27. Dezember 2012  

Willkommen zur Ausgabe Nr. 4 / 2012 der EBR-News.

 

Die Akademie für Europäische Betriebsräte (EWC Academy)

informiert Sie rund um den Europäischen Betriebsrat und angrenzende Themen.

 

Die EBR-News erscheinen viermal jährlich.

Weitere Ausgaben finden Sie im Newsletter-Archiv.

     

Zum Ausdrucken können Sie diese Ausgabe der EBR-News als pdf-Datei downloaden.

 

 

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  1. Bessere Konsultationsverfahren per Gerichtsurteil?
 
 

Gerichtsverfahren zu transnationalen Themen in sechs Ländern

 

Noch nie gab es so viele gerichtliche Auseinandersetzungen um die Rechte von Europäischen Betriebsräten und SE-Betriebsräten wie im Herbst 2012. Die Anrufung von Gerichten war unter der alten EBR-Richtlinie eine extrem seltene Ausnahme, nur in Frankreich sind eine nennenswerte (wenn auch geringe) Anzahl von Urteilen ergangen. Das bedeutendste davon war die einstweilige Verfügung, mit der der EBR von Gaz de France im November 2006 die Fusion mit Suez stoppte (siehe Bericht in den EBR-News 4/2006). Erst nach Abschluß des Konsultationsverfahrens im März 2008 konnte die Fusion vollzogen werden, allerdings nur mit erheblichen sozialen Garantien für die Belegschaften der beiden beteiligten Unternehmen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2008).

Auslösender Faktor: Personalabbau und/oder Verlagerungen

 

Europäische Betriebsräte gehen nicht ohne Grund vor Gericht: die aktuellen Fälle beruhen meist auf sehr kurzfristig und ohne Vorankündigung kommunizierten harten Maßnahmen der zentralen Leitung. Die Transformation von einer "Kinoveranstaltung" in einen vollwertigen Europäischen Betriebsrat als integraler Teil der europäischen Corporate Governance wird durch die Beschreitung des Rechtsweges erheblich beschleunigt, obwohl dazu nicht immer ein Urteil erforderlich ist. Die aktuellen Fälle zeigen, daß allein schon die Einreichung einer Klage dynamische Entwicklungen in Gang setzen kann, die sehr schnell zu einer verbesserten Arbeitsgrundlage für den EBR führen.

 

Der US-Automobilzulieferer Visteon (Klage vom Juli 2011)

 

Am 13. November 2012 wurde das Verfahren um eine mangelhafte Anhörung des EBR im Vorfeld einer Werksschließung in Spanien (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011) vor dem Landesarbeitsgericht Köln durch einen Vergleich beendet. Die zentrale Leitung erklärte sich bereit, die Standards der neuen EBR-Richtlinie künftig in vollem Umfang zu beachten. In der Praxis tut sie dies bereits seit Beginn des Rechtsstreits. Strittig ist aber immer noch die Frage, ob der EBR deutschem oder britischem Recht unterliegt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2012).

 

Visteon steht unmittelbar vor der Aufspaltung in drei Teile, die ganz oder teilweise aus dem Konzern ausgegliedert werden sollen. Ein langwieriges Gerichtsverfahren wäre angesichts dieser europaweiten Umstrukturierung keine sinnvolle Option gewesen. Die neue Struktur des EBR wird in den nächsten Monaten verhandelt. Denkbar sind drei eigenständige Europäische Betriebsräte oder eine Struktur, wie sie beim Flugzeugbauer und Rüstungskonzern EADS mit seinen Spartenausschüssen bereits besteht (siehe Bericht in den EBR-News 1/2012). Die Beratung des EBR wird seit März 2011 von der EWC Academy wahrgenommen.

 

Die Donata Holding SE (Klage vom Februar 2012)

 

Am 31. Oktober 2012 erklärte sich das Arbeitsgericht Ludwigshafen für örtlich unzuständig. Grund ist die im Juli 2011 erfolgte Sitzverlegung der SE von Ludwigshafen nach Wien. Der SE-Betriebsrat wird daher die Klage vor einem Gericht in Österreich einreichen müssen, was für Anfang 2013 geplant ist. In Österreich ist es das zweite Gerichtsverfahren in einer SE-Angelegenheit. Das erste Verfahren im Zusammenhang mit der Umwandlung der Baugesellschaft Strabag in eine SE wurde 2006 einvernehmlich ohne Urteil beendet (siehe Bericht in den EBR-News 3/2006).

 

Die Donata Holding SE ist die Muttergesellschaft des Kosmetikkonzerns Coty. Der SE-Betriebsrat fordert seine Anhörungsrechte im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umstrukturierung ein (siehe Bericht in den EBR-News 1/2012). Mit Unterstützung der EWC Academy hatte er kürzlich auch ein betriebswirtschaftliches Berichtssystem entwickelt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2012).

 

Der US-Technologiekonzern Hewlett-Packard (Klage vom Oktober 2012)

 

Am 27. November 2012 fand vor dem Arbeitsgericht Brüssel die mündliche Verhandlung über die Klage des EBR statt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2012). Dabei stellte sich heraus, daß sich das Verfahren über einen sehr langen Zeitraum hinziehen würde und der Ausgang für beide Seiten schwer kalkulierbar ist. Daher einigten sich zentrale Leitung und EBR am 18. Dezember 2012 auf eine Beilegung des Rechtsstreits. Die zentrale Leitung erfüllte eine der Hauptforderungen und sagte dem in Amsterdam tagenden EBR-Plenum zu, innerhalb von einem Jahr eine vollwertige EBR-Vereinbarung nach den Standards der neuen EU-Richtlinie zu erarbeiten. Damit wäre die rechtliche Unsicherheit einer "freiwilligen" Alt-Vereinbarung beendet. Im Gegenzug mußten die Arbeitnehmervertreter jedoch akzeptieren, daß der EBR künftig nicht mehr belgischem, sondern britischem Recht unterliegt. Am 19. Oktober 2012 wurde bei einem Treffen in Berlin eine europäische Gewerkschaftsallianz gegen den Stellenabbau ins Leben gerufen.

Der norwegische Verpackungskonzern Elopak (Klage vom November 2012)

 

Am 26. November 2012 reichte der Europäische Betriebsrat des Verpackungsunternehmens Elopak Klage beim "Bedriftsdemokratinemnda" in Oslo ein. Es handelt sich dabei um eine Schlichtungsstelle unter der Aufsicht des Arbeitsministeriums, die als erste arbeitsrechtliche Instanz fungiert. Norwegen gehört zwar nicht der EU an, mußte aber als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums die EBR-Richtlinie umsetzen. Einen vergleichbaren Rechtsstreit hatte es zuvor in Norwegen noch nie gegeben.

 

Ursache der Klage ist eine Produktionsverlagerung vom deutschen Werk Speyer, wo etwa ein Drittel der Belegschaft entlassen werden soll, in die Niederlande und nach Dänemark. Die zentrale Leitung bestreitet, daß es sich um eine transnationale Angelegenheit handelt, startete aber dennoch am 19. Dezember 2012 auf einer EBR-Sondersitzung in Oslo das Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren. Bei Elopak steht auch die Neuverhandlung der EBR-Vereinbarung auf der Tagesordnung. Unterstützt werden die Arbeitnehmervertreter von der EWC Academy.

Weitere Gerichtsverfahren

 

Im Vereinigten Königreich hatte es 2012 einen Rechtsstreit um den Europäischen Betriebsrat von easyJet gegeben (siehe Bericht in den EBR-News 3/2012). Die Fluggesellschaft erfüllte letztlich die Forderungen des EBR, ohne daß es zu einem Urteil gekommen wäre.

 

Auch in Finnland ist erstmals eine Klage in einer EBR-Frage anhängig. Die Schiedsstelle des finnischen Arbeitsministeriums ("Co-operation Ombudsman") prüft derzeit, wie rechtzeitig der EBR informiert werden muß und welche Informationen der Vertraulichkeit unterliegen. Die Entscheidung wird im Frühjahr 2013 erwartet und Auswirkungen auf alle finnischen Unternehmen im Geltungsbereich der neuen EBR-Richtlinie haben. Hintergrund sind mangelhafte Anhörungsverfahren bei Nokia Siemens Networks. Das Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie hatte im Juni 2010 einen EBR kraft Gesetz gegründet, nachdem die Verhandlungen über eine EBR-Vereinbarung gescheitert waren (siehe Bericht in den EBR-News 3/2010). Die Schiedsstelle ist eine relativ neue Einrichtung, sie wurde erst im Juli 2010 gegründet. Folgende Texte sind nur in englischer Sprache verfügbar:

  2. Praxistipp: Wie lange dauert ein Konsultationsverfahren?
 

 

Der Gesetzgeber spricht von "einer angemessenen Frist"

 

Nach alter Rechtslage gab es für Anhörungen überhaupt keine Frist, denn es handelte sich lediglich um den Austausch von Meinungen und einen Dialog. Dem konnte man in einer einzigen Sitzung zwischen Frühstück und Mittagspause vollauf Rechnung tragen. Die neue Rechtslage definiert das Prozedere jedoch sehr klar und unterteilt es in Schritte.

  • Schritt 1: Informationsphase (Management → EBR)
  • Schritt 2: Konsultationsphase (EBR ↔ Management)
  • Schritt 3: Ausarbeitung einer Stellungnahme und Beschlußfassung im EBR
  • Schritt 4: Umsetzung von Maßnahmen durch die zentrale Leitung nach Vorlage der Stellungnahme des EBR

Da es keine Mitbestimmung für den Europäischen Betriebsrat gibt, kann er seine Rolle nur vor der endgültigen Beschlußfassung über eine Stellungnahme ausspielen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Stellungnahme abzuwarten, sonst verstößt er gegen geltendes Recht. Entscheidend für den EBR ist daher der Übergang von Schritt 1 zu Schritt 2. Hier gilt es, die Zahlen des Managements kritisch zu hinterfragen und auf Vollständigkeit zu überprüfen. Erst wenn alle Informationen vorliegen, um "die möglichen Auswirkungen eingehend zu bewerten und gegebenenfalls Anhörungen ... vorzubereiten" (Originaltext Artikel 2 f der neuen EBR-Richtlinie), kann über die Beendigung der Phase 1 nachgedacht werden. Eine Frist hat der Gesetzgeber hierfür ausdrücklich nicht festgelegt. Hält die zentrale Leitung Informationen zurück, verlängert sich das ganze Verfahren.

 

Die Stärke des EBR liegt in einer profunden Konsultationsphase

 

Hat die Phase 2 begonnen, sollte sie ausgiebig genutzt werden, um die zentrale Leitung umfänglich und detailliert mit den Überlegungen der Arbeitnehmervertreter zu konfrontieren. Hierzu können z. B. Arbeitsgruppen nützlich sein, die sich mit betriebswirtschaftlichen Berechnungen befassen; hierzu kann aber auch die Erarbeitung von alternativen Restrukturierungskonzepten mit Unterstützung durch Sachverständige gehören. Solange die Stellungnahme noch nicht beschlossen worden ist, muß der Arbeitgeber sich mit diesen Konzepten inhaltlich auseinandersetzen. Braucht er mehr Zeit, um die Vorschläge gegenzurechnen, verlängert sich das ganze Verfahren.

 

Will der Arbeitgeber seine Entscheidungen rasch umsetzen, lohnt es sich für ihn, die EBR-Mitglieder frühzeitig in sämtliche Planungen einzubeziehen und sie faktisch nicht nur zu einem Mitwisser und Kontrolleur, sondern zu einem Player der europäischen Corporate Governance zu machen. Hier liegt der eigentliche Schlüssel für das Verständnis des Konsultationskonzeptes, das ursprünglich aus der französischen Betriebsverfassung stammt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011). Die Abstimmung über eine Stellungnahme ist nicht nur Meinungsäußerung, sondern ein juristischer Akt. Er stellt die Ampel auf Grün für die Pläne des Managements und beendet jede Einflußmöglichkeit des EBR.

 

Folgende Ratschläge lassen sich daraus ableiten:

  • Tipp Nr. 1: Keine Stellungnahme ohne substantielle Zugeständnisse des Arbeitgebers.
  • Tipp Nr. 2: Keine Fristen für die Abgabe der Stellungnahme in der EBR-Vereinbarung festschreiben, sonst verzichtet die Arbeitnehmerseite auf jegliches Druckmittel.
  • Tipp Nr. 3: Jederzeit Transparenz herstellen, in welcher Phase sich des Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gerade befindet. Dies geschieht am besten durch klare Abstimmungen beim Übergang von einem Schritt zum nächsten.
  • Tipp Nr. 4: Klare Regeln für die Durchführung von Abstimmungen in der Geschäftsordnung des EBR festlegen.
  3. Protestaktionen im Fokus
     

 

Belgisches Ford-Werk soll geschlossen werden

 

Stärker als andere Automobilhersteller galt Ford lange als sozial verantwortliches Unternehmen. Die Ankündigung der Schließung des Werkes in Genk mit 4.300 Arbeitnehmern zum Jahresende 2014 kam am 24. Oktober 2012 völlig überraschend. Belgien hatte erst vor zwei Jahren die Schließung des Opel-Werks in Antwerpen mit damals 2.600 Arbeitsplätzen verkraften müssen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2010).

 

Die Produktion soll von Genk nach Valencia (Spanien) verlagert werden, auch der deutsche Standort in Saarlouis könnte gestärkt werden. Am 7. und 8. November 2012 tagte der Europäische Betriebsrat von Ford in Köln. Etwa 200 Beschäftigte waren aus diesem Grund aus Genk angereist, um gegen die Werksschließung zu protestieren. Dabei kam zu gewaltsamen Ausschreitungen, wie sie sonst eher in lateinischen Ländern üblich sind. In Genk ruht derzeit die Produktion. Die Belegschaft blockiert die Freigabe fertiger Neuwagen. Am 19. Dezember 2012 kam nach 24stündigen Verhandlungen mit Hilfe eines Schlichters eine Lösung zustande, die eine Wiederaufnahme der Produktion vorsieht. Zunächst wird aber die Belegschaft am 7. Januar 2013 über das Schlichtungsergebnis abstimmen.


 

Harter Sparkurs abgewendet

 

Die gesamte Woche vor Weihnachten sollte in der spanischen Fluggesellschaft Iberia die Arbeit ruhen, um gegen den Sparkurs der Konzernleitung zu protestieren. Am 9. November 2012 hatte sie angekündigt, in den nächsten drei Jahren 4.500 von 20.000 Arbeitsplätzen zu streichen und die Gehälter der verbleibenden Beschäftigten um bis zu 35% zu senken.

 

Die Streikdrohung führte zu einer schnellen Verhandlungsbereitschaft auf Seiten des Managements. Am 17. Dezember 2012 sagten beide Seiten vor einer Schlichtungsstelle zu, Verhandlungen über den Sanierungsplan aufzunehmen und auf Arbeitskämpfe vorläufig zu verzichten. Der Personalabbau soll bis Ende 2017 gestreckt und überwiegend durch Vorruhestandsregelungen umgesetzt werden. Die Wartung von Flugzeugen und das Handling werden nicht aus dem Konzern ausgelagert.

 

Spanische Gewerkschaft wird in London verklagt

 

Im Januar 2011 hatte Iberia mit British Airways fusioniert. Die daraus entstandene Holding firmiert als International Airlines Group (IAG) und hat ihren Sitz in London. Am 30. November 2012 wurde bekannt, daß IAG die Pilotengewerkschaft von Iberia wegen eines Streiks im Dezember 2011 auf Schadensersatz verklagt. Die Klage wurde aber nicht in Madrid, sondern bei einem Gericht in London eingereicht, wo die Konzernleitung sich offenbar größere Erfolgsaussichten verspricht. Die Wahl des Gerichtsstands London hatte bereits im Fall der finnischen Fährgesellschaft Viking Line im Jahr 2004 für Aufsehen gesorgt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2007).


 

Catering- und Gebäudedienstleister stoppt Entlassungen

 

Am 25. September 2012 kündigte die britische Compass Group für ihre italienischen Standorte Massenentlassungen an. 824 von 7.941 Arbeitnehmern sollen abgebaut werden. Das Anhörungsverfahren wurde jedoch nicht korrekt eingeleitet und die Gewerkschaften fordern Verhandlungen auf der Basis des geltenden Tarifvertrages. Nach landesweiten Demonstrationen der Compass-Belegschaft am 30. November 2012 schaltete sich das Arbeitsministerium in Rom ein, wo am 5. Dezember 2012 ein Treffen anberaumt wurde. Dort erklärte sich das Management bereit, die Massenentlassungen vorübergehend auszusetzen und mit den Gewerkschaften nach Alternativen zu suchen. Die folgenden Texte sind nur in englischer Sprache verfügbar:

  4. Nationales Arbeitsrecht in Bewegung
 

 

Verletzt das Thatcher-Streikrecht die Menschenrechte?

 

Mehr als zwanzig Jahre nach dem Rücktritt der "Eisernen Lady" werden ihre Gesetze zur Einschränkung des Streikrechts zum ersten Mal als Verstoß gegen die Menschenrechte von einem internationalen Gericht untersucht. Am 27. August 2012 befaßte sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit einer Klage der britischen Gewerkschaft RMT (National Union of Rail, Maritime and Transport Workers), die diese vor zwei Jahren dort eingereicht hatte. Um das Verfahren eröffnen zu können, soll die britische Regierung weitere Informationen nach Straßburg liefern.

 

Die Gewerkschaft RMT sieht die Koalitionsfreiheit durch zwei Vorschriften unzulässig eingeschränkt: 1. die Verpflichtung, dem Arbeitgeber vor einer Urabstimmung mitzuteilen, welche Arbeitnehmer mit welcher Qualifikation zur Urabstimmung aufgerufen werden und 2. das Verbot von Solidaritätsstreiks ("secondary action"). Im März 2011 war es der Gewerkschaft RMT in einem vielbeachteten Urteil in dritter Instanz gelungen, das von einem Gericht zuvor verhängte Streikverbot im Londoner Nahverkehr außer Kraft zu setzen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2011). Auch die Gewerkschaft Unite hat einen Fall in Straßburg eingereicht. Nach einem Streik gegen British Airways im Jahr 2009 wurden Streikteilnehmern ihre Reisevergünstigungen entzogen. Gegen derartige Benachteiligungen bietet das britische Arbeitsrecht keinen Schutz, was Unite als Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit betrachtet.

 

Politische Debatte schlägt Wellen an der Themse

  

In Zeiten großen Unmutes gegen die Sparpolitik der Regierung wird die Angelegenheit in London mit hoher Sensibilität verfolgt. Konservative Politiker wollen das geltende Streikrecht sogar noch weiter einschränken, notfalls solle das Land aus der EU-Charta der Grundrechte austreten. Brisant könnte es für die britische Regierung werden, wenn im Lauf des Jahres 2013 eine umfassende Anhörung vor dem Gerichtshof erfolgen sollte. Die Labour-Partei distanzierte sich öffentlich von der Klage, denn in ihren Regierungsjahren 1997 bis 2010 blieben die Thatcher-Gesetze weitgehend unverändert in Kraft. Labour sitzt somit faktisch auch auf der Anklagebank.

 

Sollte der Gerichtshof im Sinne der Gewerkschaft urteilen, wäre dies eine Ohrfeige ersten Ranges für die gesamte politische Klasse im Vereinigten Königreich, von den Konservativen bis Labour. Die Thatcher-Gesetze müßten dann auf Anordnung aus Straßburg geändert werden. Selbst ein Austritt aus der EU könnte dies nicht verhindern, denn der Gerichtshof für Menschenrechte ist kein Organ der EU, sondern des Europarates. Im April 2009 hatte er in einem ähnlichen Fall einer Klage gegen die Türkei stattgegeben (siehe Bericht in den EBR-News 2/2009). Nach Berechnungen des Europäischen Gewerkschaftsinstituts in Brüssel liegt das Vereinigte Königreich seit Jahren auf dem letzten Platz in Westeuropa, was das Niveau an Mitbestimmung betrifft. Nur in Bulgarien und den baltischen Staaten ist die Beteiligung der Arbeitnehmer noch schwächer als im Mutterland des Manchester-Kapitalismus (siehe Bericht in den EBR-News 2/2009). Folgende Texte sind nur in englischer Sprache verfügbar:


 
Sozialdemokratischer Schwenk in Rumänien

Der politische Wechsel in Bukarest hat deutliche Auswirkungen im Arbeitsrecht. Seit dem 7. Mai 2012 wird Rumänien von einem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten regiert, der bei den Parlamentswahlen am 9. Dezember 2012 mit seiner Koalition die absolute Mehrheit erhielt. Der neue Arbeitsminister hatte bereits am 10. Mai 2012 einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes über den sozialen Dialog vorgelegt. Es verbessert den Kündigungsschutz für die betrieblichen Arbeitnehmervertreter, verpflichtet Arbeitgeber zur Bereitstellung von Büroräumen und Arbeitsmitteln und erleichtert Streiks, indem die Zwangsschlichtung vor Beginn von Arbeitskämpfen abgeschafft wird. Verabschiedet ist dieser Entwurf allerdings noch nicht.
 
Das im Mai 2011 von der konservativen Vorgängerregierung initiierte Gesetz war die weitreichendste Reform des Tarifvertragswesens seit dem Fall des Kommunismus und hatte zu einem nachhaltigen Zerwürfnis zwischen der Regierung und beiden Tarifparteien geführt. Weder Gewerkschaften noch Arbeitgeberverbände wollten mit der alten Regierung weiter zusammenarbeiten und gestalten seither das Tarifwesen in eigener Autonomie (siehe Bericht in den EBR-News 4/2011).


Sozialdemokratischer Schwenk auch in der Slowakei
 
Ein neues, gewerkschaftsfreundliches Arbeitsgesetzbuch wird am 1. Januar 2013 in der Slowakei in Kraft treten. Es ersetzt umstrittene Regelungen der früheren konservativen Regierung und spiegelt die neuen parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse wider. Seit April 2012 hat das Land - wie schon bis 2010 - eine sozialdemokratische Regierung.
 
Ersatzlos gestrichen wurde die seit September 2011 geltende Regelung, wonach eine Gewerkschaft im Betrieb erst tariffähig ist, wenn sie 30% der Arbeitnehmer organisiert und darüber auf Antrag des Arbeitgebers einen Nachweis erbringt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011). Die Wiedereinführung von Abfindungen, längere Kündigungsfristen und mehr Rechte für Leiharbeiter sind ebenfalls Teil der Novellierung.
Die Arbeitnehmervertretung erhält Mitbestimmungsrechte bei der Einführung flexibler Arbeitszeiten.
  5. Aktuelle Entwicklungen auf EU-Ebene
 
 
Überraschend große Mehrheit fordert Gesetzesinitiative

Am 19. November 2012 stimmte der Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments bei einer Sitzung in Brüssel mit der parteiübergreifenden Mehrheit von 35 Ja-Stimmen (bei zwei Gegenstimmen und drei Enthaltungen) einem Bericht des spanischen Sozialdemokraten Alejandro Cercas über die Rechte der Arbeitnehmer bei Umstrukturierungen zu. Ziel ist eine EU-Richtlinie über Mindeststandards für vorausschauende Personalplanung, Sozialplan und Interessenausgleich.

Der Antrag wird in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments am 15. Januar 2013 in Straßburg auf der Tagesordnung stehen. Sollte er dort ebenfalls eine Mehrheit finden (was angesichts des klaren Abstimmungsergebnisses im Ausschuß zu erwarten ist), müßte die Europäische Kommission innerhalb von drei Monaten einen Richtlinienentwurf vorlegen oder ihre Untätigkeit konkret begründen. Der zuständige Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration László Andor, ein ungarischer Sozialdemokrat (siehe Bericht in den EBR-News 1/2010), hatte bereits auf einer Konferenz am 15. November 2012 in Brüssel erkennen lassen, daß er die Initiative unterstützt. Massiver Widerstand kommt dagegen von den Arbeitgeberverbänden. Für die Tätigkeit von Betriebsräten ist es die wohl wichtigste Gesetzesinitiative auf europäischer Ebene seit der Revision der EBR-Richtlinie im Jahr 2008 (siehe Bericht in den EBR-News 4/2008).


Verhandlungen über Arbeitszeitrichtlinie geplatzt
  
Seit einem Jahr hatte der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) mit den europäischen Arbeitgeberverbänden über Details einer Revision der Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung gerungen. Am 14. Dezember 2012 sind die Verhandlungen gescheitert. Wichtigster Dissens war, bis zu welchem Umfang Bereitschafts- und Wartezeiten auf die Arbeitszeit angerechnet werden. Hierzu hatte der Europäische Gerichtshof mehrfach Urteile gefällt.

Die heutige Arbeitszeitrichtlinie gilt seit 2004 (siehe Bericht in den EBR-News 3/2004). Sie definiert Minimalstandards, die in allen EU-Ländern eingehalten werden müssen (Ruhepausen, Jahresurlaub, wöchentliche Höchstarbeitszeit, Nacht- und Schichtarbeit). 2008 begann das Verfahren zur Revision, das bis heute andauert. Die Sozialdemokraten im
Europäischen Parlament fordern jetzt einen Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission - ein Verfahren, das auch bei der Revision der EBR-Richtlinie 2008 zum Erfolg führte (siehe Bericht in den EBR-News 4/2008).
  6. Transnationale Betriebsvereinbarungen
 
 

Gesundheitsmanagement gestärkt

 

Auf einer Sitzung in Wien unterzeichneten am 20. Juni 2012 die zentrale Leitung und der Europäische Betriebsrat des deutschen Automobilzuliefer- und Rüstungsunternehmens Rheinmetall ein Abkommen zum Gesundheitsschutz. Es sieht die Gründung von Lenkungskreisen zum Gesundheitsmanagement in jedem Werk im Geltungsbereich der EBR-Vereinbarung vor.

 

Die Rahmenbedingungen werden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung jeweils vor Ort ausgehandelt und schriftlich niedergelegt. Der Lenkungskreis soll betriebliche Kennzahlen definieren und überwachen, Qualifizierungsmaßnahmen werden finanziert und ein systematisches Monitoring durchgeführt. Die zentrale Leitung liefert halbjährliche Berichte an das EBR-Präsidium, das auch bei Meinungsverschiedenheiten von den lokalen Gremien angerufen werden kann. Der EBR hat bereits vor einiger Zeit seine eigene Projektgruppe zum Gesundheitsmanagement gegründet.


 

Volkswagen begrenzt Leiharbeit

 

Am 30. November 2012 unterzeichnete die zentrale Leitung von Volkswagen in München eine "Charta der Zeitarbeit" mit dem Weltkonzernbetriebsrat, dem Europäischen Betriebsrat und dem internationalen Gewerkschaftsverband IndustriALL. Sie definiert Grundsätze wie "gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit" für alle Standorte des deutschen Automobilkonzerns auf der ganzen Welt. Zeitarbeit soll maßvoll eingesetzt und nicht als Instrument zur Kostensenkung mißbraucht werden. Im Oktober 2009 hatte Volkswagen auch eine weltweite Charta der Arbeitsbeziehungen geschlossen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2009).

  7. Update von EBR-Vereinbarungen
      
 

Britischer Sicherheitsdienstleister integriert neue EU-Standards

 

Am 13. Juni 2012 wurde in London eine aktualisierte EBR-Vereinbarung für G4S unterzeichnet. Das Unternehmen ist mit 625.000 Beschäftigten in 130 Ländern einer der größten Dienstleister für Geldtransporte und Sicherheitstechnik der Welt. Der EBR arbeitet auf der Grundlage einer "freiwilligen" Alt-Vereinbarung nach britischem Recht, hat jetzt aber die Regelungen zur Unterrichtung und Anhörung der neuen EU-Richtlinie vollständig integriert. Hierzu gehört auch das Recht auf Schulungen für jedes einzelne EBR-Mitglied, insbesondere Sprachkurse.

 

Der EBR wird von 30 auf 33 Mitglieder aus 23 Ländern aufgestockt, Slowenien und Malta erhalten erstmals einen Sitz. Gestärkt wird auch die Rolle des Lenkungsausschusses. Treten in einzelnen Ländern Unregelmäßigkeiten bei der Delegiertenwahl auf oder werden EBR-Mitglieder entlassen, so kann der Lenkungsausschuß dies überprüfen. Erstmals werden für die EBR-Sitzungen Reisekosten schon im Voraus ausgezahlt, was insbesondere in Osteuropa eine Erleichterung darstellt.


 

Französischer Baukonzern mit erweitertem Konsultationsverfahren

 

Am 16. Oktober 2012 wurde in Paris die EBR-Vereinbarung von Bouygues aktualisiert. Sie beinhaltet jetzt die Definitionen der neuen Richtlinie zum Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren wie auch zur transnationalen Zuständigkeit. Mandatsverteilung und Aufbau des EBR wurden unverändert aus der Vereinbarung von 2008 übernommen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2008). Frankreich stellt die Hälfte der 24 Delegierten. Sie tagen einmal jährlich unter dem Vorsitz des Arbeitgebers und haben vier Tage Schulungsanspruch.

 

Der EBR kann nach eigenem Ermessen Aufgaben auf das fünfköpfige Präsidium übertragen. Treten außergewöhnliche Umstände auf, kann das Präsidium eine Sitzung mit dem Arbeitgeber innerhalb von sechs Tagen verlangen und selbst entscheiden, ob eine Sondersitzung des gesamten EBR innerhalb von zwölf Tagen stattfindet. Die EBR-Vereinbarung schließt ausdrücklich aus, daß lokale oder nationale Arbeitnehmervertretungen ihre Beteiligungsrechte auf den EBR delegieren, was eine europaweite Solidarität und Stärkung des EBR verhindern soll.

 

Den Europäischen Betriebsrat von Bouygues gibt es bereits seit 1995. Nachdem die Gewerkschaft CGT dagegen geklagt hatte, wurde die alte EBR-Vereinbarung 2006 von einem französischen Gericht für ungültig erklärt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2007). Ein Besonderes Verhandlungsgremium wurde gebildet, das bis Februar 2008 eine neue Vereinbarung aushandelte. Dieser Tatsache ist es zu verdanken, daß das Unternehmen heute in vollem Umfang der neuen EU-Richtlinie unterliegt.

 

 

Erste EBR-Vereinbarung in Italien auf Basis des neuen Gesetzes

 

Auf einer Sitzung in Robilante in den italienischen Meeralpen wurde am 21. November 2012 die EBR-Vereinbarung von Buzzi Unicem an die Standards der neuen EU-Richtlinie angepaßt. Der Zementhersteller übernahm 2004 den deutschen Dyckerhoff-Konzern und gründete 2008 einen Europäischen Betriebsrat mit Schwerpunkt Deutschland und Italien. Es handelt sich um die erste Unterzeichnung einer italienischen EBR-Vereinbarung auf Grundlage des seit August 2012 geltenden neuen italienischen EBR-Gesetzes (siehe Bericht in den EBR-News 3/2012).

 

An der Sitzverteilung im EBR ändert sich nichts, aber alle Delegierten haben ab 2014 Anspruch auf zwei Schulungstage pro Jahr. Der Verweis auf das neue italienische Umsetzungsgesetz beinhaltet die verfeinerten Bestimmungen des Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens. Zwischen 1996 und 2008 gab es bei Dyckerhoff bereits einen Europäischen Betriebsrat nach deutschem Recht, der nach der Fusion aufgelöst wurde (siehe Bericht in den EBR-News 2/2008).

Eine Auswahl von EBR-Vereinbarungstexten haben wir auf einer Downloadseite zusammengestellt.

 

  8. Europäische Betriebsräte ändern ihre Struktur
 
 

EBR-Neugründung nach der Fusion

 
Am 16. Juli 2012 wurde im Pariser Vorort Issy-les-Moulineaux eine EBR-Vereinbarung für Veolia Transdev nach französischem Recht unterzeichnet. Demnach wird der seit 2006 bestehende Europäische Betriebsrat von Transdev aufgelöst und bei Veolia Environnement werden die Vertreter der Transportsparte den EBR (siehe Bericht in den EBR-News 1/2011) verlassen. Veolia Transdev war im März 2011 durch Fusion dieser beiden französischen Partner entstanden (siehe Bericht in den EBR-News 4/2009). Da Veolia Environnement seit Oktober 2012 nur noch einen Minderheitsanteil an dem neuen Unternehmen hält, war die Gründung eines eigenen EBR für Veolia Transdev unumgänglich. In Deutschland gehören die Bayerische Oberlandbahn, die NordWestBahn und regionale Busgesellschaften zu Veolia Transdev.

 

Die EBR-Vereinbarung geht über die Mindestregelungen der neuen EBR-Richtlinie hinaus, indem sie die transnationale Zuständigkeit umfassender definiert. Plenarsitzungen finden zweimal jährlich statt. Jedes EBR-Mitglied hat eine Woche Schulungsanspruch pro Jahr zuzüglich Fremdsprachentraining in einer von vier Sprachen. Der EBR-Sekretär und sein Stellvertreter erhalten eine Freistellungszeit von 100 Stunden pro Jahr plus 30 Stunden für jede außerordentliche Sitzung (die Sitzungszeit selbst nicht mitgezählt). Der EBR verfügt über ein eigenes Budget in Höhe von 8.000 Euro jährlich für interne Kommunikation und kleinere Übersetzungsarbeiten. Da mehr als die Hälfte der 77.000 europäischen Arbeitnehmer in Frankreich arbeitet, erhält das Land neun Sitze. Auf die Niederlande entfallen fünf Delegierte und elf weitere Länder erhalten je einen Sitz. Die folgenden Texte sind nur in französischer Sprache verfügbar:



Französischer Energiekonzern fusioniert EBR und KBR

Am 8. Oktober 2012 wurde eine überarbeitete EBR-Vereinbarung für Total unterzeichnet, die den französischen Konzernbetriebsrat und den Europäischen Betriebsrat zusammenlegt. In seiner letzten Sitzung stimmte der Konzernbetriebsrat am 7. November 2012 der Selbstauflösung zu, was allerdings Proteste bei den radikaleren Gewerkschaften auslöste. Eine Zusammenlegung von EBR und KBR galt bereits 1996 bei der Umsetzung der EBR-Richtlinie ins französische Arbeitsrecht als denkbare Option, wurde dann aber vom Gesetzgeber fallengelassen. In Frankreich wäre dies durchaus praktikabel, weil die gesamte Philosophie der EBR-Richtlinie stark vom Geist der französischen Betriebsverfassung geprägt ist.

Für die Arbeitnehmervertreter bei Total bedeutet die Neuregelung eine Stärkung auf europäischer wie auch auf französischer Ebene. Der EBR wird nicht nur nach den Standards der neuen EU-Richtlinie arbeiten, sondern eine eigene Spartenorganisation und einen eigenen Wirtschaftsausschuß erhalten. Die drei Sparten Upstream, Raffinerien und Vertrieb bekommen eigene "Strategiekommissionen" aus 17 bis 23 Mitgliedern, eine Art von Europäischen Spartenbetriebsräten, wie es sie auch im Flugzeug- und Rüstungskonzern EADS gibt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2012). Der Wirtschaftsausschuß des französischen Konzernbetriebsrats wird für andere Länder geöffnet und künftig aus 16 Mitgliedern bestehen. Weiterhin gibt es einen Ausschuß für soziale Verantwortung und nachhaltige Entwicklung. Frankreich erhält im EBR und allen Ausschüssen die Hälfte der Sitze, obwohl 64% der europäischen Belegschaft in Frankreich arbeitet. Von 46 EBR-Mitgliedern kommen 23 aus Frankreich, Deutschland und Belgien erhalten je vier Sitze und das Vereinigte Königreich drei. Der Sekretär des EBR wird für diese Aufgabe komplett freigestellt. Folgende Texte sind nur in französischer Sprache verfügbar:



Deutscher Energiekonzern künftig mit SE-Betriebsrat

Seit 15. November 2012 firmiert E.ON als Europäische Gesellschaft (SE). Zuvor war am 10. Oktober 2012 eine SE-Beteiligungsvereinbarung zwischen der zentralen Leitung des Düsseldorfer Unternehmens und dem Besonderen Verhandlungsgremium (BVG) abgeschlossen worden. 25 Arbeitnehmervertreter aus 19 Ländern bildeten das BVG, darunter sechs aus Deutschland und zwei aus dem Vereinigten Königreich. Im Mai 2009 war bereits die Tochtergesellschaft E.ON Energy Trading in eine SE umgewandelt worden (siehe Bericht in den EBR-News 2/2009).
 
Der 1996 gegründete Europäische Betriebsrat von E.ON wird durch einen SE-Betriebsrat ersetzt. In ihm werden alle europäischen Länder vertreten sein, auch diejenigen, die im bisherigen EBR keinen Sitz hatten. Aufgabe des SE-Betriebsrates ist neben Unterrichtung und Anhörung bei transnationalen Fragen auch die Wahl von sechs Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat. Dort entfallen künftig vier Sitze auf Deutschland (darunter ein hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär von ver.di) und je ein Mandat auf Rumänien und die Niederlande. Die Verringerung der Größe des paritätisch besetzten Aufsichtsrates von 20 auf zwölf Mandate war zuvor von den Gewerkschaften heftig kritisiert worden, ist aber bei SE-Umwandlungen großer Konzerne heute üblich, wie zuletzt beispielsweise im Fall des Baukonzerns Bilfinger Berger (siehe Bericht in den EBR-News 3/2010).

Querelen im Arbeitnehmerlager von E.ON

Im deutschen Konzernbetriebsrat war es zuvor zu Streitigkeiten über die richtige Strategie angesichts des angekündigten Personalabbaus von 11.000 der weltweit 75.000 Arbeitsplätze (davon allein 6.000 in Deutschland) gekommen. In einer Sondersitzung entzog der KBR am 11. Oktober 2012 seinem kämpferischen Vorsitzenden das Vertrauen und wählte eine neue Führungsriege, die mehr auf Dialog mit dem Arbeitgeber setzt. Auch der Konzernbetreuer der Gewerkschaft ver.di wurde ausgewechselt.
  9. Vom Rahmenabkommen zum Weltbetriebsrat
 
 
Französische Mediengruppe vereinbart weltweite Mindeststandards

Am 10. Oktober 2012 wurde im Pariser Vorort Boulogne-Billancourt ein internationales Rahmenabkommen für den Fernsehsender Eurosport, der zur privaten Mediengruppe TF1 gehört, unterzeichnet. Eurosport sendet in 59 Ländern und 20 Sprachen, vorwiegend in Europa und Asien. Mit UNI, dem weltweiten Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften, bestehen schon seit Jahren gute Beziehungen. Das Rahmenabkommen sichert nicht nur Mindeststandards für Angestellte des Senders, sondern bezieht auch Zulieferer und Auftragnehmer mit ein.


Soziale Verantwortung bei deutschem Automobilzulieferer

Vor allem in Brasilien soll das internationale Rahmenabkommen einen positiven Einfluß haben, das am 17. Oktober 2012 am Rande der Sitzung des Europäischen Betriebsrates von ZF Friedrichshafen unterzeichnet wurde. Es ist eine Weiterentwicklung der Grundsätze zur sozialen Verantwortung, die 2011 mit der zentralen Leitung des Automobilzulieferers mit Sitz am Bodensee vereinbart wurden. Die deutschen Arbeitnehmervertreter bemühen sich bereits seit 2007 um ein Netzwerk, das über Europa hinausreicht. Zwei Vertreter aus Brasilien haben inzwischen einen festen Platz im EBR gefunden. ZF Friedrichshafen ist der drittgrößte deutsche Automobilzulieferer und seine 72.000 Beschäftigten sind in 27 Ländern zu finden.


Italienischer Hausgerätehersteller gründet Weltbetriebsrat

Einen Schritt weiter ist Indesit. Der drittgrößte Hersteller von elektrischen Haushaltsgeräten in Europa unterzeichnete am 15. November 2012 am Sitz des Unternehmens in Fabriano (Mittelitalien) ein Abkommen, das den 1993 gegründeten EBR in einen Weltbetriebsrat umwandelt. Bei Indesit werden ab 1. Januar 2013 vier Vertreter aus Rußland und einer aus der Türkei zu den 16 EBR-Mitgliedern hinzukommen. Bereits 2001 hatte sich das Unternehmen in einem internationalen Rahmenabkommen mit den Gewerkschaften zu sozialen Mindeststandards bekannt, deren Einhaltung vom Europäischen Betriebsrat überwacht wurde. Beides wird jetzt in einem Gremium gebündelt, ohne Rechte aus der italienischen EBR-Vereinbarung einzuschränken. Folgende Texte sind nur in englischer Sprache verfügbar:

 10. Interessante Webseiten
 
 

Italienisches EBR-Projekt publiziert Ergebnisse

Mit finanzieller Unterstützung der EU führte die Gewerkschaft CGIL der Lombardei im Lauf des Jahres 2012 ein Projekt zur stärkeren Nutzung der Unterrichtungs- und Anhörungsrechte Europäischer Betriebsräte durch (ICARUS). Auf einer eigenen Webseite sind die Ergebnisse von empirischen Befragungen unter EBR-Mitgliedern veröffentlicht. Beteiligt am ICARUS-Projekt waren auch Gewerkschaften aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Rumänien und dem Vereinigten Königreich. Die Materialien auf der Webseite sind in mehreren Sprachen verfügbar.



Kampagne bei globalen Lieferdiensten

Eine ursprünglich nur für die Beschäftigten der Deutschen Post DHL erstellte Webseite (siehe Bericht in den EBR-News 3/2009) ist inzwischen auch auf die Konzerne Fedex, TNT und UPS ausgedehnt worden. Für jedes dieser Unternehmen gibt es einen eigenen Blog. Über aktuelle Ereignisse berichtet ein Newsletter in acht Sprachen. Ziel der Kampagne ist die Einhaltung von Gewerkschaftsrechten und Arbeitsnormen.

 

Entsende-Glossar

 

Die berufliche Entsendung in ein anderes Land wirft für Arbeitnehmer eine Reihe von Fragen auf: Welche Steuern sind dort zu zahlen? Was sieht das Arbeitsrecht vor? Wie ist die Sozialversicherung geregelt und wann findet das deutsche Recht weiterhin Anwendung? Solche Fragen beantwortet das Entsende-Glossar des Raphael-Service, der zum katholischen Wohlfahrtsverband Caritas gehört.


 

Schulferien in anderen EU-Ländern

 

Die Europäische Kommission stellt auf ihrer Webseite eine aktuelle Liste mit den Schulferien von 34 europäischen Ländern zur Verfügung, darunter auch die Türkei. Regionale Besonderheiten, wie es sie z. B. in Deutschland, Belgien und dem Vereinigten Königreich gibt, sind berücksichtigt. Für die Vorlesungszeiten an Universitäten gibt es auch einen Kalender, beides nur in englischer Sprache.

Zahlreiche weitere interessante Links haben wir in einer Linksammlung zusammengestellt.

 

 11. Neue Publikationen
 
 
Arbeitsschutz in der Bauwirtschaft

 

Im Juni 2012 ist dieser Leitfaden erschienen, den die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände der Bauwirtschaft auf europäischer Ebene in einem gemeinsamen Projekt entwickelt haben. Er enthält eine Checkliste für die erstmalige Einführung eines Arbeitsschutzmanagementsystems und zwölf Merkblätter, wie ein bereits bestehendes System umfassend genutzt und weiterentwickelt werden kann. Für EBR-Mitglieder kann dieser Leitfaden besonders nützlich sein, weil er in zwölf Sprachen zur Verfügung steht.



Handlungshilfe bei Standortverlagerungen

Firmenteile ins Ausland zu verschieben, um Kosten zu drücken, ist in vielen Unternehmen gängige Praxis. Aber Offshoring-Projekte erfüllen nicht immer die an sie gerichteten Erwartungen. Im September 2012 legte die Hans-Böckler-Stiftung diese Handlungshilfe vor, um den Betriebsräten vor allem in mittelgroßen Unternehmen eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber über sinnvolle Alternativen zur Standortverlagerung zu ermöglichen. Der Band 1 enthält empirische Befunde aus Interviews, die den Entscheidungsablauf in der Praxis beleuchten, Band 2 erläutert die Stufen, Methoden und Rahmenbedingungen einer Standortentscheidung. Vorschläge zur Verhandlungsführung runden die Darstellung ab.

 

Gewerkschaften in Japan

 

Im November 2012 veröffentlichte die Friedrich-Ebert-Stiftung eine 13 Seiten umfassende Kurzstudie zur aktuellen Lage der Gewerkschaften in Japan. Sie enthält einen Rückblick auf die Geschichte, beschreibt Eckpunkte des Arbeitsrechts und der Tarifpolitik, zeigt den Umgang der Gewerkschaften mit der Wirtschaftskrise und ihr Verhältnis zur Demokratischen Partei, die von 2009 bis 2012 die Regierung stellte. Die Arbeitslosenquote liegt zwar nur bei 4,5%, aber mehr als ein Drittel aller Arbeitsverhältnisse gelten inzwischen als prekär - mit schnell steigender Tendenz. 2010 waren nur noch 18,5% aller Arbeitnehmer Mitglied einer Gewerkschaft, ein weiteres Absinken konnte in den letzten Jahren jedoch gestoppt werden. 


 

Arbeitsbeziehungen in der Schweiz 

 

Im Dezember 2012 ist diese Dissertation erschienen, die die geschichtliche Entwicklung der Arbeitsverfassung und die Auswirkungen des europäischen Integrationsprozesses darstellt. Heute sind weniger als die Hälfte aller Arbeitnehmer in der Schweiz durch Tarifvertrag geschützt, für weniger als ein Drittel werden die Löhne in Tarifverhandlungen bestimmt. Seit Mai 1994 regelt ein Mitwirkungsgesetz die Bildung von Arbeitnehmervertretungen. Die Hürden sind allerdings ähnlich hoch wie im Vereinigten Königreich. Obwohl der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum in einer Volksabstimmung 1992 abgelehnt wurde, schreitet die Übernahme von EU-Rechtsakten über bilaterale Abkommen voran. In den meisten Europäischen Betriebsräten ist die Schweiz heute bereits vertreten. Eine Initiative zur Übernahme der EBR-Richtlinie fand im Juni 2012 allerdings keine Mehrheit im Parlament (siehe Bericht in den EBR-News 2/2012).

Weitere Fachliteratur haben wir auf einer Literaturseite zusammengestellt.
 
  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit


Zweite EBR-Fachtagung in London
 
Mit 44 Teilnehmern aus neun Ländern war die Fachtagung der EWC Academy am 25. und 26. Oktober 2012 in London stärker besucht als im Vorjahr. Die Arbeitsbeziehungen im Vereinigten Königreich und EBR-Themen aus britischem Blickwinkel bildeten den Schwerpunkt. Aufgrund großer Nachfrage wird es nächstes Jahr erneut eine Konferenz in London geben.


Fünftägiges Inhouse-Seminar bei Airbus
 
Vom 10. bis 14. Dezember 2012 trafen sich die EBR-Mitglieder von Airbus im Schulungszentrum des Unternehmens in der Nähe von Bordeaux. In dem von der EWC Academy durchgeführten Seminar wurden die Arbeitsbeziehungen der vier beteiligten Länder (Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien) eingehend behandelt. Ein weiterer Schwerpunkt war die Optimierung des Anhörungsverfahrens. Hierzu entwickelten die EBR-Mitglieder ein Ablaufschema, das mit der zentralen Leitung in der nächsten Sitzung diskutiert werden soll. Airbus hat einen Europäischen Spartenbetriebsrat unter dem Dach der EADS-Holding (siehe Bericht in den EBR-News 1/2012).
 

 
US-Automobilzulieferer: neue Amtszeit des EBR

Der Europäische Betriebsrat von Dana begann mit einer Sitzung vom 10. bis 14. Dezember 2012 in Essen seine neue Amtszeit. Dabei führte die EWC Academy eine mehrtägige Schulung über die Arbeitsbeziehungen in der EU durch und erarbeitete mit den Delegierten aus sieben Ländern Eckpunkte zur Neuverhandlung ihrer EBR-Vereinbarung, die seit der Gründung des EBR im Jahr 2000 nicht mehr aktualisiert wurde. Nach der neuen EU-Richtlinie würde sich die Mandatszahl im EBR fast verdoppeln.



Impressionen aus weiteren Seminaren
 

  • Links: Prof. Dr. Wolfgang Däubler erläuterte am 10. Oktober 2012 auf Burg Rheinfels in St. Goar, welche Aspekte bei der Nachverhandlung von EBR-Vereinbarungen wichtig sind.
  • Mitte: Am 15. und 16. November 2012 trafen sich Arbeitnehmervertreterinnen in Hamburg zum Austausch über EBR- und KBR-Praxis zum Gender Mainstreaming.
  • Rechts: Teilnehmer des Coachings mit Klaus Franz, dem ehemaligen EBR-Vorsitzenden von General Motors, auf dem Dach des Hamburger Seminarhotels am 22. November 2012.
  13. Aktuelle Seminartermine
 

 

Faltblatt zum Seminarprogramm 2013

 

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für die Mitglieder von Europäischen Betriebräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. 450 Arbeitnehmervertreter aus 183 Unternehmen haben bisher daran teilgenommen, viele davon auch mehrfach. Das entspricht etwa 18% aller Unternehmen in Europa, die einen EBR gebildet haben. Für das Jahr 2013 ist ein neues Faltblatt mit den aktuellen Terminen verfügbar. Weitere Termine und Seminarthemen sind in Vorbereitung.



5. Hamburger Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte

Wie jedes Jahr findet im Januar wieder eine zweitägige Fachtagung in Hamburg statt. Die Themen:

Montag, 28. Januar 2013: Aktuelle Trends in der EBR-Landschaft - neue Gerichtsurteile und Beispiele von EBR-Aktivitäten

Dienstag, 29. Januar 2013: Besuch des Airbus-Werkes in Hamburg und Präsentation durch Betriebsratsmitglieder von Airbus


 
"Kinoveranstaltung" oder vollwertiger Europäischer Betriebsrat?

Vom 2. bis 5. April 2013 findet auf Schloß Montabaur (Foto) ein EBR-Seminar statt, das die Rechtslage zur Unterrichtung und Anhörung unter dem Aspekt von Restrukturierungen beleuchtet. Wie soll ein Europäischer Betriebsrat das Anhörungsverfahren in der Praxis ausgestalten und rechtssicher eine Stellungnahme erarbeiten? Das Seminar richtet sich auch an SE-Betriebsräte.

EBR-Schnuppertage

Parallel dazu findet erneut ein Grundlagenseminar statt. Es richtet sich an neugewählte Mitglieder in Europäischen Betriebsräten und an Betriebsratsmitglieder, die sich über die Schritte zur erstmaligen Gründung eines EBR informieren wollen. Auch dieses Seminar ist für SE-Betriebsräte geeignet.

 
Sprachkurse: Business-Englisch für deutschsprachige Betriebsräte

Zwei Sprachkurse sind im Jahr 2013 geplant: vom 4. bis 7. Februar 2013 in Hamburg und vom 2. bis 8. Juni 2013 in Eastbourne.


Inhouse-Veranstaltungen

 

Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

  14. Impressum
 

Die EBR-News werden herausgegeben von:

 

EWC Academy GmbH

Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

 

Mitarbeiter dieser Ausgabe:

Werner Altmeyer, Rita da Luz, Rudolf Reitter, Bernhard Stelzl

 

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 18.642 Empfänger

Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 2.826 Empfänger

Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 2.884 Empfänger

 

Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de

 

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