Nr. 3/2023
21. September 2023    
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Willkommen zur Ausgabe Nr. 3 / 2023 der EBR-News  

Inhalt

  1. Zweiter Schritt zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie
  2. Weitere Gesetzesinitiativen auf europäischer Ebene
  3. Nationales Arbeitsrecht in Bewegung
  4. Gerichtsurteile in Großbritannien
  5. Besondere Situationen für Europäische Betriebsräte
  6. Gründung von Europäischen Betriebsräten
  7. Überarbeitete EBR-Vereinbarungen
  8. Neue SE-Umwandlungen
  9. Der Blick über Europa hinaus
10. Interessante Webseiten
11. Neue Publikationen liefern Ländervergleiche
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 

  1. Zweiter Schritt zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie

Europäische Kommission bittet Sozialpartner erneut um Stellungnahmen


Am 26. Juli 2023 startete die zweite und letzte Phase der Konsultationen zur Überarbeitung der Richtlinie über Europäische Betriebsräte. Nach der ersten Konsultationsrunde hatte die Europäische Kommission im Mai 2023 Antworten von elf europäischen Gewerkschafts- und Arbeitgeberverbänden erhalten (siehe Bericht in den EBR-News 2/2023). Nach Auswertung dieser Rückmeldungen sieht sie Spielraum für ein weiteres Handeln der EU. In der zweiten Phase der Konsultationen geht es jetzt um den konkreten Inhalt einer überarbeiteten EBR-Richtlinie. Spätestens Ende 2023 soll das Gesetzgebungsverfahren offiziell beginnen, so hatte es das Europäische Parlament in einer Entschließung vom Februar 2023 gefordert (siehe Bericht in den EBR-News 1/2023).

 

Das Konsultationspapier ist in vier Kapitel gegliedert:

  • Es soll keine ungerechtfertigten Unterschiede bei den EBR-Rechten mehr geben. Ausnahmen für "freiwillige" EBR-Vereinbarungen, die vor September 1996 oder zwischen 2009 und 2011 geschlossen wurden, sollen auslaufen. Es gäbe dann nur noch ein einziges Regelwerk für alle Europäischen Betriebsräte.

  • Das Verfahren zur Aushandlung von EBR-Vereinbarungen soll effizienter und wirksamer werden, unnötige Verzögerungen ausgeräumt und den Mitgliedern von Besonderen Verhandlungsgremien ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen (was z. Zt. nicht in allen EU-Ländern der Fall ist).

  • Eine genauere Definition der "länderübergreifenden Angelegenheiten" soll mehr Rechtssicherheit bringen. Für die Anhörung des EBR soll ein effizientes Verfahren und angemessene Ressourcen (z. B. bezahlte Sachverständige) in allen Ländern sichergestellt werden.

  • Die EU-Mitgliedstaaten sollen die Richtlinie wirksamer durchsetzen, und zwar durch wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen und einen gesicherten Zugang zur Justiz.

 
Folgende Fragen stellte die Europäische Kommission an Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände:
1. Wie beurteilen Sie die Ziele einer Änderung der EBR-Richtlinie?
2. Wie beurteilen Sie die möglichen Optionen für eine Änderung der EBR-Richtlinie?
3. Wie beurteilen Sie die möglichen Rechtsinstrumente?
4. Sind die europäischen Sozialpartner bereit, Verhandlungen über Änderungen an der EBR-Richtlinie zu führen? In diesem - eher unwahrscheinlichen - Fall könnte ein gemeinsamer Vorschlag unmittelbar in Kraft gesetzt werden. Ein zeitaufwendiges Gesetzgebungsverfahren wäre nicht mehr nötig.
 

Pressemitteilung der Europäischen Kommission

Das Konsultationspapier im Wortlaut

Ausführliche Erläuterungen zum Konsultationspapier


Die nächsten Schritte

 

Die zweite Konsultationsphase endet am 4. Oktober 2023. Der Zeitplan ist eng, denn vor Jahresende soll der Entwurf des neuen Richtlinientextes vorliegen, sofern die Sozialpartner nicht in Verhandlungen über eine neue Richtlinie eintreten. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens fällt dann wohl in die Amtszeit der neuen Europäischen Kommission, die nach der Europawahl im Juni 2024 gewählt wird.

 

Veranstaltungshinweis

 

Der aktuelle Stand des Revisionsverfahrens wird auf der nächsten EBR-Fachtagung am 29. und 30. Januar 2024 in Hamburg behandelt.

 

Das Programm der Fachtagung

  2. Weitere Gesetzesinitiativen auf europäischer Ebene

EU will künstliche Intelligenz (KI) regulieren


Am 14. Juni 2023 legte das Europäische Parlament seine Position zum Entwurf des KI-Gesetzes fest, es soll das weltweit erste Gesetz zur Regulierung künstlicher Intelligenz werden. KI-Systeme werden darin nach dem Risiko, das von ihnen ausgeht, in Gruppen unterteilt und entsprechend ihres Risikogrades reguliert. Bei 499 Ja-, 28 Nein-Stimmen und 93 Enthaltungen wurden Eckdaten für die Verhandlung mit der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten über die endgültige Form des Gesetzes beschlossen.

 

Die Abgeordneten wollen festschreiben, dass in der EU eingesetzte KI-Systeme sicher, transparent, nachvollziehbar, nicht diskriminierend und umweltfreundlich sind. KI-Systeme sollen nur von Menschen und nicht von der Automatisierung überwacht werden. Angestrebt wird auch eine technologieneutrale, einheitliche Definition für KI, die auf zukünftige Systeme angewendet werden kann. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) begrüßt insbesondere die Pflicht, Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften zu konsultieren, bevor KI am Arbeitsplatz eingeführt wird, und die Pflicht, eine Folgenabschätzung der Einführung von KI für die Grundrechte durchzuführen. Er fordert aber zusätzlich eine EU-Richtlinie zu algorithmischen Systemen am Arbeitsplatz. Die Europäische Kommission hatte im Januar 2023 eine Studie in Auftrag gegeben, um die potenziellen Auswirkungen von KI-Systemen in der Arbeitswelt zu untersuchen. Vor den Europa-Wahlen im Juni 2024 wird es allerdings keinen Gesetzentwurf geben.

 

Pressemitteilung des Europäischen Parlaments

Kommentar aus gewerkschaftlicher Sicht

Die Position des EGB

Pressebericht über die Meinung der Europäischen Kommission

Überblick über algorithmische Systeme am Arbeitsplatz


Schlupflöcher bei Datenschutzverstößen sollen geschlossen werden


Am 4. Juli 2023 legte die Europäische Kommission den Entwurf eines Gesetzes vor, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen nationalen Datenschutzbehörden bei der Durchsetzung der Datenschutz-Grundverordnung zu erleichtern. Vorgesehen sind konkrete Verfahrensvorschriften für die Behörden, wenn Personen in mehreren Mitgliedstaaten betroffen sind. Fälle wie gegen große Internetkonzerne aus den USA sollen damit beschleunigt werden.

 

Irland und Luxemburg – zwei kleinere EU-Länder, die als Steueroasen und Standorte für europäische Tochtergesellschaften großer US-Technologieunternehmen bekannt sind – kämpfen mit erheblichen Rückständen bei der Untersuchung von Datenschutzverstößen. Im November 2021 reichte der Irish Council for Civil Liberties eine formelle Beschwerde gegen die Europäische Kommission ein, weil sie nicht sorgfältig genug überwacht, wie Irland die Datenschutz-Grundverordnung anwendet. Im Januar 2023 erklärte sich die Europäische Kommission schließlich bereit, tätig zu werden.

 

Die Datenschutz-Grundverordnung ist seit Mai 2018 in Kraft (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016). Seither wurden Bußgelder in Höhe von fast 4 Mrd. € verhängt, zuletzt am 13. April 2023 gegen den US-Internetkonzern Meta Platforms (ehemals Facebook) 1,2 Mrd. €. Es ging um personenbezogene Daten von Social-Media-Nutzern. Auch die Überwachung am Arbeitsplatz spielt eine Rolle. So musste die schwedische Textilhandelskette Hennes & Mauritz eine Geldstrafe von 35,3 Mio. € zahlen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2020).

 

Bericht über die Beschwerde gegen die Europäische Kommission

Pressemitteilung über den Gesetzentwurf

Toolbox des Europäischen Industriegewerkschaftsbundes zum Datenschutz

 

Veranstaltungshinweis

 

Vom 14. bis 16. November 2023 wird ein Seminar zur Datenschutz-Grundverordnung in Bremerhaven stattfinden.

 

Das Programm des Seminars


Europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung


Am 31. Juli 2023 beschloss die Europäische Kommission die ersten Standards für die Offenlegung von Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten. Der Rechtsakt ergänzt und präzisiert die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ab 500 Beschäftigten (siehe Bericht in den EBR-News 1/2023). Sie müssen künftig Berichte über ihre Sozial- und Umweltrisiken und die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Mensch und Umwelt veröffentlichen. Die von einer Expertengruppe ausgearbeiteten Empfehlungen wurden allerdings von der Europäischen Kommission abgeschwächt.

 

Arbeitnehmervertreter können künftig Auswirkungen ihres Arbeitgebers auf Umwelt und Gesellschaft und dessen Nachhaltigkeitsstrategie besser nachvollziehen. Der Bericht soll z. B. Gleichstellung der Geschlechter, Weiterbildung, Kompetenzentwicklung, Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, gesunde Arbeitsumgebung sowie Tarifpolitik und Mitbestimmung behandeln. Diese Daten müssen von unabhängiger Seite geprüft und zertifiziert werden.

 

Die Europäische Kommission hatte vor Verabschiedung des Rechtsaktes eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Bis zum 7. Juli 2023 konnten Rückmeldungen eingereicht werden, die alle veröffentlicht wurden. Insgesamt gab es 604 Rückmeldungen, zumeist von Verbänden und einzelnen Unternehmen. Aber auch Gewerkschaften beteiligten sich, neben europäischen Dachverbänden Gewerkschaften aus Spanien, Polen, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Aus Deutschland haben DGB, ver.di, IG Metall und IG BCE eine Stellungnahme eingereicht. Auch der Europäische Betriebsrat der Deutschen Telekom beteiligte sich.

 

Weitere Informationen zum Rechtsakt

Die Stellungnahme des DGB

Die Stellungnahme von ver.di

Die Stellungnahme des Europäischen Gewerkschaftsbundes

Die Stellungnahme des Europäischen Betriebsrates der Deutschen Telekom

Interview zum Thema

  3. Nationales Arbeitsrecht in Bewegung

Neue Regierung in Finnland will Streikrecht einschränken


Am 23. Juni 2023 löste eine rechtskonservative Koalition die bisherige rot-grüne Regierung in Finnland ab. Die neue Regierung will nach neoliberalem Vorbild den Arbeitsmarkt flexibilisieren, um Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung zu fördern. Dazu sind Kürzungen im Sozialsystem geplant, z. B. soll am ersten Krankheitstag kein Lohn mehr gezahlt werden. Auch das Tarifvertragswesen wird umgebaut, um den Arbeitsfrieden zu verbessern. Lohnsteigerungen dürfen die Vorschläge einer Schlichtungsstelle zukünftig nicht mehr überschreiten. Tarifverhandlungen auf Unternehmens- statt auf Branchenebene werden gefördert, einige Branchen versuchen dies schon seit Jahren (siehe Bericht in den EBR-News 2/2021). Abweichungen vom Flächentarifvertrag sollen per Gesetz überall ermöglicht werden.

 

Bis 2019 verfolgte eine rechtskonservative Koalition ähnliche Konzepte, was im September 2015 einen Generalstreik der Gewerkschaften auslöste (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015). Solche Proteste sollen ebenfalls eingeschränkt werden, politische Streiks künftig nicht länger als einen Tag dauern. Solidaritätssteiks werden einer Verhältnismäßigkeitsprüfung und Meldepflicht unterliegen. Bußgeld für rechtswidrige Arbeitskämpfe kann bis zu 150.000 € betragen, mindestens 10.000 €. Arbeitnehmer, die sich an einem rechtswidrigen Streik beteiligen, werden mit 200 € Zwangsgeld bedroht.

 

Änderungen auch im individuellen Arbeitsrecht

 

Die im Arbeitsvertragsgesetz geregelte Kündigungsfrist soll auf sieben Tage verkürzt und auch dann gelten, wenn ein Tarifvertrag eine längere Frist vorsieht. Eine Kündigung ist gerechtfertigt, wenn triftige Gründe vorliegen, auch wenn diese nicht schwerwiegend sind. Das aktuelle Arbeitsgesetzbuch enthält beide Kriterien. Befristete Arbeitsverträge können ohne besonderen Grund für ein Jahr abgeschlossen werden. Alle diese Gesetzesvorschläge werden schrittweise bis 2025 ins Parlament eingebracht.

 

Bericht über den Regierungswechsel

Passus im Koalitionsvertrag zu den Arbeitsmarktreformen

Gewerkschaftliche Beurteilung der Arbeitsmarktreformen

Gewerkschaftsmonitor Finnland


Vertragsverletzungsverfahren gegen Norwegen wegen Begrenzung von Leiharbeit


Am 19. Juli 2023 leitete die EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) in Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren ein, weil Norwegen gegen die EU-Leiharbeits- und die Entsenderichtlinie verstößt. Auslöser ist ein Gesetz, das seit 1. April 2023 den Einsatz von Leiharbeit in Norwegen stark einschränkt, um unbefristete Arbeitsverträge zu fördern und Sozialdumping zu bekämpfen. Norwegen ist kein EU-Mitglied, gehört aber zum Europäischen Wirtschaftsraum (EFTA). Daher ist nicht die Europäische Kommission, sondern die ESA für solche Vertragsverletzungsverfahren zuständig.

 

Norwegen hatte schon vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes sehr restriktive Vorschriften zur Zeitarbeit, strenger als die anderen skandinavischen Länder. Jetzt dürfen Leiharbeiter nur noch als Vertretung im Mutterschaftsurlaub, Krankheitsfall oder bei vorübergehenden Arbeitsspitzen eingesetzt werden. Dies erfordert grundsätzlich auch eine vorherige Zustimmung der betrieblichen Arbeitnehmervertretung. In der Großregion rund um Oslo wurde der Einsatz von Leiharbeitern auf Baustellen komplett verboten. Jeder Leiharbeiter hat nach drei Jahren ununterbrochener Beschäftigung beim gleichen Entleihbetrieb Anspruch auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Die sozialdemokratische Regierung von Norwegen ist seit Oktober 2021 im Amt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2021).

 

Bericht über das neue Gesetz

Pressemitteilung der ESA

Das Schreiben der ESA an die norwegische Regierung

Gewerkschaftsmonitor Norwegen


Stärkerer Schutz für Gewerkschaften in Bulgarien


Am 7. August 2023 beschloss das Parlament in Sofia eine Reform des Strafgesetzbuches. Neben vielen anderen Punkten wurde die Koalitionsfreiheit gestärkt. Wer den Beitritt zu einer Gewerkschaft oder die Gründung einer Gewerkschaftsvertretung behindert, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren und einer Geldstrafe von bis zu 5.000 Leva (2.500 €) rechnen. Seit dem 6. Juni 2023 hat das Land eine pro-europäische konservativ-liberale Regierung.

 

Bulgarien ist das ärmste Land der EU mit den größten Ungleichheiten und den niedrigsten Löhnen. Im Jahr 2023 beträgt der monatliche Mindestlohn 780 Leva (400 €), den 22% aller Arbeitnehmer beziehen. Ab 2024 soll er an die Steigerung der Durchschnittslöhne gekoppelt werden, um der EU-Richtlinie über angemessene Mindestlöhne zu genügen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2022). In Bulgarien sind die Gewerkschaften in der Lage, eine große Zahl von Menschen zu Protesten zu mobilisieren (Foto). Ihre Mitgliederzahlen sind in den letzten Jahren leicht gestiegen, der Organisationsgrad von 21% ist für Mittel- und Osteuropa relativ hoch. Die verschiedenen Regierungen versuchten daher, Konflikte mit den Gewerkschaften zu vermeiden. In fast allen großen Unternehmen gibt es Gewerkschaftsvertretungen, Betriebsräte sind unbekannt. Die tarifliche Deckungsrate liegt allerdings nur bei 28%. Das bulgarische Arbeitsrecht stammt noch aus der kommunistischen Zeit und bietet einen im europäischen Vergleich relativ guten Arbeitnehmerschutz.

 

Bericht über die Gesetzesänderung

Bericht über die langfristige Entwicklung der Gewerkschaften

Gewerkschaftsmonitor Bulgarien

  4. Gerichtsurteile in Großbritannien

EBR-Gesetz bleibt auch nach dem Brexit in Kraft


Am 30. Juni 2023 entschied der Court of Appeal für England und Wales in London in dritter Instanz, dass britische Unternehmen weiterhin britisches EBR-Recht anwenden müssen. Damit bleibt der Europäische Betriebsrat der Fluggesellschaft easyJet auch nach dem Brexit in seiner früheren Form bestehen. Die zentrale Leitung war der Auffassung, dass mit dem Brexit der EBR nicht mehr existiert und nach deutschem Recht völlig neu gegründet werden müsse, und zwar ohne britische Delegierte.

 

Der Court of Appeal bestätigte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen. Im November 2022 hatte das Arbeitsberufungsgericht in London die Berufung der zentralen Leitung gegen die Entscheidung des erstinstanzlichen Central Arbitration Committee abgewiesen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2022). Die obersten Richter beschreiben in der Urteilsbegründung die geänderten Vorschriften des britischen EBR-Gesetzes als "möglicherweise nicht die am besten durchdachte Gesetzgebung". Allerdings ist die Intention völlig klar: alle Unternehmen mit weltweitem Hauptsitz auf britischem Boden, die am 31. Dezember 2020 einen EBR hatten oder über die Gründung eines EBR verhandelten, unterliegen auch nach dem Brexit der Rechtsprechung in Großbritannien. Seit dem 1. Januar 2021 können Europäische Betriebsräte nicht mehr auf Grundlage des britischen Rechts neu errichtet werden.

 

Das Urteil im Wortlaut

Besprechung des Urteils


Streikgesetz der konservativen Regierung ist rechtswidrig


Bis Juli 2022 war es in Großbritannien unzulässig, Streikbrecher über Leiharbeitsfirmen einzusetzen. Diese Regelung gilt erneut seit dem 10. August 2023. Der High Court für England und Wales setzte mit einem Urteil vom 13. Juli 2023 eine Verordnung der Regierung außer Kraft, die dies in der Zwischenzeit ermöglicht hatte, "um die negativen und unfairen Auswirkungen von Streiks auf die britische Öffentlichkeit zu minimieren." Die obersten Richter betrachten diese Verordnung als "rechtswidrig" und betiteln das Verhalten von Arbeitgebern, streikende Beschäftigte durch Leiharbeiter zu ersetzen, als "irrational". Die Klage war von 13 Gewerkschaften mit Unterstützung des Dachverbandes TUC eingebracht worden. Das britische Streikrecht ist seit der Ära Thatcher immer wieder Gegenstand von Kritik (siehe Bericht in den EBR-News 4/2012).

 

Pressemitteilung des TUC

Das Urteil im Wortlaut


Massenentlassungen in zwei Ländern müssen einen direkten Zusammenhang haben


Am 26. Juli 2023 hob der Court of Appeal für England und Wales eine Geldstrafe gegen den schweizerischen Personaldienstleister Adecco auf. Die britische Niederlassung hatte bis zum Brexit die Rolle als zentrale Leitung (im Auftrag der Konzernleitung im Nicht-EU-Land Schweiz). In diesem Fall ist weiterhin EU-Recht relevant, weil die Klage des EBR noch vor dem Brexit eingereicht wurde. Im Dezember 2022 hatte das Arbeitsberufungsgericht in London eine Geldstrafe von 20.000 £ (23.255 €) festgesetzt, weil Adecco 2020 keine Anhörung des EBR über Massenentlassungen in Schweden und Deutschland durchführte (siehe Bericht in den EBR-News 4/2022). Eine Geldstrafe über 5.000 £ (5.800 €) wurde festgesetzt, weil dem EBR keine länderspezifischen Daten zur Umsatzentwicklung vorgelegt wurden. Gegen die zweite Geldstrafe hatte die zentrale Leitung keine Rechtsmittel eingelegt.

 

Im Kern geht es um die Definition einer "länderübergreifenden Angelegenheit". Die zentrale Leitung von Adecco argumentiert, Massenentlassungen wären rein "nationale" Angelegenheiten und der EBR dafür nicht zuständig. Sie würden nicht vom europäischen Management angeordnet, sondern in jedem Land in eigener Verantwortung beschlossen. Die Zentrale sei nur für die Entwicklung der Konzernstrategie und deren Umsetzung in lokale operative Ziele und Länderbudgets verantwortlich. Der EBR kritisiert an dieser Sichtweise, dass Personalabbau dann niemals in seine Zuständigkeit fallen würde. Die beiden Vorinstanzen hatten die Auffassung des EBR geteilt und sahen Entlassungen in mehr als einem Land immer als "länderübergreifende Angelegenheit". Gegen die Entscheidung des Court of Appeal hat der EBR inzwischen Revision beim Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs beantragt.

 

Das Urteil im Wortlaut

Videoaufzeichnung der Gerichtsverhandlung

 

Wer zahlt die Gerichtskosten?

 

Während die beiden Vorinstanzen kostenlos sind, fallen beim Court of Appeal Gerichtskosten an. Die unterliegende Partei hat dann die Kosten der obsiegenden Partei zu tragen. Die zentrale Leitung von Adecco beantragte daher beim Gericht eine Kostenfestsetzung gegen den EBR. Wie er diese Kosten begleicht, sei eine Frage, die er intern klären müsse - so die Argumentation. Am 13. September 2023 lehnte der Court of Appeal diesen Antrag ab. Sämtliche Rechtsanwaltskosten beider Parteien wurden bereits von der zentralen Leitung übernommen. Daher wäre eine Kostenentscheidung gegen den EBR inkonsequent, so das Gericht. Zudem handele es sich beim EBR lediglich um eine Gruppe einzelner Arbeitnehmer, die sich von Zeit zu Zeit freiwillig gemeldet haben, um diese Funktion ehrenamtlich zu übernehmen. Folglich muss die zentrale Leitung alle Gerichtskosten tragen. Über die Bezahlung von Rechtsanwälten war in einem bahnbrechenden Urteil bereits im Oktober 2019 erstmals entschieden worden (siehe Bericht in den EBR-News 4/2019).

  5. Besondere Situationen für Europäische Betriebsräte

Erste EBR-Gründung in einem polnischem Konzern wirft juristische Fragen auf


Anfang September 2023 führte der polnische Gewerkschaftsbund Solidarność eine juristische Untersuchung über die Gründung und laufende Arbeit des Europäischen Betriebsrates von Orlen durch. Er hatte sich im Dezember 2021 konstituiert. Der halbstaatliche Energiekonzern Orlen ist das größte Unternehmen in Mittel- und Osteuropa mit 35.000 Beschäftigten und hat seinen Sitz in Plotzk, dem Zentrum der polnischen Mineralölindustrie an der Weichsel nördlich von Warschau. 48% der Konzernbelegschaft ist Mitglied einer Gewerkschaft, für Polen ein sehr hoher Organisationsgrad.

 

Die besondere Brisanz des Falles: Orlen ist das erste polnische Unternehmen, das jemals einen EBR gegründet hat. Vorher gab es bei Arctic Paper einen EBR nach polnischem Recht, das Unternehmen stammt jedoch aus Schweden (siehe Bericht in den EBR-News 3/2016). Weiterhin gibt es bei Orlen keine EBR-Vereinbarung und es wurde massiv gegen die Rechte des EBR verstoßen. Der Antrag zur Bildung des EBR kam ursprünglich aus Tschechien, aber die zentrale Leitung war an diesem Thema nicht interessiert. Daher fanden keine Verhandlungen statt und es wurde sofort ein EBR "kraft Gesetz" mit 14 Mitgliedern gebildet. Polen hat sechs Sitze, Tschechien zwei, die drei baltischen Staaten, die Slowakei, Ungarn und Deutschland je einen Sitz. Der EBR gab sich eine interne Geschäftsordnung, die fast wie eine normale EBR-Vereinbarung aussieht, aber von der zentralen Leitung nicht akzeptiert wurde. Nach Auffassung von Solidarność gibt es massive Beeinträchtigungen für die Finanzierung der laufenden Arbeit des EBR, obwohl Orlen Rekordgewinne ausweist.

 

Im August 2022 übernahm Orlen den zweitgrößten polnischen Mineralölkonzern Lotos in Danzig mit Niederlassungen in weiteren Ländern. Die Übernahme wurde von der Europäischen Kommission nur unter Auflagen genehmigt. So mussten Lotos-Tankstellen an den ungarischen Konzern MOL verkauft werden, dort gibt es bereits seit 2004 einen EBR (siehe Bericht in den EBR-News 4/2004). Obwohl es sich dabei um eine grundlegende Änderung der Struktur des Konzerns mit Auswirkungen in mehreren Ländern handelte, wurde der EBR von Orlen weder informiert noch angehört. Der Solidarność-Vorstand wird nun über die juristischen Konsequenzen dieser Situation beraten. In den letzten Monaten kommt es häufiger zum Scheitern von Verhandlungen und der Nutzung der subsidiären Bestimmungen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2023).


Französischer EBR wird zum Weltbetriebsrat


Seit dem 1. Juli 2023 hat Eramet als erstes Unternehmen des Bergbaus eine internationale Arbeitnehmervertretung ("Global Forum"). Sie soll weltweite Vereinbarungen über soziale Absicherung, Qualität des Arbeitslebens, Vielfalt und Inklusion sowie Fragen der Elternschaft aushandeln. Profitieren werden alle 9.000 Beschäftigten in 15 Ländern, davon 80% außerhalb Europas.

 

Im Forum sind Frankreich (einschließlich Neukaledonien), Gabun, Norwegen, Senegal und Argentinien vertreten. Die zentrale Leitung bezeichnet das Modell als bahnbrechend, weil erstmals ein Betriebsrat internationale Rahmenabkommen aushandeln kann. In anderen Unternehmen sind die Gewerkschaften dafür zuständig (siehe Bericht in den EBR-News 3/2021). Im September 2015 hatte ein französisches Gericht Eramet zu einer Entschädigungszahlung an ehemalige Beschäftigte in Afrika verurteilt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015).

 

Der Europäische Betriebsrat, den es seit 2000 gibt, wird in das weltweite Forum integriert und behält seine rechtliche Zuständigkeit für Unterrichtung und Anhörung. Da die Belegschaft in Europa langsam zurückgeht (derzeit 1.600 Beschäftigte, davon 750 in Frankreich) drohte dem EBR die Auflösung. Das weltweite Forum tagt zweimal jährlich, hat einen Schulungsanspruch, kann Arbeitsgruppen einrichten, einmal im Jahr ein Land besuchen und verfügt über ein eigenes Budget von 30.000 €. Die Vereinbarung über das Forum wurde am 17. Mai 2023 in Paris unterzeichnet.

 

Pressemitteilung über die Gründung des Forums


Britisch-australischer Bergbaukonzern löst EBR auf


Am 31. Dezember 2024 wird der Europäische Betriebsrat von Rio Tinto aufgelöst. Nur noch ein kleiner Teil der 52.000 Arbeitnehmer sind in Europa zu finden. In Island gibt es 370 Beschäftigte in einer Aluminiumhütte, alle anderen Produktionsstätten liegen außerhalb Europas. Durch den Brexit ist die britische Belegschaft und die Konzernzentrale in London nicht mehr Teil des EBR. In Frankreich gibt es Verwaltungseinheiten, dort ist der EBR angesiedelt. Bei Unterschreiten der Schwelle von 1.000 Arbeitnehmern im Binnenmarkt gilt die EBR-Richtlinie für Rio Tinto jedoch nicht mehr. Daher wurde am 13. Juni 2023 die Auflösung des 1996 gegründeten EBR vertraglich vereinbart.

 

Wichtige Teile des Konzerns wurden in den letzten Jahren verkauft: die Verpackungssparte an Amcor (siehe Bericht in den EBR-News 4/2009), die Aluminiumverarbeitung unter dem Namen Constellium an Finanzinvestoren (siehe Bericht in den EBR-News 2/2012), andere Werke in England und Frankreich wurden geschlossen oder ebenfalls verkauft. Die Planung für ein neues Lithium-Bergwerk in Serbien wurde im Januar 2022 von der Regierung gestoppt. Der Rückgang der Belegschaft führte im März 2017 zur Zusammenlegung des französischen Konzernbetriebsrates mit dem EBR, was nach französischer Rechtslage möglich ist (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017).

  6. Gründung von Europäischen Betriebsräten

Restriktive Regelungen für französischen EBR


Am 7. Dezember 2022 wurde in Paris eine EBR-Vereinbarung für Sopra Steria unterzeichnet. Der IT-Konzern mit Sitz in Annecy im französischen Alpenvorland nahe Genf hat 54.000 Beschäftigte in 30 Ländern, davon aber nur 2% außerhalb Europas. Er bezeichnet sich als europäischen Marktführer der digitalen Transformation. Die EBR-Vereinbarung wurde in nur drei Verhandlungsrunden zwischen Februar und Oktober 2022 ausgehandelt.

 

Die Sitzverteilung richtet sich genau nach den Vorgaben der EBR-Richtlinie. Das Vereinigte Königreich mit seiner großen Belegschaft und die Schweiz sind nicht dabei. Der Vorsitz liegt - wie in Frankreich üblich - beim Generaldirektor, die Arbeitnehmerseite wählt einen Sekretär und zwei Stellvertreter, die das Präsidium bilden. Jedes Jahr finden zwei reguläre Plenarsitzungen des EBR statt, eine davon und alle außerordentlichen Sitzungen per Videokonferenz. Die Zuständigkeit wurde sehr restriktiv geregelt. Eine Unterrichtung und Anhörung findet nur statt, wenn das gesamte Unternehmen betroffen ist oder 50% der europäischen Belegschaft entlassen wird. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme beträgt dann einen Monat, bei Hinzuziehung eines Sachverständigen zwei Monate. Sie kann auf Antrag der zentralen Leitung in begründeten Fällen sogar noch reduziert werden.

 

Dolmetscher für Sitzungen und Übersetzung von Dokumenten beschränkten sich ausschließlich auf Französisch und Englisch. Der Schulungsanspruch umfasst eine einzige Schulung zu Beginn der vierjährigen Amtszeit sowie Sprachkurse. Jedes EBR-Mitglied hat zwei Tage Freistellung pro Jahr, die Mitglieder des Präsidiums acht Tage, zusätzlich zu offiziellen Sitzungszeiten. Im März 2018 wurde für Sopra Steria in Hamburg bereits eine SE-Vereinbarung geschlossen, um die Bildung eines paritätisch besetzten Aufsichtsrats in Deutschland zu vermeiden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018). Somit gibt es neben dem neuen EBR auch einen SE-Betriebsrat für Deutschland und Österreich.

 

Die EBR-Vereinbarung im Wortlaut


Japanischer Automobilzulieferer gründet EBR nach italienischem Recht


Am 26. Januar 2023 wurde in Turin eine EBR-Vereinbarung für Marelli unterzeichnet. Die Verhandlungen hatten im April 2022 begonnen. Marelli ist in Europa durch Akquisitionen gewachsen, viele Standorte gehörten früher zu Fiat (Italien) und Bosch (Deutschland). Der neue EBR hat 28 Mitglieder und vertritt 17.000 Beschäftigte in acht EU-Ländern und dem Vereinigten Königreich, knapp die Hälfte davon in Italien (acht Mandate). Jedes Jahr finden zwei Plenarsitzungen unter dem Vorsitz der zentralen Leitung statt. Die Arbeitnehmervertreter wählen einen engeren Auschuss aus zehn Mitgliedern inklusive des Sekretärs. An allen Sitzungen nimmt ein Koordinator des Europäischen Industriegewerkschaftsbundes teil, bei Bedarf auch bezahlte Sachverständige.

 

Die Zuständigkeit des EBR bei Umstrukturierungen ist genau quantifiziert. Sind an Standorten in zwei Ländern innerhalb von zwölf Monaten je nach Größe des Standortes 4 bis 8% der Arbeitnehmer von einer Maßnahme betroffen, findet eine Unterrichtung und Anhörung des EBR statt. Die Frist bis zur Abgabe einer Stellungnahme ist mit sieben Arbeitstagen allerdings sehr kurz. Nach einer Kündigung der EBR-Vereinbarung wird der EBR aufgelöst, wenn keine neue Vereinbarung zustandekommt. Die Arbeitnehmerseite kann dann ein Besonderes Verhandlungsgremium beantragen. Im Dezember 2021 entschied ein Gericht in Frankreich in einem ähnlichen Fall jedoch, dass eine "betriebsratslose" Zeit im EU-Recht nicht vorgesehen ist (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).


US-Suchmaschinenbetreiber Google gründet EBR in Dublin


Ende März 2023 wurde nach fast drei Jahren Verhandlungen eine EBR-Vereinbarung für Google unterzeichnet. Das europäische Hauptquartier befindet sich in den Docks von Dublin. Weltweit hat Google 100.000 Beschäftigte und ist mit 35 Niederlassungen in 17 europäischen Ländern vertreten, davon 5.500 in Irland, 4.000 in der Schweiz (in Zürich befindet sich das größte Entwicklungszentrum in Europa) und 2.500 in Deutschland. 153 Google-Beschäftigte aus elf Standorten hatten die EBR-Gründung im März 2020 beantragt.

 

Während die Schweiz nicht an den Verhandlungen beteiligt war, mussten die britischen Delegierten das Besondere Verhandlungsgremium nach dem Brexit wieder verlassen. Beide Länder sind allerdings im künftigen EBR vertreten. Auf weltweiter Ebene gibt es bereits eine Gewerkschaftsallianz für den Mutterkonzern Alphabet ("Alpha Global"). In den USA versuchte Google nach Massenprotesten beim "Google Walkout" im November 2018 die Bildung von Arbeitnehmervertretungen zu behindern (siehe Bericht in den EBR-News 4/2019). Im Januar 2021 wurde für Alphabet in den USA eine Gewerkschaft gegründet (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021).

 

Bericht über die EBR-Gründung

Bericht über die Technologiebranche in Irland

  7. Überarbeitete EBR-Vereinbarungen

Französischer Energiekonzern verliert die Hälfte seiner Belegschaft


Am 14. Juni 2023 wurde in Paris für Engie eine neue EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Die Überarbeitung erfolgte, weil der Konzern im Oktober 2022 mit dem Verkauf der Sparte für technische Dienstleistungen (Equans) 74.000 Beschäftigte, rund die Hälfte seiner Belegschaft, verloren hat. Zuvor war es dem EBR im April 2022 gelungen, einen Bestandsschutz für den Betriebsübergang für alle EU-Länder auszuhandeln (siehe Bericht in den EBR-News 2/2022).

 

Die im Mai 2009 erstmals geschlossene EBR-Vereinbarung für GdF Suez (so der frühere Firmenname) galt als eine der besten in Frankreich. Die außerordentlich weitreichenden EBR-Rechte sind nur durch die Vorgeschichte erklärbar. Der Europäische Betriebsrat von Gaz de France hatte die geplante Fusion mit Suez durch ein Gerichtsverfahren für anderthalb Jahre blockiert und dadurch einen europaweiten Interessenausgleich durchgesetzt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2008). Die letzte Aktualisierung der EBR-Vereinbarung erfolgte im Juli 2013 (siehe Bericht in den EBR-News 4/2013).

 

Zwei ständige Arbeitsgruppen innerhalb des EBR

 

Obwohl die Belegschaft von Engie nur noch halb so groß ist, bleiben die Mittel des EBR weitgehend erhalten. Seine Mandatszahl wird sogar von 27 auf 31 erhöht. Das Präsidium hat zwölf Mitglieder aus acht Ländern, wie bisher. Von den vier ständigen Arbeitsgruppen werden zwei weitergeführt, nämlich zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette und zum Arbeits- und Gesundheitschutz. Weitere Arbeitsgruppen mit bis zu zehn Mitgliedern können ad hoc gebildet werden. Künftig wird der EBR auch zur sozialen und ökologischen Verantwortung des Konzerns angehört, u. a. zur Klimapolitik und zur Energiewende. Für Anhörungsverfahren gibt es keine konkrete Frist, der Zeitrahmen wird in jedem Einzelfall zwischen der zentralen Leitung und Präsidium besprochen, "im Hinblick auf die Bedeutung der Angelegenheit, die erforderliche und angemessene Zeit, um den Austausch und den Dialog zu ermöglichen, und den geplanten Zeitpunkt der Umsetzung". Das jährliche Budget des EBR bleibt mit 62.000 € unverändert.


IT-Dienstleister aus den USA ändert EBR-Vereinbarung


Am 20. Juni 2023 wurde für Automatic Data Processing (ADP) am Sitz der Europaleitung in Nanterre (bei Paris) eine aktualisierte EBR-Vereinbarung nach französischem Recht unterzeichnet. ADP hat 60.000 Angestellte in 140 Ländern und ist der größte IT-Dienstleister für Gehaltsabrechnungen, Zeiterfassung und Reisekostenmanagement weltweit. Der 2015 gegründete Europäische Betriebsrat vertritt 8.000 Beschäftigte in 17 Ländern, inklusive des Vereinigten Königreichs und der Schweiz. Daran wird sich trotz Brexit nichts ändern. Die größten Länder nach Frankreich mit 2.000 Beschäftigten sind Spanien mit 1.000 und das Vereinigte Königreich mit 900.

 

Den Vorsitz im EBR hat weiterhin der Arbeitgeber, die 24 Arbeitnehmervertreter wählen ihren Sprecher ("Sekretär"). Die Protokolle der Sitzungen mit der zentralen Leitung werden von ihm verfaßt, nicht vom Management. Hierfür wurden schärfere Vertraulichkeitsregeln festgelegt. Ausdrücklich wurde die Frage von Videokonferenzen in die Vereinbarung aufgenommen. Die jährliche Plenarsitzung findet immer in Präsenz statt. Nur im Ausnahmefall können einzelne Delegierte per Videokonferenz teilnehmen, falls der Sekretär vorher ausdrücklich seine Zustimmung erteilt hat.


Britisches Chemieunternehmen verlagert EBR nach Polen


Am 10. August 2023 wurde für Vesuvius eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Die letzte Verhandlungsrunde hatte am 1. Juni 2023 in Düsseldorf stattgefunden (Foto mit den Arbeitnehmervertretern vor Ort, weitere waren Online zugeschaltet). Insgesamt wurde volle drei Jahre verhandelt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2022). Als Folge des Brexit hat der EBR seinen Sitz in Polen, dem Land mit der größten Belegschaft innerhalb der EU. Vesuvius hat weltweit 11.200 Beschäftigte und stellt Feuerfestmaterialien für die Stahlindustrie her.

 

Die neue Vereinbarung folgt weitgehend dem Vorbild der ursprünglichen Vereinbarung von 2012 (siehe Bericht in den EBR-News 1/2013), enthält aber auch Verbesserungen. So wird die zentrale Leitung den EBR nach abgeschlossenem Anhörungsverfahren regelmäßig über Projekte auf dem Laufenden halten, die sich über einen längeren Zeitraum oder mehrere Phasen erstrecken. Dies gilt unabhängig davon, ob weitere formelle Konsultationen erforderlich sind oder nicht. Im Gegenzug muss der EBR bei Restrukturierungen seine Stellungnahme spätestens nach zwei Wochen abgeben. Vor einer geplanten Massenentlassung müssen die Gesamtkosten des Projekts und die Höhe der Rückstellungen für die möglichen Entlassungskosten offengelegt werden, jedoch nicht aufgeschlüsselt nach Ländern. Diese Formulierung basiert auf einer Entscheidung des Central Arbitration Committee (CAC) in London vom Dezember 2019 (siehe Bericht in den EBR-News 1/2020).

 

Wie in der alten Vereinbarung ist der EBR für länderübergreifende Angelegenheiten zuständig, wenn mindestens je 20 Arbeitnehmer in zwei Ländern betroffen sind und die Entscheidung auf europäischer Ebene getroffen wurde. Die Vereinbarung sieht eine jährliche EBR-Plenarsitzung, zwei Sitzungen des engeren Ausschusses, ein Zutrittsrecht zu allen Standorten und zwei Schulungstage pro Jahr vor, die als Inhouse-Schulung oder individuell genutzt werden können. Beraten wurden die Delegierten von der EWC Academy.

  8. Neue SE-Umwandlungen

Japanisches IT-Unternehmen bildet paritätischen Aufsichtsrat für deutsche Tochter


Seit dem 12. Juli 2023 ist NTT DATA Deutschland in München eine Europäische Gesellschaft (SE). Das IT-Beratungsunternehmen mit Sitz in Tokio gehört zur ehemals staatlichen Telefongesellschaft Nippon Telegraph and Telephone (NTT) und ist durch Akquisitionen auf 150.000 Beschäftigte in 50 Ländern gewachsen. Die deutsche Landesgesellschaft war früher eine IT-Sparte von BMW.

Der neue SE-Betriebsrat erstreckt sich auf Deutschland, Österreich und die Schweiz. Zu Beginn hat Deutschland sieben Sitze, Österreich und die Schweiz je einen. Ein geschäftsführender Ausschuss wird erst gebildet, wenn mindestens sechs Länder beteiligt sind. Derzeit werden die Geschäfte vom Vorsitzenden und dessen Stellvertreter geführt. Der SE-Betriebsrat führt zwei jährliche Plenarsitzungen durch, eine in Präsenz, sowie zwei interne Sitzungen ohne das Management, die nur ausnahmsweise in Präsenz durchgeführt werden. Müssen Beschlüsse gefasst werden, kann der Vorsitzende eine Präsenzsitzung einberufen. Beschlüsse können auch in hybriden Sitzungen oder im Umlaufverfahren gefasst werden.

 

Die SE-Beteiligungsvereinbarung, die am 24. November 2022 in München unterzeichnet wurde, enthält einen Katalog von Unterrichtungsthemen, der über das gesetzliche Minimum weit hinausgeht, z. B. Umweltschutz, sozial verantwortliche Unternehmensführung sowie Förderung der Gleichstellung. Der SE-Betriebsrat hat Initiativrechte bei Aus- und Weiterbildung, Chancengleichheit, Datenschutz und im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Die Frist für die Unterrichtung und Anhörung beträgt etwa einen Monat. Entscheidet die zentrale Leitung nicht entsprechend der Stellungnahme des SE-Betriebsrates, findet danach eine weitere Sitzung statt, um eine Einigung herbeizuführen (das SE-typische "doppelte Konsultationsverfahren"). Bei Meinungsverschiedenheiten ist ein Schiedsverfahren vorgesehen: drei Vertreter von jeder Seite müssen sich auf einen neutralen Vorsitzenden verständigen.

 

Von der Drittelbeteiligung zum paritätischen Aufsichtsrat

 

NTT DATA Deutschland ist eines der wenigen Beispiele, das nicht zum Einfrieren oder zur Flucht aus der Mitbestimmung genutzt wird. Bisher gab es zwei Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, in der SE sind es vier (drei aus Deutschland, einer aus Österreich). Die Zahl der Anteilseignervertreter bleibt mit vier unverändert. Das Unternehmen hat etwa 2.200 Arbeitnehmer.

 

Pressemitteilung zur SE-Umwandlung


Schwäbisches Familienunternehmen flüchtet aus der Mitbestimmung


Seit dem 28. Juli 2023 firmiert Pfisterer als Europäische Gesellschaft (SE). Die Unternehmensgruppe mit Sitz in Winterbach (bei Stuttgart) stellt mit 1.200 Beschäftigten (davon 950 in Deutschland und 180 in Tschechien) Produkte für die Energieinfrastruktur her und konnte mit der SE-Umwandlung sicherstellen, dass bei künftigem Wachstum der Aufsichtsrat frei von Arbeitnehmervertretern bleibt. Die SE-Vereinbarung wurde am 26. Mai 2023 unterzeichnet.

 

Zunächst wird ein SE-Betriebsrat aus 13 Mitgliedern gebildet (gleiche Mandatszahl wie im Besonderen Verhandlungsgremium). In der zweiten, vierjährigen Amtszeit wird er auf acht Mitglieder verkleinert, für Deutschland bleiben dann nur noch drei statt acht Sitze übrig. Jedes Quartal findet eine Sitzung des SE-Betriebsrates statt, zusätzliche Sitzungen ohne die zentrale Leitung sind möglich. Zwei Sitzungen finden in Präsenz statt, alle anderen als Videokonferenz. Der geschäftsführende Ausschuss hat drei Mitglieder. Bei außerordentlichen Umständen findet immer eine Plenarsitzung statt, was typisch für das SE-Recht ist (beim EBR ist dagegen der geschäftsführende Ausschuss größer und es werden nur betroffene Länder zu solchen Sitzungen eingeladen). Die Unterrichtung und Anhörung ist bei Pfisterer in mehrere Schritte aufgeschlüsselt und dauert höchstens sechs bis sieben Wochen. Als Anhang zur SE-Vereinbarung gibt es Muster-Formate. Nutzt die zentrale Leitung die Vorlagen, ist die Verpflichtung zur Unterrichtung und Anhörung vollständig, umfassend und ordnungsgemäß erfüllt.

 

Pressemitteilung zur SE-Umwandlung


Berliner Softwareunternehmen schreibt Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat fest


Am 3. August 2023 wurde PSI Software als Europäische Gesellschaft (SE) im Handelsregister eingetragen. Weltweit hat das Unternehmen 2.300 Beschäftigte, davon 1.600 in Deutschland und 300 in Polen. Der Softwareanbieter für Energie-, Produktions- und Transportmanagement war in den 70er Jahren Vorreiter einer Produktionsgenossenschaft, bis heute ist die Belegschaft mit 15% am Kapital beteiligt. Wie vor der SE-Umwandlung stellt die Belegschaft ein Drittel der Sitze im Aufsichtsrat, künftig werden sie vom SE-Betriebsrat besetzt (zwei Sitze, bald drei).

 

Der neue SE-Betriebsrat besteht aus zwölf Mitgliedern, davon fünf aus Deutschland und je ein Sitz für das Vereinigte Königreich und die Schweiz. Er führt drei Sitzungen im Jahr durch, davon mindestens eine in Präsenz und mindestens eine Videokonferenz. Der dreiköpfige geschäftsführende Ausschuss führt die laufenden Geschäfte und tagt bei Bedarf. Beschlüsse können per E-Mail, im Umlaufverfahren, per Videokonferenz oder per Telefon gefasst werden. Die Unterrichtung und Anhörung ist nach einem dreistufigen Dialogverfahren genau beschrieben und dauert etwa zwei Monate, bei außerordentlichen Umständen einen Monat. Der SE-Betriebsrat kann jederzeit Standortbesuche durchführen.

 

Der Umwandlungsplan im Wortlaut

Die SE-Vereinbarung im Wortlaut

  9. Der Blick über Europa hinaus

Französische Bank stärkt soziale Rechte der Beschäftigten weltweit


Am 27. Juni 2023 wurde in Paris eine neue weltweite Vereinbarung über Arbeitnehmerrechte zwischen der Société Générale und dem internationalen Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI) geschlossen. Sie gewährt 117.000 Beschäftigten in 66 Ländern einen 14-wöchigen Mutterschafts- und einen einwöchigen Vaterschaftsurlaub bei vollem Gehalt und ein Sterbegeld von bis zu zwei Jahresgehältern. Die Vereinbarung umfasst auch viele weitere Themen wie Arbeits- und Gesundheitsschutz, Verhinderung von Diskriminierung, Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, Initiativen zur Telearbeit. Die Société Générale ist eine der größten Geschäftsbanken Frankreichs und war im Juni 2015 Vorreiterin in der Branche, als sie erstmals ein internationales Abkommen mit den Gewerkschaften schloss (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015). Das zweitgrößte Land nach Frankreich ist Indien mit 11.200 Beschäftigten.

 

Bericht von der Unterzeichnung


Luxemburgische Immobiliengesellschaft bekennt sich zu weltweiten Sozialstandards


Am 18. Juli 2023 schloss AccorInvest in Luxemburg eine Grundsatzvereinbarung mit der Internationalen Union der Lebensmittel- und Hotelgewerkschaften (IUL) in Genf über weltweite Arbeitnehmerrechte. Die Immobiliensparte der französischen Accor-Hotelgruppe hat 25.000 Beschäftigte in 758 Hotels in 26 Ländern und ist seit 2018 mehrheitlich im Besitz von Finanzinvestoren. AccorInvest bekennt sich zum Recht auf Tarifverhandlungen und zur Anerkennung von Gewerkschaften. Mit den Arbeitnehmervertretern vor Ort sollen lokale Protokolle über den sozialen Dialog erarbeitet werden. Die Vertragsparteien treffen sich jährlich, um die Einhaltung des Abkommens zu überwachen. Liegen besondere Umstände vor, finden ad hoc Videokonferenzen statt. Das Unternehmen trägt die Reise- und Dolmetscherkosten der Gewerkschaftsdelegation.

 

Die Grundsatzvereinbarung im Wortlaut


Norwegischer Mischkonzern erweitert Rahmenabkommen auf die Lieferkette


Am 24. August 2023 wurde in Bærum (bei Oslo) das internationale Rahmenabkommen zwischen der Geschäftsleitung von Aker und dem Internationalen Industriegewerkschaftsbund (industriALL) erneuert. 2008 wurde es erstmals geschlossen und 2012 um weitere Themen erweitert (siehe Bericht in den EBR-News 1/2013). Es gilt für 35.000 Beschäftigte im Offshore-, Fischerei-, Werft- und Konstruktionsbereich weltweit und enthält neben Grundsätzen zur Koalitionsfreiheit auch Regelungen zu Gleichbehandlung, Arbeits- und Gesundheitsschutz, existenzsichernde Löhne, faire Arbeitsbedingungen, Umwelt, Digitalisierung, Weiterbildung. Die Arbeitnehmervertreter vor Ort werden geschult, um die Einhaltung der Grundsätze zu fördern und der Weltbetriebsrat von Aker überwacht die Einhaltung einmal pro Jahr. Neu ist die Einbeziehung der Lieferkette.

 

Bericht von der Unterzeichnung

Das Rahmenabkommen im Wortlaut

  10. Interessante Webseiten

Kampagne für Sorgfaltspflicht in der Lieferkette


Eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen aus ganz Europa und darüber hinaus betreiben die Kampagne "Justice is Everybody's Business" (Gerechtigkeit geht jeden an), um die Gesetzgebung zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette zu beeinflussen. Mit dabei sind auch Gewerkschaften, z. B. der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB). Dazu wurden zehn Kernforderungen aufgestellt, damit die EU eine ehrgeizige klima- und menschenrechtliche Sorgfaltspflicht umsetzt und Unternehmen für die Auswirkungen ihrer Geschäfte haftbar gemacht werden können. Im Juni 2023 hatte das Europäische Parlament dazu seine Position festgelegt (siehe Bericht in den EBR-News 2/2023).

 

Beschreibung der Kampagne

Aufforderung zur Beteiligung an der Kampagne

Die zehn Kernforderungen


Meinungen zur Europapolitik aus Österreich


Der A&W-Blog ist eine Online-Publikation, die von der Arbeiterkammer und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) gemeinsam betrieben wird und das Print-Magazin Arbeit&Wirtschaft ergänzt. Darin werden wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitische Themen aus Arbeitnehmersicht behandelt. Jeden Tag gibt es einen Blogbeitrag von Experten aus Arbeiterkammer, ÖGB, Gewerkschaften, anderen Institutionen oder Forschungseinrichtungen. Der A&W-Blog hat sich in den vergangenen fünf Jahren zu einem der bedeutendsten politischen Blogs in Österreich entwickelt. Eine eigene Rubrik beschäftigt sich mit Europapolitik.

 

Der Blog zur Europapolitik

Das Print-Magazin zum Download


Fundgrube für aktuelle Statistiken


Die deutsche Online-Plattform Statista macht Informationen von Markt- und Meinungsforschungsinstitutionen sowie aus Wirtschaft und amtlicher Statistik zugänglich. Das private Unternehmen mit Sitz in Hamburg liefert eine Vielzahl von Informationen, vieles davon kostenlos. Die Zahlen für Europa lassen sich nach Ländern recherchieren, es gibt aber auch thematische Schwerpunkte, z. B. "Wie bedeutsam ist Katalonien für Spanien?" oder zur rumänischen Migration nach Italien. Verfügbar ist die aktuelle Arbeitslosenquote: in der EU liegt Spanien mit 11,6% an der Spitze, die niedrigste Quote hat Malta mit 2,5%. Interessant ist eine Prognose der Bevölkerungsentwicklung bis 2100. Danach wird die Bevölkerung in Polen und Rumänien, aber auch in Griechenland fast um ein Drittel sinken. Eine starke Zunahme werden Luxemburg, Malta, Island, Norwegen und Schweden verzeichnen. Deutschland und Frankreich bleiben relativ stabil, obwohl die Bevölkerung in der EU um 32 Mio. (7%) zurückgehen wird.

 

Die Statistiken zur EU und zur Eurozone

Die Statistik zur Arbeitslosenquote

Die Statistik zur Bevölkerungsentwicklung


Faire Hotels für verantwortungsbewusste Reisende


Die Internationale Union der Lebensmittel- und Hotelgewerkschaften (IUL) in Genf betreibt eine eigene Webseite, auf der Hotels gelistet sind, die ihre Angestellten fair behandeln. Die Arbeitsplätze sind frei von Diskriminierung und Belästigung, garantieren menschenwürdige Arbeitsbedingungen, einen existenzsichernden Lohn und das Recht, Gewerkschaften zu gründen und beizutreten. Es gibt Hotellisten für Kroatien, Dänemark, Norwegen, Irland und Nordamerika.

 

Die Webseite für gerechten Tourismus

  11. Neue Publikationen liefern Ländervergleiche

Herausforderungen der Industriepolitik in elf Ländern Mittel- und Osteuropas


Das Regionalprojekt "Europäische Volkswirtschaften des Ostens", das die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung in Budapest betreibt, veröffentlichte im Mai 2023 einen Werkzeugkasten für die künftige Gestaltung einer Industriepolitik in Mittel- und Osteuropa. In den letzten zwanzig Jahren entwickelten sich die Länder zu wichtigen Stützpfeilern der europäischen Wirtschaft, aber weder Lebensbedingungen noch Produktivität sind an Westeuropa angeglichen. Die Studie des Wiener Instituts für Außenwirtschaft umfasst elf Länderprofile, die Wirtschafts- und Industriestrukturen auf Stärken und Schwächen analysieren und Handlungsmöglichkeiten für eine aktive Industriepolitik aufzeigen. Bisher fehlt es in diesen Ländern an einem systematischen Ansatz. Die Forscher argumentieren, dass enorme öffentliche Investitionen in grüne Technologien und Digitalisierung, Bildung und Infrastruktur notwendig sind, um nicht in der Sackgasse mittleren Einkommens steckenzubleiben.

 

Der Werkzeugkasten für Mittel- und Osteuropa

Download der elf Länderprofile

Die Webseite des Regionalprojekts


Arbeitnehmervertretung in digitalen Arbeitsplattformen in zwölf Ländern


Mitte Mai 2023 publizierte der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) die Ergebnisse eines EU-finanzierten Projektes über die rechtliche Situation von Beschäftigten in der Plattformwirtschaft. Zwölf Länderberichte untersuchen die Rahmenbedingungen für gewerkschaftliche Organisierung und Strategien für Tarifverhandlungen, individuelle Rechte der Beschäftigten und die jeweilige nationale Gesetzgebung. Ein Positionspapier mit Empfehlungen für alle EU-Länder fasst die im Rahmen des Projekts identifizierten Herausforderungen für einen besseren Schutz der Plattformarbeiter und konkrete Vorschläge für eine effektive Gesetzgebung auf nationaler Ebene zusammen. Im Dezember 2021 hatte die Europäische Kommission einen Richtlinienentwurf vorgelegt, um die Arbeitsbedingungen bei digitalen Plattformen durch Mindeststandards zu verbessern (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).

 

Die politischen Empfehlungen für alle EU-Länder

Der Länderbericht Deutschland

Der Länderbericht Österreich

Download weiterer Länderberichte und Sprachversionen


Internationalisierung der Mitbestimmung im Aufsichtsrat in sieben Ländern


Diese im Juni 2023 erschienene Studie untersucht die Arbeitnehmerbank in Aufsichtsräten danach, ob dort Vertreter aus anderen Ländern einbezogen sind. Während dem Aufsichtsrat von Unternehmen mit der Rechtsform einer Europäischen Gesellschaft (SE) in der Regel Arbeitnehmervertreter mehrerer Länder angehören, ist dies bei nationalen Rechtsformen selten der Fall. In der Praxis identifiziert die Autorin des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETUI) jedoch Beispiele einer Internationalisierung. In Deutschland weist das Gesetz eine bestimmte Anzahl von Sitzen im Aufsichtsrat dem Betriebsrat und den Gewerkschaften zu. Manche deutsche Gewerkschaften teilen ihre Mandate mit ausländischen Gewerkschaften. In Skandinavien gelten für die Mitbestimmung tarifliche Regelungen und einige Unternehmen in Dänemark, Schweden und Norwegen sehen die Einbeziehung ausländischer Vertreter vor. In Frankreich ist die Internationalisierung der Aufsichtsräte am weitesten fortgeschritten, denn laut Gesetz wird mindestens ein Mandat vom Europäischen Betriebsrat besetzt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2022). In den Niederlanden und in Österreich kommen dagegen alle Arbeitnehmervertreter nur aus dem jeweiligen Land.

 

Download des Buches


Aktuelle Bestandsaufnahme über Gewerkschaften in allen 27 EU-Ländern


Ende Juni 2023 veröffentlichte das Europäische Gewerkschaftsinstitut (ETUI) in Brüssel einen Sammelband über Gewerkschaften in der EU angesichts der neoliberalen Herausforderung. Auf knapp 1.200 Seiten bietet das Buch einen umfassenden vergleichenden Überblick über Entwicklung, Struktur und Politik der Gewerkschaften in allen EU-Mitgliedstaaten von 2000 bis 2020. Es enthält eine eingehende Analyse der Herausforderungen, denen sie sich gegenübersehen, sowie ihrer strategischen Ziele und politischen Reaktionen. In den 27 Länderkapiteln, die den Kern des Buches bilden, werden folgende Themen behandelt: historischer Hintergrund und Merkmale des Systems der Arbeitsbeziehungen, die Struktur der Gewerkschaften und ihre Ressourcen, Tarifverhandlungen und Arbeitskämpfe, Interessenvertretung am Arbeitsplatz, politische Beziehungen sowie Gewerkschaftspolitik gegenüber der EU. Eine Vielzahl von Statistiken runden dieses Nachschlagewerk ab, das es in einer solch kompakten Form schon lange nicht mehr gegeben hat.

 

Download des Buches

Download einzelner Kapitel

  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit

Europäischer Betriebsrat für Saarstahl in der Planung


Am 31. Juli 2023 fanden in Völklingen und Dillingen Vorgespräche über die Errichtung eines EBR statt. Seit 2021 gehören zwei Werke in Lothringen und Nordfrankreich zu Saarstahl, ein weiterer Standort in der Freigrafschaft südlich der Vogesen ist schon länger Teil des Konzerns. Die neuen Standorte waren vorher Teil von British Steel, wo im November 2017 ein EBR gebildet wurde (siehe Bericht in den EBR-News 1/2018). Damit hat Saarstahl jetzt 950 Beschäftigte in Frankreich.

 

Unter dem Dach der Stahl-Holding-Saar besteht zwischen Saarstahl in Völklingen und der Dillinger Hütte eine wechselseitige Verflechtung. Die Dillinger Hütte, zu einem Drittel immer noch im Besitz des früheren Eigentümers ArcelorMittal, hat seit 1996 einen deutsch-französischen EBR mit Vertretern aus Dünkirchen. Ob es zukünftig einen gemeinsamen EBR für die 13.000 Beschäftigten der Stahl-Holding-Saar geben soll, wird in den nächsten Monaten mit Unterstützung der EWC Academy diskutiert.


Ein Drittel der europäischen Belegschaft wechselt zu indischem IT-Konzern


Am 10. August 2023 gaben der US-Konzern Verizon Communications und das indische IT- und Outsourcing-Unternehmen HCLTech (vormals Hindustan Computers) einen Mega-Deal über das Outsourcing der Netzwerkdienste für Geschäftskunden bekannt. Allein in Europa werden 1.200 Angestellte von Verizon in 17 Ländern im November 2023 zu HCLTech wechseln. Darunter sind Support-Funktionen bis hin zu hochqualifizierten Ingenieuren mit 15jähriger Betriebszugehörigkeit. Den ausgelagerten Angestellten werden ihr aktuelles Gehalt und ihre Arbeitsbedingungen für zwölf Monate garantiert. Der EBR befürchtet jedoch, dass viele der Betroffenen anschließend ihren Arbeitsplatz verlieren. Für das drittgrößte Software-Unternehmen Indiens mit Sitz in einem Vorort von Delhi (223.000 Beschäftigte in 60 Ländern) ist es eine der größten Transaktionen der Unternehmensgeschichte.

 

Eine erste Unterrichtung des Europäischen Betriebsrates von Verizon fand am 26. Juli 2023 statt, die Anhörung konnte in der kurzen Zeit jedoch nicht abgeschlossen werden. Das Management weigert sich, alternative Lösungen für die Zukunft des europäischen Geschäfts zu diskutieren. Bei der letzten großen Transaktion, dem Verkauf von Verizon Media im September 2021, wurde der EBR überhaupt nicht beteiligt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021). Er arbeitet nach irischem Recht und wird von der EWC Academy beraten. Einen Europäischen Betriebsrat hat HCLTech noch nicht. Der indische Wettbewerber Wipru, der in Europa ebenfalls auf Einkaufstour ist, gründete im März 2023 einen EBR nach irischem Recht (siehe Bericht in den EBR-News 2/2023).

 

Pressebericht über die Transaktion


Regelung über Videokonferenzen für schweizerische Versicherung


Am 12. September 2023 diskutierte der Lenkungsausschuss des Zurich European Forum (ZEF), so der Name des Europäischen Betriebsrates, über eine dauerhafte Regelung zur Durchführung von Videokonferenzen. In einem von der EWC Academy organisierten Workshop hatten die EBR-Mitglieder in der letzten Plenarsitzung am 24. bis 25. November 2022 in Zürich ihre Wünsche formuliert. Der Lenkungsausschuss, dem Delegierte aus den acht größten Ländern angehören, arbeitet an einer Vorlage für die nächste Plenarsitzung. Die EBR-Vereinbarung der Zurich Insurance Group wurde im Februar 2016 überarbeitet und unterliegt seither deutschem Recht (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016). Die EWC Academy berät das ZEF schon seit vielen Jahren.

  13. Aktuelle Seminartermine

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 906 Arbeitnehmervertreter aus 308 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch mehrfach. Das entspricht 25% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Hinzu kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine


Juristische Themen der EBR- und SE-Arbeit


Vom 14. bis 17. November 2023 findet erstmals wieder seit der Corona-Pandemie unser juristisches Seminar zum EBR-Recht statt, dieses Mal in Bremerhaven. Dort geht es um die juristischen Feinheiten einer EBR-Vereinbarung, um aktuelle Rechtsprechung und die Anwendung der EU-Standards in juristischen Zweifelsfällen. Einer der Referenten ist Ralf-Peter Hayen, ehemaliger Referatsleiter beim DGB-Bundesvorstand und Verfasser eines juristischen Kommentars zum deutschen EBR-Gesetz (siehe Bericht in den EBR-News 2/2019). Ein Baustein zum SE-Recht und die Umsetzung des Lieferkettengesetzes sind ebenfalls geplant.

 

Das Programm des Seminars


Seminar zum Datenschutz und zum Lieferkettengesetz


Vom 14. bis 17. November 2023 findet ein Datenschutzseminar in Bremerhaven statt. Dabei steht die Datenschutz-Grundverordnung der EU im Mittelpunkt, die seit 2018 gilt. In allen EU-Ländern sind die Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten seither auf einem einheitlichen Niveau. In diesem Seminar wird zusätzlich zum Datenschutz auch die Umsetzung des Lieferkettengesetzes behandelt.

 

Das Programm des Seminars


16. Hamburger Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte


Die nächste Hamburger Fachtagung findet am 29. und 30. Januar 2024 statt. Es werden wie immer die neuesten Entwicklungen in der EBR- und SE-Landschaft, ein Fallbeispiel ("best practice") aus einem Unternehmen sowie aktuelle Gerichtsentscheidungen vorgestellt. Im Mittelpunkt der Fachtagung steht diesmal die weitere Entwicklung zur Revision der EBR-Richtlinie. Die Europäische Kommission hatte am 1. März 2023 angekündigt, das Gesetzgebungsverfahren Ende 2023 zu beginnen. Auf der Tagung wird eine erste juristische Bewertung des Gesetzentwurfs vorgenommen.

 

Das Programm der Fachtagung


EBR- und SE-Seminar in Paris

Vom 25. bis 28. März 2024 findet nach langer Pause zum vierten Mal wieder ein Seminar in Paris in deutscher Sprache statt. Ziel ist ein besseres Verständnis der französischen Betriebsverfassung und des Gewerkschaftssystems. Wichtig ist dies für Arbeitnehmervertreter auf europäischer Ebene insbesondere auch deshalb, weil die Merkmale von Unterrichtung und Anhörung in der EBR- und SE-Richtlinie stark vom französischen Vorbild geprägt sind. Das besondere Highlight des Seminars ist der Besuch einer Messe für französische Betriebsräte.

 

Das Programm des Seminars


EBR- und SE-Seminar auf Schloss Montabaur

Vom 2. bis 5. April 2024 findet wieder das jährliche Grundlagenseminar für die Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien in Montabaur statt. Das Schloss liegt am ICE-Bahnhof auf halber Strecke zwischen Frankfurt und Köln. Dort werden mehrere Seminarbausteine für Einsteiger sowie Fortgeschrittene angeboten.

 

Das Programm des Seminars

Bericht vom letzten Seminar in Montabaur


Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare

  14. Impressum

Die EBR-News werden herausgegeben von:

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www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 23.850 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 4.300 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 4.270 Empfänger

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