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19.
Dezember 2013
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1.
Deutsche Regierung will Europäische
Betriebsräte stärken
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Koalitionsvertrag enthält EBR-
und SE-Klausel
Am
27. November 2013 wurde das Regierungsprogramm der Großen
Koalition für die nächsten vier Jahre in Berlin
zwischen
Christdemokraten und Sozialdemokraten unterzeichnet. Seit dem
17. Dezember 2013 ist die neue Regierung im Amt. In die
Amtszeit
der letzten Großen Koalition (2005 bis 2009) fiel die
Überarbeitung der EU-Richtlinie zum Europäischen
Betriebsrat
(siehe Bericht
in den EBR-News 4/2008). Damals unterstützte das
deutsche Arbeitsministerium die Novellierung aktiv.
Im
Kapitel 6 beschreibt der Koalitionsvertrag die
europapolitische
Verantwortung Deutschlands. Darin findet sich im Abschnitt "Soziale
Dimension stärken" folgender Passus:
Ebenso
muß sichergestellt werden, daß die Gleichrangigkeit
sozialer
Grundrechte aus der Charta der Grundrechte der EU gegenüber
den Marktfreiheiten im Europäischen
Binnenmarkt
durchgesetzt wird. Der Soziale Dialog der Tarifpartner hat auch auf
europäischer Ebene eine wichtige Funktion, die weiter
gestärkt werden sollte ebenso wie die Europäischen
Betriebsräte und die Mitbestimmung in europäischen
Unternehmen.
Diese
Formulierungen sind jedoch reine Absichtserklärungen
und
enthalten keine Konkretisierungen. Sowohl bei der Mitbestimmung in
europäischen Unternehmen, also der Umsetzung der
SE-Richtlinie,
als auch bei der Novellierung des deutschen Gesetzes über den
Europäischen Betriebsrat hatten die heutigen Koalitionspartner
in
der Vergangenheit völlig
konträre Auffassungen.
Der Konflikt um die Umsetzung
der SE-Richtlinie
Die
Umsetzung der SE-Richtlinie in deutsches Recht konnte im Herbst 2004
erst mit Verspätung erfolgen. Durch einen Einspruch des
Deutschen
Bundesrates hatte sich der Gesetzgebungsprozeß
länger als
erwartet hingezogen.
- Deutsche
Unternehmen, so die Begründung der damals konservativ-liberal
dominierten Länderkammer, würden durch umfassende
Regelungen
zur Mitbestimmung benachteiligt und als Partner auf
europäischer
Ebene kaum noch in Betracht kommen. Nach heutiger Sicht war dies eine
völlige Fehleinschätzung, weil die Hälfte
aller
SE-Umwandlungen in ganz Europa auf deutsche Unternehmen
entfällt.
- Nach
Meinung der damaligen rot-grünen Bundesregierung konnte mit
dem
Gesetz das deutsche Mitbestimmungsniveau gegen den Widerstand der
damaligen Opposition erfolgreich verteidigt werden. Auch dies war eine
Fehleinschätzung, weil die überdurchschnittlich hohe
Akzeptanz der SE bei deutschen Unternehmen gerade in der
Möglichkeit zur Einschränkung oder dem Einfrieren der
Mitbestimmung begründet liegt.
Die
nächsten Monate werden zeigen, ob die Regierung der
Mitbestimmungsflucht durch SE-Umwandlung einen Riegel vorschiebt oder
nicht. Die einfachste Lösung wäre eine Dynamisierung
von
SE-Vereinbarungen: wächst das Unternehmen über
bestimmte
Schwellenwerte hinaus, könnte ein Rechtsanspruch der
Arbeitnehmer
auf Neuverhandlung der Mitbestimmung im Aufsichtsrat
vorgesehen
werden. Damit würde allerdings die Zahl der SE-Umwandlungen in
Deutschland zurückgehen und sich auf dem in Europa
üblichen, sehr niedrigen
Niveau einpendeln.
Der Konflikt um die Umsetzung
der EBR-Richtlinie
Die
SPD-Forderung nach härteren Sanktionen bei grober Verletzung
der
EBR-Rechte, insbesondere die Verankerung eines Unterlassungsanspruchs,
wurde im April 2011 von der konservativ-liberalen Mehrheit im Parlament
abgelehnt (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2011). Nachdem es nur wenige Wochen
später zum ersten
Gerichtsverfahren
hierüber vor dem Arbeitsgericht Köln kam (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2011),
bezweifeln inzwischen auch Juristen am Europäischen
Gerichtshof in
Luxemburg eine EU-konforme Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber.
Eine Geldstrafe von höchstens 15.000 € gegen ein
multinationales Unternehmen ist keine Sanktion, die "wirksam,
abschreckend und im Verhältnis zur Schwere der
Zuwiderhandlung angemessen" wäre, wie es die Richtlinie
verlangt.
Es geht hier um die Frage, ob eine EU-Richtlinie in Deutschland ins
Leere laufen kann, während genau die gleiche Richtlinie in
Frankreich und Belgien nachhaltig sichergestellt wird.
Große
Koalition auch in Österreich
Am
12. Dezember 2013 einigten
sich in Wien Sozialdemokraten und Christdemokraten auf die Fortsetzung
ihrer seit Januar 2007 bestehenden Großen Koalition. Kapitel
5 des Koalitionsvertrags definiert die europapolitischen Ziele. Im
Unterabschnitt "Lohn- und Sozialstandards sichern" ist die Rede von:
Sicherung der
Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer bei der fortschreitenden
Integration des Binnenmarktes, insbesondere bei der Schaffung neuer
europäischer Gesellschaftsrechts-formen.
Ein
ausdrücklicher Hinweis auf die Stärkung
Europäischer
Betriebsräte ist nicht zu finden. Allerdings verfügt
die
Alpenrepublik schon heute über die beste Umsetzung der
EBR-Richtlinie aller EU-Länder (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2011). Die Richtlinie sieht in
Artikel 15 ein Datum vor, das in die Amtszeit der beiden, jetzt
vereinbarten Großen
Koalitionen fällt:
Bis
spätestens 5. Juni 2016 erstattet die Kommission dem
Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuß Bericht über die
Umsetzung
der Bestimmungen dieser Richtlinie und legt gegebenenfalls geeignete
Vorschläge vor.
Eine ähnliche
Formulierung in der alten EBR-Richtlinie war Ausgangspunkt der Revision
von 2009.
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2.
Aktuelle Trends im Vereinigten Königreich
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Weniger Arbeitnehmerrechte beim
Betriebsübergang
Nach einem
öffentlichen Anhörungsverfahren teilte die Regierung
in London am 5. September 2013 mit, die Regelungen zum sozialen
Besitzstand der Beschäftigten beim Wechsel des Firmeninhabers
einzuschränken. Die "Transfer of Undertakings and Protection
of Employment (TUPE) regulations" von 2006, die eine
EU-Richtlinie aus dem Jahr 2001 umsetzen, werden ab 31. Januar 2014
revidiert. Die Belastung von Arbeitgebern zu reduzieren und die
Versetzung von Arbeitnehmern an andere Betriebsstätten zu
erleichtern, ist das ausdrückliche Ziel der Novellierung.
Nach
Meinung der jetzigen
konservativ-liberalen Regierung hatte die frühere
Labour-Regierung die EU-Richtlinie weit arbeitnehmerfreundlicher
umgesetzt als von der EU gefordert. Diese "Vergoldungen" von erworbenen
Rechten der Arbeitnehmer sollen jetzt rückgängig
gemacht werden. Nach Meinung des britischen Gewerkschaftsbundes TUC
wird zukünftig das Outsourcing von
Dienstleistungen wie Gebäudereinigung, soziale
Betreuung und Kantinen erheblich leichter, wodurch vor allem Frauen und
Geringverdiener Nachteile zu befürchten hätten. Die
Gesetzesänderung ist Teil eines umfassenden Pakets von
Arbeitsrechtsreformen der britischen Regierung. Im April 2013 war die
Konsultationsfrist bei Massenentlassungen bereits
eingeschränkt worden
(siehe Bericht
in den EBR-News 2/2013).
Manchester-Kapitalismus in
Schottland
Die
jüngsten Ereignisse um die Raffinerie Grangemouth in der
Nähe
von Edinburgh, dem größten Werk der
Ineos-Gruppe, sind
ein Lehrstück für Managerhandeln, wie es in
Kontinentaleuropa
im 19. Jahrhundert vorherrschte. Ineos mit Sitz in der Schweiz
gehört einem britischen Milliardär, der seit 1998
petrochemische Betriebe von BP und anderen Konzernen aufkaufte. Das
Werk in Grangemouth liefert 70% des Benzins für
schottische
Tankstellen und macht 8% der verarbeitenden Industrie von ganz
Schottland aus. Die Belegschaft ist gewerkschaftlich sehr gut
organisiert.
Der
Konflikt begann im Sommer 2013, als ein freigestellter
Gewerkschaftsvertreter (in Deutschland würde man sagen
"Betriebsratsvorsitzender") vom Arbeitgeber beschuldigt wurde, einen
Teil seiner Arbeitszeit für parteipolitische Arbeit der Labour
Party zu nutzen. Daher wurden seine beruflichen E-Mails von einem
Rechtsanwalt des Unternehmens durchsucht und er von seinem Amt
suspendiert. Aus Protest gegen diese Verletzung des "recognition
agreements" (also des Haustarifvertrages über die
Rahmenbedingungen der betrieblichen Arbeitnehmervertretung) leitete die
Gewerkschaft Unite eine Urabstimmung ein. Da Tarifverträge im
Vereinigten Königreich rechtlich nicht bindend sind, kann ihre
Einhaltung nur über Arbeitskampf sichergestellt werden.
Die
wahre Ursache der Eskalation war jedoch ein Konflikt über die
betriebliche Altersversorgung, die der Arbeitgeber kündigen
wollte. Verhandlungen unter Beteiligung der staatlichen
Schlichtungsstelle ACAS brachten kein Ergebnis. Daher sperrte der
Arbeitgeber am 16. Oktober 2013 die gesamte Belegschaft aus und drohte,
das Werk komplett und dauerhaft zu schließen. Nur die
Zustimmung
zu einem veränderten Tarifvertrag könne ihn
umstimmen. Da
die ungehinderte Lieferung von Nordseeöl nach
Schottland
bedroht war, schaltete sich jetzt auch die schottische Regierung in den
Konflikt ein. Die Erpressung hat sich für den
Milliardär
ausgezahlt: die Löhne werden für drei Jahre
eingefroren,
die betriebliche Altersversorgung in der bisherigen Form
beendet, drei Jahre lang gilt ein Streikverbot und es gibt
keine
freigestellten Gewerkschaftsvertreter mehr. Zudem wird die schottische
Regierung Geld zur Verfügung stellen, um das ohnehin sehr
rentable
Werk noch rentabler zu machen. Die folgenden Texte sind nur in
englischer Sprache verfügbar:
Kampagne für
Mitbestimmung in britischen Verwaltungsräten
Am
22. Oktober 2013 startete der britische Gewerkschaftsbund TUC seine
Corporate Governance-Kampagne. Mit der Beteiligung von Arbeitnehmern im
Verwaltungsrat (Board of Directors) soll nicht nur eine Begrenzung von
Managergehältern sichergestellt, sondern auch der langfristige
Erfolg britischer Unternehmen verbessert werden. Der TUC verweist auf
Länder wie Deutschland und Schweden, die dank Mitbestimmung
besser
aus der Finanzmarktkrise herausgefunden haben als das Vereinigte
Königreich. In Frankreich wurde zudem im Juni 2013 die
Mitbestimmung im Aufsichts- oder Verwaltungsrat gestärkt
(siehe Bericht
in den EBR-News 2/2013). Als
Argumentationshilfe zur Kampagne legte der TUC zwei Studien
vor: "Workers on Board" macht Vorschläge, wie
britische
Arbeitnehmer in die Gremien der Corporate Governance integriert werden
könnten. Eine zweite Studie untersucht die
europäische
Perspektive. Folgende Texte sind nur in englischer Sprache
verfügbar:
Dritte EBR-Fachtagung in London
Bereits
zum dritten Mal fand am 24. und 25. Oktober 2013 die jährliche
Fachtagung der EWC Academy in London statt. Neben aktuellen
Entwicklungen im Arbeitsrecht wurden beispielhafte
Aktivitäten von Europäischen Betriebsräten
präsentiert, die auf britischem Recht basieren: das
Verpackungsunternehmen DS
Smith (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2013) und die Airline
easyJet (siehe Bericht
in den EBR-News 3/2012). Angereist waren die Teilnehmer der
EBR-Tagung aus Deutschland, dem Vereinigten Köngreich und vier
weiteren Ländern.
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3. Ryanair
spürt arbeitsrechtlichen Gegenwind
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Französische
Richter
verhängen Millionenstrafe
Am
2. Oktober 2013 verurteilte ein Gericht in Aix-en-Provence die
irische Billigfluggesellschaft zu 9 Mio.
€ Schadensersatz und einer Geldstrafe von
200.000 €
wegen Sozialdumping. Über viele Jahre beschäftigte
Ryanair
127 Arbeitnehmer am Flughafen von Marseille, ohne
Sozialbeiträge
in Frankreich abzuführen. Aus diesem Grund hatte die
Behörde
zur Bekämpfung von Schwarzarbeit im Oktober
2009 Anzeige
erstattet. Die Staatsanwaltschaft forderte vor Gericht sogar, vier
Flugzeuge zu beschlagnahmen.
Ryanair
weigerte sich auch, Gremien der betrieblichen Arbeitnehmervertretung
nach französischem Recht zu bilden und
argumentierte, alle Beschäftigten würden
unabhängig
von ihrem Arbeitsort immer irischem Recht unterliegen. Hiergegen klagte
eine französische Gewerkschaft erfolgreich, sie konnte das
Gericht
von der Anwendung französischen Arbeitsrechts
überzeugen.
Ryanair hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und
will notfalls
bis zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gehen.
Arbeitsgericht in Belgien
vertritt andere Rechtsauffassung
Am
4. November 2013 erklärte sich das
Arbeitsgericht Karolingen für unzuständig,
über die
Klagen von sechs ehemaligen Ryanair-Angestellten zu entscheiden. Die
irischen Arbeitsbedingungen seien schlechter als die gesetzlichen
Mindeststandards in Belgien, daher forderten sie Schadensersatz. Obwohl
die Kläger auf dem Flughafen Karolingen stationiert waren,
würden die Arbeitsverträge jedoch nicht belgischem
Recht
unterliegen, so die Meinung des Gerichts. Auch gegen dieses Urteil
wurde inzwischen Berufung eingelegt, und zwar durch eine belgische
Gewerkschaft. Folgende Texte sind nur in französischer Sprache
verfügbar:
Norwegisches Gericht
erklärt sich für zuständig
Zuvor
gab es einen ähnlichen Fall in
Norwegen. Dort
hatte erstmals eine ehemalige Angestellte den Mut aufgebracht,
gegen Ryanair vor Gericht zu ziehen. Ein Berufungsgericht urteilte
am 21. August 2013 über ihre
Kündigungsschutzklage. Da
sie in Norwegen stationiert war, seien norwegische und nicht irische
Gerichte zuständig. Die Fluggesellschaft hat hiergegen bereits
Berufung beim höchsten norwegischen Gerichtshof eingelegt.
Irland
will Tarifvertragsgesetz
reformieren
Die
eigenwillige Personalpolitik von Ryanair hat auch
Rückwirkungen im
Heimatland der Fluggesellschaft. Dort regiert seit 2011 eine
europafreundliche Große Koalition, die - anders als im
Vereinigten Königreich - eine Stärkung des
Tarifvertragswesens mit gesetzgeberischen Mitteln anstrebt. Am
17.
Dezember 2013 verabschiedete die Regierung einen Gesetzentwurf, der
künftig auch Unternehmen wie Ryanair zu echten
Tarifverhandlungen
zwingen will. Im Februar 2007 hatte die Fluggesellschaft vor dem
obersten Gerichtshof in Dublin mit juristischen Tricks dies noch
verhindern können (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2007). Seit diesem Urteil fordert der Irische
Gewerkschaftsbund (ICTU) eine Änderung der gesetzlichen
Grundlage
für Tarifverhandlungen.
Weiterer
Grund für die Gesetzesinitiative ist neben dem
"Ryanair
case" ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs
für
Menschenrechte vom April 2009 (siehe Bericht in den
EBR-News 2/2009). In diesem Urteil gegen die Türkei
wurde das Recht auf
Tarifverhandlungen und das Streikrecht als integraler Teil der
Europäischen Menschenrechtskonvention definiert. In diesem
Zusammenhang läuft derzeit auch eine Klage in
Straßburg
gegen die Thatcher-Gesetzgebung (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2012),
die möglicherweise Reformen im Nachbarland
Großbritannien erforderlich machen könnte. Folgende
Texte
sind nur in englischer Sprache verfügbar:
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4. Meldungen aus weiteren
Ländern
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Briefkastenfirmen
gewährleisten Steuervermeidung und Mitbestimmungsflucht
Die
Niederlande sind ein bevorzugter Sitz für
ausländische
Holding-Gesellschaften. Hier spielen neben steuerlichen
Erwägungen
auch die Befreiung von der Mitbestimmung eine Rolle. Durch ein kleines
Büro oder einen "Briefkasten" am Flughafen Amsterdam
läßt sich auf elegante Weise jegliche Form
von
Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat vermeiden, sofern innerhalb der
Niederlande nur wenige Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Konzerne
wie beispielsweise Ikea oder EADS nutzen dies bereits.
Zudem
sind etwa 23.500 Briefkastenfirmen angemeldet, um Steuern zu sparen.
Auf Lizenzgebühren an eine Holding in den Niederlanden, um
etwa
den Markennamen führen zu dürfen, werden keine oder
minimale
Steuern erhoben. So können Firmen wie Google, Apple,
Volkswagen
oder die Deutsche Bahn ganz legal Gewinne verlagern.
Ausländische
Unternehmen können mit den niederländischen
Steuerbehörden Spezialverabredungen treffen, die der
Geheimhaltung
unterliegen.
Portugiesische Steuern versickern
zwischen niederländischen Poldern
Am
9. September 2013 veröffentlichte das Amsterdamer
Forschungsinstitut SOMO eine Studie über portugiesische
Unternehmen: 19 der 20 größten von ihnen
haben
steuerrelevante
Aktivitäten in den letzten Jahren in die
Niederlande
verlagert. Die
OECD sieht die Niederlande als größte Waschanlage
für
portugiesische Unternehmenssteuern. Das Geld fehlt im Staatshaushalt,
der mit schmerzhaften Einsparungen bei
Renten, öffentlicher
Beschäftigung und im Gesundheitswesen derzeit saniert wird.
Während Unternehmen ihr Geld in die Niederlande
transferieren, wird
die Bevölkerung in Portugal zur
Kasse
gebeten. Im Juni 2013 hatte SOMO bereits eine umfassende
Studie
zum gleichen Thema über acht weltweit
tätige Unternehmen
vorgelegt. Folgende Texte sind nur in englischer Sprache
verfügbar:
Betriebsratswahlen in Luxemburg
Am
13. November 2013 waren 430.000 Arbeitnehmer aufgerufen, für
die nächsten fünf Jahre ihre Vertreter in die
Betriebsräte
zu wählen. Es war die letzte Wahl nach altem Recht,
denn
eine
grundlegende Reform der
Betriebsverfassung steht unmittelbar bevor. Künftig soll ein
luxemburgischer Betriebsrat ähnliche Rechte wie ein deutscher
Betriebsrat erhalten (siehe Bericht
in
den EBR-News 1/2013).
Dabei
konnten gewerkschaftlich unorganisierte Kandidatenlisten mehr als drei
Prozentpunkte zulegen und erreichten erstmals über 50% der
Stimmen. Die sozialdemokratisch orientierten Gewerkschaften des
Dachverbandes OGBL erzielten 29% und der Christliche Gewerkschaftsbund
LCGB 14% der Stimmen, beide verbuchten leichte Verluste. Eine besonders
wichtige Branche in Luxemburg sind Banken und
Versicherungen,
wo in den letzten fünf Jahren 12% aller Arbeitsplätze
abgebaut wurden. Aleba, die Gewerkschaft der
Bankangestellten, liegt hier
mit über 65% klar in Führung. Der OGBL bleibt die
führende Kraft in der Stahlindustrie, im Handel und im
Gesundheitswesen.
Lettland
wird 18. Mitglied der Euro-Zone
Am
1. Januar 2014 werden zwei Millionen Einwohner von Lettland den Euro
als Zahlungsmittel erhalten. Ihre Währung ist bereits seit
2005
fest an den Wechselkurs des Euro gekoppelt. Das kleine Land im Baltikum
hat mit über 5% das höchste Wirtschaftswachstum in
der EU,
und es erfüllt die Maastricht-Kriterien vorbildlich.
Von der
Finanzmarktkrise war Lettland jedoch sehr stark betroffen, 2009 brach
die Wirtschaft um 18% ein. Kritiker befürchten, Lettland
könnte ein zweites Südzypern werden. Auch
das
Nachbarland Litauen bereitet sich auf einen Euro-Beitritt vor, der
schon 2015 erfolgen könnte. Zuletzt hatte 2011 Estland den
Euro
eingeführt. Folgende Texte sind nur in englischer Sprache
verfügbar:
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5.
Neugründung von
Europäischen Betriebsräten
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Ehemalige
Siemens-Tochter gründet EBR
Am
17. September 2013 wurde bei einer Sitzung in Wien eine
EBR-Vereinbarung für Unify unterzeichnet. Das Unternehmen war
2006
als Siemens Enterprise
Communications (SEN) aus dem Siemens-Konzern ausgegliedert und 2008
mehrheitlich von einem US-Finanzinvestor übernommen worden. Im
Herbst 2010 starteten Verhandlungen zur Bildung eines
Europäischen
Betriebsrates, die erst kurz vor Ablauf
der dreijährigen
Frist erfolgreich beendet wurden. Der EBR
unterliegt deutschem Recht und integriert die Standards von
Unterrichtung und Anhörung der neuen
EU-Richtlinie. Seine
19 Mitglieder, darunter drei aus Deutschland, kommen aus 17
EU-Ländern und tagen zweimal jährlich. Der
geschäftsführende Ausschuß besteht aus vier
Mitgliedern: zwei aus Deutschland und je eines aus
Österreich
und Belgien.
Jet-Tankstellen jetzt mit eigenem
EBR
Nach der Ausgliederung von
Tankstellen und Raffinerien des drittgrößten
US-Ölkonzerns ConocoPhillips
im Mai 2012 und dem Börsengang der neuen Gesellschaft Phillips
66 (benannt nach der berühmten Route 66 in den USA), war hier
ein neuer EBR zu gründen. Die Vereinbarung wurde am 29.
September 2013 auf der Grundlage der neuen EU-Richtlinie unterzeichnet.
Sie unterliegt britischem Recht.
Dem EBR
gehören Delegierte aus fünf Ländern an: das
Vereinigte Königreich erhält drei Sitze, Irland,
Deutschland, Österreich und Belgien jeweils einen. Drei
Delegierte aus verschiedenen Ländern bilden den engeren
Ausschuß. Der EBR kann bis zu drei bezahlte Experten zu jeder
Sitzung hinzuziehen. Alle anderen Punkte orientieren sich zumeist an
der ehemaligen Muttergesellschaft ConocoPhillips, die seit 1996
über eine freiwillige Alt-Vereinbarung nach norwegischem Recht
verfügt.
EBR-Gründung
Nummer 9 in
Spanien
Am
15. November 2013 wurde in Madrid eine EBR-Vereinbarung
für den Sicherheitsdienstleister Prosegur
unterzeichnet. Nur ein knappes Jahr hatte das Besondere
Verhandlungsgremium für die Ausarbeitung des Textes
benötigt, der auf der neuen EU-Richtlinie basiert. Sowohl
Unterrichtungs- und Anhörungsrechte wie auch
Schulungsansprüche sind auf dem neuesten Stand. Dem EBR
gehören zehn Mitglieder an: sechs aus Spanien, zwei aus
Portugal und je einer aus Frankreich und Deutschland.
Spanien
hat immer noch einen erheblichen Rückstand bei der
Errichtung Europäischer Betriebsräte. Bisher gibt es
erst in acht weiteren Unternehmen einen EBR, die
letzte Neugründung erfolgte im Juli 2012 im
Infrastrukturunternehmen Abertis (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2012).
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6.
Update von EBR-Vereinbarungen
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Neue
Mandatsverteilung nach Aufspaltung
Am
23. Juli 2013 ist eine überarbeitete EBR-Vereinbarung
für den französischen Energiekonzern GdF Suez in
Kraft getreten. Nach der Ausgliederung des Wasser- und Abfallbereichs
in das Unternehmen Suez Environnement war dort wenige Tage zuvor ein
eigenständiger Europäischer Betriebsrat neu gebildet
worden (siehe Bericht
in den EBR-News 3/2013). Die Belegschaft von GdF Suez
verringte sich dadurch etwa um ein Drittel, was einen
Neuzuschnitt des bestehenden EBR notwendig machte.
Ihm gehören
jetzt 45 Delegierte an (vorher 65), die zweimal
jährlich tagen. Alle zwei Monate treffen sich die
zwölf Mitglieder des Präsidiums (vorher 14), darunter
fünf französische Vertreter von fünf
verschiedenen Gewerkschaften. Reduziert wurde auch das Budget des EBR
(von 80.000 auf 62.000 € jährlich) und die
mögliche Anzahl der Werksbesuche in anderen Ländern
(von 35 auf 25 pro Jahr). Die im Mai 2009 unterzeichnete
EBR-Vereinbarung von GdF Suez gilt als eine der besten in
Frankreich (siehe Bericht
in den EBR-News 2/2009).
Französischer Elektrokonzern
adaptiert neue EBR-Richtlinie
Am
20. September 2013 wurde am Sitz von Legrand in Limoges eine
aktualisierte EBR-Vereinbarung nach französischem Recht
unterzeichnet. 2000 hatte der Hersteller von Elektrobauteilen
für
den Hausbau einen EBR gegründet. Ihm gehören
Delegierte aus
18 Ländern an, die einmal jährlich
nach Frankreich
reisen und unter dem Vorsitz des Arbeitgebers tagen. Das
EBR-Präsidium wurde von drei auf vier Mitglieder aufgestockt
und
tagt viermal jährlich, davon zweimal mit der zentralen Leitung.
Der
EBR ist bei transnationalen Angelegenheiten zuständig, wenn in
mindestens zwei Ländern je 20 Arbeitnehmer betroffen sind. Die
Mitglieder des Präsidiums können zweimal pro Jahr im
Rahmen
von Konsultationsverfahren Betriebsstätten in anderen
Ländern
aufsuchen. Für Beratungsleistungen steht ein Budget von 60.000
€ jährlich zur Verfügung. Der besondere
Schwachpunkt der
Vereinbarung sind die Fristen für das Unterrichtungs- und
Anhörungsverfahren, die in der EU-Richtlinie nicht vorgesehen
sind. Eine Stellungnahme hat der EBR innerhalb von 90 Tagen vorzulegen.
Hierauf muß die zentrale Leitung innerhalb von 15 Tagen
antworten, danach kann sie ihre Pläne ungehindert
umsetzen.
Spanischer
Mobilfunkbetreiber
weiter ohne spanische Delegierte
Am
29. November 2013 wurde am Sitz der Deutschland-Zentrale von
Telefónica in München (Foto) eine neue
EBR-Vereinbarung
unterzeichnet. Sie unterliegt weiterhin britischem Recht und
umfaßt Niederlassungen in fünf Ländern
(Vereinigtes
Königreich, Irland, Deutschland, Tschechien
und Slowakei).
Die spanische Muttergesellschaft ist nicht beteiligt, da der EBR
bereits 2004 vor dem Aufkauf durch Telefónica
gegründet
worden war (siehe Bericht
in den EBR-News 3/2004).
Die
Überarbeitung der Vereinbarung erfolgte in den
letzten
Monaten mit fachlicher Unterstützung der EWC Academy (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2013). Für
britische Verhältnisse enthält sie sehr weitreichende
Regelungen. Vor der Unterzeichnung fand am 21. und 22. November 2013 in
Hamburg eine Klausurtagung statt, um die Anwendung der neuen
Standards von Unterrichtung und Anhörung zu besprechen.
Eine
Auswahl von
EBR-Vereinbarungstexten haben wir
auf einer Downloadseite
zusammengestellt.
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7.
Neue
SE-Beteiligungsvereinbarungen
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SE-Umwandlung
unmittelbar nach der EBR-Gründung
Seit 5.
Juli 2013 firmiert die Norma Group in Maintal (Hessen) als
Europäische Gesellschaft (SE). Der Automobilzulieferer
beschäftigt in Europa etwa 2.500 Arbeitnehmer - davon 1.000 in
Deutschland - und stellt Verbindungstechnik her. Nachdem am 17. Januar
2013 ein
Europäischer Betriebsrat seine Arbeit aufnahm, wird dieser nun
zugunsten eines SE-Betriebsrats wieder aufgelöst. Im
Aufsichtsrat
der deutschen Holding gab es bisher keine Arbeitnehmervertreter, daher
bleibt auch die SE mitbestimmungsfrei.
Am
18. Juni 2013 hatte das Besondere Verhandlungsgremium eine
SE-Vereinbarung unterzeichnet, die sich weitgehend an den
Mindeststandards des deutschen SE-Beteiligungsgesetzes
orientiert. Im
künftigen SE-Betriebsrat sind neun EU-Länder
vertreten, hinzu
kommen zwei Vertreter (Schweiz und Serbien) ohne Stimmrecht.
Sowohl der SE-Betriebsrat wie auch der fünfköpfige
geschäftsführende Ausschuß treffen sich
jeweils zu zwei
jährlichen Sitzungen. Die zentrale Leitung verpflichtet sich,
bei
Umstrukturierungen keine Maßnahmen umzusetzen, bevor das
Konsultationsverfahren mit dem SE-Betriebsrat nicht komplett
abgeschlossen ist. Dabei wurden allerdings Fristen festgelegt, die im
SE-Gesetz nicht vorgesehen sind. Die konstituierende Sitzung soll am
15. Januar 2014 stattfinden.
Neuer
SE-Betriebsrat ergänzt vorhandenen EBR
Seit
Jahresbeginn 2013 betreibt der Essener Energiekonzern RWE die
konventionelle Stromerzeugung länderübergreifend in
der neuen
Tochtergesellschaft RWE Generation SE. Hierzu gehören etwa 50
Kraftwerke in Deutschland, in den Niederlanden und im Vereinigten
Königreich. Die Arbeitnehmerbeteiligung
für die neue
Gesellschaft wurde von einem Besonderen Verhandlungsgremium erarbeitet,
das am 10. September 2013 in Essen eine SE-Beteiligungsvereinbarung
unterzeichnete. Danach besteht der neue SE-Betriebsrat aus
acht
Mitgliedern aus diesen drei Ländern, er tagt zweimal
jährlich. Die übrigen Regelungen orientieren sich an
den
subsidiären Vorschriften des deutschen
SE-Beteiligungsgesetzes. So wie im Aufsichtsrat der Holding
ist
auch eine paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat der
SE vorgesehen. Mit seinen 20 Mitgliedern (davon zehn
Arbeitnehmervertreter) ist es der größte je
gegründete Aufsichtsrat einer SE.
Da
sich die SE-Gründung nur auf eine Tochtergesellschaft und auf
drei
Länder beschränkt, bleibt der Europäische
Betriebsrat
von RWE weiter im Amt. Ihm gehören zahlreiche
osteuropäische
Delegierte an. Er wurde 2007 auf oberster
Holding-Ebene
installiert, nachdem es zuvor eine Vertretungsstruktur mit
Europäischen Spartenbetriebsräten gab (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2008). RWE geht so einen ähnlichen Weg
wie der britische
Mineralölkonzern BP, der im April 2010 sämtliche
Tankstellen-
und Raffinerieaktivitäten in eine neue SE nach deutschem Recht
auslagerte. BP hatte jedoch auf die Bildung eines
eigenständigen
SE-Betriebsrates verzichtet und innerhalb des bestehenden EBR einen
SE-Ausschuß gebildet (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2010).
SE-Betriebsrat
mit weltweiter Kompetenz
Am
24. Oktober 2013 wurde in Rostock eine SE-Vereinbarung
für
Inros Lackner unterzeichnet. Die Architektur- und
Bauträgergesellschaft ist 2004 durch Fusion mehrerer
Firmengruppen
aus West- und Ostdeutschland entstanden und expandiert inzwischen
weltweit. Die SE-Vereinbarung gilt für
den Europäischen
Binnenmarkt und die Schweiz, enthält jedoch eine besondere
Klausel
hinsichtlich der Unternehmensbeteiligungen in anderen Teilen der Welt.
In außergewöhnlichen
Umständen, die innerhalb der EU ein Konsultationsverfahren
auslösen würden, hat der SE-Betriebsrat ein
Informationsrecht. Derzeit betrifft dies neben Rußland auch
fünf Büros in Afrika und zwei in Asien. Da eine
Mitbestimmung
im Verwaltungsrat nicht vorgesehen ist, hat sich die zentrale
Leitung bereiterklärt, alle zwei Monate ein Treffen
mit dem
SE-Betriebsrat vor oder nach jeder Verwaltungsratssitzung
durchzuführen. Dies ähnelt den Regelungen, die im
Dezember
2012 im französischen IT-Konzern Atos getroffen wurden (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2013). Die EWC Academy hatte das Besondere
Verhandlungsgremium von Inros Lackner beraten.
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8. Bemühungen um korrekte Konsultationsverfahren
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Flowchart im Praxistest
Am
26. September 2013 startete der Europäische
Betriebsrat des niederländischen
Marktforschungsunternehmens Nielsen das erste "richtige"
Konsultationsverfahren. Er hatte sich im
Juli 2013 mit der zentralen Leitung auf einen Flowchart mit Guidelines
verständigt, um die neuen EU-Standards nach
französischem Vorbild korrekt in die Praxis umzusetzen (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2013).
Konkreter
Anlaß waren
Planungen der zentralen Leitung zu einer Umstrukturierung. Zur
Durchführung des
Konsultationsverfahrens bildete der EBR eine Arbeitsgruppe und
beauftragte die EWC Academy mit einem
Sachverständigenmandat. Im Rahmen einer
betriebswirtschaftlichen Analyse werden die möglichen
Auswirkungen derzeit eingehend untersucht.
SE-Betriebsrat will
Konsultationsverfahren
vertiefen
Der SE-Betriebsrat des
Klebstoffherstellers tesa führte vom 16. bis 18. Oktober 2013
in Hamburg seine halbjährliche Plenarsitzung durch. Auf der
Agenda stand eine bessere Nutzung der Rechte auf Unterrichtung und
Anhörung aus der 2008 geschlossenen
SE-Beteiligungsvereinbarung (siehe Bericht in den
EBR-News 4/2008). Aus diesem Grund wurde die EWC
Academy beauftragt, einen Überblick über
Aktivitäten anderer SE-Betriebsräte zu geben und
Möglichkeiten zur Nutzung der Initiativrechte für
grenzüberschreitende Verhandlungen zu beleuchten.
Schweizerischer
Elektrotechnikkonzern erarbeitet Flowchart
Vom 5. bis 8. November 2013
versammelte sich der Europäische Betriebsrat von ABB in
Regensdorf bei Zürich. Nachdem die EBR-Vereinbarung im April
2013 an die neuen EU-Standards angepaßt wurde (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2013), wollen nun die 22 Delegierten aus 17
Ländern auch das Konsultationsverfahren nach
französischem Vorbild optimieren. Mit fachlicher
Unterstützung der EWC Academy entwickelten mehrere
Arbeitsgruppen Eckpunkte für die künftigen
EBR-Aktivitäten. Das Präsidium des EBR wird die
Ausarbeitung eines Flowcharts nach dem Beispiel von Nielsen (siehe
oben) weiter vorantreiben.
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9. Der Blick
über
Europa hinaus
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Französisch-niederländische
Fluggesellschaft stärkt soziale Verantwortung
Am
10. Juli 2013 wurde zwischen der zentralen Leitung und dem
Europäischen Betriebsrat von Air France KLM eine revidierte
Sozial- und Ethikcharta unterzeichnet. Sie ersetzt ein
Abkommen
von 2008 (siehe Bericht
in den EBR-News 1/2008).
Formal wurde sie nur für Europa abgeschlossen, gilt jedoch
ausdrücklich weltweit als "Quelle der Inspiration".
Für die
Überwachung der Charta ist der Europäische
Betriebsrat
zuständig, dessen Lenkungsausschuß jedes Jahr einen
Monitoring-Bericht erstellt. Der EBR von Air France KLM ist 2006 nach
der
Fusion errichtet worden (siehe Bericht in den
EBR-News 1/2006). Folgende Texte sind nur in
englischer Sprache verfügbar:
Arbeitsgruppe
zur Gleichbehandlung
Zwischen
Unilever und zwei globalen Gewerkschaftsverbänden wird eine
"Gender Equality Working Group" gebildet. Dies wurde am 9. Oktober 2013
bekannt. Die Arbeitsgruppe hat das Ziel, weltweit für
alle
Niederlassungen des britisch-niederländischen
Konsumgüterkonzerns Kriterien zur
Frauenförderung sowie
zum Abbau von Benachteiligungen zu
erarbeiten. In Australien wurde das Ziel einer
50/50-Verteilung
der Geschlechter bereits erreicht. Auch der Nahrungsmittelkonzern
Danone unterstützt mit seinem 2007 unterzeichneten, weltweit
geltenden Antidiskriminierungsabkommen ähnliche Entwicklungen
(siehe Bericht
in den EBR-News 4/2007). Die
folgenden Texte sind nur in englischer Sprache
verfügbar:
Blaupause für
Tarifverhandlungen in China
Am
11. Oktober 2013 veröffentlichten
unabhängige
Arbeitsrechtsgruppen in Hongkong einen "Code of Collective Bargaining"
für die Volksrepublik China. Am gleichen Tag verabschiedete
die
kommunistische Regierung der an Hongkong angrenzenden
Provinz Guangdong neue Vorschriften über
Tarifverträge. Guangdong ist heute
die wirtschaftlich bedeutendste Provinz der gesamten Volksrepublik,
hier begann schon vor 1980 die marktwirtschaftliche Öffnung.
Obwohl die Aktivisten aus Hongkong dem kommunistischen Regime
kritisch gegenüberstehen, werden die Neuregelungen der
Nachbarprovinz ausdrücklich als wichtiger Schritt zu einem
echten
Tarifverhandlungssystem gelobt. Folgende Texte sind nur in englischer
Sprache verfügbar:
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10.
Interessante Webseiten
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Lohnentwicklung der
einzelnen EU-Länder
Die
Europäische
Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Dublin,
eine Forschungsagentur der EU, informiert auf ihrer Webseite
über Entwicklungen der Tarifpolitik und der
Arbeitseinkommen seit 1999. Für jedes Land und einige
Schlüsselbranchen sind auf einer farblich gestalteten
Landkarte Veränderungen für jedes Jahres abrufbar.
Beantwortet
wird auch die Frage, wo Flächentarifverträge
vorherrschen und zentralisiert ausgehandelt werden oder wo die
Tarifpolitik betrieblich fragmentiert ist. Im Juli 2013 hatte
auch das Europäische
Gewerkschaftsinstitut (ETUI) in Brüssel
eigene Infographiken zur Lohnentwicklung der
EU-Länder auf seiner
Webseite veröffentlicht (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2013).
Europäische
Projekte und Seminare zur Arbeitnehmerbeteiligung
Das
Europäische Zentrum für Arbeitnehmerfragen (EZA) in
Königswinter bei Bonn widmet sich der internationalen
Bildungsarbeit aus christlich-sozialer
Perspektive. Regelmäßig werden Seminare und
EU-finanzierte Projekte zur Arbeitnehmerbeteiligung in Mittel-
und
Osteuropa oder zur Zukunft des europäischen Sozialmodells
durchgeführt. Die Europäischen Betriebsräte
sind
auch ein
Thema in der Arbeit des EZA.
Datenbank für
EU-Spezialwortschatz
Seit
2004 verfügen die EU-Institutionen über eine
Datenbank
für spezielles Vokabular, das in der europäischen
Zusammenarbeit eine Rolle spielt. Seit 2007 ist die Datenbank kostenlos
für die Öffentlichkeit nutzbar. Sie wird
ständig
weiterentwickelt. Derzeit sind 8,4 Mio. Termini in 24 Amtssprachen der
EU enthalten, davon 540.000 Abkürzungen und 130.000
Satzfragmente.
Europäische Kampagne
für faire Schokolade
Mehrere
Organisationen haben mit finanzieller Unterstützung der EU
eine
Webseite für fair gehandelte Schokolade erstellt. Die Kampagne
zielt darauf, die Arbeits- und Lebensbedingungen von Kakaobauern zu
verbessern, ausbeuterische Kinderarbeit zu beenden, nachhaltige und
diversifizierte Landwirtschaft zu stärken und die Umwelt zu
schützen. Sozial- und Umweltstandards sollen nicht nur beim
Anbau,
sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette verankert
werden.
Zahlreiche
weitere interessante Links haben wir in einer Linksammlung
zusammengestellt.
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Untersuchung
zum branchenspezifischen Sozialdialog
Seit
Mitte der 80er Jahre gibt es in Brüssel institutionalisierte
Dialogforen zwischen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und
der Europäischen Kommission zum Austausch über
sozialpolitische Fragen. Dieser "Soziale Dialog" wurde 1998 auch auf
Ebene einzelner Branchen eingeführt, heute gibt es derartige
Ausschüsse für über 40 Wirtschaftsbereiche.
Diese im Juli 2013 erschienene Dissertation untersucht Ergebnisse des
Sozialen Dialogs und konkrete Auswirkungen in den Mitgliedsstaaten der
EU, insbesondere in Deutschland, Dänemark und dem Vereinigten
Königreich. Beispielhaft werden
die Elektrizitätswirtschaft und der Handel
dargestellt.
Projektbericht: mittlere und
leitende Angestellte in der EBR-Arbeit
Eurocadres, der
europäische Dachverband der Fach- und
Führungskräfte, vertritt fünf Millionen
Angestellte in mittlerer und leitender Position. Als
branchenübergreifender Verband für eine bestimmte
Berufskategorie ist er assoziiertes Mitglied des
Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). Mit finanzieller
Unterstützung der EU untersuchte er die besondere Rolle der
Fach- und Führungskräfte in der EBR-Arbeit. Die
Projektergebnisse liegen seit Juli 2013 in drei Sprachen vor. Die
Broschüre beschäftigt sich mit EBR-Vereinbarungen,
der Zusammensetzung und Arbeitsweise von Europäischen
Betriebsräten, dem Unterrichtungs- und
Anhörungsverfahren und der Koordinierung der EBR-Mitglieder
untereinander.
Leitfaden zum
gewerkschaftlichen Lobbying auf EU-Ebene
Im September
2013 ist dieser Leitfaden erschienen, der Möglichkeiten der
gewerkschaftlichen Einflußnahme auf die Entscheidungsfindung
innerhalb der EU-Institutionen aufzeigt. Die Broschüre
beschreibt
dazu die einzelnen Schritte eines Gesetzgebungsprozesses der
EU
und konkrete Aktivitäten der Gewerkschaften an Beispielen wie
dem
Port Package oder REACH, der EU-Chemikalienverordnung. Auch die
Rahmenbedingungen von Online-Kampagnen werden behandelt.
Verfügbar
ist die Broschüre in englischer, französischer und
italienischer
Sprache.
Gesellschaftliche
Verantwortung von Unternehmen
Im
Oktober 2013 legte die Hans-Böckler-Stiftung eine neue Studie
über
die vertragliche Ausgestaltung von Corporate Social Responsibility
(CSR)
vor. Insgesamt 56 Betriebsvereinbarungen, internationale Rahmenabkommen
und
Ethikrichtlinien wurden hierzu ausgewertet, um die aktuellen Trends der
betrieblichen Akteure zu analysieren. Waren solche Vereinbarungen
früher meist nur unverbindliche Absichtserklärungen
und bestenfalls für Marketingzwecke geeignet, so zeigt sich in
neueren Texten ein besseres
Controlling und die stärkere Einbeziehung auch von
Subunternehmern,
Zulieferern oder Dienstleistern. Dr. Reingard Zimmer, Mitautorin der
Studie, hatte dieses Thema bereits in ihrer Dissertation
ausführlich untersucht (siehe Bericht in den
EBR-News 3/2008). Sie gehört
seit Jahren zum Kreis der juristischen Berater der
EWC Academy.
Weitere
Literatur haben wir in einer Literatursammlung
zusammengestellt.
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12. Die EWC Academy:
Weitere Beispiele aus unserer Arbeit
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US-Unternehmen der
Luftfahrtelektronik stärkt EBR-Arbeit
Am
7. und 8. Oktober 2013 tagte der
EBR-Lenkungsausschuß von Rockwell Collins in Paris.
Beraten durch die EWC Academy entwickelte er für die
Neuverhandlung der EBR-Vereinbarung Eckpunkte, die in einer
Plenarsitzung vom 25. bis 28. November 2013 in Toulouse
beschlossen wurden. Im Frühjahr 2014 ist die Unterzeichnung
geplant. Die EWC Academy führte in Toulouse eine juristische
Schulung
über die Handhabung "vertraulicher Informationen" durch
und ein Praktiker erläuterte die mögliche
Gestaltung von Konsultationsverfahren.
Raumfahrtsparte
von EADS vor Umbruch
Das
Europäische Raumfahrtkomitee Astrium, ein
Europäischer
Spartenbetriebsrat unter dem Dach von EADS, vertritt 15.000
Arbeitnehmer des Geschäftsbereichs Raumfahrt in
Deutschland,
Frankreich, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden. Es
traf
sich vom 8. bis 10. Oktober 2013 zu einer Klausurtagung im
Schulungszentrum des Unternehmens bei Bordeaux, wie zuvor der EBR von
Airbus (siehe Bericht
in den EBR-News 4/2012). Die EWC Academy
lieferte Anregungen zur Nutzung der neuen EU-Standards zur
Unterrichtung und Anhörung.
Training zu den neuen EU-Standards
Auf
der Sitzung des Europäischen Betriebsrates von Schibsted vom
23. bis 25. Oktober 2013 in
Brüssel führte die EWC Academy eine Schulung zum
Konsultationsverfahren sowie zur Definition und Weitergabe
"vertraulicher
Informationen" durch. Die norwegische Mediengruppe hatte 2004 einen EBR
gegründet. Die 34 Mitglieder aus acht Ländern tagen
zweimal
jährlich.
Grundlagenseminar
beim Nivea-Hersteller Beiersdorf
Am
20. und 21. November 2013 tagten Arbeitnehmervertreter aus dem
Europa-Forum des Kosmetikkonzerns Beiersdorf in Hamburg. Dabei
führte die EWC Academy eine Schulung durch, insbesondere
Grundlagenwissen über die Systeme der Arbeitsbeziehungen in
der EU
und die Arbeitsweise eines Europäischen Betriebsrates standen
im
Fokus.
Beiersdorf
verfügt über eine "freiwillige" Alt-Vereinbarung aus
dem Jahr
1996, die zuletzt im März 2012 aktualisiert wurde. Das
Europa-Forum
besteht zur Hälfte aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern.
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13.
Aktuelle Seminartermine
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Die
EWC Academy und ihre
Vorläuferorganisation führt seit
Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von
Europäischen
Betriebräten, SE-Betriebsräten und Besonderen
Verhandlungsgremien durch. Bisher haben 533 Arbeitnehmervertreter aus
209
Unternehmen daran
teilgenommen, darunter viele auch mehrfach. Das entspricht etwa 18%
aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa - die
zahlreichen Inhouse-Veranstaltungen der EWC Academy noch nicht
mitgerechnet.
6.
Hamburger Fachtagung für Europäische und
SE-Betriebsräte
Wie jedes
Jahr findet im Januar
wieder eine zweitägige Fachtagung in Hamburg statt. Die Themen:
Montag, 27.
Januar 2014:
Aktuelle Trends in der EBR-Landschaft - Wie konsultiert man richtig?
Dienstag,
28. Januar 2014: Besuch des Aluminiumwerks von Norsk Hydro
in Hamburg und Diskussion mit EBR-Mitgliedern
Sprachkurse:
Business-Englisch
für deutschsprachige Betriebsräte
Folgende
Termine sind im Jahr 2014 geplant: vom
27. bis 30. Januar 2014 findet ein Sprachkurs
in Hamburg statt, vom 6. bis 12. Juli 2014 ein weiterer Sprachkurs
im englischen Seebad Eastbourne und vom 12. bis 18. Oktober 2014 ein
Sprachkurs in der
Nähe von Dublin.
Arbeitnehmervertreter
in US-Unternehmen
Am 30. Juni
und 1. Juli
2014 findet zum zweiten Mal eine Fachtagung für
Betriebsratsmitglieder
aus US-Unternehmen statt, diesmal im Amerika Haus München.
Neben Expertenvorträgen gibt es dort die Möglichkeit,
Erfahrungen über die Arbeit im Europäischen
Betriebsrat und mit der amerikanischen Managementkultur auszutauschen.
Teilnehmen können auch Betriebsräte aus
europäischen Unternehmen mit Standorten in den USA. Moderator
ist der ehemalige EBR-Vorsitzende von General Motors, Klaus Franz.
Inhouse-Veranstaltungen
Eine
Übersicht über mögliche Themen für
Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:
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Die
EBR-News werden herausgegeben von:
Mitarbeiter/innen
dieser Ausgabe:
Werner Altmeyer, Rainer Appel,
Manfred Bobke,
Rita
da Luz, Reingard Zimmer
Verteiler
der deutschsprachigen
Ausgabe: 19.783 Empfänger
Verteiler
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englischsprachigen Ausgabe: 3.080 Empfänger
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französischsprachigen Ausgabe: 2.997 Empfänger
Newsletter-Archiv: www.ebr-news.de
Wir freuen uns über
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