Nr. 3/2024
2. Oktober 2024    
Download als PDF Newsletter-Archiv
This newsletter in English This newsletter in English Cette newsletter en français Cette newsletter en français

Willkommen zur Ausgabe Nr. 3 / 2024 der EBR-News  

Inhalt

  1. Aktuelle Entwicklungen in Brüssel
  2. Telearbeit und Recht auf Nichterreichbarkeit
  3. Umsetzung von EU-Rechtsakten
  4. Berichte aus einzelnen Ländern
  5. Britisches EBR-Recht nach dem Brexit
  6. Gerichte entscheiden völlig entgegengesetzt
  7. Aktuelle Beispiele zur Mitbestimmung im Aufsichtsrat
  8. Vereinbarungen von Europäischen Betriebsräten
  9. Der Blick über Europa hinaus
10. Projekte und Webseiten
11. Neue Publikationen
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 

  1. Aktuelle Entwicklungen in Brüssel

Linksfraktion stellt Vorsitz im federführenden Ausschuss zur Revision der EBR-Richtlinie

In seiner konstituierenden Sitzung am 23. Juli 2024 wählte der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments sein neues Präsidium. Den Vorsitz übernahm Li Andersson aus Finnland von der Linksfraktion, die neu ins Europäische Parlament gewählt wurde. Zuvor war sie vier Jahre Bildungsministerin in der ehemaligen rot-grünen Regierung Finnlands. In den Zuständigkeitsbereich des Ausschusses fallen alle Richtlinien im Arbeits- und Sozialrecht, darunter die EBR-Richtlinie.

 

Die Linksfraktion stellte zuletzt von 2014 bis 2019 den Ausschussvorsitz mit Thomas Händel, einem ehemaligen Gewerkschaftssekretär der IG Metall. Der nach ihm benannte "Händel-Report" über die rechtliche Absicherung transnationaler Betriebsvereinbarungen wird seit Jahren nicht weiter bearbeitet (siehe Bericht in den EBR-News 3/2013). In einer ihrer ersten parlamentarischen Anfragen kritisierte die neue Ausschussvorsitzende den grenzüberschreitenden Einsatz von Streikbrechern durch Tesla im Arbeitskampf in Schweden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2024).

 

Bericht über die Schwerpunkte der neuen Vorsitzenden

Bericht über ihre Wahl ins Europäische Parlament

Die parlamentarische Anfrage zum Tesla-Arbeitskampf


Rumänische Sozialdemokratin als Kommissarin für Arbeit und Soziales vorgeschlagen

Am 17. September 2024 stellte Ursula von der Leyen 26 Kommissare für die Amtsperiode bis 2029 vor. Jedes EU-Mitgliedsland kann einen Kandidaten vorschlagen, die Aufgabenverteilung nimmt die Präsidentin der Europäischen Kommission vor. Für das neue Ressort Fachkräfte, Kompetenzen und Vorsorge wurde Roxana Mînzatu aus Rumänien benannt. Es steht für ein Fünftel des EU-Haushalts (235 Milliarden €) und beinhaltet das Arbeitsrecht mit der EBR-Richtlinie.

 

Die designierte Kommissarin war mehrfach Mitglied der rumänischen Regierung und ist seit Juni 2024 Mitglied des Europäischen Parlaments. Sie soll Nachfolgerin des luxemburgischen Sozialdemokraten Nicolas Schmit werden, der seit 2019 für Beschäftigung, Soziales und Integration verantwortlich ist (siehe Bericht in den EBR-News 3/2019). Schmit wurde von seinem Land nicht mehr nominiert, weil die Sozialdemokraten in Luxemburg seit November 2023 in der Opposition sind. Die neue Kommission wird ihre Arbeit voraussichtlich am 1. Dezember 2024 aufnehmen. Zuvor finden öffentliche Anhörungen im Europäischen Parlament statt, gefolgt von der förmlichen Bestätigung.

 

Lebenslauf der neuen Kommissarin

Die Aufgaben der neuen Kommissarin

Poster mit allen Kommissaren


To-do-Liste für die Europäische Kommission

 

Die Hans-Böckler-Stiftung hatte bereits im Mai 2024 eine Forderungsliste zum kollektiven Arbeitsrecht aufgestellt. Darin finden sich Themen, die die Europäische Kommission in der neuen Amtszeit anpacken sollte, aufgeteilt in drei Kapitel:

 

1. Mehr Rechte für Europäische Betriebsräte. Die Hans-Böckler-Stiftung benennt sämtliche Probleme der bestehenden EBR-Richtlinie und schlägt im Detail Verbesserungen vor.

 

2. Mindeststandards für Mitbestimmung in Aufsichtsräten und Schließung von Schlupflöchern der SE-Richtlinie. Gefordert wird eine neue Rahmenrichtlinie zur Unterrichtung, Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmer, die alle bestehenden Richtlinien konsolidiert und die Mitbestimmung im Aufsichtsrat in allen EU-Ländern einführt, wo es sie noch nicht gibt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).

 

3. Nachhaltige Unternehmensführung als offizielles Ziel der EU-Politik. Perspektiven für Arbeitsplätze und Standorte, Regionen mit hoher Lebensqualität und Arbeitnehmerbeteiligung sollen Vorrang vor der Erwirtschaftung kurzfristiger Gewinne für Investoren bekommen.

 

Download des Forderungskatalogs

  2. Telearbeit und Recht auf Nichterreichbarkeit

Stellungnahmen der Sozialpartner liegen vor

Am 25. Juni 2024 legten der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) und der Dachverband der Arbeitgeberverbände BusinessEurope ihre Positionen für eine geplante EU-Richtlinie über faire Telearbeit und das Recht auf Nichterreichbarkeit vor. Die Europäische Kommission hatte am 30. April 2024 die erste Phase der Konsultation der europäischen Sozialpartner gestartet (siehe Bericht in den EBR-News 2/2024). Eine EU-Richtlinie ist notwendig geworden, weil Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern zu diesem Thema im November 2023 scheiterten (siehe Bericht in den EBR-News 4/2023).

 

Die Arbeitgeberverbände betrachten eine solche Richtlinie als überflüssig. Es würde völlig ausreichen, die bestehenden Vorschriften über Ruhezeiten besser zu überwachen und nicht noch ein zusätzliches Recht auf Nichterreichbarkeit hinzuzufügen. Die Europäische Kommission sollte vermeiden, sämtliche Einzelheiten festzulegen und stattdessen den Mitgliedstaaten einen breiten Freiraum einräumen. Der EGB fordert dagegen diese neue EU-Richtlinie. Telearbeit müsse freiwillig bleiben, wobei Beschäftigte das Recht haben sollten, auch in Räumlichkeiten des Arbeitgebers zu arbeiten. Mit dem Recht auf Nichterreichbarkeit sollen Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer geschützt werden, unabhängig davon, ob sie im Homeoffice arbeiten oder nicht. Der EGB will Tarifverhandlungen fördern, um die Ziele der künftigen Richtlinie zu erreichen. Dies fordert auch der Verband der leitenden Angestellten (CEC European Managers) in seiner Antwort vom 4. Juli 2024. Er warnt vor Überregulierung und will lediglich Mindestnormen und Orientierungshilfen festlegen, genauso wie die skandinavischen Gewerkschaften.

 

Die Stellungnahme des EGB

Die Stellungnahme von BusinessEurope

Die Stellungnahme des Verbandes der leitenden Angestellten


Neues Telearbeitsgesetz in Österreich

Am 4. Juli 2024 beschloss der Nationalrat einen neuen rechtlichen Rahmen zur Telearbeit. Das "Telearbeitsgesetz" tritt am 1. Januar 2025 in Kraft und enthält Regelungen für Arbeitsrecht, Steuerrecht und Sozialversicherung. Es unterscheidet zwischen "Telearbeit im engeren Sinne" (in der eigenen Wohnung, bei Angehörigen oder in Coworking-Spaces) und "Telearbeit im weiteren Sinne" (alle anderen Orte, z. B. in einem Park, einem Café oder in einem Hotel). Im ersten Fall ist der Arbeitsweg durch die Unfallversicherung geschützt, wenn die Entfernung dem üblichen Arbeitsweg entspricht. Einen Versicherungsschutz im zweiten Fall gibt es nur für die Tätigkeit selbst, nicht aber für den Arbeitsweg. Das Gesetz schreibt vor, dass die Telearbeit und die Orte, an denen sie ausgeübt wird, schriftlich in einer Telearbeitsvereinbarung festgelegt werden müssen. Es wurde mit großer Mehrheit angenommen. Nur die Sozialdemokraten stimmten dagegen, weil der Unfallversicherungsschutz auf dem Arbeitsweg ihrer Meinung nach nicht weitgehend genug ist.

 

Pressemitteilung zu den Inhalten des Gesetzes

Das Telearbeitsgesetz im Wortlaut


Praxiserfahrungen in Frankreich

Im August 2016 führte Frankreich als erstes europäisches Land das Recht auf Abschalten (Nichterreichbarkeit) auf gesetzlicher Grundlage ein. Neben dem individuellen Anspruch der Beschäftigten wurde im Arbeitsgesetzbuch auch die Zuständigkeit des Betriebsrates verankert. Seit Januar 2017 muss der Arbeitgeber über die Einrichtung von Mechanismen zur Regulierung der Nutzung digitaler Instrumente berichten und mit dem Betriebsrat beraten, um die Einhaltung der Ruhe- und Urlaubszeiten zu gewährleisten.

 

Da es in Frankreich keine Mitbestimmung gibt, verhandelt der Arbeitgeber grundsätzlich nicht mit dem Betriebsrat. Betriebsvereinbarungen im deutschen Sinne gibt es nicht. Verhandlungen können nur die (innerbetrieblichen) Gewerkschaftssektionen führen und einen Haustarifvertrag schließen. Es gibt für Arbeitgeber jedoch keine Pflicht, das Recht auf Abschalten tariflich mit den Gewerkschaften zu regeln. Existiert kein Haustarifvertrag, muss der Arbeitgeber nach Anhörung des Betriebsrates einseitig eine Charta verfassen. Sie soll auch Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für Arbeitnehmer und Führungspersonal beinhalten, um die vernünftige Nutzung digitaler Arbeitsmittel zu fördern. In einem Beitrag für das Pariser Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung ziehen französische Gewerkschafter Mitte Juli 2024 eine kritische Bilanz des Gesetzes. Das Thema sei in den Betrieben nur unzureichend geregelt. Es fehle an Indikatoren zum Monitoring der eingeführten Maßnahmen. Daher sollte in allen Betrieben eine paritätische Kommission "Lebensqualität am Arbeitsplatz und Recht auf Abschalten" per Gesetz eingeführt werden.

 

Der Beitrag der französischen Gewerkschafter

Webseite der CGT zum Recht auf Abschalten

  3. Umsetzung von EU-Rechtsakten

Umsetzungsprobleme beim Hinweisgeberschutz

Am 3. Juli 2024 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden. Die sogenannte "Whistleblower-Richtlinie" ist seit Dezember 2019 in Kraft und sollte innerhalb von zwei Jahren in das nationale Recht integriert werden (siehe Bericht in den EBR-News 4/2019). Kein einziges Land verabschiedete das entsprechende Gesetz pünktlich.

 

Solche Verzögerungen hatten die Europäische Kommission zum Handeln gezwungen. Gegen mehrere Länder wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet oder Klagen beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Am 25. April 2024 verhängten die Luxemburger Richter Geldstrafen gegen Polen: einen Pauschalbetrag von 7 Mio. € und eine tägliche Geldstrafe von 40.000 €, bis die Auflagen erfüllt sind. Erst am 14. Juni 2024 verabschiedete das polnische Parlament das entsprechende Gesetz.

 

Der Bericht der Europäischen Kommission enthüllt Mängel bei der Umsetzung der Richtlinie. In vielen Ländern fehlen vertrauliche Meldekanäle und ein angemessener Schutz für potenzielle Hinweisgeber. Einige nationale Gesetze müssten verbessert werden, wie etwa beim sachlichen Anwendungsbereich, den Schutzbedingungen und den Maßnahmen zum Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen, insbesondere bei den Haftungsausschlüssen und Strafen. Zur Zeit sind Klagen gegen Luxemburg, Ungarn, Estland, Deutschland und Tschechien beim Europäischen Gerichtshof anhängig. Für Arbeitnehmervertreter ist im Dezember 2020 ein Leitfaden zum Thema erschienen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021).

 

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs

Download des Berichts der Europäischen Kommission

Kritische Bewertungen zur Umsetzung der Richtlinie


Lieferkettenrichtlinie muss bis Juli 2026 umgesetzt werden

Die umstrittene Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht für Umweltschutz und Menschenrechte ("Corporate Sustainability Due Diligence") ist am 26. Juli 2024 in Kraft getreten. Nach wiederholten Anläufen war es erst am 15. März 2024 gelungen, eine Mehrheit im Ministerrat zu finden. Deutschland musste sich wegen eines Vetos des liberalen Koalitionspartners FDP der Stimme enthalten (siehe Bericht in den EBR-News 2/2024).

 

Die Richtlinie will Menschenrechte stärken, Kinder- und Zwangsarbeit, Umweltverschmutzung und die Zerstörung von Naturerbe verhindern. Die Mitgliedsstaaten haben jetzt zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. In einigen Ländern gibt es bereits Gesetze, z. B. in Deutschland seit Januar 2023 ein Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (siehe Bericht in den EBR-News 1/2023). Solche Gesetze müssen an die Mindestvorschriften der neuen EU-Richtlinie angepasst werden.

 

Hilfestellung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

 

Seit Januar 2023 ist die Richtlinie über Berichtspflichten zu Nachhaltigkeitsfragen - Umwelt, Soziales, Menschenrechte - in Kraft (siehe Bericht in den EBR-News 1/2023). Etwa 49.000 Unternehmen ab 500 Beschäftigten sind davon betroffen. Am 7. August 2024 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Liste von Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) und ihre Sichtweise zur Auslegung dieser Richtlinie. Die ersten betroffenen Unternehmen müssen 2025 über das Geschäftsjahr 2024 berichten.

 

Die Lieferkettenrichtlinie im Wortlaut

Hintergrundbericht der Gewerkschaft ver.di zur Situation in Deutschland

Die FAQ zur Nachhaltigkeitsberichterstattung


Verordnung zur Regelung künstlicher Intelligenz (KI)

Seit dem 1. August 2024 ist die KI-Verordnung in Kraft. Über die Inhalte hatten sich die gesetzgebenden Institutionen der EU bereits im Dezember 2023 geeinigt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2023). Damit übernimmt die EU eine weltweite Vorreiterrolle bei der Regulierung von KI. Anders als EU-Richtlinien müssen Verordnungen nicht ins nationale Recht umgesetzt werden, sie gelten unmittelbar, wie z. B. die Datenschutz-Grundverordnung (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016). Die KI-Verordnung sieht allerdings einen Stufenplan vor. Die Regeln für verbotene KI‑Praktiken gelten ab Februar 2025, die anderen Regeln Schritt für Schritt bis August 2027.

 

Bericht über die Annahme der Verordnung

Erläuterung der Inhalte der Verordnung

Die KI-Verordnung im Wortlaut

 

Veranstaltungshinweis

 

Die Inhalte der neuen KI-Verordnung und deren Bedeutung für Betriebsräte werden am 28. Januar 2025 auf unserer Hamburger Fachtagung behandelt.

 

Das Programm der Fachtagung

  4. Berichte aus einzelnen Ländern

Vorläufig keine Arbeitnehmervertreter in spanischen Aufsichtsräten

Am 23. April 2024 scheiterte die Linksfraktion Sumar mit einem Antrag, die Regierung solle ein Gesetz zur Unternehmensmitbestimmung vorlegen. Der zuständige Ausschuss des spanischen Parlaments lehnte den Antrag mit 19 Stimmen ab, die Regierungsparteien mit 17 Stimmen unterstützten ihn. Spanien hat eine Minderheitsregierung, die sich jedes Mal Mehrheiten bei anderen Parteien suchen muss (siehe Bericht in den EBR-News 1/2020). Die Generalsekretäre der beiden großen Gewerkschaftsbünde CC.OO. und UGT (Foto) unterstützen die Forderung nach einem "capitalismo alemán". Das Thema wird auch nach der verlorenen Abstimmung weiter verfolgt, denn es ist Bestandteil des Koalitionsvertrages zwischen den Sozialdemokraten und dem linken Wahlbündnis Sumar.

 

Bericht über die Abstimmung im Parlament

Hintergrundbericht über die Debatte

Gewerkschaftsmonitor Spanien

 

Anders als in den deutschsprachigen und nordischen Ländern ist das Modell einer Sozialpartnerschaft mit Beteiligung in Aufsichtsräten in Südeuropa (inklusive Belgien) nicht verbreitet und wurde von den Gewerkschaften lange abgelehnt. Erst im Oktober 2014 kam es im Europäischen Gewerkschaftsbund zu einem historischen Kompromiss, als erstmals alle nationalen Gewerkschaften die Einführung einer Unternehmensmitbestimmung unterstützten (siehe Bericht in den EBR-News 4/2014). Frankreich ist die einzige Ausnahme in Südeuropa, dort gibt es schon länger eine Beteiligung in den Aufsichtsräten, die in den letzten Jahren sogar noch weiter ausgebaut wurde (siehe Bericht in den EBR-News 4/2022). Unterstützung kommt auch vom Europäischen Parlament, das in einer Entschließung zur "Demokratie am Arbeitsplatz" im Dezember 2021 eine Mitbestimmung im Aufsichtsrat in allen EU-Ländern forderte (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).


Stärkung der Arbeitnehmerrechte im Vereinigten Königreich

Seit dem 5. Juli 2024 ist Keir Starmer britischer Premierminister. Bei der vorgezogenen Unterhauswahl am Tag zuvor errang die Labour-Partei einen Erdrutschsieg und konnte die 14-jährige Regierungszeit der konservativen Tories beenden. Innerhalb der ersten 100 Tage will die neue Regierung "die größte Verbesserung der Arbeitnehmerrechte seit einer Generation" vornehmen, insbesondere durch ein neues Beschäftigungsgesetz.

 

Arbeit soll sich wieder lohnen ("Make Work Pay – Delivering A New Deal for Working People"). Ziel ist es, schlechte Löhne und ausbeuterische Arbeitsbedingungen zu bekämpfen und Arbeitnehmerrechte zu stärken. Künftig erhalten alle Arbeitnehmer Anspruch auf Elternurlaub, Krankengeld und Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung ab dem ersten Arbeitstag, auf Homeoffice und auf Nichterreichbarkeit. Die Methode des "Fire and Rehire" soll verboten werden. Sie besteht darin, Tarifverträge zu ignorieren und jeden Arbeitnehmer zu entlassen, der keine schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptieren möchte (siehe Bericht in den EBR-News 1/2022). Ein weiterer Gesetzentwurf soll das volle Recht auf gleiches Entgelt für ethnische Minderheiten und Behinderte sicherstellen. Zur Überwachung der neuen Regeln ist die Gründung einer eigenständigen Behörde vorgesehen ("Fair Work Agency").

 

Weniger Beschränkungen für Gewerkschaftsaktivitäten

 

Im Vereinigten Königreich gibt es weder Mitbestimmung noch Betriebsräte im kontinentaleuropäischen Sinne. Daher ist die vertragliche Anerkennung einer Gewerkschaft als Tarifpartei für Haustarifverträge ("recognition") die einzige Möglichkeit zur Gründung einer vollwertigen Arbeitnehmervertretung (siehe Bericht in den EBR-News 3/2010). Das gesetzliche Verfahren zur Anerkennung von Gewerkschaften im Betrieb ist jedoch kompliziert und setzt hohe Hürden. Diese Vorschriften sollen vereinfacht werden. Auch Urabstimmungen sollen auf elektronischem Wege möglich sein. Die britischen Gewerkschaften können dies nicht selbst entscheiden, sondern müssen die gesetzlichen Regeln aus der Thatcher-Zeit beachten. Da es seit vielen Jahren keine Flächentarifverträge mehr gibt, strebt die Regierung ein "Fair Pay Agreement" (FPA) in der Pflegebranche an, einen allgemeinverbindlichen Branchentarifvertrag mit Vorbildfunktion für andere Niedriglohnsektoren.

 

Labour-Broschüre zum New Deal im Arbeitsrecht

Die Meinung des britischen Gewerkschaftsbundes TUC

Überblick über die geplanten Änderungen im Arbeitsrecht

Gewerkschaftsmonitor Großbritannien


Finnland will Abweichungen von Tarifverträgen erleichtern

Am 5. September 2024 legte die finnische Regierung dem Parlament einen Gesetzentwurf vor, der es Arbeitgebern erleichtert, vom Flächentarifvertrag abzuweichen. Derzeit sind solche Abweichungen nur möglich, wenn sie im Tarifvertrag ausdrücklich vorgesehen sind und das Unternehmen einem Arbeitgeberverband angehört. Solche Abweichungen werden dann von den gewerkschaftlichen Vertrauensleuten im Betrieb ausgehandelt. In Zukunft sollen Abweichungen per Gesetz erlaubt sein, insbesondere in Firmen, die keinem Arbeitgeberverband angehören und wo es keine gewerkschaftliche Vertretung im Betrieb gibt. In Finnland sind 59% aller Arbeitnehmer Mitglied einer Gewerkschaft, mit sinkender Tendenz.

 

Viele Branchentarifverträge sind in Finnland allgemeinverbindlich und müssen von allen Unternehmen angewendet werden. Wenn es keine Gewerkschaft im Betrieb gibt, soll die Belegschaft künftig einen (gewerkschaftsunabhängigen) Repräsentanten wählen, der betriebliche Abweichungen vom Tarifvertrag aushandelt. Er soll Freistellung und Schutz wie die gewerkschaftlichen Vertrauensleute erhalten, die Vereinbarungen müssen der Arbeitsschutzbehörde zur Genehmigung vorgelegt werden. Streitigkeiten zwischen Tarifparteien werden dagegen vor den Arbeitsgerichten ausgetragen. Der Gewerkschaftsbund SAK ist der Auffassung, dass dieser Gesetzentwurf "das nordische Arbeitsmarktmodell zerstört", das ausschließlich auf gewerkschaftlichen Strukturen aufbaut. Betriebsräte gibt es in Finnland nicht. Das Gesetz soll am 1. Januar 2025 in Kraft treten.

 

Die rechtskonservative Koalition ist seit Juni 2023 im Amt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2023). Seit dem 18. Mai 2024 sind bereits Einschränkungen des Streikrechts in Kraft und am 9. September 2024 bildete die Regierung Arbeitsgruppen mit den Tarifparteien, um Maßnahmen zu diskutieren, wie Entlassungen vereinfacht und Zeitverträge ausgeweitet werden können.

 

Pressemitteilung der Regierung

Arbeitsgruppen zum individuellen Arbeitsrecht

Überblick über die Arbeitsmarktreformen

Einschätzung der Gewerkschaften zu den Reformen

Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung

Gewerkschaftsmonitor Finnland

  5. Britisches EBR-Recht nach dem Brexit

Europäischer Betriebsrat vermeidet den Rechtsweg in Irland

Am 23. Mai 2024 reichte der EBR des Sprach- und Kulturinstituts British Council Klage beim Central Arbitration Committee (CAC) ein. Das CAC in London ist weiterhin die erste Instanz im EBR-Recht, da das britische EBR-Gesetz nach dem Brexit nicht abgeschafft wurde. Im Juni 2023 hatte der Court of Appeal für England und Wales die Grundsatzentscheidung getroffen, dass Unternehmen mit Hauptsitz auf britischem Boden weiterhin britisches Recht anwenden müssen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2023). Beim British Council gibt es keine EBR-Vereinbarung, der EBR arbeitet auf Basis der subsidiären Bestimmungen.

 

Wie alle Unternehmen, die seit dem Brexit britisches Recht anwenden, unterliegt der EBR des British Council zusätzlich auch dem Recht eines EU-Landes, in diesem Fall Irland. Im November 2021 gab es einen Streit mit der zentralen Leitung über die Weitergabe vertraulicher Informationen in Italien. Der EBR versuchte daher, ein Schlichtungsverfahren nach irischem Recht durchzuführen, was aber wegen Unklarheiten im irischen EBR-Gesetz nicht möglich war. Daraufhin reichte er eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein, was einer der Auslöser des Vertragsverletzungsverfahrens gegen die irische Regierung ist (siehe Bericht in den EBR-News 2/2022). Diese Erfahrung veranlasste den EBR, nicht mehr in Irland sondern in Großbritannien zu klagen.

 

Ursache des Rechtsstreits ist die Entscheidung der zentralen Leitung, bestimmte Funktionen wie IT, Finanzen, Personalwesen und Beschaffung an einen externen Dienstleister zu übertragen, ohne den EBR ausreichend zu unterrichten und anzuhören. Umstritten ist auch, ob die zentrale Leitung einseitig entscheiden kann, in außergewöhnlichen Umständen eine Videokonferenz statt einer Präsenzsitzung durchzuführen. Das CAC hatte im Februar 2018 bereits entschieden, dass eine Telefonkonferenz keine außerordentliche Sitzung darstellt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2018). Für den British Council ist es nicht der erste Rechtsstreit. Der EBR hatte im April 2013 Rechtsgeschichte geschrieben, als das CAC Merkmale eines Konsultationsverfahrens definierte (siehe Bericht in den EBR-News 2/2013).


EBR-Vereinbarung eröffnet Flucht aus dem britischen Recht


Am 4. Juli 2024 lehnte das Arbeitsberufungsgericht für England und Wales (vergleichbar mit dem Landesarbeitsgericht in Deutschland) die Berufung des Europäischen Betriebsrats von HSBC gegen zwei Entscheidungen des Central Arbitration Committee (CAC) aus dem Jahr 2021 ab (siehe Bericht in den EBR-News 2/2021). HSBC, die größte europäische Bank mit Sitz in London, hatte im Zuge des Brexit die britische Belegschaft aus dem EBR ausgeschlossen und wechselte vom britischen zum irischen Recht.

 

Der EBR war der Meinung, dass HSBC auch nach dem Brexit weiterhin dem britischen EBR-Gesetz unterliegt, das den Begriff "Mitgliedstaat" durch "relevanter Staat" ersetzt hat und bis heute in Kraft ist. Erst im Juni 2023 hatte der Court of Appeal in dritter Instanz entschieden, dass die Fluggesellschaft easyJet weiterhin britisches Recht anwenden muss (siehe Bericht in den EBR-News 3/2023). Bei HSBC gibt es jedoch zwei wesentliche Merkmale, die zu einer anderen Beurteilung durch das Gericht führten. Zum einen hat easyJet keine EBR-Vereinbarung und arbeitete mit einem EBR "kraft Gesetz" auf Basis der subsidiären Bestimmungen, zum anderen wollte die zentrale Leitung den EBR im Zuge des Brexit komplett auflösen und stattdessen ein Besonderes Verhandlungsgremium nach deutschem Recht bilden. Bei HSBC gibt es dagegen seit Oktober 2015 eine rechtlich bindende EBR-Vereinbarung (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016). Der EBR konnte nach dem Brexit weiterarbeiten, wenn auch ohne die britischen Delegierten. Das Urteil beruht auf einer genauen Analyse des Wortlauts der EBR-Vereinbarung, die nur von "Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums" spricht.

 

Download des Urteils

 

Veranstaltungshinweis

 

Die Auswirkungen des Brexit auf Europäische Betriebsräte wird auf der nächsten EBR-Fachtagung am 27. und 28. Januar 2025 in Hamburg ein Thema sein.

 

Das Programm der Fachtagung

  6. Gerichte entscheiden völlig entgegengesetzt

EBR-Rechtsstreit in Irland auf dem Weg zum High Court

Am 27. August 2024 erklärte sich der Arbeitsgerichtshof in Dublin für unzuständig, um eine EBR-Rechtsfrage zu entscheiden. Das irische EBR-Gesetz sieht den Rechtsweg nur für Individualklagen vor, nicht aber für kollektive Streitfragen. Damit sind Europäische Betriebsräte von der Rechtsstaatlichkeit ausgeschlossen, was ein grundsätzliches Problem darstellt und wohl kaum mit EU-Recht vereinbar ist. Wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte, könnten zukünftig alle Unternehmen in Irland die EBR-Richtlinie komplett ignorieren, ohne dass man gerichtlich dagegen vorgehen kann. Seit dem Brexit belegt das Land den dritten Platz als Standort für Europäische Betriebsräte direkt nach Deutschland und Frankreich (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021).

 

Das irische System der Arbeitsbeziehungen kennt historisch keine Betriebsräte. Aus diesem Grund sind die Merkmale von Betriebsrätesystemen in der irischen Rechtsordnung ein Fremdkörper und es fehlen adäquate Regelungen. Allerdings tut sich Irland damit erheblich schwerer als Großbritannien, wo es historisch auch keine Betriebsräte gibt, aber das EBR-Recht sich schnell der neuen Situation anpasste. Der Arbeitsgerichtshof bestätigte mit seinem Urteil - vermutlich unbeabsichtigt - genau die Argumente der Europäischen Kommission, die im Mai 2022 zum Vertragsverletzungsverfahren gegen die irische Regierung führten (siehe Bericht in den EBR-News 2/2022).

 

US-Unternehmen ignoriert fundamentale EBR-Rechte

 

Ausgangspunkt des gesamten Rechtsstreits ist das Verhalten der zentralen Leitung des US-Konzerns Verizon Communications, die sich bewußt und regelmäßig über die Rechte des EBR hinwegsetzt und versucht, dessen Aktivitäten zu behindern. Das Management ist über den EBR verärgert, weil er vor Gericht zog und im Oktober 2020 in London eine Geldstrafe erwirkte, die höchste in der Geschichte der EBR-Gesetzgebung in ganz Europa (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020). Daraufhin kündigte die zentrale Leitung die EBR-Vereinbarung, die britischem Recht unterlag. Seither arbeitet der EBR auf Basis der subsidiären Bestimmungen nach irischem Recht.

 

Mit dem Urteil des Arbeitsgerichtshofs wurden Entscheidungen der Workplace Relations Commission vom April 2023, der ersten Instanz, aufgehoben (siehe Bericht in den EBR-News 2/2023). Wegen der grundsätzlichen Bedeutung für eine Vielzahl von Europäischen Betriebsräten (12 bis 15% aller EBR-Vereinbarungen basieren auf irischem Recht) wurde am 1. Oktober 2024 die Berufung beim High Court eingelegt. Dabei geht es auch um die Bezahlung der Rechtsanwaltskosten für das laufende Verfahren. Die Frage war bereits Thema im irischen Parlament (siehe Bericht in den EBR-News 1/2023).

 

Das Urteil zur Bezahlung von Sachverständigen

Das Urteil zur Bezahlung einer Seminarteilnahme

Pressebericht über die juristischen Konsequenzen des Urteils

 

Veranstaltungshinweis

 

Die mündliche Verhandlung vor dem High Court wird voraussichtlich im Sommer 2025 stattfinden. Wir planen in diesem Zusammenhang ein EBR-Seminar in Dublin, das einen Besuch der Verhandlung des High Court mit einschließt.


Erstmals Gerichtsentscheidung über Rechtsanwaltskosten in Österreich

Am 30. August 2024 entschied das Arbeits- und Sozialgericht Wien, dass ein Europäischer Betriebsrat Anspruch auf die volle Erstattung sämtlicher Rechtsanwaltskosten hat, die im Zuge von arbeitsrechtlichen Klagen anfallen. Die zentrale Leitung von Mayr-Melnhof Packaging muss für einen Rechtsstreit über drei Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof alle Anwaltshonorare, Verzugszinsen und sonstige Nebenkosten des EBR in Höhe von knapp 100.000 € übernehmen. Der Rechtsstreit selbst, dessen Finanzierung bisher ungeklärt war, endete bereits im August 2023 (siehe Bericht in den EBR-News 4/2023).

 

Nicht übernommen werden die Kosten für ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die Geschäftsführer des Konzerns, das der EBR im Dezember 2021 eingeleitet hatte (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021). Die Anträge wurden damals abgelehnt, weil es in Österreich keine Geldstrafen bei Verstößen gegen EBR-Rechte gibt. Andere EU-Länder sehen Geldstrafen vor, auch wenn sie als zu niedrig angesehen werden (z. B. in Deutschland 15.000 € als Höchststrafe). Österreich ist das einzige EU-Land, das gar keine Strafen vorsieht, was gegen die Erwägungsgründe 35 und 36 der EU-Richtlinie verstößt. Nach Auffassung des Arbeits- und Sozialgerichts Wien darf ein EBR diese mangelhafte Umsetzung von EU-Recht nicht gerichtlich anfechten, daher müssen die Anwaltskosten hierfür nicht erstattet werden. Da beide Parteien auf eine Berufung verzichtet haben, ist das Urteil in allen Bestandteilen rechtskräftig.

  7. Aktuelle Beispiele zur Mitbestimmung im Aufsichtsrat

Mitbestimmungsflucht wird rückgängig gemacht

Am 3. Juli 2024 einigte sich die Geschäftsleitung der Meyer Werft in Papenburg (Emsland) mit der IG Metall und dem Betriebsrat auf Eckpunkte eines Sanierungsplans. Der für seine Kreuzfahrtschiffe weltweit bekannte Konzern erlebt derzeit die größte Krise seit der Gründung 1795. Bis Ende 2027 müssen mehr als 2,8 Milliarden € zur Vorfinanzierung von Schiffsneubauten aufgebracht werden und hierfür sind staatliche Bürgschaften notwendig. Der Staat wird 80% der Anteile der Werft zeitweise übernehmen.

 

IG Metall und Betriebsrat stimmten dem Abbau von 340 Arbeitsplätzen zu, der ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen soll. In Deutschland hat das Familienunternehmen 7.000 Beschäftigte, davon allein 3.300 am Stammsitz in Papenburg. Eine Voraussetzung für staatliche Hilfen zur Überwindung des finanziellen Engpasses hatte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) formuliert: der Firmensitz muss wieder nach Deutschland. Der Meyer-Neptun-Konzern hatte im September 2015 seinen Sitz an den Luxemburger Flughafen verlegt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2015). Mit der Rückverlagerung nach Deutschland wird dann die Bildung eines mitbestimmten Aufsichtsrates und die Errichtung eines Konzernbetriebsrates einhergehen. Beides gibt es derzeit nicht.

 

Pressebericht über die Einigung

Pressemitteilung der IG Metall


Paritätisch besetzter Aufsichtsrat aufgelöst

Galeria, der zweitgrößte Warenhauskonzern Europas, hat die dritte Insolvenz in vier Jahren beendet und ist seit dem 1. August 2024 eine GmbH nach luxemburgischem Recht. Diese Rechtsform sieht keinen Aufsichtsrat vor. Obwohl Galeria weiter seinen Sitz in Essen und 12.000 Angestellte in 83 Filialen in Deutschland hat, gilt das Mitbestimmungsgesetz nicht mehr. Der finanzielle Aufwand für den Aufsichtsrat betrug laut Insolvenzverwalter rund 1 Mio. € pro Jahr.

 

Die Arbeitnehmerseite hatte bisher zehn von 20 Sitzen im Aufsichtsrat, darunter drei externe Vertreter der Gewerkschaft ver.di. Sie alle haben ihr Mandat verloren. Der Gesamtbetriebsrat als übergreifendes Organ der örtlichen Betriebsräte bleibt jedoch bestehen. Rechtlich wäre es möglich gewesen, auch diesen aufzulösen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018). Derzeit laufen Tarifverhandlungen für einen Haustarifvertrag. Innerhalb von knapp zehn Jahren wurden bei Galeria mehr als 20.000 Arbeitsplätze abgebaut. 2020 gab noch 171 Filialen, künftig nicht mal die Hälfte davon.

 

Pressemitteilung von ver.di zur Abschaffung des Aufsichtsrates

Pressemitteilung von ver.di zu den Tarifverhandlungen


Nintendo sichert Mitbestimmung im Aufsichtsrat ab

Seit dem 1. August 2024 ist das gesamte europäische Geschäft des japanischen Videospiele-Konzerns (7.300 Beschäftigte weltweit) in der Nintendo of Europe SE mit Sitz in Frankfurt am Main gebündelt. Die neue SE hat 1.250 Beschäftigte, davon 980 in Deutschland. Nintendo ist der größte Arbeitgeber der deutschen Games-Industrie. Die SE-Umwandlung dient nicht zur Flucht aus der Mitbestimmung, vielmehr bleibt die Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat erhalten. Damit verhält sich Nintendo anders als z. B. der japanische Konzern Olympus (siehe Bericht in den EBR-News 3/2019).

 

Die SE-Beteiligungsvereinbarung wurde bereits am 13. Dezember 2023 unterzeichnet und geht über die Auffangregelung der SE-Richtlinie teilweise hinaus. Sie gilt für den Europäischen Binnenmarkt, für das Vereinigte Königreich und die Schweiz. Wie das britische EBR-Gesetz nach dem Brexit spricht sie von "relevanten Staaten" (siehe Bericht in den EBR-News 2/2021). Der neue SE-Betriebsrat hat 15 Mitglieder, davon fünf aus Deutschland und zwei aus Spanien. Er ist für Angelegenheiten zuständig, die in jeweils zwei Ländern 10% der Belegschaft betreffen. Da die Einheiten außerhalb Deutschlands sehr klein sind, ist diese Schwelle schnell erreicht. Die Mitglieder des SE-Betriebsrates haben ein Zutrittsrecht zu allen Niederlassungen in Europa, müssen aber ihre Stellungnahmen zügig abgeben. Konsultationsverfahren dauern höchstens sechs Wochen.

 

Inklusion bekommt hohen Stellenwert

 

Der geschäftsführende Ausschuss besteht aus dem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter, die aus zwei verschiedenen Ländern kommen und bis zu vier Sitzungen im Jahr durchführen können. Hinzu kommt ein Beauftragter für Diversität und Inklusion, der diese Themen mit den Beschäftigten in allen Niederlassungen besprechen kann. Die Bildung weiterer Ausschüsse ist möglich. Der SE-Betriebsrat kann Inhalte im Intranet posten, ohne dies vorher mit der zentralen Leitung abzusprechen. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der SE-Vereinbarung wird eine Schlichtungsstelle mit einem unparteiischen Vorsitzenden gebildet. Der SE-Betriebsrat wählt die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat (derzeit gibt es nur ein Mandat, da der Aufsichtsrat nur drei Mitglieder hat).

  8. Vereinbarungen von Europäischen Betriebsräten

Französischer Ver- und Entsorgungskonzern stärkt Arbeitsschutz


Am 3. April 2024 unterzeichneten die zentrale Leitung von Veolia und der Europäische Betriebsrat "Gemeinsame Beschlüsse" zur Förderung von Sicherheit, Gesundheitsschutz und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Das Dokument definiert zehn Schwerpunkte und leitet daraus zehn Handlungsprioritäten ab. Beispielsweise sollen länderspezifische Aktionspläne zu psychosozialen Risiken erstellt werden. Seit Juni 2024 wird die Vereinbarung in allen Ländern implementiert. Im ersten Schritt wählt jedes Land mindestens drei der zehn Prioritäten aus. Deren Umsetzung wird dann regelmäßig anhand von Leistungsindikatoren durch den Arbeitssicherheitsausschuss des EBR überwacht. Er hat acht Mitglieder aus allen drei Sparten Wasser, Abfall und Energie und wird von einem Vertreter aus Deutschland koordiniert.

 

Veolia verpflichtete sich bereits im Dezember 2012 gegenüber dem EBR zum Engagement im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Dabei handelte es sich nur um eine einseitige Erklärung des Unternehmens (siehe Bericht in den EBR-News 1/2013). Die neue Vereinbarung bindet die nationalen Gremien des sozialen Dialogs mit ein. Diese Foren füllen eine Lücke in allen Ländern, in denen der Gesetzgeber keine Gesamt- oder Konzernbetriebsräte vorschreibt (z. B. Spanien). Sie wurden bei der Gründung des EBR im Oktober 2005 bereits gebildet (siehe Bericht in den EBR-News 4/2005).


Soziale Mindeststandards bei Personalabbau

Am 17. Juni 2024 wurde in Kundl (Tirol) eine EBR-Vereinbarung für Sandoz nach österreichischem Recht geschlossen. Der Pharmakonzern mit Sitz in Basel ist seit Oktober 2023 eigenständig, nachdem Novartis sein Generika-Geschäft ausgegliedert und an die Börse gebracht hatte. Sandoz war vor der Fusion mit Novartis 1996 bereits ein eigenständiger Konzern. Die EBR-Vereinbarung für Sandoz wurde nicht komplett neu erarbeitet, sondern sie übernimmt viele Aspekte von Novartis, wo es seit 1995 einen EBR gibt.

 

Die 14.800 Beschäftigten im Europäischen Wirtschaftsraum werden von 23 EBR-Mitgliedern vertreten, Länder unter 80 Beschäftigten haben keinen Sitz. Die Schweiz (Konzernsitz) ist im EBR voll integriert. Es ist ein gemischtes Gremium, das einmal jährlich unter Vorsitz des Arbeitgebers tagt ("Euroforum"). Plenarsitzungen und alle außerordentlichen Sitzungen finden in Präsenz statt. Schulungen sind nur im Zusammenhang mit EBR-Sitzungen vorgesehen. Der Katalog der Informationsrechte ist umfangreich und geht über die EU-Richtlinie hinaus. Für Konsultationsverfahren gibt es keine feste Frist, vielmehr wird in jedem Einzelfall ein konkreter Zeitplan ausgehandelt. Die EBR-Mitglieder können auf Einladung von lokalen Arbeitnehmervertretungen jeden Standort in Europa besuchen. Ein besonderes Merkmal sind die sozialen Mindeststandards bei Personalabbau. Sie orientieren sich am Vorbild der Leitlinien, die im Februar 2016 in die EBR-Vereinbarung der Zurich-Versicherungsgruppe aufgenommen wurden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016).


Kanadischer Automobilzulieferer gründet EBR in Schweden

Am 2. Juli 2024 unterzeichnete das Besondere Verhandlungsgremium von Plasman am Sitz der Europazentrale in Göteborg eine Vereinbarung zur Gründung eines Europäischen Betriebsrates. Plasman ist spezialisiert auf Stoßstangen und Oberflächenveredelung für Automobile und hat insgesamt 4.000 Beschäftigte in Nordamerika und Europa. Jeder Produktionsstandort kann - unabängig von der Belegschaftsgröße - zwei Vertreter in den EBR entsenden, möglichst aus zwei verschiedenen Gewerkschaften.

 

Die Amtszeit der Delegierten (Schweden, Norwegen, Belgien, Portugal, Tschechien und Deutschland) beträgt zwei Jahre, der Vorsitzende wird jedes Jahr neu gewählt. Der engere Ausschuss besteht aus fünf Mitgliedern. Jedes Quartal informiert die zentrale Leitung den gesamten EBR über die aktuelle Geschäftslage, einmal jährlich in einer Präsenzsitzung, sonst per Videokonferenz. Im Krisenfall finden außerordentliche Sitzungen des engeren Ausschusses statt. Der Themenkatalog für die Unterrichtung und Anhörung ist sehr offen formuliert, es handelt sich nur um eine Aufzählung von Beispielen.

 

Schwedische Handschrift

 

Die Vereinbarung ist geprägt von der in Schweden üblichen, pragmatischen Kooperation und verzichtet weitgehend auf juristische Detailregelungen. So ist z. B. das Konsultationsverfahren überhaupt nicht beschrieben. Der sehr kurze Text enthält teilweise nur Aufzählungen ohne vollständige Sätze. Dies steht völlig im Widerspruch zu juristisch tiefgehend ausformulierten EBR-Vereinbarungen, wie sie nach deutschem oder französischem Recht üblich sind. Ein weiteres Merkmal zeigt, dass Schweden keine Betriebsräte kennt und die betriebliche Interessenvertretung ausschließlich von den Gewerkschaften wahrgenommen wird. Die Benennung von Sachverständigen wird bei Plasman nämlich nicht vom EBR vorgenommen, sondern ausschließlich von den schwedischen Gewerkschaften.

 

Merkmale der Arbeitnehmervertretung in Schweden

  9. Der Blick über Europa hinaus

Weltbetriebsrat schließt Sozialabkommen

Am 5. Juni 2024 unterzeichnete die zentrale Leitung von Eramet mit dem Weltbetriebsrat ein weltweites Abkommen zur Einführung einer sozialen Grundsicherung. Die 10.400 Beschäftigten des französischen Bergbaukonzern in 13 Ländern bekommen Zugang zu medizinischer Versorgung, Krankenversicherung und Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz. Im Todesfall wird eine Abfindung von 12 Monatsgehältern gezahlt. Für Frauen gibt es künftig einen Mutterschaftsurlaub von 16 Wochen, spezielle Umkleideräume und sanitäre Anlagen und eine Garantie zur Gehaltsentwicklung. Der Weltbetriebsrat, in den auch der Europäische Betriebsrat integriert ist, wurde im Juli 2023 errichtet (siehe Bericht in den EBR-News 3/2023).

 

Pressemitteilung zur Unterzeichnung

Interview über die Inhalte des Abkommens


Siemens in den USA ohne Arbeitnehmervertretung

Am 8. Juli 2024 reichten zwei US-Gewerkschaften eine offizielle Beschwerde gegen Siemens bei der US-Arbeitsbehörde (National Labour Relations Board) ein. Das Management in der wichtigsten nordamerikanischen Fabrik für Schienenfahrzeuge in Sacramento (Kalifornien) möchte die 2.500 Beschäftigten davon abhalten, eine Arbeitnehmervertretung zu installieren. Da es in den USA keine Betriebsräte gibt, ist die formelle Anerkennung einer Gewerkschaft als Tarifvertragspartei dafür die Voraussetzung. Die Beschwerden haben auch die deutschen Siemens-Betriebsräte und die IG Metall erreicht. Es steht die Frage im Raum, ob das internationale Rahmenabkommen vom Juli 2012 verletzt wurde, das eine konstruktive Zusammenarbeit von Siemens mit Arbeitnehmervertretungen überall auf der Welt garantiert (siehe Bericht in den EBR-News 3/2012).

 

Bericht über die Ereignisse in Sacramento

Die Kampagnenwebseite der beiden US-Gewerkschaften


Paketzusteller erweitert soziales Engagement

Am 22. Juli 2024 wurde in Paris das internationale Rahmenabkommen zwischen dem Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI) und GeoPost erweitert. Der größte Paketdienstleister Europas  hat weltweit 57.000 Beschäftigte und gehört zur französischen La Poste. Das neue Abkommen hat 20 Seiten, das bisherige vom März 2017 hatte nur sechs (siehe Bericht aus den EBR-News 2/2017).

 

Beibehalten wird der Lenkungsausschuss der beiden Vertragspartner, der sich halbjährlich trifft. Neu sind technische Arbeitsgruppen, ein Beschwerdemechanismus für alle Länder und eine ausführliche Beschreibung der Konfliktlösung von der lokalen bis zur weltweiten Ebene. Einen höheren Stellenwert bekommt der Arbeits- und Gesundheitsschutz, gegenüber Zulieferern und Subunternehmern werden Fairness-Prinzipien deutlich stärker überwacht. Das Abkommen sieht auch eine Beschränkung der Unterauftragsvergabe vor, die in der Paketbranche sehr weit verbreitet ist. Im März 2024 war bereits die EBR-Vereinbarung von GeoPost überarbeitet worden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2024).

 

Bericht von der Unterzeichnung

Das Rahmenabkommen im Wortlaut

Erläuterung der Gewerkschaft CGT

  10. Projekte und Webseiten

Forschungsprojekt untersucht Einfluss von Internet-Plattformen

Das Projekt INCA untersucht die Wirkung großer Tech-Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook, Apple, Microsoft (GAFAM) auf die europäischen Demokratien und Institutionen. Zwölf Partner aus zehn Ländern wollen empirische Daten zusammentragen, um zu verstehen, wie Gesetzgebungsprozesse, Arbeitsbeziehungen und Bürgermeinungen von diesen Tech-Plattformen beeinflusst werden. Das Projekt wird von der Universität Bologna koordiniert und von der EU finanziert.

 

Die Webseite des Projekts


Digitale Transformation im Finanzdienstleistungssektor

Unter Leitung der Gewerkschaft für Kredit und Versicherungen (FISAC) im italienischen Gewerkschaftsbund CGIL erstellt das Projekt LUCK (Learning Understanding Connections Knowledge) derzeit eine Datenbank mit besten Praktiken zum Umgang mit der digitalen Transformation im Finanzsektor. Beteiligt sind Gewerkschaften aus sieben Ländern und vier Europäische Betriebsräte. Von den Projektpartnern wurde ein Leitfaden für transnationale Unternehmensvereinbarungen erarbeitet, damit EBR-Mitglieder Themen wie Digitalisierungsmanagement, KI, Vermeidung von Diskriminierungen durch Algorithmen, Telearbeit und neue Arbeitsformen verhandeln können.

 

Die Webseite des Projekts

Download des Leitfadens


Blog über Arbeit und Weltwirtschaft

Die Global Labour Column (GLC) veröffentlicht regelmäßig Beiträge in fünf Sprachen über die Herausforderungen der Globalisierung auf die Arbeitswelt, um Forscher und Gewerkschafter auf der ganzen Welt zu vernetzen und deren Erfahrungen nutzbar zu machen. Die Kolumnen decken ein breites Spektrum arbeitsrelevanter Themen ab, von Streiks im Gesundheitswesen Kenias und chinesischen Automobilfabriken über wirtschafts- und sozialpolitische Debatten bis hin zu Unternehmensinitiativen zum Schutz von Arbeitnehmerrechten. Sie ist ein Teil der Global Labour University (GLU), einem Masterprogramm von Universitäten in Brasilien, Südafrika, Indien, Deutschland und den Vereinigten Staaten zur Ausbildung von Gewerkschaftern. Redaktionell betreut wird das GLC von der Witwatersrand-Universität in Johannesburg (Südafrika) mit Zuschüssen der deutschen Regierung.

 

Die Global Labour Column

Die Arbeit der Global Labour University


Welche Positionen vertritt welcher Abgeordnete?

Vom 6. bis 9. Juni 2024 wurde das Europäische Parlament gewählt. Die Webseite "abgeordnetenwatch.de" bietet die Möglichkeit, den 96 Abgeordneten aus Deutschland Fragen zu stellen und deren Verhalten zu überprüfen (Abstimmungsverhalten, Mitgliedschaft in Ausschüssen, Nebentätigkeiten). Betreiber der Webseite ist ein gemeinnütziger Verein in Hamburg, der in einem eigenen Recherche-Bereich die Themen Lobbyismus, Parteispenden und Transparenz in der Politik behandelt.

 

Die Webseite zu den Europa-Abgeordneten

Die deutschen Mitglieder im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten

  11. Neue Publikationen

Innovationsgetriebenes Wachstum in Mittel- und Osteuropa?

Das Budapester Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte am 13. Mai 2024 eine Untersuchung über die Innovationslandschaft in elf EU-Ländern in Mittel- und Osteuropa. Zwanzig Jahre nach dem Beitritt zur EU sind sie tief in die europäische Wirtschaft integriert. Jedoch stößt das bisher erfolgreiche Modell, arbeitsintensive Fertigungsschritte als "verlängerte Werkbank" für die westlichen Konzerne zu übernehmen, immer mehr an seine Grenzen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2022). Es gibt weiterhin eine Einkommenslücke zu Westeuropa. Die Volkswirtschaften sind sehr ressourcenintensiv, weniger produktiv und weniger automatisiert als ihre westeuropäischen Partner. Mit Ausnahme Estlands liegen alle Länder in ihrer Innovationsleistung unter dem EU-Durchschnitt und geben nicht genug für Forschung und Entwicklung aus. Sie scheinen aber für den digitalen Wandel besser gerüstet zu sein.

 

Download der Untersuchung

Download der einzelnen Länderstudien


Weltweite Bestandsaufnahme von Arbeitnehmerrechten

Seit dem 3. Juni 2024 liegt der neue globale Rechtsindex des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) vor. Er wird schon im elften Jahr veröffentlicht und bietet einen wichtigen Statusbericht über Grundrechte und Freiheiten der Arbeitnehmer und Gewerkschaften. Danach verletzen neun von zehn Ländern das Streikrecht und acht von zehn Ländern das Recht auf Tarifverhandlungen. Weltweit ist der Mittlere Osten und Nordafrika die schwierigste Region für Gewerkschaften. Die Türkei gehört zu den zehn schlimmsten Ländern, wenn es um die Rechte von Arbeitnehmern geht. Zu den besten Ländern gehören acht europäische Länder, u. a. Skandinavien (ohne Finnland), Deutschland, Österreich und Italien. Verbessert hat sich die Lage in Rumänien, während sie sich in der Schweiz verschlechtert hat. Negativ wird Finnland eingestuft (siehe Bericht in den EBR-News 3/2023). Der Index bewertet 151 Länder mittels 97 Indikatoren, die auf internationalen Arbeitsstandards basieren.

 

Download des Index


Hilfestellung zum Datenschutz am Arbeitsplatz

Am 16. Juli 2024 veröffentlichte die italienische Gewerkschaft CISL Leitlinien zum Datenmanagement am Arbeitsplatz in 24 Sprachen. Sie richten sich an Betriebsräte und Gewerkschaften und wollen helfen, die praktischen Aspekte der "Datafizierung" der Arbeit zu bewältigen. Entstanden sind sie in einem zweijährigen Projekt mit Partnern aus mehreren EU-Ländern und der Türkei mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission. Die Leitlinien beleuchten die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung in einzelnen Ländern und bewährte Praktiken in Tarifverhandlungen. Ziel des Projekts war es, Arbeitnehmervertretern im verarbeitenden Gewerbe die Fähigkeiten und das Fachwissen zu vermitteln, damit sie eine aktive Rolle beim Datenschutz spielen können. Neben den Leitlinien gibt es zwölf Länderberichte und zwölf Kurzdarstellungen der Arbeitsbeziehungen dieser Länder.

 

Download der Leitlinien zum Datenschutz

Download des Länderberichts Deutschland

Download der Kurzdarstellung über Deutschland

Überblick über das Projekt und alle weiteren Sprachversionen


Aktueller Stand der Arbeitsbeziehungen in 28 Ländern

Am 26. Juli 2024 veröffentlichte die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound), eine Agentur der EU mit Sitz in Dublin, Länderberichte über die Entwicklungen im Arbeitsleben in den 27 EU-Mitgliedstaaten und Norwegen im Jahr 2023. Hierfür analysierten die Wissenschaftler Forschungs- und Umfrageergebnisse aus jedem einzelnen der Länder. Zu den behandelten Themen gehören der politische Kontext im Jahr 2023, Veränderungen bei Sozialpartnern und Institutionen des sozialen Dialogs, Entwicklungen bei Tarifverhandlungen, staatliche Reaktionen auf die Inflation, Arbeitskämpfe, Entwicklungen bei der Arbeitszeit, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Work-Life-Balance. Einen Gesamtbericht gibt es nicht, stattdessen hat jedes Land seinen eigenen Bericht. Kurz zuvor war auch der Europäische Tarifbericht der Hans-Böckler-Stiftung erschienen.

 

Download der Linkliste für alle Länder

Der Europäische Tarifbericht der Hans-Böckler-Stiftung

  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit

Dänischer Baustoffhändler führt nachträglich EBR-Verhandlungen


Vom 2. bis 4. September 2024 fanden im Zuge einer Sitzung des engeren EBR-Ausschusses der Stark-Gruppe am Sitz der deutschen Tochtergesellschaft in Offenbach (bei Frankfurt) Verhandlungen über eine EBR-Vereinbarung statt. Der größte Baustoffhändler Skandinaviens gründete im April 2023 als einziges Unternehmen in Dänemark einen EBR auf Basis der subsidiären Bestimmungen ohne EBR-Vereinbarung (siehe Bericht in den EBR-News 1/2023). Die Arbeitnehmervertreter werden in den Verhandlungen von der EWC Academy beraten.


EBR-Schulung in spanischem IT-Unternehmen


Am 17. und 18. September 2024 führte die EWC Academy für den Europäischen Betriebsrat der Amadeus IT Group eine Schulung durch. Es war die erste seit vielen Jahren und sie fand in der deutschen Niederlassung in Bad Homburg (bei Frankfurt) statt. Amadeus wurde ursprünglich von europäischen Fluggesellschaften gegründet und vertreibt ein Reservierungssystem der Reisebranche.

 

Hauptsitz des Konzerns ist Madrid und die EBR-Vereinbarung unterliegt spanischem Recht. Der EBR besteht seit 2003 und hat 24 Mitglieder aus 17 Ländern, inklusive Beobachter aus der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Die EBR-Mitglieder interessierten sich besondere für die Gestaltung von Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren, die Folgen des Brexit für Europäische Betriebsräte, jüngste Gerichtsentscheidungen und mögliche Auswirkungen der geplanten neuen EU-Richtlinie für ihre EBR-Vereinbarung.


Life-Science-Konzern muss umstrukturieren


Seit dem 30. September 2024 berät die EWC Academy den SE-Betriebsrat von Eppendorf. Das Unternehmen aus Hamburg ist Weltmarktführer bei Laborgeräten und Verbrauchsmaterial und konnte in der Corona-Pandemie einen historischen Umsatzrekord verzeichnen, danach folgte ein starker Nachfrageeinbruch. Im Oktober 2023 wurde der Vorstand ausgewechselt und es begann Kurzarbeit. Das starke Wachstum der Belegschaft in der Pandemie hatte zur Umwandlung in eine Europäische Gesellschaft (SE) geführt, um knapp vor Überschreiten der Schwelle von 2.000 Arbeitnehmern in Deutschland einen paritätischen Aufsichtsrat zu vermeiden. Im Juni 2021 wurde eine SE-Beteiligungsvereinbarung abgeschlossen, bei der die EWC Academy als Beraterin beteiligt war (siehe Bericht in den EBR-News 3/2021). Der SE-Betriebsrat ist jetzt erstmals mit einer europaweiten Umstrukturierung konfrontiert. Eppendorf hat insgesamt 5.000 Beschäftigte. 

  13. Aktuelle Seminartermine

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 939 Arbeitnehmervertreter aus 317 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch mehrfach. Das entspricht 25% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Hinzu kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine


Seminar zur Neuverhandlung von EBR-Vereinbarungen in Würzburg

Vom 12. bis 15. November 2024 findet unser juristisches Seminar im Schloss Steinburg in Würzburg statt. Die neue EBR-Richtlinie wird in Kürze voraussichtlich verabschiedet. Da die neuen Standards nicht in allen Fällen automatisch gelten, muss eine sehr große Zahl von EBR-Vereinbarungen angepasst werden. Dafür gelten besondere Regeln und die Verhandlungszeit ist auf nur zwei Jahre begrenzt. In diesem Seminar werden die kritischen Punkte behandelt, um sich hierauf vorzubereiten.

 

Das Programm des Seminars

 

Seminar für Betriebsratsmitglieder in Konzernen mit Sitz im Ausland

 

Vom 12. bis 15. November 2024 findet parallel ein zweites Seminar im Schloss Steinburg in Würzburg statt, das die Bedeutung der "Außensteuerung" durch eine ausländische Muttergesellschaft für die Mitbestimmung behandelt. Es richtet sich an Betriebsratsmitglieder auf allen Ebenen (BR, GBR, KBR, EBR) und zielt darauf, die Handlungskompetenz in diesem speziellen Umfeld zu stärken. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bewertung von IT-Projekten und deren Gestaltung durch Betriebsvereinbarungen.

 

Das Programm des Seminars


17. Hamburger Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte


Die nächste Hamburger Fachtagung findet am 27. und 28. Januar 2025 statt. Es werden wie immer die neuesten Entwicklungen in der EBR- und SE-Landschaft, Fallbeispiele ("best practice") aus einigen Unternehmen sowie aktuelle Gerichtsentscheidungen vorgestellt. Im Mittelpunkt der Fachtagung steht die weitere Entwicklung zur Revision der EBR-Richtlinie. Die Europäische Kommission hatte am 24. Januar 2024 das Gesetzgebungsverfahren begonnen.

 

Das Programm der Fachtagung


Betriebsräteseminar in Danzig

Vom 2. bis 4. April 2025 findet erneut ein Seminar in Danzig statt. Neben einer Einführung in das polnische System der betrieblichen Arbeitnehmervertretung gibt es die Möglichkeit, sich über die aktuellen Entwicklungen nach dem Regierungswechsel zu informieren. Polen ist das wichtigste EU-Land in Osteuropa und die Wirtschaft ist stark mit Westeuropa verflochten. Aus diesem Grund sind polnische Delegierte in mehr als der Hälfte aller Europäischen Betriebsräte zu finden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2017).

 

Das Programm des Seminars


Grundlagenseminar auf Schloss Montabaur

Vom 22. bis 25. April 2025 findet das jährliche Grundlagenseminar für die Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien in Montabaur statt. Das Schloss liegt am ICE-Bahnhof auf halber Strecke zwischen Frankfurt und Köln. Dort werden mehrere Seminarbausteine für Einsteiger sowie Fortgeschrittene angeboten.

 

Das Programm des Seminars

Bericht von einem früheren Seminar in Montabaur


Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare

  14. Impressum

Die EBR-News werden herausgegeben von:

EWC Academy GmbH
Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 24.197 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 4.417 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 4.362 Empfänger

Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de

Hier können Sie die EBR-News beziehen oder abmelden.

Wir freuen uns über Anregungen zu diesem Newsletter und über Berichte aus Ihrem EBR.
Bitte schreiben Sie uns: info@ewc-academy.eu

powered by webEdition CMS