mit dem Thema Videokonferenzen beschäftigte sich im April 2018 bereits das Arbeits- und Sozialgericht Wien, der Fall betraf ebenfalls ein Unternehmen der Papier- und Verpackungsindustrie (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018).

  6. Überarbeitung von EBR-Vereinbarungen

Schweizer Personaldienstleister integriert neue EU-Richtlinie


Am 24. Mai 2018 wurde in Zürich eine überarbeitete EBR-Vereinbarung für Adecco unterzeichnet. Das Unternehmen ist der weltweit grösste Anbieter von Personaldienstleistungen mit 33.000 internen Beschäftigten und über 1 Mio. vermittelten Arbeitskräften. Zunächst gab es ab 1999 ein Forum ("Plattform für Adecco-Kommunikation in Europa") nach irischem Recht, aus dem dann 2013 ein vollwertiger Europäischer Betriebsrat basierend auf britischem Recht wurde.

 

Der EBR hat bis zu 30 Mitglieder, die alle Länder im Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz vertreten. Die größten Länder sind Frankreich mit drei Sitzen sowie das Vereinigte Königreich, Italien, Deutschland und Spanien mit je zwei. Hinzu kommen fünf Managementvertreter. Der Vorsitz wird von beiden Seiten gemeinsam wahrgenommen. Einmal im Jahr findet eine Plenarsitzung über vier Tage inklusive einem Schulungstag in Zürich statt. Die Arbeitnehmerseite wählt einen Lenkungsausschuss aus fünf Mitgliedern, der ebenfalls einmal pro Jahr sowie in außerordentlichen Umständen tagt. Jedes EBR-Mitglied hat jährlich drei Tage Freistellung, Mitglieder des Lenkungsausschusses sechs Tage, und zwar zusätzlich zu den Sitzungen.

 

Die Definition von Unterrichtung und Anhörung orientiert sich vollständig an der neuen EU-Richtlinie und ausdrücklich auch an der Interpretation der Gerichte in Großbritannien. Bei Konflikten über die Auslegung der EBR-Vereinbarung ist zunächst ein internes Schlichtungsverfahren vorgesehen, erst nach sechs Monaten steht der Gerichtsweg offen.


Französischer Bergbau- und Baustoffkonzern erneuert EBR-Vereinbarung


Am 31. Mai 2018 wurde in Paris die EBR-Vereinbarung von Imerys verlängert. Der EBR existiert seit 2001 und erstreckt sich auch auf die Schweiz. Wie in Frankreich üblich ist es ein gemischtes Gremium, das einmal pro Jahr unter dem Vorsitz des Generaldirektors tagt. Die Arbeitnehmervertreter wählen fünf Delegierte aus fünf Ländern und aus verschiedenen Sparten in den geschäftsführenden Ausschuss. Er trifft sich mindestens dreimal pro Jahr mit der zentralen Leitung und wird von einem gewerkschaftlichen Koordinator aus Brüssel unterstützt, den der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) benennt. Zusätzlich kann der EBR dauerhaft einen bezahlten Sachverständigen hinzuziehen, der allerdings nicht an den Plenarsitzungen mit dem Management teilnehmen darf.

 

Der EBR ist für alle Fragen zuständig, die mehr als 150 Arbeitnehmer in Europa betreffen. Ist nur ein einziges Land betroffen, informiert die zentrale Leitung schriftlich oder telefonisch. Sind mehr als 300 Arbeitnehmer in einem einzigen Land oder mehrere Länder betroffen, findet eine Sondersitzung des geschäftsführenden Ausschusses statt. Er kann jede Klarstellung verlangen, die für ein vollständiges Verständnis eines Anhörungsthemas erforderlich ist. In den EBR-Plenarsitzungen wird auf Wunsch der betriebswirtschaftliche Bericht präsentiert, den der französische Konzernbetriebsrat regelmäßig bei einem Wirtschaftsprüfer anfordert. Die EBR-Vereinbarung sieht themenspezifische Arbeitsgruppen vor, die gemeinsam mit Vertretern des Managements tagen. Der Freistellungsumfang ist allerdings relativ knapp bemessen: so erhält der Sekretär (= Sprecher der Arbeitnehmerseite) nur fünf Tage pro Jahr zusätzlich zu offiziellen Sitzungen. In den jährlichen Plenarsitzungen findet in der Regel eine Schulung statt. Im Verwaltungsrat von Imerys gibt es zwei Sitze für Arbeitnehmervertreter, einer davon wird vom Europäischen Betriebsrat und der andere von den französischen Betriebsräten gewählt.

 

Die EBR-Vereinbarung im Wortlaut


Neue Regeln im italienischen Mineralölkonzern


Am 4. Juli 2018 wurde in San Ġiljan (Malta) eine überarbeitete EBR-Vereinbarung für Eni unterzeichnet, das größte Unternehmen Italiens und eines der profitabelsten auf der Welt. Der Europäische Betriebsrat wurde 1995 im Rahmen einer "freiwilligen" Vereinbarung zwischen der Konzernleitung und den Chemiegewerkschaften der drei italienischen Gewerkschaftsbünde gegründet. Vertragspartner ist weiterhin auch der Europäische Industriegewerkschaftsbund (industriALL).

 

29 EBR-Mitglieder vertreten 22 Länder, wobei Italien über 20.000 und die übrigen Länder zusammen 4.500 Beschäftigte haben. Der EBR besteht aus zwölf betrieblichen Arbeitnehmervertretern aus Italien und zwölf aus den übrigen Ländern sowie vier hauptamtlichen Gewerkschaftssekretären. Hinzu kommt ein Koordinator, der von den Gewerkschaften vorgeschlagen wird und den Vorsitz führt. Jedes Jahr gibt es eine Plenarsitzung. Im engeren Ausschuss sitzen neben dem Koordinator zwei gewählte Delegierte aus Italien und zwei aus den übrigen Ländern. Es finden drei reguläre Sitzungen pro Jahr statt.

 

Hinzu kommen Sitzungen in außerordentlichen Fällen, die so früh wie möglich vor dem Beginn einer Restrukturierung einberufen werden. Nach einer solchen Sitzung hat der engere Ausschuss sieben Tage Zeit, um seine Stellungnahme abzugeben. Die Definition von Unterrichtung und Anhörung wurde vollständig aus der neuen EU-Richtlinie übernommen. Bereits seit 1996 gibt es einen Ausschuss zum Arbeits- und Gesundheitsschutz ("Europäisches Observatorium"), dessen Mitglieder einmal jährlich in der EBR-Plenarsitzung berichten. Im Juli 2016 wurde auch eine Art Weltbetriebsrat gegründet (siehe Bericht in den EBR-News 3/2016).

  7. Neue SE-Umwandlungen

Werkzeugbauer aus dem Münsterland friert Mitbestimmung ein

 

Seit dem 28. Juni 2018 ist technotrans aus Sassenberg (Westfalen) eine Europäische Gesellschaft (SE). In Deutschland fertigen 1.200 Beschäftigte industrielle Kühlsysteme und Flüssigkeitstechnologie. Hinzu kommen die Vertriebsniederlassungen in Frankreich, Italien, Spanien und im Vereinigten Königreich. Die am 23. März 2018 unterzeichnete SE-Vereinbarung enthält eine Brexit-Klausel, wonach das Vereinigte Königreich unabhängig von der EU-Mitgliedschaft im Geltungsbereich bleibt. Alle Mitglieder des deutschen Konzernbetriebsrates gehören automatisch dem SE-Betriebsrat an, kleine Länder haben je einen Sitz. Jährlich gibt es zwei Plenarsitzungen, eine davon kann als Videokonferenz durchgeführt werden. Beschlussfassungen sind im Umlaufverfahren oder per Videokonferenz möglich, was deutsche Arbeitsgerichte für den deutschen Betriebsrat bisher noch ablehnen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2017). Der geschäftsführende Ausschuss des SE-Betriebsrats besteht nur aus dem Vorsitzenden und dem Stellvertreter.

 

Anders als in der SE-Richtlinie gelten nicht nur Standortverlagerungen oder Massenentlassungen als außergewöhnlicher Umstand für ein Konsultationsverfahren, sondern sogar schon die Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsverfahren. Der SE-Betriebsrat hat Zugang zu allen Niederlassungen und kann europaweite Betriebsvereinbarungen mit der zentralen Leitung abschließen. Jedes Jahr im September legt er einen Budgetplan aller seiner Kosten für das nächste Kalenderjahr vor. Wie bisher gehören dem Aufsichtsrat vier Anteilseigner- und zwei Arbeitnehmervertreter an, letztere werden vom SE-Betriebsrat gewählt. Eine paritätische Mitbestimmung ist auch bei weiterem Wachstum des Unternehmens nicht vorgesehen.

 

Pressemitteilung zur SE-Umwandlung

Der Umwandlungsbericht im Wortlaut


Weiteres Familienunternehmen vermeidet paritätischen Aufsichtsrat


Seit dem 14. September 2018 firmiert das IT-Beratungsunternehmen Materna Information & Communications als SE. Knapp unterhalb der Schwelle von 2.000 Arbeitnehmern in Deutschland konnte das kräftig wachsende Familienunternehmen in letzter Minute die Mitbestimmung im Aufsichtsrat auf ein Drittel einfrieren. Am 21. März 2018 war eine SE-Beteiligungsvereinbarung am Hauptsitz in Dortmund unterzeichnet worden (Foto). Bei Materna gibt es erst seit 2016 einen Betriebsrat, den das Management zunächst verhindern wollte, ähnlich wie 2006 der Softwarekonzern SAP (siehe Bericht in den EBR-News 1/2006).

 

Auch die 120 Beschäftigten in weiteren acht EU-Ländern werden jetzt durch den neuen SE-Betriebsrat vertreten, lokale Arbeitnehmervertretungen gibt es dort nicht. Allerdings entfallen sieben der acht Sitze auf Deutschland und nur einer auf die Slowakei, Länder unter 50 Arbeitnehmern erhalten keinen Sitz. Die SE-Beteiligungsvereinbarung orientiert sich weitgehend an der Auffangregelung der SE-Richtlinie, auch das SE-typische zweifache Konsultationsverfahren bei Meinungsverschiedenheiten ist enthalten. Der geschäftsführende Ausschuss kann von drei auf fünf Mitglieder aufgestockt werden, wenn der SE-Betriebsrat mehr als 16 Mitglieder hat. Pro Jahr finden zwei Plenarsitzungen statt. Er hat Zugang zu allen Niederlassungen im Europäischen Binnenmarkt. In Ländern ohne Arbeitnehmervertretung wird die Belegschaft direkt informiert, allerdings nur mit einem Informationsschreiben, das die zentrale Leitung und der SE-Betriebsrat gemeinsam verfassen. Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern, darunter ein Arbeitnehmervertreter, der vom SE-Betriebsrat gewählt wird.

 

Pressemitteilung zur SE-Umwandlung

  8. Europäische Betriebsräte setzen Akzente

Britischer Verpackungshersteller schließt Gesundheitsvereinbarung


Am 10. Juli 2018 unterzeichnete der Europäische Betriebsrat von DS Smith mit der zentralen Leitung in London ein Protokoll über die Reduzierung von Hitzebelastungen und Hitzebeschwerden, die in der Verpackungsindustrie häufig vorkommen. Künftig soll in allen europäischen Standorten ein Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung mit Unterstützung von Sachverständigen implementiert werden und alle betroffenen Arbeitnehmer informiert und geschult werden. Das Protokoll sieht auch einen dreistufigen Beschwerdemechanismus bis zum Europäischen Betriebsrat vor.

 

Zunächst sind alle Beschwerden an die Werksleitung vor Ort zu richten, die dann innerhalb von sieben Tagen reagiert. Ist deren Antwort nicht ausreichend, kann der EBR eingeschaltet werden. Er kann die vor Ort verantwortlichen Manager bitten, die Frage zu untersuchen und innerhalb von 48 Stunden einen Bericht zu schicken. Ist die Beschwerde dann immer noch offen, wird die übergeordnete Landesleitung eingeschaltet. Wenn auch dies keine Lösung bringt, kümmern sich der Gesundheitsbeauftragte der zentralen Leitung und der EBR-Vorsitzende persönlich darum - notfalls auch durch einen kurzfristigen Besuch vor Ort. DS Smith hatte bereits im April 2017 eine Arbeitnehmercharta mit einem Aktionsplan geschlossen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017).


Soziale Absicherung einer Akquisition in der Stahlindustrie


Am 6. September 2018 wurde in Rom eine Rahmenvereinbarung über die sozialen Folgen der Übernahme der Ilva Group durch den luxemburgischen Stahlkonzern ArcelorMittal geschlossen. Zu den Unterzeichnern gehören auch die italienische Regierung und drei Gewerkschaften. Wegen Umweltskandalen wurde der viertgrößte Stahlhersteller Europas 2012 unter staatliche Verwaltung gestellt. Das Unternehmen hat 14.000 Beschäftigte in 13 italienischen und zwei französischen Standorten, davon allein 11.000 im Stahlwerk Tarent an der Südspitze Italiens.

 

In den Verhandlungen spielte auch der Europäische Betriebsrat von ArcelorMittal eine wichtige Rolle. Im Rahmen seines Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens forderte er am 29. Juni 2018 drei Punkte: 1. Garantien zur Zukunft der Werke und der Beschäftigten, die den Konzern verlassen müssen und für die, die im Konzern bleiben 2. Vertragliche Absicherung einer guten Integration der Ilva-Beschäftigten in den ArcelorMittal-Konzern 3. Verbesserung des sozialen Dialogs, um hochwertige und transparente Informationen zu erhalten und den EBR-Mitgliedern den dazu erforderlichen Rahmen zu garantieren. Am Ende erklärte sich ArcelorMittal bereit, 10.700 Beschäftigte zu übernehmen, die restlichen 3.300 werden mit staatlicher Hilfe an der Sanierung verseuchter Flächen arbeiten oder in den vorgezogenen Ruhestand gehen. Wer freiwillig ausscheidet, erhält 100.000 € brutto. Als Folge der Akquisition muss ArcelorMittal einige Werke in Luxemburg und Belgien – sie werden möglicherweise an den deutschen Stahlkonzern Salzgitter gehen – sowie in Tschechien und Rumänien verkaufen.

 

Bericht über die Rahmenvereinbarung

Die Reaktion der Gewerkschaften in Belgien und Luxemburg

  9. Der Blick über Europa hinaus

Deutsche Modekette stärkt internationale Verantwortung


Am 13. April 2018 unterzeichnete die zentrale Leitung von Esprit mit dem Internationalen Industriegewerkschaftsbund (industriALL) ein internationales Rahmenabkommen. Mehr als 525.000 Arbeiter bei über 1.100 Zulieferfirmen, die Textilen, Schuhe und Wohnaccessoires herstellen, werden davon erfaßt. Esprit garantiert ihnen soziale Mindeststandards, Koalitionsfreiheit und faire Tarifverhandlungen. Bestandteil ist auch ein Schulungsprogramm für Arbeiter und Fabrikmanager in den Produktionsländern. Esprit lässt 92% seiner Waren in Asien fertigen, vor allem in China und Bangladesch. Der Konzern hat seinen juristischen Sitz auf Bermuda, wird aber aus Ratingen (bei Düsseldorf) und Hongkong geleitet. Mit den Gewerkschaften kooperiert Esprit schon seit 2013 im "Bangladesch-Abkommen" (siehe Bericht in den EBR-News 3/2013).

 

Bericht von der Unterzeichnung

Das Abkommen im Wortlaut


Russischer Mineralölkonzern erneuert Rahmenabkommen


Am 4. Juni 2018 wurde in Moskau das erstmals 2004 geschlossene globale Rahmenabkommen zwischen Lukoil und dem Internationalen Industriegewerkschaftsbund (industriALL) erneuert. Es beinhaltet den Anspruch auf Gewerkschaftsrechte, Arbeitssicherheit, Umweltschutz und die UN-Menschenrechtskonventionen für 110.000 Beschäftigte in mehr als 50 Ländern der Welt. Derzeit sind neue Ölförderprojekte in Aserbaidschan, Kasachstan, Ghana, Rumänien und im Irak geplant. Lukoil steht für 2% der weltweiten Ölproduktion.

 

Bericht von der Unterzeichnung

Das Abkommen im Wortlaut


Aktionstag bei größtem Hotelkonzern der Welt


Am 27. Juni 2018 beteiligten sich Arbeitnehmer des US-Unternehmens Marriott in mehreren Ländern Südostasiens, in Südafrika, Frankreich, Schweden und Österreich an einem gewerkschaftlichen Aktionstag zum Auftakt einer internationalen Kampagne. Sie fordern von der zentralen Leitung ein weltweites Rahmenabkommen gegen sexuelle Belästigung, unter der viele Beschäftigte im Beherbergungsgewerbe leiden. Seit der Übernahme der Starwood Hotels im September 2016 arbeiten in den 30 Hotelmarken von Marriott International über 220.000 Menschen in 126 Ländern. Die Kampagne wurde bei einem Gewerkschaftstreffen in Genf am 29. Mai 2018 koordiniert. Zuletzt hatte im Juni 2017 der französische Konzern Sodexo eine vergleichbare Erklärung abgegeben (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017).

 

Die Forderungen im Wortlaut

Exkurs: Leitfaden gegen sexuelle Belästigung bei Unilever

  10. Informationsmedien für Betriebsräte

Ein Europäischer Betriebsrat – was ist das?


In einem Video von dreieinhalb Minuten Dauer erläutert der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) in Brüssel die wichtigsten Merkmale und die Aufgaben eines Europäischen Betriebsrates. Das Video selbst ist nur in englischer Sprache verfügbar, es gibt aber Untertitel auf Französisch, Deutsch, Italienisch, Spanisch und Polnisch. Die Sprachwahl kann über den Button "Einstellungen" vorgenommen werden.

 

Das Video über den Europäischen Betriebsrat

 

Videos zum deutschen Betriebsrat

 

Die Arbeitsweise eines deutschen Betriebsrates unterschiedet sich erheblich von der eines EBR. Eine weltweit tätige Rechtsanwaltskanzlei aus München erläutert in einem Video die Rechte des deutschen Betriebsrates, und zwar aus der Arbeitgeberperspektive. Die IG Metall hat aus Gewerkschaftssicht ein Video produziert und ein privater Seminaranbieter betreibt einen eigenen Video-Kanal für Betriebsräte.

 

Das Video aus Arbeitgeberperspektive

Das Video der IG Metall

Der Video-Kanal für Betriebsräte


Kurzberichte aus einzelnen europäischen Ländern


Viermal im Jahr publiziert der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) sein Online-Bulletin "Workers' Voice – National UPdates". Beleuchtet werden darin aktuelle Themen auf EU-Ebene sowie gewerkschaftliche Aktivitäten und innovative Beispiele in der Tarifpolitik einzelner Länder.

 

Das Archiv des Online-Bulletin


Monatsberichte zum europäischen Arbeitsrecht


Die Europäische Union hat 2016 ein Kompetenzzentrum für Arbeitsrecht, Beschäftigung und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen eingerichtet. Es publiziert jeden Monat einen Bericht über die arbeitsrechtlichen Entwicklungen in allen Ländern des Europäischen Binnenmarktes.

 

Das Archiv der Kurzberichte


Arbeitsministerium informiert über soziale Unternehmensverantwortung


Auf einer neuen Webseite wirbt die deutsche Bundesregierung für nachhaltige Unternehmensführung und beleuchtet zahlreiche Aspekte von CSR (Corporate Social Responsibility). In einem im Dezember 2016 beschlossenen Aktionsplan hatte sie die klare Erwartung formuliert, dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten einhalten und Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten achten. Während es in Deutschland nur solche unverbindlichen Werbemaßnahmen gibt, sind Unternehmen in Frankreich per Gesetz dazu verpflichtet worden (siehe Bericht in den EBR-News 4/2016).

 

Das CSR-Portal des Arbeitsministeriums

Kritische Rezension über das neue Informationsangebot

  11. Neue Publikationen

Dieselskandal, Elektroantrieb, autonomes Fahren und die Zukunft der Mobilität


Im März 2018 ist eine 100 Seiten umfassende Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung über einen Kernbereich der deutschen Wirtschaft erschienen: das Auto im digitalen Kapitalismus. Das Buch fokussiert auf die bevorstehenden massiven Umbrüche in der Branche der Automobilhersteller, deren Zulieferer und in der gesamten Transportelektronik, ausgelöst durch den allmählichen Abschied vom Verbrennungsmotor, vom Privatwagen und vom menschlichen Fahrer. Das Auto als IT-Produkt eröffne völlig neue Geschäftsfelder in der Mobilitätsbranche, so der Autor. Er unterstreicht insbesondere die Chancen, die in der Mobilitätswende liegen, wenn sie mit der Energiewende verknüpft wird. Da die Kernkompetenz der klassischen Automobilindustrie (Fertigung von Motoren und Getrieben) jedoch immer mehr an Bedeutung verliert, sei ein Digitaler "New Deal" für Transport als Service und nicht mehr als Produkt notwendig.

 

Kurzdarstellung der Studie

Download der Studie

Bericht von einer Konferenz der IG Metall Bayern

Forderungen zur technologischen Transformation in der Automobilindustrie


Schlüsseltechnologien als Ziel chinesischer Akquisitionen


Im Mai 2018 veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung eine Analyse von 175 chinesischen Firmenbeteiligungen der Jahre 2014 bis 2017 in Deutschland. Zwei Drittel dieser Beteiligungen finden sich in zehn Schlüsselbranchen, in denen China bis 2025 die weltweite Technologieführerschaft anstrebt. Dazu gehören alternative Antriebstechnologien für Autos, Biomedizin und Robotik. In diesen Branchen haben deutsche Unternehmen deutliche technologische Wettbewerbsvorteile und sind für Investoren attraktiv. Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern sind die Regionen, in denen die Mehrheit der sogenannten "Hidden Champions" angesiedelt ist und die folglich auch die meisten chinesischen Investitionen anziehen. Im Oktober 2017 hatte die Hans-Böckler-Stiftung eine Studie über Erfahrungen von Betriebsräten mit chinesischen Investoren vorgelegt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017).

 

Bericht über die Studie

Download der Studie

Diskussionspapier über Chinas digitale Transformation


Studie zur Lage der Gewerkschaften in Ungarn


Im Juni 2018 legte die Friedrich-Ebert-Stiftung eine umfassende Analyse der politischen Lage und der zersplitterten Gewerkschaftslandschaft Ungarns vor. Der Organisationsgrad der vier konkurrierenden Dachverbände sinkt kontinuierlich und liegt inzwischen bei nur noch 8%. Nur noch ein Drittel aller Arbeitnehmer in Ungarn sind heute von einem Tarifvertrag erfaßt, meistens auf Unternehmensebene. Das typische Gewerkschaftsmitglied verfügt über einen höheren Bildungsabschluss, arbeitet im öffentlichen Dienst oder in der privaten Energiewirtschaft in Vollzeit, ist über 40 Jahre alt und lebt in einer Stadt in Westungarn. 2016 gab es in Ungarn die meisten Streiktage seit dem Jahr 2000, insbesondere um Lohnsteigerungen durchzusetzen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2018). Organisiert werden solche Streiks immer häufiger auch von unabhängigen Betriebsgewerkschaften, die keinem der vier Dachverbände angehören (wollen).

 

Download der Studie

Untersuchung über die Zukunftserwartungen der Ungarn


Sozialer Dialog: ein "blinder Fleck" der sozialen Unternehmensverantwortung


Im Juni 2018 ist eine Studie erschienen, die in über 2.400 global agierenden Konzernen untersucht, welche Rolle der Förderung der Arbeitsbeziehungen beigemessen wird. Dabei sind europäische Unternehmen deutlich besser aufgestellt als solche in Südostasien oder in Schwellenländern, am unteren Ende des Ratings liegen Unternehmen in Nordamerika. In der Rangliste der TOP 50 befinden sich viele französische Konzerne, an der Spitze steht der italienische Energiekonzern Enel. Aus Deutschland haben es nur zwei unter die TOP 50 geschafft: BASF und ThyssenKrupp. Herausgeber der Studie ist die französische Ratingagentur Vigeo Eiris, die sich auf die soziale und ökologische Bewertung von Unternehmen und die Erstellung von Indizes für Investoren spezialisiert hat. Gegründet wurde Vigeo 2002 von Nicole Notat, ehemalige Generalsekretärin des Gewerkschaftsbundes CFDT und bis heute Präsidentin der inzwischen weltweit tätigen Agentur. Hauptanteilseigner sind Pensionsfonds, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften.

 

Die Webseite von Vigeo Eiris

Download der Studie

  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit

Schulung für Airbus-Spartenbetriebsrat


Am 11. und 12. Juli 2018 kam der SE-Spartenbetriebsrat Airbus Defence & Space zu einer Schulung in Taufkirchen (bei München) zusammen. Wie zuletzt im Februar 2016 war die EWC Academy damit beauftragt worden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016). Die Delegierten kommen aus den Produktionsstandorten in sieben Ländern der Verteidigungs- und Raumfahrtsparte des Konzerns. Die SE-Vereinbarung sieht drei Sparten- und einen gemeinsamen Holding-Betriebsrat vor (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015).


Jährliches EBR-Grundlagenseminar auf Schloss Montabaur


Vom 28. bis 31. August 2018 informierten sich Arbeitnehmervertreter aus elf Unternehmen, darunter sechs mit Hauptsitz in den USA, über Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsweise ihres Europäischen Betriebsrates. Auf dem Programm standen die Arbeitsbeziehungen der wichtigsten EU-Länder, die Ausgestaltung des Konsultationsverfahrens und eine Reihe von praktischen Fallbeispielen. Das Grundlagenseminar findet seit 2009 jedes Jahr statt, erneut vom 23. bis 26. April 2019.

 

Das Programm des EBR-Grundlagenseminars


Vorbereitung auf SE-Verhandlungen


Vom 10. bis 12. September 2018 trafen sich die beiden deutschen Gesamtbetriebsräte der Baugesellschaft Köster in Osnabrück, um sich mit Unterstützung der EWC Academy auf bevorstehende SE-Verhandlungen vorzubereiten. Das Familienunternehmen steht an der Schwelle von 2.000 Arbeitnehmern in Deutschland und will durch die geplante Umwandlung in eine Europäische Gesellschaft Arbeitnehmervertreter aus dem Holding-Aufsichtsrat fernhalten. Im Ausland ist Köster insbesondere im Tunnelbau tätig (Österreich, Schweiz und Frankreich).


EBR-Workshop beim größten Versicherungskonzern der Schweiz


Vom 26. bis 28. September 2018 tagte der Lenkungsausschuss des Europäischen Forums der Zurich Insurance Group am Sitz des Unternehmens in der schweizerischen Finanzmetropole. Die Delegierten aus den acht Ländern mit der größten Belegschaft diskutieren jedes Quartal aktuelle Entwicklungen mit der zentralen Leitung. Nach mehreren personellen Veränderungen ist die Hälfte des Lenkungsausschusses neu in diesem Amt. Mit Unterstützung der EWC Academy wurden daher die Arbeitsbeziehungen der beteiligten Länder und die juristische Zuständigkeit des Forums anhand praktischer Fallbeispiele untersucht. Seit 2016 gibt es eine neue EBR-Vereinbarung nach deutschem Recht, die um Leitlinien für sozialverträgliche Umstrukturierungen ergänzt wurde (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016).

  13. Aktuelle Seminartermine

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 783 Arbeitnehmervertreter aus 276 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch mehrfach. Das entspricht etwa 21% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Noch nicht mitgezählt sind die zahlreichen Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.

 

Aktueller Seminarkatalog

 

Im Seminarkatalog der EWC Academy sind die bevorstehenden Termine auf 64 Seiten dargestellt.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine


11. Hamburger Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte


Wie jedes Jahr findet am 28. und 29. Januar 2019 unsere jährliche Fachtagung statt. Zu Beginn werden die neuesten Entwicklungen in der EBR- und SE-Landschaft sowie aktuelle Gerichtsentscheidungen vorgestellt. Zum Programm gehören Fallbeispiele ("best practice") aus zwei Unternehmen. Im Mittelpunkt der Fachtagung steht diesmal der Bericht über die Anwendung der EBR-Richtlinie aus Brüssel vom 14. Mai 2018. Darin spricht sich die Europäische Kommission für stärkere Sanktionen im Fall von Verletzungen der EBR-Rechte durch Arbeitgeber aus (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018).

 

Rückblick: Bericht von der letzten Hamburger Fachtagung


6. Deutsch-britische Betriebsrätetagung in London


Am 21. und 22. März 2019 findet die nächste EBR-Fachtagung in London statt, in einem hochbrisanten politischen Umfeld wenige Tage vor dem Brexit. Sie richtet sich insbesondere an Mitglieder Europäischer Betriebsräte, die britischem Recht unterliegen, und an Arbeitnehmervertreter, die sich für das Arbeitsrecht des Landes interessieren. Die Veranstaltung wird simultan gedolmetscht.

 

Bericht von einer früheren Londoner Betriebsrätetagung


Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare

  14. Impressum

Die EBR-News werden herausgegeben von:

EWC Academy GmbH
Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 21.594 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 3.910 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 3.909 Empfänger

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