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13.
Dezember 2004
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1.
Neuer EU-Kommissar
befürwortet
Revision
der EBR-Richtlinie
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Der neue EU-Kommissar
für Beschäftigung und Soziales, der ehemalige
tschechische Arbeitsminister Vladimír Špidla,
sprach sich am 27. September 2004 bei einer parlamentarischen
Anhörung im Rahmen seiner Nominierung (siehe
Foto) für eine Revision der Richtlinie über
Europäische Betriebsräte aus - dies berichtet der News
Report des Europäischen Parlaments. Im April 2004
hatte sein Amtsvorgänger Stavros Dimas das
Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Nachdem der Europäische
Gewerkschaftsbund (EGB) und die europäischen
Arbeitgeberverbände ihre Stellungnahmen an
die Europäische Kommission abgegeben hatten (wir berichteten
im letzten
Newsletter), kamen sie im Juni 2004 in einer gemeinsamen
Sitzung überein, zunächst auf zwei
Sozialpartner-Seminaren anhand von Fallstudien
("best practice") über die Arbeit Europäischer
Betriebsräte zu diskutieren. Diese Veranstaltungen fanden am
23./24. September und am 27./28. Oktober 2004 in Brüssel
statt, ihre Ergebnisse müssen aber noch ausgewertet werden.
Bevor
Špidla, der am 22. November 2004 sein Amt
antrat, die zweite Phase der Konsultationen
im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens in Gang setzt, will er
die Auswertung dieser Seminare abwarten. Er hofft, daß die
Sozialpartner danach einen gemeinsamen Textvorschlag für die
neue Richtlinie ausarbeiten. Geschieht dies innerhalb von neun Monaten,
so wird dieser Text mit großer Wahrscheinlichkeit als neue
EBR-Richtlinie in Kraft gesetzt. Der EGB hat sich hierzu bereit
erklärt, die Arbeitgeberverbände wollen jedoch nur
über praxisbezogene Orientierungspunkte bzw. Leitlinien
für die Unternehmen zur Anwendung der bestehenden Richtlinie
verhandeln und lehnen jegliche Veränderung am
Richtlinientext ab.
Am 23. November 2004 berieten die EBR-Koordinatoren
der deutschen Einzelgewerkschaften auf einer Sitzung in
Berlin über weitere Schritte, um der Forderung nach einer
Revision Nachdruck zu verleihen. Dabei wurde auch angeregt, die
Forderungen des EGB für eine anstehende zweite
Konsultationsrunde der Europäischen Kommission zu
präzisieren. Nähere Informationen und Dokumente zum
Download haben wir auf einer Sonderseite
zusammengestellt, die regelmäßig aktualisiert wird.
Seminare
im Rahmen des "sozialen Dialogs" wie die jüngsten beiden
Veranstaltungen in Brüssel dienen dazu, gemeinsam
interessierende Fragen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern
- oft auch unter Einbeziehung der Europäischen
Kommission - zu besprechen. Es versteht sich von selbst,
daß dort keine lupenreine Gewerkschaftspolitik gemacht werden
kann und im Vorfeld sowohl die Themen als auch der Teilnehmerkreis im
Konsens festgelegt werden. Wir haben einige Stimmen von Teilnehmern des
Seminars am 27./28. Oktober 2004 eingefangen.
Auffällig
war nach Meinung von Wilhelm Schwerdhöfer,
EBR-Vorsitzender von HeidelbergCement, daß nur Unternehmen
auf dem Podium vertreten waren, in denen die Zusammenarbeit zwischen
EBR und Konzernleitung relativ reibungslos verläuft. In keinem
einzigen der präsentierten Beispiele hat es im Unternehmen
wirklich "gekracht", so Schwerdhöfer, und die
Seminarteilnehmer haben sich bei ihrer Diskussion über "best
practice" auf eine Art "heile EBR-Welt" beschränkt.
Für Ina Gosch, die für die
ver.di-Bundesverwaltung daran teilnahm, wurde insbesondere durch
Wortmeldungen von Teilnehmern aus Mittelosteuropa deutlich, welch
gewaltiger Nachholbedarf dort nicht nur für
Europäische Betriebsräte, sondern auch beim Aufbau
von nationalen Betriebsräten besteht. Für
Hans-Jürgen Stübner vom EBR des britischen
Automobilzulieferers GKN Driveline steht fest, daß einige
Regelungen der jetzigen EBR-Richtlinie dringend konkretisiert werden
müssen, allerdings könne man ein
Sozialpartner-Seminar nur als Anstoß zur Diskussion
betrachten - mehr nicht. Wir haben bei Winfried Zander,
der den Europäischen Betriebsrat von Henkel im Seminar
präsentiert hat, genauer nachgefragt: Der
Europäische Betriebsrat von HeidelbergCement hatte sich
bereits im Juni 2004 direkt an die Europäische Kommission
gewandt und seine Forderungen nach einer Revision der EBR-Richtlinie
sehr konkret ausformuliert: |
2.
Aktuelle Entwicklung bei General Motors
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In der Nacht vom
7. zum 8. Dezember 2004 einigte sich der Europäische
Betriebsrat von General Motors mit der Europaleitung des
US-Konzerns auf ein Rahmenabkommen, in dem das Unternehmen auf
betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen
verzichtet. Weiterhin wurden eine Zukunftsperspektive für die
Marken Opel, Vauxhall und Saab sowie die Einhaltung der bestehenden
Tarifverträge zugesichert. Zuvor hatte es monatelange
Verhandlungen und Proteste gegeben. Am 19. Oktober 2004 demonstrierten
an 13 GM-Standorten in Europa und in drei brasilianischen Werken
über 50.000 Beschäftigte gegen die geplanten
Kürzungen.
Für den
Europäischen Betriebsrat von GM ist es nicht das erste
Abkommen dieser Art, bereits seit dem Jahr 2000 wurden mehrfach
europaweite Restrukturierungsvereinbarungen abgeschlossen. Die
europäische Arbeitnehmervertretung von General Motors geht
damit weit über die Befugnisse eines normalen EBR hinaus, denn
der Gesetzgeber hat ein Mitbestimmungs- oder Verhandlungsrecht in der
EBR-Richtlinie nicht vorgesehen. Arbeitsbeziehungen in der Automobilindustrie im
deutsch-schwedischen Vergleich In den vergangenen Wochen ging
neben Bochum und Rüsselsheim immer wieder der schwedische Ort
Trollhättan durch die Medien. In allen drei Standorten werden
die Beschäftigen vom Europäischen
Betriebsrat vertreten. In beiden Ländern
standen ganze Werke auf der Streichliste. Wie kommt es,
daß die Beschäftigen sehr unterschiedlich auf die
Einsparpläne bei Opel und Saab reagiert haben?
Wir haben bei Martin Bartmann
nachgefragt. Er ist Doktorand an der TU Kaiserslautern und hat im
Rahmen seines von der Hans-Böckler-Stiftung
geförderten Promotionsvorhabens in den letzten Monaten
zahlreiche Interviews mit Arbeitnehmervertretern und dem Management in
Schweden durchgeführt. Sein Resümee: Die schwedischen
Gewerkschaften sehen sich in internationalen Konzernverbünden
durch die Beschäftigungssicherungspakte anderer
Länder unter Druck, da es dann für die Unternehmen
leichter und billiger ist, in Schweden Arbeitsplätze
abzubauen.
weiter
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3. Gerichtsentscheidungen
für die EBR-Arbeit
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LAG-Niedersachsen
zum Unterrichtungsanspruch:
Präzedenzfall für viele
Europäische Betriebsräte
Bisher gibt es erst wenige
Gerichtsurteile, die sich mit
dem Anspruch eines Europäischen Betriebsrates auf rechtzeitige
Information bei drohenden Produktionsverlagerungen befassen. Die
meisten Urteile hierzu sind Ende der 90er Jahre in Frankreich ergangen.
Ein Beschluß des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
vom 1. September 2004 kann daher für Deutschland als
Präzedenzfall gelten. Das Beispiel zeigt, wie mutige
Arbeitnehmervertreter durch Ausschöpfung der
Möglichkeiten der deutschen Mitbestimmung (d. h.
Anrufung der Einigungsstelle) auch die Rechte eines
Europäischen Betriebsrates stärken können.
Über die Hintergründe des
konkreten Falles und die Entscheidung des LAG haben wir in Hannover mit
dem Vorsitzenden des deutschen Gesamtbetriebsrates der Firma Siegling,
Johannes Waldmann, gesprochen. Er ist Mitglied der IG BCE und in
Personalunion EBR-Vorsitzender des schweizerischen Forbo-Konzerns.
weiter
Neues von Kühne + Nagel und Bofrost
Wir
berichteten mehrfach über die Urteile
des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichts
zur Informationspflicht des Arbeitgebers im Vorfeld der
Gründung eines EBR. Ein besonders hartnäckiger Fall
von Verhinderungstaktik betreibt die Konzernleitung des in der Schweiz
angesiedelten Speditionsunternehmens Kühne + Nagel,
die auf dem Gerichtsweg bereits in allen Instanzen unterlegen ist
(siehe hierzu unsere Sonderseite).
Der
Vorsitzende des deutschen
Konzernbetriebsrates von Kühne + Nagel,
Michael Kalis, berichtete vor wenigen Tagen gegenüber unserer
Newsletter-Redaktion, daß sich fast alle
europäischen Landesgesellschaften des Konzerns geweigert
haben, die erforderlichen Informationen nach Hamburg zu
übermitteln. Konsequenz daraus wäre nun,
daß die deutsche Landesgesellschaft ihre
Schwestergesellschaften in jedem der betroffenen
Länder verklagen muß. Es kann mit großer
Wahrscheinlichkeit unterstellt werden, daß dieses Verhalten
auf eine Anweisung der schweizerischen Konzernleitung
zurückgeht, die damit die EBR-Gründung weiter
boykottieren und in die Länge ziehen will.
Das
Handelsunternehmen Bofrost wird
nun doch keinen EBR bekommen. Seit Jahren hatten die
Arbeitnehmervertreter darum gekämpft und in allen Instanzen
bis zum Europäischen Gerichtshof gewonnen. Grund:
kürzlich hat das Unternehmen seine interne
gesellschaftsrechtliche Struktur dahingehend verändert,
daß die EBR-Richtlinie nicht mehr greifen kann. Am 9.
Dezember 2004 entschied daher das Landesarbeitsgericht
Düsseldorf, daß kein EBR zu gründen ist.
Erstmals
Entscheidung über EBR-Rechtslage in Großbritannien
Am
15. Juli 2004
veröffentlichte das Central
Arbitration Committee (CAC),
eine paritätisch besetzte Schlichtungsstelle
für Streitigkeiten im kollektiven Arbeitsrecht, eine
Entscheidung über die britische EBR-Gesetzgebung. Zuvor hatte
es hierzu im Vereinigten Königreich noch keinerlei Urteile
gegeben. Beschäftigte des britischen Kulturinstituts British
Council hatten sich an das CAC gewandt, da sie im Rahmen der
EBR-Gründung nicht rechtzeitig und ausführlich
über die Anzahl der Beschäftigten in den einzelnen
EU-Ländern informiert worden waren. Das CAC verlangte vom
British Council, innerhalb eines Monats die Regelungen des britischen
EBR-Gesetzes zu erfüllen.
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4.
Europäische Aktiengesellschaft ist auf dem Weg
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Gesetz
zur Europäischen
Aktiengesellschaft verabschiedet
Am 29. Oktober 2004
verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz
zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG).
Mit ihm werden die entsprechenden EU-Vorgaben, die bereits
am 8. Oktober 2004 in Deutschland wie auch in allen anderen
EU-Ländern unmittelbare Geltung erlangt hatten, in
deutsches Recht umgesetzt. Nach Meinung der Bundesregierung konnte mit
dem Gesetz das deutsche Mitbestimmungsniveau gegen den Widerstand der
Opposition erfolgreich verteidigt werden. Die Debatte mit den
unterschiedlichen Positionen der Bundestagsfraktionen ist im Plenarprotokoll auf
den Seiten 45 bis 56 dokumentiert. Zuvor hatte der
Rechtsausschuß am 18. Oktober 2004 eine
öffentliche Anhörung durchgeführt,
bei der die Regelungen zur Mitbestimmung im Mittelpunkt standen.
Obwohl es sich
nicht um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, rief der Deutsche
Bundesrat am 26. November 2004 den Vermittlungsausschuß an
und forderte eine grundlegende Überarbeitung. Deutsche
Unternehmen, so die Begründung
der Länderkammer, würden durch die
Regelungen zur Aufsichtsratsmitbestimmung als Partner auf
europäischer Ebene kaum noch in Betracht kommen. Der
Vermittlungsausschuß wird sich am 15. Dezember 2004 nochmals
mit dem Gesetz befassen, daher kann es frühestens im Januar
oder Februar 2005 in Kraft treten. Zehn andere EU-Länder haben
das Gesetz bereits in Kraft gesetzt.
Die SE ist eine
neue Rechtsform für Unternehmen, die in verschiedenen
Mitgliedstaaten der EU tätig sind.
Zukünftig können diese zwischen den
vorhandenen (deutschen, französischen, schwedischen
usw.) Gesellschaftsformen und einer Europäischen
Aktiengesellschaft (SE) wählen. Um die in vielen
Ländern bestehende Mitbestimmung im Aufsichtsrat nicht
unterlaufen zu lassen, gibt es neben der eigentlichen EU-Verordnung
eine gesonderte EU-Richtlinie zur Arbeitnehmerbeteiligung in der SE.
Erste
SE-Gründungen Am
8. Oktober 2004, dem Tag des Inkrafttretens der EU-Verordnung, wurde
die erste SE gegründet. Es handelt sich um die MPIT
Structured Financial Services SE mit Sitz in Amsterdam. Ziel
des Unternehmens, an dessen Gründung Gesellschaften aus
Belgien, Luxemburg, Dänemark und den Niederlanden beteiligt
waren, sind Finanzdienstleistungen. Das neue Unternehmen hat nur eine
sehr geringe Zahl von Beschäftigten, daher wurde keine
Regelung zur Mitbestimmung erforderlich. Anders
dagegen die Situation in
der österreichischen Bauholding Strabag,
die am 12. Oktober 2004 in eine Europäische Aktiengesellschaft
umgewandelt wurde. Die Eintragung der Strabag SE im Firmenbuch
hätte den vorherigen Abschluß einer
Mitbestimmungsregelung durch ein Besonderes Verhandlungsgremium
erfordert, was von der Konzernleitung jedoch versäumt wurde.
Stattdessen traf sie lediglich eine Vereinbarung mit den
österreichischen Arbeitnehmervertretern ohne
Einbeziehung des Europäischen Betriebsrates. Im
internationalen Aufsichtsrat der Strabag SE sitzen daher nur
österreichische Arbeitnehmervertreter,
während alle anderen Länder außen
vor bleiben. Dies hat zu Unstimmigkeiten zwischen den
beteiligten Gewerkschaften geführt. Gegen die Eintragung haben
sowohl die deutsche IG BAU, die belgische Gewerkschaft ACV
Bouw en Industrie/CSC Bâtiment et Industrie, der
belgische Betriebsrat
von Strabag und die Bundesarbeitskammer von Österreich beim
zuständigen Firmenbuchgericht Rechtsmittel eingelegt.
Daher wird eine der ersten SE-Gründungen auch zum ersten
Gerichtsverfahren in diesem neuen Rechtsgebiet führen.
Inzwischen
haben auch zwei skandinavische
Unternehmen erklärt, daß sie die Rechtsform der SE
wählen wollen: der Elektronikproduzent Elcoteq
Network Corporation mit Hauptsitz in Finnland und Standorten
in Estland, Ungarn, Deutschland und Schweden sowie die Bankengruppe Nordea
mit Hauptsitz in Schweden und Niederlassungen in Dänemark,
Finnland, Norwegen, Estland, Lettland, Litauen, Deutschland, Luxemburg,
Polen und Großbritannien. Bei Nordea wird die
SE-Gründung von den Gewerkschaften durch ein EU-gefördertes
Projekt begleitet. |
Neue
EBR-Studie der
Europäischen Stiftung
Kürzlich
veröffentlichte die Europäische Stiftung zur
Verbesserung der Lebens- und
Arbeitsbedingungen eine Studie über die praktische Arbeit von
Europäischen Betriebsräten.
Darin wurden 41 Fallbeispiele aus Frankreich, Deutschland, Italien,
Schweden und Großbritannien untersucht. Ein wichtiger Aspekt
der Studie bezieht sich auf die Praxis von Information
und Konsultation. Obwohl die Konzernleitung in allen 41
Unternehmen für Diskussionen mit den EBR-Mitgliedern zur
Verfügung stand, haben rechtzeitige Konsultationen nur sehr
selten stattgefunden. Die Einbeziehung der Arbeitnehmervertretung
begann meist erst bei der Umsetzung von Managemententscheidungen, wenn
diese bereits getroffen waren. Die 154 Seiten umfassende Studie ist
derzeit nur in englischer Sprache verfügbar.
Einen
Überblick über die Entwicklung bei den
Europäischen Betriebsräten in den
Jahren 2002 bis 2004 hat das Europäische Observatorium
für die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen (EIRO) am 11.
November 2004 im Internet veröffentlicht. Der Text beleuchtet
den Umfang von EBR-Vereinbarungen und deren Neuverhandlung, den
Einfluß von Europäischen Betriebsräten bei
grenzüberschreitenden Restrukturierungen,
einschlägige Gerichtsurteile, die Auswirkungen der
EU-Osterweiterung und die Debatte über eine mögliche
Verbesserung der EBR-Arbeit. So
wurden
seit 2002 europaweit nur etwa 50 neue EBR-Gremien gegründet.
Der stärkste Zuwachs war in Unternehmen zu
verzeichnen, die ihren Hauptsitz in Belgien, Frankreich, Deutschland,
Finnland und Schweden haben. Allein in der deutschen Metall- und
Elektroindustrie wird von sechs neuen EBR-Vereinbarungen berichtet. In
jüngster Zeit sind mehr
EBR-Neugründungen im Gange als in den Jahren
zuvor, über die Ursachen hierfür kann
allerdings nur spekuliert werden. Einerseits ist die Zahl der
EBR-fähigen Unternehmen durch die EU-Osterweiterung um rund
16% auf 2.169 gestiegen, andererseits gibt es auch wieder eine
wachsende Zahl von Fusionen und Übernahmen im
Europäischen Binnenmarkt. Bis Anfang September 2004 hatten
insgesamt 737 Unternehmen einen oder mehrere Europäische
Betriebsräte eingerichtet.
Erster
EBR in einem EU-Beitrittsland gegründet
Seit
dem 1. Mai 2004 fallen die zehn EU-Beitrittsländer unter den
Geltungsbereich der EBR-Richtlinie. Nach Berechnungen des
Europäischen Gewerkschaftsinstituts (EGI) gibt es jedoch nur
35 EBR-fähige Unternehmen, die dort ihren Hauptsitz haben,
darunter zwölf in Ungarn, zehn in Polen und sieben in der
Tschechischen Republik. Im Juni 2004 wurde nun die erste
EBR-Vereinbarung in einem dieser Konzerne, dem ungarischen
Öl- und Gasunternehmen Magyar Olaj
és Gázipari (MOL),
unterzeichnet. Neben Delegierten aus neun EU-Ländern
gehören dem EBR auch Beobachter aus Kroatien und
Rumänien an.
Dagegen
gibt
es in Mittelosteuropa zahlreiche EBR-fähige Unternehmen mit
einem Mutterhaus in der alten EU. Von den insgesamt 2.169 Konzernen im
Geltungsbereich der EBR-Richtlinie sind 784
Unternehmen in Polen, 644 in Ungarn, 609 in der Tschechischen Republik,
326 in der Slowakei, 175 in Estland, 172 in Slowenien, 147 in Litauen
und 144 in Lettland mit Standorten vertreten. In Süd-Zypern
gibt es lediglich 60 und auf Malta 54 ausländische
Niederlassungen, die von der EBR-Richtlinie erfaßt sind. Die
Türkei wäre bei einem EU-Beitritt potentiell in 256
Unternehmen mit Delegierten im EBR vertreten (Quelle: EGI, Zahlen von
September 2004).
Fragen,
die
sich aus der EU-Osterweiterung
für bestehende Europäische Betriebsräte
ergeben, haben wir auf einer Sonderseite zusammengefaßt.
EBR-Gründung
ohne EBR-Vereinbarung
Anders
als
das deutsche Betriebsverfassungsgesetz stellt die EBR-Richtlinie kein
detailliertes Regelwerk zur Verfügung. Daher müssen
vor der Gründung eines Europäischen
Betriebsrates viele Einzelheiten zunächst in einer
europaweiten Betriebsvereinbarung ausgehandelt werden. Vor
etwa zwei Jahren sind die ersten Fälle bekannt geworden, in
denen keine EBR-Vereinbarung mit der Konzernleitung zustandekam. Im
belgischen Unternehmen Barco, Hersteller
von Großbildschirmen, und beim französischen
Glasflaschenproduzenten BSN Glasspack wurden
Europäische Betriebsräte "kraft Gesetz" gebildet
(siehe Beitrag
in Heft 5/2003 der Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb,
S. 310). Im Maschinenbaukonzern Körber
mit Hauptsitz in Hamburg sowie im Konzern Deutsche
Bahn hat sich der Arbeitgeber geweigert, ein Besonderes
Verhandlungsgremium (BVG) zu bilden. In beiden Unternehmen wird derzeit
die Konstituierung des EBR vorbereitet, nach dem Willen der beteiligten
Gewerkschaften sollen dessen Arbeitsgrundlagen jedoch besser als die
gesetzlichen Mindestbedingungen ausgestaltet werden.
Bisher
sind dies noch Einzelfälle, aber sie zeigen die Schwachstellen
der aktuellen EBR-Richtlinie. Gelingt keine Einigung zwischen den
Betriebsparteien, so wird nicht etwa eine Einigungsstelle, sondern ein
EBR "kraft Gesetz" auf der Grundlage der gesetzlichen
Mindestvorschriften gebildet. Vom Gesetzgeber ist dies nur als
Notlösung vorgesehen. Der Europäische
Gewerkschaftsbund (EGB) möchte im Rahmen der Revision der
EBR-Richtlinie die maximale Verhandlungszeit im BVG von drei Jahren auf
ein Jahr reduzieren, so steht es in seinem Strategiepapier vom
Februar 2004. An der Problematik der oben
beschriebenen Fälle ändert dies jedoch nichts.
Nützlich könnte vielmehr eine Art Schlichtungsstelle
im Rahmen des Sozialdialogs auf europäischer Ebene sein, um
unwillige Arbeitgeber zum Einlenken zu bewegen. Von einer
Schlichtungsstelle würde eine größere
Disziplinierungswirkung auf die Betriebsparteien vor Ort ausgehen, als
es unter der aktuellen Rechtslage der Fall ist. Dies gilt nicht nur
für Europäische Betriebsräte, sondern auch
bei der Europäischen Aktiengesellschaft, wie das Beispiel
Strabag (siehe Punkt 4 weiter oben) nahelegt.
Ohne die
Verhandlungserfahrungen im BVG ist es für einen
neugegründeten EBR schwieriger, zu einem
arbeitsfähigen Gremium zusammenzuwachsen. Aus diesem Grund
fand im Oktober 2004 bei Körber unter Mithilfe des Trainings-
und Beratungsnetzes "euro-betriebsrat.de" ein Inhouse-Seminar statt, um
sich auf die EBR-Gründung "kraft Gesetz" vorzubereiten.
Betriebsräte werden
global - vom EBR zum Weltbetriebsrat
Derzeit gibt
es in sechs global tätigen Unternehmen einen Weltbetriebsrat,
der vom Management als Gesprächspartner akzeptiert ist.
Volkswagen, SKF, Danone und DaimlerChrysler haben diesen Schritt schon
vor mehreren Jahren vollzogen. 2003 kamen der französische
Automobilbauer Renault und der dänische Spielzeughersteller
Lego hinzu, als sie ihre EBR-Gremien in einen Weltbetriebsrat
umwandelten (die außereuropäischen Vertreter haben
bei Danone und Renault jedoch nur einen Beobachterstatus). Im Oktober
2004 wurde in der schwedischen Versicherungsgesellschaft
Skandia eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach der seit 1999
bestehende EBR mit außereuropäischen Vertretern
aufgestockt werden soll. Im dänischen
Sicherheitsunternehmen Group4Falck
ist dieser Schritt zur Zeit in Vorbereitung und bei France
Télécom wird die Gründung eines
Weltbetriebsrates diskutiert, er soll bis Mai 2005 seine
Arbeit aufnehmen.
Aber auch
ohne die Gründung eines Weltbetriebsrates dehnen
Arbeitnehmervertretungen ihren Wirkungsbereich über Europa
hinaus aus, indem sie weltweit gültige
Rahmenvereinbarungen zur Sicherung sozialer Mindeststandards
mit der Konzernleitung abschließen. Nachdem bereits mehrere
Unternehmen der Automobilindustrie Grundsätze sozialer
Verantwortung mit ihrem jeweiligen Welt- bzw. Europäischen
Betriebsrat vertraglich geregelt haben (wir berichteten im vorletzten
Newsletter), ist am 12. Oktober 2004 auch Renault
diesem Beispiel gefolgt. Weiterhin wurden im Juli 2004 im deutschen
Elektrounternehmen Prym weltweite soziale Mindeststandards zwischem dem
EBR und der Konzernleitung vereinbart. Auf unserer Downloadseite stehen
die entsprechenden Texte zur Verfügung.
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6.
Europäische Betriebsräte bei
ver.di
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Anfang
Oktober 2004 veröffentlichte
die verdi-Bundesverwaltung Ergebnisse einer von ihr in Auftrag
gegebenen Untersuchung über Europäische
Betriebsräte. Der britische
Wissenschaftler Jeremy Waddington hatte ver.di-Mitglieder in 36
EBR-Gremien befragt, davon etwa die Hälfte Unternehmen
deutschen Ursprungs. Sie bemängelten meist
Defizite bei der Unterrichtung durch die Konzernleitung: bei
der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens, bei
Unternehmenspolitik und Investitionsvorhaben, Änderungen von
Arbeitsmethoden, Standortschließungen, Fusionen und
Übernahmen und bei der Entwicklung der
Beschäftigtenzahlen. Nur knapp die Hälfte der
befragten EBR-Mitglieder habe zu diesen Themen brauchbare Informationen
erhalten, so Waddingtons Erkenntnis.
Die Studie zeigt
auch deutliche Unterschiede bei EBR-Vereinbarungen und in der
praktischen Arbeit, beispielsweise betreiben Unternehmen mit einem
angelsächsischen Mutterhaus die EBR-Arbeit anders als
kontinentaleuropäische Unternehmen. Die Studie macht auch
Aussagen zu den internen Strukturen von ver.di und zeigt, in
welchen Bereichen noch ein Verbesserungspotential bei der
EBR-Unterstützung und Betreuung liegt. Auf dem Wunschzettel
der EBR-Mitglieder für Schulungen stehen Arbeitsgesetzgebung
und Arbeitsbeziehungen in den anderen EU-Ländern weit an der
Spitze. Gefragt sind außerdem "best-practice"-Beispiele aus
anderen Europäischen Betriebsräten.
ver.di-Workshop
für Europäische Betriebsräte
Erstmals
fand im Oktober 2004 ein fachbereichsübergreifender
EBR-Workshop der ver.di-Bundesverwaltung statt. Ziel war die
Schärfung der interkulturellen Kompetenz im Bereich der
Arbeitsbeziehungen, insbesondere für neugewählte
EBR-Mitglieder. Die Teilnehmer des Workshops im Bildungszentrum
Walsrode (siehe Foto) kamen aus den neugegründeten
Europäischen Betriebsräten von Deutsche Post und
Deutsche Telekom, aus Unternehmen der Wasserwirtschaft, von der
Autovermietung Avis und dem Möbelhändler IKEA.
Von den
Teilnehmern wurde die fachbereichsübergreifende Struktur des
Workshop, der unter Mithilfe des Trainings- und
Beratungsnetzes "euro-betriebsrat.de" konzipiert und
durchgeführt wurde, als sehr bereichernd empfunden. Für
Oktober 2005 ist daher eine vergleichbare Veranstaltung in
Undeloh in der Planung. Nähere Informationen werden wir in
Kürze hier veröffentlichen.
ver.di
kooperiert mit britischer Gewerkschaft UNISON
Mitte Oktober
2004 wurde in London ein Kooperationsvertrag zwischen ver.di und der
größten britischen Einzelgewerkschaft UNISON
unterzeichnet, deren Mitglieder vorwiegend im öffentlichen
Dienst beschäftigt sind. Der Vertrag sieht neben der
wechselseitigen Anerkennung der Mitgliedschaft und der gemeinsamen
Erarbeitung von Strategien für
Tarifverhandlungen auch eine Zusammenarbeit bei
der Gründung Europäischer Betriebsräte
vor. Die bereits begonnene Zusammenarbeit in privatisierten
Staatsbetrieben der Ver- und Entsorgungswirtschaft, die
über Standorte in beiden Ländern verfügen
(E.ON, RWE/Thames Water, Veolia, Sodexho, ISS, Severn Trent und
Innogy), soll damit ergänzt werden. Vergleichbare bilaterale
Gewerkschaftskooperationen gibt es schon seit 1993, als die damalige IG
Chemie-Papier-Keramik das erste Partnerschaftsabkommen seiner
Art mit der britischen Gewerkschaft GMB (General, Municipal
and Boilermakers´ Union) abschloß.
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7. Gewerkschaftsfusion in der
Schweiz
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Während in
Österreich die seit drei Jahren vorbereitete Fusion mehrerer
Einzelgewerkschaften im September 2004 wegen Unstimmigkeiten
über die Verteilung von Macht und
Ämtern gestoppt wurde, haben sich drei schweizerische
Gewerkschaften aus den Bereichen Bau, Industrie, Transport und
Dienstleistungen am 16. Oktober 2004 in Basel zur neuen
Großgewerkschaft Unia zusammengeschlossen. An der Fusion beteiligt waren die
Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI), die Gewerkschaft Industrie,
Gewerbe, Dienstleistungen (SMUV) und die Gewerkschaft Verkauf, Handel,
Transport, Lebensmittel (VHTL). Unia nimmt ihre Arbeit im
Januar 2005 auf und wird dann mit rund 200.000 Mitgliedern die
größte Gewerkschaft der Schweiz sein. Vergleichbar
den Fachbereichen von ver.di in Deutschland besteht Unia aus
Sektoren: Bau,
Gewerbe, Industrie und Tertiärsektor.
Besondere
Situation für Europäische Betriebsräte in
der Schweiz Die Schweiz ist nicht
Mitglied der Europäischen Union, aber viele Unternehmen des
Landes sind in der EU tätig. Genau wie Unternehmen aus den USA
oder Japan müssen diese einen EBR gründen,
wenn sie die Schwellenwerte der EBR-Richtlinie überschreiten.
Dabei können schweizerische Unternehmenszentralen die
Verantwortung für den Aufbau des EBR und die Bereitstellung
von Mitteln an die Niederlassung in der EU mit der höchsten
Anzahl von Arbeitnehmern delegieren. In den Fällen
Kühne + Nagel sowie ADS Anker hat diese Frage sogar den
Europäischen Gerichtshof beschäftigt (siehe hierzu
unsere Sonderseite).
Anders
als in den EU-Staaten gibt es kein nationales Umsetzungsgesetz
zur EBR-Richtlinie. Die Folge ist eine Rechtsunklarheit über
die Wahl und den Status der schweizerischen Delegierten in den
Europäischen Betriebsräten. Teilweise sind sie
dort nur Gäste ohne Stimmrecht und bei den Sitzungen
nur "am Katzentisch" dabei. Inzwischen haben 44 Unternehmen und damit
fast alle wichtigen weltweit tätigen schweizerischen Konzerne
(ABB, Ciba Geigy, Credit Suisse, Holcim,
Metro, Nestlé, Novartis, Roche, Winterthur etc.) einen EBR
gegründet, einige davon
tagen sogar ohne schweizerische Delegierte (Swatch, Zehnder).
Wie
der EBR-Koordinator der Gewerkschaft SMUV, Alfred Eger,
gegenüber unserer Newsletter-Redaktion erläuterte,
wird es bei der EBR-Betreuung in der Unia keine Änderungen
gegenüber der bisherigen Praxis geben. Die Betreuung bleibt
bei den jeweiligen Sektoren angesiedelt und wird von den
gleichen Personen geleistet wie bisher. Einige hauptamtliche
Gewerkschaftssekretäre sind von den europäischen
Dachverbänden als EBR-Betreuer benannt und behalten dieses
Mandat auch nach Gründung der Unia. Allerdings wird die Unia
eine sektorübergreifende EBR-Koordinierungsstelle einrichten,
die vom bisherigen EBR-Koordinator der Gewerkschaft GBI, Hans
Baumann, geleitet wird. |
8. Initiativen auf EU-Ebene zu Arbeitszeit
und Stress
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Revision der
europäischen Arbeitszeitrichtlinie
Nach langen Verhandlungen legte die
Europäische Kommission am 22. September 2004 einen Vorschlag
zur Aktualisierung der Arbeitszeitrichtlinie vor. Diesem Vorschlag ging
ein zweistufiger Konsultationsprozeß voraus, in dessen
Verlauf konnten sich die europäischen
Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften jedoch nicht
auf gemeinsame Verhandlungen einigen (wir berichteten im letzten Newsletter).
Wichtige
Punkte des Kommissionsvorschlags: Bereitschaftszeit ohne
tatsächliche Arbeitsleistung gilt nicht mehr als Arbeitszeit
und die wöchentliche Höchstarbeitszeit soll von 48
auf 65 Stunden angehoben werden. Rahmenvereinbarung
über Stress am Arbeitsplatz
Nach neunmonatiger Verhandlungszeit hat der Europäische
Gewerkschaftsbund (EGB) mit den europäischen
Arbeitgeberverbänden am 8. Oktober 2004 ein
Rahmenabkommen über Stress am Arbeitsplatz
geschlossen. Dabei handelt es sich um das zweite Abkommen
seiner Art nach dem Abkommen zur Telearbeit, für dessen
Umsetzung die unterzeichnenden Verbände direkt verantwortlich
sind. Es stellt sie vor die besondere Herausforderung, auch in den
Mitgliedstaaten der EU für die Umsetzung zu sorgen,
beläßt ihnen aber mehr Autonomie als bei einer
Richtlinie. Alle anderen Abkommen, die bisher im Sozialdialog
geschlossen wurden, sind vom Europäischen Rat später
als Richtlinien verabschiedet worden.
Die Vereinbarung soll Arbeitgeber und Arbeitnehmer für Stress
am Arbeitsplatz und dessen Folgen sensibilisieren, sie schlägt
Verfahren zur Ermittlung und Bekämpfung der Probleme vor.
Die Bedeutung dieses Themas ist auch in
der WSI-Betriebsrätebefragung 2004 deutlich geworden.
Zu Gesundheitsbelastungen und Prävention am Arbeitsplatz haben
sich rund 3.500 deutsche Betriebs- und Personalräte
geäußert. Ergebnisse hinsichtlich der
Belastungssituation in den Betrieben und zum Handlungsbedarf aus Sicht
der Betriebsräte werden in folgendem Beitrag vorgestellt:
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Projekt int.unity
Gemeinsam
mit der britischen Gewerkschaft CWU (Communication Workers
Union), dem Institut für Angewandte
Informationsforschung (IAI) an der Universität des Saarlandes
und der OrbiTeam Software GmbH hat die Gewerkschaft ver.di das Projekt
int.unity durchgeführt. Ziel des Projektes war es,
Landesgrenzen und Sprachbarrieren zu überschreiten und neue
Wege der Zusammenarbeit der beteiligten Gewerkschaften zu testen und
auf eine multilinguale "elektronische" Grundlage zu stellen. Inhaltlich
wurden folgende Themen bearbeitet: Gewerkschaften und Neue Wirtschaft,
Gewerkschaften und das Internet sowie Gewerkschaften und
Europäische Betriebsräte. Im Projekt ist auch eine
maschinelle Sprachübersetzung für Deutsch - Englisch
entwickelt worden, die auf der Homepage von int.unity
Interessierten zur Verfügung steht.
Interessant ist der von Luis Neves
verfasste Abschlußbericht über Europäische
Betriebsräte in der Telekommunikation mit einem
Schwerpunkt auf Deutschland und Großbritannien.
Regionales DGB-Netzwerk "Euro-Betriebsräte"
Der
DGB-Bezirk Niedersachsen/Bremen/Sachsen-Anhalt hat kürzlich
ein regionales Netzwerk für Europäische
Betriebsräte ins Leben gerufen. Damit sollen EBR-Mitglieder
branchenübergreifend bei ihrer Arbeit unterstützt,
ein kontinuierlicher Erfahrungsaustausch und wechselseitiges
Lernen ermöglicht und Kontakte zwischen
den Netzwerk-Teilnehmern hergestellt werden. EBR-Forum
der Europäischen Gewerkschaftsakademie (EGA)
Die EGA betreibt ein Online-Forum für
Europäische Betriebsräte, in dem aktuelle EBR-Fragen
diskutiert und Dokumente zugänglich gemacht werden. Genutzt
wird es in erster Linie von Gewerkschaftssekretären, die mit
Europäischen Betriebsräten arbeiten. Die zumeist
englischsprachigen Beiträge im Forum kann man mit einem
Gastzugang lesen, ohne sich anmelden zu müssen. Will man sich
mit eigenen Beiträgen beteiligen, ist ein Paßwort
erforderlich, das bei der EGA beantragt werden kann.
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Auf dem Weg zum Weltbetriebsrat
Bekannt geworden ist die an der
Fachhochschule Fulda angesiedelte Forschungsgruppe Europäische
und internationale Arbeitsbeziehungen für Ihre Untersuchungen
zu Europäischen Betriebsräten. In ihrer neuesten
Studie geht das Wissenschaftlerteam jedoch über
Europa hinaus: mittels Fallstudien in acht globalen Konzernen
in vier Branchen werden Wege und Instrumente transnationaler
Arbeitnehmervertretung auf globaler Konzernebene analysiert. Konkret
beschrieben wird die Entstehung von Weltbetriebsräten und der
Abschluß globaler Vereinbarungen zur Sicherung sozialer
Mindeststandards.
Torsten
Müller/Hans-Wolfgang Platzer/Stefan Rüb Globale
Arbeitsbeziehungen in globalen Konzernen?
Zur Transnationalisierung betrieblicher und
gewerkschaftlicher Politik. Eine vergleichende Fallstudie 2004,
321 Seiten, broschiert, 39,90 €,
ISBN 978-3-531-14466-5
→ Online-Bestellung
Verflechtungen der wichtigsten
Konzerne in
Deutschland
In
diesem seit 15 Jahren erscheinenden Standardwerk werden die Strategien
der wichtigsten deutschen Unternehmen und in Deutschland
tätigen internationalen Konzerne einer kritischen Analyse
unterzogen. Die Jubiläumsausgabe 2005 geht besonders
auf die Bedingungen und Veränderungen in der vernetzten
Weltwirtschaft ein. Das Buch liefert aktuelle
Daten über Besitzverhältnisse,
Geschäftsfelder und Beteiligungen, Mitarbeiterzahlen,
Standort Deutschland und globale Strategien, Umsätze, Cash
Flow, Gewinne, Aktienkurse, Arbeitszeit- und Bezahlungsmodelle,
Forschung, Entwicklung, Innovationen. Viele
EBR-Mitglieder werden ihren Namen hier wiederfinden, denn
neben den Vorständen sind auch alle
Aufsichtsratsmitglieder namentlich aufgeführt.
Rüdiger Liedtke Wem
gehört die Republik? 2005
Die Konzerne und ihre Verflechtungen in der globalisierten Wirtschaft.
Namen, Zahlen, Fakten 2004, 509 Seiten,
broschiert, 24,90 €, ISBN 3-8218-5591-6 → Online-Bestellung
Ist der Standort Deutschland noch zu retten?
Die weltweite Öffnung der Märkte
wird immer wieder zur Begründung für Sozialabbau
herangezogen, mit dem Schreckgespenst der Globalisierung
können Betriebsräte und Belegschaften leicht unter
Druck gesetzt und gegeneinander ausgespielt werden. Doch was ist
tatsächlich dran an der Behauptung, die Arbeitsplätze
würden dem Exportweltmeister Deutschland davonlaufen?
Die
Broschüre beleuchtet Motive für
Auslandsinvestitionen, die Chancen der EU-Osterweiterung und deren
Auswirkungen auf den heimischen Standort. Die Autoren zeigen dabei
nicht nur Handlungsmöglichkeiten auf, sondern liefern auch
viel Stoff für die innerbetriebliche Diskussion.
Michael Schlecht u. a.:
Mythos Standortschwäche
Broschüre der ver.di-Bundesverwaltung,
Bereich Wirtschaftspolitik, Juni 2004
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11.
Trainings- und Beratungsnetz "euro-betriebsrat.de":
Beispiele aus unserer Arbeit |
Umsetzung der
EU-Antidiskriminierungsrichtlinien Mehrere EU-Richtlinien aus den
Jahren 2000 und 2002 verlangen von den Mitgliedstaaten eine
Verbesserung beim Schutz vor Diskriminierung wegen Religion,
Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung oder
ethnischer Herkunft sowie eine Verbesserung der Gleichbehandlung von
Frauen und Männern in der Arbeitswelt. Reingard
Zimmer hat dieses Thema in zwei Beiträgen der Zeitschrift
Arbeitsrecht im Betrieb genauer dargestellt:
Die
Richtlinien aus dem Jahre 2000 hätten bereits Mitte 2003 in
deutsches Recht umgesetzt werden müssen, ein entsprechender
Gesetzentwurf war wegen Kritik aus der Wirtschaft fallengelassen
worden. Die Europäische Kommission kündigte daher am
19. Juli 2004 an, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof
zu verklagen. Mitte November 2004 einigte sich nun die
rot-grüne Koalition nach einer mehrjährigen
kontroversen Debatte auf die Grundzüge eines
"Arbeitsrechtlichen Antidiskriminierungsgesetzes“ (AADG). Ob
die EU-Richtlinien damit vollständig umgesetzt werden, bleibt
jedoch abzuwarten.
Ein
Antidiskriminierungsgesetz ist nur wirksam, wenn es auch gelebt und in
der Praxis angewandt wird. Hier sind insbesondere Betriebsräte
und Gewerkschaften gefragt, aber auch Europäische
Betriebsräte als grenzüberschreitende Gremien.
Etliche nationale Betriebsräte haben bereits
Antidiskriminierungs-Vereinbarungen mit der Unternehmensleitung
abgeschlossen. Hilfestellungen hierzu gibt die in Kürze
erscheinende EBR-Handlungshilfe der IG Metall zum
Thema Antidiskriminierung, die weitgehend von Reingard Zimmer erstellt
wurde.
Deutsche Gewerkschaften aus
französischem Blickwinkel Im
September 2004 legte die Generalinspektion für soziale
Angelegenheiten IGAS (Inspection
générale des affaires sociales), die im
französischen Arbeits- und Sozialministerium wissenschaftliche
Querschnittsaufgaben wahrnimmt, eine Studie über die
Finanzierung der deutschen Gewerkschaften vor. Bei ihrer Untersuchung
der aktuellen deutschen Arbeitsbeziehungen wurden die Forscher der
französischen Regierung von Dr. Werner Altmeyer
unterstützt, der zuvor im Rahmen seiner Dissertation
zahlreiche Betriebsratsmitglieder in Deutschland und Frankreich
interviewt und die betrieblichen Sozialkulturen miteinander verglichen
hatte. Die folgenden Texte liegen nur in französischer Sprache
vor:
Auszeichnung für unsere Webseite
Der
m.w.Verlag in Frankfurt am Main hat die seit Januar 2001
bestehende Internetseite www.euro-betriebsrat.de
als eine der besten Web-Seiten im Themenfeld Betriebsräte in
seinen Internet-Guide aufgenommen. Aus über sieben Millionen
deutschen Webseiten wurde eine Auswahl der 6.000 besten
Internetangebote getroffen und im Web-Adressbuch
für Deutschland 2005 veröffentlicht.
Wir freuen uns über diese Auszeichnung. Neben unserer Seite
wurde auch das Betriebsräteportal www.soliserv.de von
Georg Dresel ausgewählt ("erste Adresse im Internet
für engagierte Interessenvertretungen").
Auch
international wächst die Anerkennung unserer Webseite.
Der Landesbezirk Katalonien des spanischen Gewerkschaftsbundes CC.OO.
gilt als besonders aktiv in der EBR-Arbeit. Er hat unsere Homepage
schon vor längerer Zeit ausdrücklich als
Linkempfehlung auf seiner Informationsseite für
Europäische Betriebsräte aufgenommen (Zugang
zur EBR-Seite über dessen internationale
Seite). Kürzlich hat auch der Verband NIF (Nordiska
Industriarbetarefederationen) eine Empfehlung
für unsere Homepage ausgesprochen.
Dem Verband gehören
19 Industriegewerkschaften aus Island, Norwegen, Dänemark,
Schweden und Finnland an, die auch bei Europäischen
Betriebsräten eng zusammenarbeiten (siehe EBR-Seite
des NIF).
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