Nr. 4/2018
27. Dezember 2018    
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Willkommen zur Ausgabe Nr. 4 / 2018 der EBR-News  

Inhalt

  1. Die Brexit-Fieberkurve steigt
  2. Aktuelle Berichte aus weiteren Ländern
  3. Mitbestimmung und Corporate Governance
  4. Neue SE-Umwandlungen
  5. Rechtsprechung zur Mitbestimmung in der SE
  6. Neuer EBR-Rechtsstreit in den Niederlanden
  7. Gründung von Europäischen Betriebsräten
  8. Überarbeitung von EBR-Vereinbarungen
  9. Der Blick über Europa hinaus
10. Interessante Webseiten
11. Neue Publikationen
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
13. Aktuelle Seminartermine
14. Impressum

 

  1. Die Brexit-Fieberkurve steigt

Sturz von der Klippe oder Verschiebung des Selbstmords?

 

Am 25. November 2018 wurde der Entwurf eines Austrittsvertrages von den Regierungschefs der EU unterzeichnet. Das britische Parlament wird Mitte Januar 2019 darüber abstimmen, eine Mehrheit unter den Abgeordneten ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Ohne Abkommen erfolgt der Brexit am 30. März 2019 automatisch, das Land stünde am "Rand der Klippe". Die Folgen wären nach Meinung des Gouverneurs der Bank von England "so katastrophal wie die Finanzkrise" oder wie die lange Wirtschaftskrise nach dem Ölschock der 1970er Jahre (siehe Bericht in den EBR-News 3/2018). Am 18. Dezember 2018 setzte die Regierung Notfallplanungen in Kraft, die den Einsatz der Armee zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung vorsehen. Am Tag darauf verkündete die Europäische Kommission ihre Notfallmaßnahmen, die insbesondere Finanzdienstleistungen, Flugverkehr und die Zollabfertigung betreffen.

 

Pressebericht über die Notfallpläne der britischen Regierung

Pressebericht über die Notfallpläne der EU

Die Pressemitteilung der Europäischen Kommission

 

Das britische Unterhaus sollte ursprünglich am 11. Dezember 2018 den Austrittsvertrag genehmigen. Angesichts heftiger Kritik aus den eigenen Reihen und sämtlicher Oppositionsparteien zeichnete sich eine Abstimmungsniederlage ab. Daher sagte Premierministerin Theresa May die Abstimmung einen Tag vorher ab, was einen Misstrauensantrag in ihrer Parlamentsfraktion auslöste. Am 12. Dezember 2018 sprachen ihr 200 Abgeordnete der Konservativen Partei das Vertrauen aus, aber mehr als ein Drittel (117 Abgeordnete) stimmten gegen sie. Eine Mehrheit für den Austrittsvertrag ist damit nahezu ausgeschlossen. Wie geht es nach einer Ablehnung des Vertrages Mitte Januar 2019 weiter?

  • Option 1: Die Labour Party stellt einen Misstrauensantrag gegen die Regierung. Gibt es hierfür eine Mehrheit im Unterhaus, muss innerhalb von 14 Tagen eine neue Regierung gebildet werden oder es finden vorgezogene Parlamentswahlen statt.
  • Option 2: Die Mehrheit der Abgeordneten lehnt einen Brexit ohne Austrittsvertrag ab, was sehr wahrscheinlich ist. Nur eine Minderheit von harten Brexit-Befürwortern wäre dazu bereit. Die EU hat eine Nachverhandlung des Vertrages ausgeschlossen, daher blieben nur zwei Auswege: entweder sagt das Parlament den Brexit komplett ab oder führt ein zweites Referendum durch, was - nach aktuellen Umfragen - ebenfalls den Brexit stoppen würde.

Eine vorgezogene Parlamentswahl wie auch ein zweites Referendum wären in der kurzen Zeit bis zum Brexit kaum durchführbar. Der Termin müsste verschoben werden, was aber einer Genehmigung durch alle EU-Länder bedarf. Sie würden vermutlich Zugeständnisse verlangen, die den Handlungsspielraum der britischen Regierung weiter einschränken. Außerdem entfallen alle Sonderrechte für das Vereinigte Königreich, die teilweise bis auf die Thatcher-Jahre zurückreichen. Am 10. Dezember 2018 entschied der Europäische Gerichtshof, dass das Vereinigte Königreich den Brexit ohne Erlaubnis der anderen 27 EU-Länder annullieren kann, aber nur vor dem 30. März 2019.

 

Weitere Informationen über den Brexit

 



Britische Regierung will Gründung von Betriebsräten erleichtern

 

Am 17. Dezember 2018 präsentierte das Wirtschaftsministerium ("Department for Business, Energy & Industrial Strategy") sein umfassendes Programm zur Zukunft des Arbeitsmarkts und des Arbeitsrechts, den "Good Work Plan". Während konservative Regierungen in der Vergangenheit die Arbeitnehmerrechte meist einschränkten, enthält der Plan eine Reihe von Verbesserungen. Zu der Vielzahl von angekündigten Maßnahmen gehört z. B., die Gründung von Unterrichtungs- und Anhörungsausschüssen in den Betrieben (eine Art "Betriebsrat light") zu erleichtern.

 

Um einen Betriebsrat in Deutschland zu gründen, müssen nur drei Personen die Initiative ergreifen. Im Vereinigten Königreich liegt die Schwelle dagegen bei 10% der Belegschaft, die einen solchen Antrag unterzeichnen müssen. Künftig soll diese Schwelle auf 2% gesenkt werden. Die Unterrichtungs- und Anhörungsausschüsse wurden 2005 ins britische Arbeitsrecht eingeführt, weil eine EU-Richtlinie von 2002 dies verlangt (siehe Bericht in den EBR-News 2/2006). In der Praxis ist die Verbreitung allerdings gering: nur 25% aller britischen Arbeitnehmer werden von einem solchen Gremium vertreten. Es gibt Fälle, in denen sich Arbeitgeber gezielt weigerten, einen Unterrichtungs- und Anhörungsausschuss zu gründen, wie eine Übersicht von Gerichtsverfahren offenlegt (siehe Bericht in den EBR-News 2/2012).

 

Der Good Work Plan im Wortlaut (siehe Seite 22)

Bisherige Erfahrungen mit den Unterrichtungs- und Anhörungsausschüssen

  2. Aktuelle Berichte aus weiteren Ländern

Arbeitskräftemangel begünstigt hohe Lohnsteigerungen in Tschechien

 

Am 11. September 2018 trafen sich über 1.300 Gewerkschafter in Prag (Foto), um die kommende Tarifrunde vorzubereiten. Ziele sind Lohnsteigerungen zwischen 7 und 9%, die Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 37,5 Stunden sowie fünf Wochen Jahresurlaub. Die zwei letzten Punkte sind in drei Viertel aller Betriebe schon verwirklicht und sollen auf die ganze Wirtschaft ausgedehnt werden. Seit 2015 fordert der böhmisch-mährische Gewerkschaftsbund ČMKOS mit einer landesweiten Kampagne "Das Ende der billigen Arbeit" (siehe Bericht in den EBR-News 4/2015).

 

Ohne einen einzigen Arbeitskampf sind die durchschnittlichen Monatseinkommen in Tschechien 2018 um 8,5% gestiegen (Deutschland: 3,0%). Noch höhere Steigerungen gab es in der Automobilindustrie. So erhöhte die Volkswagen-Tochter Škoda, größte Auslandsinvestition in Tschechien, ihre Löhne um mehr als 20% auf 1.900 € brutto. Im Durchschnitt erhalten tschechische Arbeitnehmer 1.200 €, wobei in Prag fast 450 € mehr gezahlt werden als z. B. in Karlsbad. Obwohl die Einkommen in Deutschland dreimal so hoch sind, haben die Lebenshaltungskosten in Tschechien fast deutsches Niveau erreicht. Ähnliche Entwicklungen gibt es in der Slowakei und Ungarn (siehe Bericht in den EBR-News 1/2018).

 

Obwohl die Gewerkschaften nur einen Organisationsgrad von 11% vorweisen können, ist jeder zweite Arbeitnehmer in Tschechien von einem Tarifvertrag erfaßt, zumeist von einem Haustarifvertrag. Ursache für die hohen Einkommenszuwächse ist die Arbeitslosenquote von 2,3%, die niedrigste in der ganzen EU. Die Zahl der Stellenangebote ist höher als die der verfügbaren Bewerber. In letzter Zeit kommen vermehrt Arbeitskräfte aus Südeuropa nach Tschechien, vor allem aus Italien. Beim Lebensstandard hat das Land inzwischen Griechenland und Portugal überholt und liegt fast gleichauf mit Spanien.

 

Sozialpolitik der neuen Regierung

 

Seit 27. Juni 2018 ist eine Minderheitsregierung der liberalpopulistischen ANO ("Aktion unzufriedener Bürger") und der Sozialdemokratischen Partei im Amt, die von der Kommunistischen Partei toleriert wird. Die Koalition will die drei unbezahlten Krankheitstage abschaffen (Entgeltfortzahlung beginnt erst am vierten Krankheitstag), das Elterngeld anheben, vorzeitige Pensionierung in körperlich belastenden Berufen erleichtern und prekäre Arbeitsverträge besser absichern. Der monatliche Mindestlohn wird ab 1. Januar 2019 um 9,8% auf rund 516 € angehoben.

 

Die Arbeitsbeziehungen in Tschechien

Jahresrückblick: Gewerkschaften und soziale Lage

Bericht über die Entgeltfortzahlung bei Krankheit

 



Ende der Sparpolitik bringt überraschende Erfolge in Portugal

 

Seit November 2015 hat das Euro-Krisenland eine sozialistische Minderheitsregierung, gestützt auf die Grünen, den Linken Block und die Kommunistische Partei. Vorher betrieb eine konservative Regierung im Zuge der internationalen Rettungsaktion von 2011 auf Anweisung der EU-Troika harte Sparpolitik und Sozialabbau. Kündigungen wurden vereinfacht, Abfindungszahlungen gesenkt und die Urlaubszeit verkürzt. Dies brachte jedoch keine Senkung des Staatsdefizits unter die geforderten 3%.

 

Nach dem Politikwechsel 2015 sind dagegen Löhne und Sozialleistungen gestiegen, Privatisierungen wurden eingestellt, Gelegenheitsarbeiter im öffentlichen Sektor fest angestellt und Stromrechnungen von 700.000 armen Familien reduziert. Ab 2019 werden Gebühren für Universitäten um 20% gesenkt und Lehrbücher in der Schule kostenfrei sein. Im öffentlichen Dienst wurde die 35-Stunden-Woche (wie vor der Finanzmarktkrise) wieder hergestellt. Trotzdem konnte das Staatsdefizit 2016 auf 2% gesenkt werden, daher stellte die EU im Frühjahr 2017 das Defizitverfahren gegen Portugal ein. Zum ersten Mal in der Geschichte ist Portugal eines der wenigen Mitglieder der Eurozone, das die EU-Vorschriften zur Defizitkontrolle einhält und im Dezember 2017 wurde der portugiesische Finanzminister Mário Centeno zum Vorsitzenden der Eurogruppe gewählt.

 

Arbeitskräftemangel bremst Wachstum

 

Heute liegt die Arbeitslosenquote mit 6,3% mehr als 10 Prozentpunkte niedriger als im Höhepunkt der Krise 2013. Die Wirtschaft wäre in jüngerer Zeit noch stärker gewachsen, wenn in manchen Sektoren genug Arbeitskräfte vorhanden wären, insbesondere in der Gebäudesanierung, im Metallbau und in der Textilbranche. In den harten Krisenjahren sind viele Portugiesen in nördliche EU-Länder ausgewandert. Wer bis 2020 nach Portugal zurückkehrt, soll laut einem Vorschlag der Regierung für mehrere Jahre die Hälfte seiner Steuern erlassen bekommen. Stark gewachsen ist auch der Tourismus, der für mehr als ein Fünftel aller Arbeitsplätze des Landes steht.

  3. Mitbestimmung und Corporate Governance

Gesetzentwürfe zur Arbeitnehmerbeteiligung in den USA


Seit dem 15. August 2018 liegt dem Senat der Vereinigten Staaten der Entwurf eines "Accountable Capitalism Act" vor. Er zielt darauf, die Unternehmensführung einer stärkeren sozialen Verantwortung zu unterwerfen und verweist ausdrücklich auf Deutschlands Erfahrungen mit der Mitbestimmung. Eingebracht hat den Gesetzentwurf Elizabeth Warren, die seit 2013 den Bundesstaat Massachusetts im US-Senat vertritt und zum linken Flügel der Demokratischen Partei gehört. Die Juraprofessorin der Harvard-Universität gilt für die Wahl 2020 als eine mögliche Präsidentschaftskandidatin.

 

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Unternehmen mit mehr als einer Milliarde $ Umsatz eine Satzung ("corporate charter") beim Handelsregister zur Genehmigung vorlegen müssen, die die Ansprüche von sämtlichen Interessengruppen definiert. Dazu gehören neben der Belegschaft und der Gemeinde auch Umwelt- und Verbraucherschutz. 40% der Mandate im Aufsichts- oder Verwaltungsrat sollen von den Arbeitnehmern gewählt werden und politische Spenden nur noch erlaubt sein, wenn 75% der Aktionäre zustimmen. Geschäftsführer, die mit Aktien entlohnt werden, dürfen diese frühestens nach fünf Jahren verkaufen. Damit soll das in den USA verbreitete Kurzfristdenken in der Unternehmenspolitik bekämpft werden. Etwa 3.500 börsennotierte und viele weitere Unternehmen wären von dem Gesetz betroffen.

 

Der Gesetzentwurf im Wortlaut

Erläuterung der Ziele des Gesetzentwurfs

Pressebericht über den Gesetzentwurf

 

US-Abgeordnetenhaus diskutiert Drittelbeteiligung

 

Bei der Nachwahl zum Senat konnten die Republikaner jedoch ihre Mehrheit verteidigen. Daher kommt einem anderen Gesetzentwurf größere politische Bedeutung zu: am 13. Juni 2018 wurde der "Reward Work Act" in das Repräsentantenhaus eingebracht. Dort haben die Demokraten am 6. November 2018 die Mehrheit errungen. Er sieht vor, dass die Arbeitnehmerseite ein Drittel der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat erhalten und dies von der US-Börsenaufsicht kontrolliert werden soll.

 

Der Gesetzentwurf im Wortlaut

 



Britische Labour Party will Belegschaftsaktien und Mitbestimmung

 

Auf dem Parteitag der Labour Party in Liverpool verkündete der finanz- und wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion im Unterhaus, John McDonnell, am 24. September 2018 ein neues Konzept zur Corporate Governance. Sollte die Labour Party die nächsten Wahlen gewinnen, will sie alle britischen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten verpflichten, jedes Jahr 1% des Grundkapitals in Belegschaftsaktien umzuwandeln, bis 10% erreicht sind. Diese Anteile würden in einem "Inclusive Ownership Fund" (IOF) von einem durch alle Arbeitnehmer des Unternehmens gewählten Treuhänderausschuss verwaltet. Dividenden sollen bis zu 500 £ jährlich an jeden einzelnen Beschäftigten ausgeschüttet werden. 10,7 Mio. Arbeitnehmer (40% der gesamten Privatwirtschaft) würden schätzungsweise sechs Milliarden £ pro Jahr erhalten. In Frankreich gibt es schon seit 1959 eine gesetzliche Pflicht, die Belegschaft an den Unternehmensgewinnen zu beteiligen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016).

 

Weiterhin soll in allen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten ein Drittel aller Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat, mindestens aber zwei, von Arbeitnehmervertretern besetzt werden. Der Vorschlag nimmt ausdrücklich Bezug auf Deutschland, wo es aufgrund der Mitbestimmung mehr Investitionen, längerfristige Entscheidungen und eine wachsende Wirtschaft gebe. Die konservative Regierung hatte im November 2016 das Thema in einem "Grünbuch" ebenfalls aufgegriffen und verschiedene Optionen zur Debatte gestellt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017). Es kam aber nicht zur angekündigten Gesetzesinitiative, vielmehr wurde am 16. Juli 2018 ein (freiwilliger) neuer Corporate Governance Code bekanntgemacht.

 

Bericht über die Vorschläge auf dem Parteitag

Kommentar zum Vorschlag der Labour Party

Informationen zum neuen Corporate Governance Code

Vorschläge der Labour Party zur Vorstandsvergütung

 



Mitbestimmung in Deutschland unter Druck


Während in angelsächsischen Ländern das Modell Mitbestimmung stärker in die Diskussion kommt, steht es in seinem Mutterland derzeit allerdings unter wachsendem Druck. Immer mehr Unternehmen nutzen ausländische Rechtsformen, um die Mitbestimmung im Aufsichtsrat zu umgehen. Waren dies im Jahr 2000 erst drei Einzelfälle, so sind inzwischen schon 5% aller mitbestimmten Unternehmen in Deutschland diesen Weg gegangen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015). Hinzu kommt die neue Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (SE), die zum Einfrieren oder zur vollständigen Vermeidung der Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat dient. Über 80% aller SE-Umwandlungen in ganz Europa entfallen daher auf Deutschland. Seit Februar 2017 gibt es einen Gesetzentwurf, der diese Flucht aus der Mitbestimmung stoppen will (siehe Bericht in den EBR-News 1/2017).

 

Veränderungen gibt es auch in der Investorenlandschaft. Seit der Finanzmarktkrise von 2008 hat das "Zeitalter der Vermögensverwalter" die "Deutschland AG" abgelöst. An die Stelle eines Netzwerks aus Managern, Gewerkschaftern und Politikern, das sich auch in der Zusammensetzung der Aufsichtsräte zeigte, treten jetzt Fondsmanager mit teilweise radikalen, an kurzfristigen Kurszielen ausgerichteten Interessen. Eine andere Gruppe sind die langfristig orientierten US-Vermögensverwalter, deren Einfluss durch den starken Mittelzufluss in passiv gemanagte Indexfonds gewachsen ist. An der Spitze dieser Bewegung steht die Beteiligungsgesellschaft BlackRock aus New York, die "heimliche Weltmacht", die bei einem Drittel aller DAX-Unternehmen inzwischen größter Einzelaktionär ist. Werden wichtige Entscheidungen faktisch am Aufsichtsrat vorbei in vertraulichen Investorengesprächen getroffen, steht die Mitbestimmung als zentrale Säule der deutschen Unternehmensverfassung vor Herausforderungen.

 

Studie über Finanzinvestoren und Mitbestimmung

Analyse der Tätigkeit von Finanzinvestoren in Deutschland

Verankerung der Mitbestimmung in börsennotierten Unternehmen

Aktueller Bericht über Mitbestimmung und Corporate Governance

  4. Neue SE-Umwandlungen

Pharmahersteller: in 34 Minuten zur paritätischen Mitbestimmung


Am 14. August 2018 wurde in Melsungen (bei Kassel) eine SE-Beteiligungsvereinbarung für B. Braun unterzeichnet. Mit weltweit 62.000 Beschäftigten, davon 15.000 in Deutschland und 18.000 in anderen europäischen Ländern, hat das Familienunternehmen für Medizinbedarf lange Zeit schon einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat. Die SE-Umwandlung erfolgt in zwei Stufen. Zuerst firmiert eine Finanzholding mit wenigen deutschen Beschäftigten als SE. Daher bestand das Besondere Verhandlungsgremium nur aus deutschen Mitgliedern. Es konnte seine Sitzung schon nach 34 Minuten beenden, weil alle Details vorher geklärt waren. Dazu gehört auch die Auflösung des 1994 gegründeten Europa-Betriebsrates, der durch einen SE-Betriebsrat gleichen Namens ersetzt wird.

 

Die Finanzholding hat einen SE-Aufsichtsrat aus acht Mitgliedern, davon vier Arbeitnehmervertreter. Im Laufe des Jahres 2019 sollen die Produktionsgesellschaften in die SE eingebracht werden. Dann wird der Aufsichtsrat auf 16 Sitze vergrößert, davon acht Arbeitnehmervertreter (ein leitender Angestellter, zwei externe Gewerkschaftsvertreter und fünf Betriebsratsmitglieder). In der ersten Amtszeit kommen alle aus Deutschland, in der zweiten Amtszeit werden die Sitze anteilig auf die europäischen Länder verteilt. Deutsche Aufsichtsratsmitglieder werden von den deutschen Arbeitnehmern und die übrigen vom neuen Europa-Betriebsrat gewählt.

 

Der Europa-Betriebsrat wählt einen Vorsitzenden, zwei Stellvertreter und zwei weitere Mitglieder aus mindestens drei Ländern in den geschäftsführenden Ausschuss. Dieser tagt quartalsweise an jeweils wechselnden Standorten in Europa. Zusätzliche Arbeitsausschüsse mit eigenen Vorsitzenden können gebildet werden. Der Europa-Betriebsrat hat Zutrittsrecht zu allen Betrieben im Geltungsbereich der SE-Vereinbarung, dazu gehören auch die Schweiz, das Vereinigte Königreich nach dem Brexit sowie Russland. Er hat einen umfassenden Schulungsanspruch, z. B. auch zu Themen der Digitalisierung. In Ländern ohne lokale Arbeitnehmervertretung kann der Europa-Betriebsrat sich um sozialverträgliche Lösungen bei Umstrukturierungen bemühen.

 



Ostdeutscher Energiedienstleister flüchtet aus der Mitbestimmung


Am 15. Oktober 2018 wurde in der konstituierenden Sitzung des Besonderen Verhandlungsgremiums für regiocom in Magdeburg eine vom Arbeitgeber vorbereitete SE-Vereinbarung unterzeichnet. regiocom bietet Komplettbetreuung von Energiekunden und hat in Magdeburg 800 Beschäftigte, hinzu kommen 400 in Bulgarien. Im März 2017 kaufte regiocom Call-Center des Mobilfunkbetreibers E-Plus mit 3.300 Beschäftigten auf. Mit jetzt 5.000 Arbeitnehmern gehört die Gruppe zu den Top Fünf der deutschen Call-Center- und Kundenbetreuungsbranche.

 

Obwohl der Schwellenwert für eine paritätische Mitbestimmung (2.000 Arbeitnehmer in Deutschland) weit überschritten ist, schließt die SE-Vereinbarung die Belegschaft aus dem Verwaltungsrat komplett und auf Dauer aus. Der SE-Betriebsrat orientiert sich weitgehend an der gesetzlichen Auffangregelung. Er kann aber in grenzüberschreitenden Angelegenheiten durch die Betriebsräte im Ausland ermächtigt werden, deren Verhandlungs- und Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen. Jedes Jahr ist eine Sitzung vorgesehen, außerordentliche Sitzungen sollen möglichst als Telefon- oder Videokonferenz stattfinden. Der geschäftsführende Ausschuss hat drei Mitglieder.

 



Medizinunternehmen aus Baden-Württemberg flüchtet aus der Mitbestimmung


Am 5. November 2018 wurde in Birkenfeld (bei Karlsruhe) eine SE-Vereinbarung für Stratec unterzeichnet. Mehr als 1.000 Beschäftigte in acht Ländern stellen diagnostische Analysesysteme und Software für Medizinlabore her. Sie werden auf Dauer aus dem Aufsichtsrat ausgeschlossen, auch wenn das Unternehmen einmal über die Schwelle der paritätischen Mitbestimmung (2.000 Arbeitnehmer in Deutschland) hinauswächst.

 

Der SE-Betriebsrat tagt zweimal jährlich und hat Zutrittsrecht in allen europäischen Niederlassungen. Fünf Sitze entfallen auf Deutschland, drei auf Ungarn, je zwei auf Österreich und Rumänien, ein Sitz auf das Vereinigte Königreich und ein Gastmandat auf die Schweiz. Der geschäftsführende Ausschuss besteht aus drei Personen. Für die Unterrichtung und Anhörung wurde keine Frist festgelegt. Falls die zentrale Leitung den Empfehlungen des SE-Betriebsrates nicht folgt, gibt es eine zweite Anhörung, um eine Einigung herbeizuführen. Im Rahmen von Initiativrechten kann der SE-Betriebsrat Vorschläge zur Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der Arbeitsplatzsicherung, dem Schutz vor Diskriminierung und zum Datenschutz unterbreiten. Bei Konflikten wird ad hoc eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle gebildet, ähnlich der Einigungsstelle im deutschen Betriebsverfassungsgesetz.

 

Pressemitteilung des Unternehmens

  5. Rechtsprechung zur Mitbestimmung in der SE

Gericht untersagt Mitbestimmungsflucht durch SE-Umwandlung

 

Am 27. August 2018 entschied das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main, dass der Aufsichtsrat der Immobiliengruppe Deutsche Wohnen SE paritätisch zu besetzen ist. Das Unternehmen hatte seit seiner Gründung 1998 zahlreiche Wohnungsgesellschaften in Deutschland (auch staatliche und gemeinnützige) aufgekauft und strebt maximale Rendite an. Über 70% des Wohnungsbestandes liegt im Großraum Berlin, wo es zu starken Mieterprotesten kam. Die Gründung von Betriebsräten wird massiv behindert, eine Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat gab es trotz gesetzlicher Pflicht noch nie.

 

Seit dem 31. Juli 2017 firmiert die Holding mit 200 Beschäftigten als Europäische Aktiengesellschaft (SE), obwohl es nur in Deutschland Arbeitnehmer gibt. Das Ziel der SE-Umwandlung bestand darin, den Aufsichtsrat auf Dauer frei von Arbeitnehmervertretern zu halten. Unterhalb der Holding ist für die Bewirtschaftung des Wohnungsbestandes eine Tochtergesellschaft mit 1.100 Beschäftigten zuständig und eine zweite Gesellschaft mit 1.300 Beschäftigten betreibt 20 Seniorenwohn- und Pflegeanlagen. Da es zum Zeitpunkt der SE-Umwandlung mehr als 2.000 Arbeitnehmer in Deutschland gab, bestand Anspruch auf eine paritätische Mitbestimmung. Bisher gingen die juristischen Kommentatoren davon aus, dass dieser Anspruch vor der SE-Umwandlung geltend gemacht werden muss, ansonsten verfällt er. Im Fall des Internet-Lieferdienstes Delivery Hero kam das Urteil im März 2018 kurz vor Ende der Verhandlungen und daher gerade noch rechtzeitig vor der Eintragung der SE im Handelsregister. Aus diesem Grund musste die zentrale Leitung von Delivery Hero - entgegen ihrem ursprünglichen Willen - einen paritätischen Aufsichtsrat installieren (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018).

 

Rückwirkende Rechtsunsicherheit für viele deutsche SE-Umwandlungen

 

Die Frankfurter Richter sind anders als die herrschende juristische Meinung nun zu der Überzeugung gekommen, dass der Anspruch auf Mitbestimmung im Aufsichtsrat auch noch viele Jahre nach der SE-Umwandlung gerichtlich geltend gemacht werden kann. Der Rechtsstreit wird vermutlich bis zum Bundesgerichtshof oder zum Europäischen Gerichtshof gehen. Bis zur endgültigen Entscheidung gibt es für deutsche Unternehmen erstmals das Risiko, dass der Hauptanlass ihrer SE-Umwandlung (die Mitbestimmungsflucht) rückwirkend scheitern könnte. Ähnliche Klagen sind in einer ganzen Reihe anderer Unternehmen auf dem Weg, darunter auch in der Mediengruppe ProSiebenSat.1 Media (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017).

 

Kommentar zum Urteil

Das Urteil im Wortlaut

Hintergrundbericht über die Deutsche Wohnen SE

Gutachten zur Geschäftspolitik der Deutsche Wohnen SE

 



Gewerkschaften scheitern gegen SAP in zweiter Instanz


Am 9. Oktober 2018 wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in Mannheim eine Klage der Gewerkschaften IG Metall und ver.di gegen den Softwarekonzern SAP ab. Die Entscheidung bestätigt das Urteil der ersten Instanz vom Dezember 2017 (siehe Bericht in den EBR-News 4/2017). Die zentrale Leitung von SAP darf bei einer Verkleinerung des Aufsichtsrates von 18 auf zwölf Sitze die bestehenden Vorrechte der (externen) Gewerkschaften einschränken. Sie verlieren dann ihre bisher garantierten Sitze und müssen sich in Konkurrenz zu Kandidaten des Betriebsrates einer allgemeinen Wahl stellen.

 

Anders als bei einer deutschen Aktiengesellschaft wird der Aufsichtsrat einer SE nicht nach Gesetz, sondern basierend auf der SE-Beteiligungsvereinbarung zusammengesetzt. Die Vereinbarung von SAP vom März 2014 sieht für die erste Amtszeit einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat mit 18 Mitgliedern vor (siehe Bericht in den EBR-News 1/2014). Von den neun Arbeitnehmervertretern kommen sieben aus Deutschland, darunter ein externer Gewerkschaftsvertreter der Hans-Böckler-Stiftung. Ab 2019 soll es nur noch sechs Mandate geben, davon vier für Deutschland. Die Klage zielt darauf, mindestens ein Mandat für externe Gewerkschaftsvertreter zu reservieren und soll als Präzedenzfall für ähnliche Fälle in anderen Unternehmen dienen. Inzwischen liegt der Fall dem Bundesarbeitsgericht vor.

 

Bericht über das Urteil

Die SE-Vereinbarung im Wortlaut

  6. Neuer EBR-Rechtsstreit in den Niederlanden

Rotterdamer Richter enttäuschen spanische Aluminiumarbeiter


Am 27. November 2018 lehnte es das Handelsgericht Rotterdam ab, zwei geplante Werksschließungen von Alcoa in Spanien per einstweiliger Verfügung vorläufig zu stoppen. Das Verfahren, das der Europäische Betriebsrat von Alcoa in Gang gesetzt hatte, wurde in der spanischen Presse mit Spannung verfolgt. Bereits 2011 war der EBR des US-Automobilzulieferers Visteon vor dem Landesarbeitsgericht Köln gescheitert, eine Werksschließung in Spanien zu stoppen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2011).

 

Am 17. Oktober 2018 hatte der US-Aluminiumhersteller Alcoa mitgeteilt, die Produktionsstandorte in Avilés und A Coruña in Nordspanien mit knapp 700 Beschäftigten komplett zu schließen. Betriebsräte und Gewerkschaften vor Ort wollen Alternativpläne erarbeiten, es fehlt aber ausreichend Zeit, weil die gesetzliche Konsultationsfrist für spanische Betriebsräte bei Massenentlassungen auf genau 30 Tage begrenzt ist. Durch die Klage in Rotterdam sollte dieser Fristablauf gestoppt werden. Ein Europäischer Betriebsrat hat in der Regel keine exakte Frist zur Durchführung des Konsultationsverfahrens. Alcoa verfügt seit 2001 über einen EBR nach niederländischem Recht.

 

Ist der EBR für solche Werksschließungen überhaupt zuständig?

 

Das Gericht in Rotterdam prüfte zunächst, ob es eine "grenzüberschreitende Angelegenheit" ist. Falls nur ein einziges Land oder ein sehr kleiner Teil der europäischen Belegschaft betroffen ist, könnte die Zuständigkeit des EBR eventuell strittig sein (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015). Im vorliegenden Fall wird 20% der europäischen Belegschaft entlassen und ein Shared Service Center in Ungarn als Folge der Werksschließungen verkleinert. Somit steht die Zuständigkeit des EBR außer Frage.

 

Weiterhin musste das Gericht beurteilen, ob die Unterrichtung und Anhörung zuerst mit dem EBR und zu einem späteren Zeitpunkt erst mit den spanischen Betriebsräten starten darf. Die zentrale Leitung hatte die Anhörungsverfahren auf allen Ebenen der Arbeitnehmervertretung am gleichen Tag begonnen. Da die EBR-Richtlinie vorschreibt, dass der EBR spätestens gleichzeitig mit nationalen Betriebsräten zu beteiligen ist, konnte das Gericht hier keinen Rechtsverstoß sehen. Wichtigstes Argument gegen die einstweilige Verfügung war die Mitteilung der zentralen Leitung, dass sie noch keine endgültige Entscheidung über die Zukunft der spanischen Standorte getroffen hat und auf die Stellungnahme des EBR wartet. Dieser bemängelte am 29. November 2018 bei einer Sitzung in Madrid, dass er nicht alle Dokumente erhält, die für eine betriebswirtschaftliche Analyse durch externe Berater notwendig sind.

 

Bericht über die Ereignisse bei Alcoa

Bericht über die Proteste vor Ort

Das Urteil im Wortlaut

 

Die Entwicklung in Spanien

 

Am Tag der Urteilsverkündung trafen sich die beiden spanischen Betriebsräte zum ersten Mal mit dem Management von Alcoa in Madrid und am 4. Dezember 2018 starteten Sozialplanverhandlungen. Sie sollen nach Meinung des Unternehmens bis 15. Januar 2019 abgeschlossen sein. Nach öffentlichem Druck stimmte Alcoa zu, einen runden Tisch mit der spanischen Regierung und den Gewerkschaften zu bilden, um mögliche Investoren für die Werke zu finden.

  7. Gründung von Europäischen Betriebsräten

Größter Modehändler der Welt gründet EBR


Am 25. September 2018 wurde in Madrid eine EBR-Vereinbarung für Inditex geschlossen. Das Textilunternehmen mit Sitz in Galicien hat weltweit 170.000 Beschäftigte und ist vor allem unter diversen Markennamen bekannt (siehe Foto). Nach nur drei Sitzungen war das Besondere Verhandlungsgremium zum Abschluss gekommen. Inditex kooperiert bereits seit 2007 mit den Gewerkschaften auf globaler Ebene durch ein internationales Rahmenabkommen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2014).

 

Der Europäische Betriebsrat arbeitet nach spanischem Recht und hat 25 Mitglieder aus 22 Ländern, die aus den Bekleidungsgeschäften und der Logistik sowie den spanischen Fabriken kommen. Für die spanischen Gewerkschaften UGT und CC.OO., die bei Inditex eine starke Mitgliederbasis haben, war der Freistellungsumfang der EBR-Mitglieder von großer Bedeutung. Er geht erheblich über die Regeln des spanischen EBR-Gesetzes hinaus: jeder Delegierte erhält 60 Stunden, die Mitglieder des engeren Ausschusses 96 und der Vorsitzende 120 Stunden pro Jahr. Der EBR kann Arbeitsgruppen bilden und sein eigenes Budget aufstellen, das die zentrale Leitung ihm zur Verfügung stellt.

 

Der engere Ausschuss hat ein Zutrittsrecht zu allen Niederlassungen im Geltungsbereich der EBR-Vereinbarung und kann ein Treffen mit Personalleitern auf nationaler oder lokaler Ebene verlangen, um den sozialen Dialog innerhalb des Konzerns zu fördern und anzugleichen. Ab dem dritten Jahr wird die Türkei, drittwichtigster Inditex-Produktionsstandort weltweit, einen Beobachterstatus bekommen. Der europäische Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI) ist mit einem Koordinator in allen Sitzungen dabei und kann bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der EBR-Vereinbarung als Mediator angerufen werden.

 

Bericht von der Unterzeichnung

Kritischer Internet-Blog über Zara in Deutschland

 



US-Kraftwerksbauer wählt britisches Recht


Am 11. Oktober 2018 wurde in Manchester eine EBR-Vereinbarung für Westinghouse nach britischem Recht unterzeichnet. Sie gilt für 3.300 Beschäftigte in zwölf Ländern und enthält eine Klausel für den Brexit, wonach das Vereinigte Königreich im Geltungsbereich der Vereinbarung bleibt. Die zentrale Leitung ist nicht Teil des EBR, der Vorsitz liegt bei einem gewählten Arbeitnehmervertreter. Die Mitglieder des Besonderen Verhandlungsgremiums sind in der ersten vierjährigen Amtszeit automatisch Mitglied des EBR, sofern nicht eine Neuwahl von Delegierten nach der jeweiligen nationalen Rechtslage zwingend vorgeschrieben ist. Der EBR tagt einmal jährlich und wählt fünf Mitglieder in den engeren Ausschuss, der sich bei Bedarf trifft, mindestens aber zweimal pro Jahr. Vor Beginn eines Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens zu einem bestimmten Thema wird ein Zeitplan besprochen. Normalerweise soll die Anhörung 28 Kalendertage nach Erhalt aller Informationen abgeschlossen sein.

 



Türkischer Süßwarenhersteller vereinbart EBR nach britischem Recht


Am 11. Oktober 2018 wurde zwischen der Yıldız Holding und dem Besonderen Verhandlungsgremium in London eine EBR-Vereinbarung unterzeichnet. Das Familienunternehmen ist in den letzten Jahren durch zahlreiche Akquisitionen auf 60.000 Beschäftigte gewachsen (davon 45.000 in der Türkei) und so zum zweitgrößten Gebäckhersteller der Welt geworden. Nach dem Kauf des britischen Konzerns United Biscuits im November 2014, in dem es bereits seit 1994 ein freiwilliges Europäisches Forum gab, begann der Prozess zur Gründung eines vollwertigen EBR für den Gesamtkonzern. Er basiert auf der neuen EBR-Richtlinie und vertritt 6.100 Beschäftigte in elf EU-Ländern. Die Türkei ist nicht vertreten, das Vereinigte Königreich bleibt nach dem Brexit weiter dabei.

 

Der EBR besteht aus 18 Delegierten, die ihren Vorsitzenden und drei weitere Mitglieder in den engeren Ausschuss wählen. Die zentrale Leitung ist nicht Teil des Gremiums. Neben einer jährlichen Sitzung des gesamten EBR sind mindestens zwei Sitzungen des engeren Ausschusses vorgesehen, der für alle außerordentlichen Umstände zuständig ist. Der EBR kann sich durch mehrere Sachverständige seiner Wahl beraten lassen, sowohl Gewerkschaftssekretäre als auch unabhängige Sachverständige. Die Kosten trägt das Unternehmen. Es gibt keine Fristen für die Durchführung des Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens, die den EBR zeitlich einschränken. Bei Meinungsverschiedenheiten über Inhalte der EBR-Vereinbarung ist ein dreistufiges Verfahren vorgesehen. Gerichtliche Schritte sind erst dann möglich, wenn zuvor eine Schlichtung mit externer Hilfe stattgefunden hat.

  8. Überarbeitung von EBR-Vereinbarungen

Automobilzulieferer vom Bodensee fusioniert zwei Europäische Betriebsräte


Am 9. Juli 2018 wurde in Friedrichshafen eine neue EBR-Vereinbarung für ZF unterschrieben. Sie integriert den bislang eigenständigen Europäischen Betriebsrat von TRW Automotive. Das ehemalige US-Unternehmen gehört seit 2015 zu ZF. Die Verhandlungen zur Zusammenlegung der beiden EBR-Gremien hatten im Februar 2017 mit Unterstützung der EWC Academy begonnen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2017). Der EBR wird auf 26 und der geschäftsführende Ausschuss auf fünf Mitglieder vergrößert. Diese vertreten 83.000 Beschäftigte in 15 EU-Ländern. Sieben Sitze entfallen auf Deutschland, wo 60% der europäischen Belegschaft arbeitet. Zweitgrößtes Land ist Polen mit 9% und zwei Sitzen. Große Belegschaften gibt es auch in Rumänien und in Tschechien.

 

Die EBR-Vereinbarung orientiert sich weitgehend an den Standards der neuen EU-Richtlinie, geht aber auch an einigen Punkten darüber hinaus. So wird beim An- und Verkauf von Unternehmen, die nur ein einziges Land betreffen, der EBR-Vorsitzende vorab informiert. Bei Massenentlassungen ist zunächst der geschäftsführende Ausschuss zuständig, es kann auch eine Sondersitzung des EBR beantragt werden. Betriebsbesuche sind in allen europäischen Ländern möglich, das Schulungsbudget beträgt 24.000 € pro Jahr. Eine Budget-Obergrenze für Sachverständige gibt es nicht. Für die Unterrichtung und Anhörung wurde eine Frist von fünf Wochen vereinbart, die aber auf Antrag des EBR verlängert werden kann. In allen Ländern, in denen es keine Gesamt- oder Konzernbetriebsräte gibt, ist einmal jährlich ein Treffen der lokalen Betriebsratsvorsitzenden mit EBR-Delegierten ihres Landes vorgesehen. Diese Treffen werden vom Unternehmen finanziert.

 



Französisches Touristikunternehmen präzisiert EBR-Regeln

 

Nach über drei Jahren Verhandlungszeit wurde am 19. September 2018 die EBR-Vereinbarung von Club Méditerranée aktualisiert. Das Unternehmen betreibt Ferienanlagen in 26 Ländern der Welt und wurde 2015 von Investoren aus China übernommen. Der EBR existiert seit 1996 auf Basis einer "freiwilligen" Vereinbarung und vertritt 3.500 Beschäftigte in neun EU-Ländern, darunter 2.700 in Frankreich.

 

Dem Europäischen Ausschuss für sozialen Dialog (CEDS), so der Name des EBR, gehören zwölf Mitglieder aus Frankreich, Italien, Griechenland und Portugal an. Fünf weitere Länder mit weniger als 100 Arbeitnehmern haben keinen Sitz. Der Vorsitz in den halbjährlichen Plenarsitzungen liegt beim Arbeitgeber. Die Arbeitnehmervertreter wählen einen Sprecher (= Sekretär) und zwei weitere Mitglieder in den engeren Ausschuss, der jedes Jahr zwei Sitzungen mit dem Arbeitgeber durchführt. Sie haben 120 Stunden Freistellung zusätzlich zu den Sitzungszeiten und Zutrittsrecht zu allen Ferienanlagen in Europa. Jedes Jahr hat der EBR Anspruch auf drei Schulungstage und kann ein Budget von 15.000 € dafür nutzen (inklusive Dolmetscherkosten). Die Schulungen finden grundsätzlich in den Ferienanlagen des Unternehmens statt. 2009 hatte Club Méditerranée mit den Gewerkschaften ein weltweit gültiges Abkommen über soziale Mindeststandards unterzeichnet, das sich auch mit den Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitskräften befaßt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2009).

 

Die EBR-Vereinbarung im Wortlaut

Die Webseite des CEDS

 



Französischer Baukonzern erneuert EBR-Vereinbarung


Am 26. September 2018 wurde in Rueil-Malmaison bei Paris eine überarbeitete EBR-Vereinbarung für Vinci unterzeichnet. 29 EBR-Mitglieder vertreten 152.000 Arbeitnehmer im Binnenmarkt und in der Schweiz. Die größten Länder nach Frankreich mit 97.000 sind Deutschland mit 15.000, das Vereinigte Königreich mit 9.000 und Portugal mit 4.500 Beschäftigten. Länder unter 500 Arbeitnehmern haben keinen Sitz. Der Vorsitz liegt beim Konzernpräsidenten, der einmal im Jahr eine Plenarsitzung einberuft.

 

Am Tag davor tagen die Delegierten ohne den Arbeitgeber und wählen sechs Mitglieder ins Präsidium, die aus einem Land mit mehr als 3.000 Beschäftigten kommen müssen. Unterstützt werden sie durch zwei Gewerkschaftssekretäre aus europäischen Dachverbänden in Brüssel. Jedes Quartal wird das Präsidium über Veränderungen der Unternehmensstruktur, Arbeitsunfälle und Massenentlassungen ab 100 Arbeitnehmer informiert. Für Anhörungen in außerordentlichen Umständen sind Schwellenwerte definiert, ab wann der EBR für ein Thema zuständig ist. Am Ende des Anhörungsverfahrens steht eine schriftliche Stellungnahme, die per Votum von den Delegierten beschlossen wird. Die Freistellungszeit beträgt je nach Funktion 50 bis 200 Stunden pro Jahr, hinzu kommen zwölf Tage Schulungsanspruch während der vierjährigen Amtszeit.

 

Der EBR hat einen eigenen Büroraum am Sitz des Konzerns und ein jährliches Budget von 50.000 € für Schulungen und Reisekosten außerhalb normaler Sitzungen. Im Mai 2018 wurde ein Ausschuss zur sozialen Unternehmensverantwortung gebildet. Nach derzeitiger französischer Rechtslage gehören dem Verwaltungsrat von Vinci zwei Arbeitnehmervertreter an (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015), einer davon wird vom EBR in geheimer Wahl bestimmt. 2003 hatte Vinci erstmals ein Abkommen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz mit dem EBR geschlossen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2018).

  9. Der Blick über Europa hinaus

Bezahlter Elternurlaub in 73 Ländern der Welt


Am 18. September 2018 wurde in Paris ein internationales Rahmenabkommen über grundlegende soziale Rechte für 200.000 Beschäftigte von BNP Paribas unterzeichnet. Die größte Bank der Eurozone verpflichtet sich zum sozialen Dialog mit den Gewerkschaften, zur Gleichbehandlung der Geschlechter, legt Eckpunkte für Betriebsänderungen fest und will Belästigung und Mobbing am Arbeitsplatz gezielt bekämpfen.

 

Als erstes Unternehmen der Finanzbranche garantiert BNP Paribas allen Angestellten eine Kranken-, Lebens- und Unfallversicherung sowie bezahlte Elternzeit (Mütter 14 Wochen, Väter sechs Tage), und zwar auch in Ländern wie Mali oder Vietnam. Überwacht wird die Einhaltung des Rahmenabkommens durch einen Ausschuss, der einmal jährlich tagt. Ihm gehören Vertreter von Gewerkschaften aus allen Erdteilen und des Europäischen Betriebsrates an. Auf europäischer Ebene gibt es bereits drei solcher Abkommen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2017).

 

Bericht von der Unterzeichnung

Das Rahmenabkommen im Wortlaut

 



Flugzeughersteller gründet Weltbetriebsrat


Am 17. Oktober 2018 wurde in die SE-Vereinbarung für Airbus die Gründung eines "Airbus Global Forum" aufgenommen. Es besteht aus den Mitgliedern des Präsidiums des SE-Betriebsrates und je zwei Gewerkschaftsvertretern der Regionen Afrika/Mittlerer Osten, Asien/Pazifik, China, Lateinamerika und Nordamerika. Das Forum tagt einmal jährlich. Auch die Struktur des SE-Betriebsrats wurde verändert. Die beiden Spartenausschüsse für Hubschrauber sowie Verteidigung und Raumfahrt bleiben bestehen, der Ausschuss für Flugzeugbau wird mit dem Holding-Betriebsrat verschmolzen. Neu gegründet wird ein spezieller Ausschuss des SE-Betriebsrates für das Geschäft mit Passagierflugzeugen, die "Airbus Commercial Aircraft Commission", die zweimal im Jahr tagt. Die SE-Vereinbarung von Airbus unterliegt niederländischem Recht und war im Februar 2015 geschlossen worden (siehe Bericht in den EBR-News 1/2015).

 

Bericht über die neue Vereinbarung

 



Britisch-niederländischer Konsumgüterkonzern setzt weltweiten Rahmen


Am 31. Oktober 2018 wurde in London zwischen der zentralen Leitung von Unilever und zwei internationalen Gewerkschaftsdachverbänden eine Grundsatzvereinbarung unterzeichnet. Das Unternehmen verpflichtet sich, in allen Niederlassungen und bei seinen Zulieferern Koalitionsfreiheit und Tarifverhandlungen zu respektieren. Bereits seit 2010 gibt es halbjährliche Treffen der Vertragsparteien sowie zwei Arbeitsgruppen zur nachhaltigen Entwicklung und zur Gleichbehandlung der Geschlechter, die nun einen institutionellen Rahmen bekommen. Seit Januar 2016 gibt es auch ein Abkommen zur Prävention sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016).

 

Bericht von der Unterzeichnung

Das Memorandum im Wortlaut

  10. Interessante Webseiten

Berufsausbildung in sechs europäischen und zwei weiteren Ländern


Gewerkschaften aus Deutschland, Griechenland, Italien, Lettland, Portugal, der Slowakei, Costa Rica und Südafrika erarbeiteten mit Unterstützung des deutschen Bundesbildungsministeriums einen Qualitätsrahmen für duale berufliche Ausbildung. In dem Projekt Unions4VET ging es um Mindeststandards in der Ausbildung, gesetzliche Regelungen, Einbeziehung von Sozialpartnern, Berufsschulen und Wissenschaft sowie um die Weiterbildung der Ausbilder.

 

Die Webseite des Projekts zur Berufsausbildung

Der Europäische Qualitätsrahmen für die Ausbildung

Die Online-Toolbox zur dualen Ausbildung in Europa

 



Digitalisierung in Ländern des Donauraums


Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) führt derzeit das Projekt danube@work durch, das sich mit den Herausforderungen durch Digitalisierung auf die Arbeitsmärkte in Rumänien, Bulgarien und Serbien befaßt. Dazu gehört die Erstellung eines Registers, das für jedes Land die am stärksten betroffenen Branchen und die erwarteten künftigen Entwicklungen auflisten soll.

 

Die Webseite des Projekts

Download von Präsentationen von der Auftaktkonferenz

 



Neues gewerkschaftliches IT-Portal in Deutschland


Im November 2018 startete der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) das Newsportal unionize.de. Dort werden IT-Themen wie Big Data, Blockchain und Künstliche Intelligenz behandelt und deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt untersucht. Weiterhin sind dort digitale Tipps und Tricks für Arbeitnehmer und für die Gewerkschaftsarbeit zu finden.

 

Das neue IT-Portal

 



Einblick in die Brüsseler Lobby-Landschaft


Seit 2011 gibt es ein öffentlich zugängliches EU-Transparenz-Register für Lobbyisten und seit 2014 listet die Europäische Kommission online alle Sitzungen auf, die Kommissare und Generaldirektoren mit registrierten Lobbyisten abgehalten haben. Die Internet-Plattform LobbyFacts.eu analysiert diese Daten. Eine der finanzstärksten Lobby-Organisationen ist z. B. der Europäische Rat der chemischen Industrie, der mit 47 Angestellten in Brüssel vertreten ist. Einzelunternehmen mit dem größten Lobby-Budget sind der griechische IT-Dienstleister Unisystems, der in sicherheitsrelevanten Bereichen von NATO und EU-Einrichtungen tätig ist, und die US-Konzerne Google und Microsoft mit je acht festangestellten EU-Lobbyisten.

 

Die Webseite von LobbyFacts.eu

Kurzdarstellung der Tätigkeit der Plattform

Aktuelle Studie über Einfluss von Konzernen auf die EU-Politik

  11. Neue Publikationen

Formularbuch für die Betriebsratsarbeit


Im September 2018 ist diese aktuelle Auflage von juristischen Arbeitshilfen für den deutschen Betriebsrat mit knapp 1.000 Seiten erschienen, davon widmen sich 60 Seiten dem Europäischen Betriebsrat. Neben Musterschreiben für die Gründung eines EBR gibt es Formulierungsvorschläge für einzelne Abschnitte einer EBR-Vereinbarung und zur Geschäftsordnung (beides in deutscher und englischer Sprache). Ergänzend sind Textvorschläge zu einem europaweiten Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag, zu einem Verhaltenskodex, zu sozialen Mindeststandards und zum Brexit zu finden. Das Buch beinhaltet einen Online-Zugang zu allen Texten, was Nutzung und Weiterverarbeitung für die eigene Arbeit sehr erleichtert.

 

Weitere Informationen

Online-Bestellung

 



Neuer EBR-Leitfaden aus Brüssel

 

Im September 2018 hat das Europäische Gewerkschaftsinstitut (ETUI) seine dritte Broschüre zur Arbeit Europäischer Betriebsräte herausgebracht. Sie liefert Hintergrundinformationen, praktische Werkzeuge und Checklisten für den Umgang mit länderübergreifenden Umstrukturierungen. Erläutert werden insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen des Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens im EBR und die Abstimmung mit den Betriebsräten vor Ort. Der Leitfaden geht der Frage nach, wie Europäische Betriebsräte dabei eine aktive Rolle spielen können. Die Broschüre umfaßt 16 Seiten und liegt in sieben Sprachen vor. Die letzte Broschüre dieser Reihe war im April 2015 erschienen (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015).

 

Download des Leitfadens

Download weiterer Sprachversionen

 



"Kommunikation ist das Allerwichtigste" – der EBR aus Managementsicht


Im September 2018 sind die Ergebnisse eines Forschungsprojekts publiziert worden, die den Europäischen Betriebsrat aus der Arbeitgeberperspektive untersucht. In zwölf deutschen Konzernzentralen (vier in der Rechtsform SE) wurden 40 Interviews mit Personalmanagern und Arbeitnehmervertretern über ihre Zusammenarbeit auf europäischer Ebene geführt. Untersucht wurde auch die Beziehungspflege zwischen den Mitgliedern des Konzernvorstandes und des Europäischen Betriebsrates ("Die Kunst bei der Mitbestimmung ist das Beziehungsmanagement") sowie die Gestaltung von Konsultationsverfahren. Letzteres beinhaltet immer eine Koordinierung des Personalmanagements mit anderen Managementebenen, die weniger Erfahrung mit Betriebsräten haben. Die beiden Autoren forschen schon seit Jahren in diesem Bereich, zuletzt erschien 2014 eine Fallstudie über Europäische Betriebsräte in der Dienstleistungsbranche (siehe Bericht in den EBR-News 2/2015).

 

Weitere Informationen

Download der Studie

Online-Bestellung des Buches

 



Gewerkschaften und Betriebsräte in Spanien

 

Im Oktober 2018 hat die Friedrich-Ebert-Stiftung diese neue Länderstudie zu Spanien vorgelegt. Sie beleuchtet die zentralen Herausforderungen, die sich für die Gewerkschaften derzeit stellen: die hohe Arbeitslosigkeit im Zuge der Finanzmarktkrise, die Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens und das Ende des Zweiparteiensystems. Der Organisationsgrad liegt mit 14% doppelt so hoch wie in Frankreich und ist in den letzten 20 Jahren bemerkenswert stabil geblieben. Besonders stark sind die Wasser- und Energieversorgung und die Versicherungsbranche organisiert. Die beiden größten Gewerkschaftsbünde CC.OO. und UGT haben heute jeweils 900.000 Mitglieder und erringen bei den Betriebsratswahlen traditionell je ein Drittel aller Sitze im ganzen Land. Sie stehen in Katalonien, im Baskenland und in Galicien in zunehmender Konkurrenz mit regionalen Gewerkschaften. Seit Juni 2018 hat Spanien eine sozialistische Minderheitsregierung, die das Tarifverhandlungswesen und die Gewerkschaften stärken will (siehe Bericht in den EBR-News 3/2018).

 

Download der Studie

Überblick über die betriebliche Interessenvertretung in Spanien

  12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit

Fusion in der Luft- und Raumfahrtindustrie


Am 10. und 11. Oktober 2018 trafen sich in Birmingham erstmals die geschäftsführenden Ausschüsse der beiden Europäischen Betriebsräte von UTC Aerospace Systems und Rockwell Collins, um die bevorstehende Fusion der beiden US-Unternehmen zu besprechen. Dabei wurden mit Unterstützung der EWC Academy die verschiedenen Optionen erörtert.

 

Beide Unternehmen haben bereits seit 1996 einen EBR, die beide durch eine Reihe von Fusionen und Abspaltungen immer wieder umgebaut wurden. UTC Aerospace Systems, eine Tochtergesellschaft der United Technologies Corporation, arbeitet mit einer "freiwilligen" Vereinbarung nach deutschem Recht. Der EBR von Rockwell Collins basiert hingegen vollständig auf der EU-Richtlinie und wechselte 2014 vom britischen zum luxemburgischen Recht. Zuletzt wurde im September 2017 der Flugzeugzulieferer B/E Aerospace in den EBR integriert (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017).

 

Pressebericht über den Konzern

 



Italienische Versicherung vor Generationswechsel im EBR


Am 31. Oktober 2018 führte die EWC Academy für die deutschen Mitglieder im Europäischen Betriebsrat von Generali eine Schulung über die Gestaltung eines korrekten Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens und die Merkmale des italienischen EBR-Gesetzes durch. Tagungsort war die Akademie der Tochtergesellschaft AachenMünchener im Park des Schlosses Bensberg bei Köln. Der EBR von Generali muss in nächster Zeit wichtige Positionen neu besetzen und Deutschland als zweitgrößtes Land will sich rechtzeitig darauf vorbereiten. Im Mai 2012 wurde die EBR-Vereinbarung bereits an die neue EU-Richtlinie angepaßt (siehe Bericht in den EBR-News 3/2012). Sie gilt in Italien als beispielgebend.

 

Die EBR-Vereinbarung im Wortlaut

 



SE-Umwandlung mit Hindernissen


Am 17. Dezember 2018 konstituierte sich in Osnabrück das Besondere Verhandlungsgremium für die Bauholding Köster. Das wachsende Familienunternehmen will durch Nutzung der Rechtsform SE eine Mitbestimmung der  Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Holding vermeiden. Nach Auffassung der Betriebsräte ist die Schwelle von 2.000 Beschäftigten in Deutschland bereits überschritten und eine Flucht aus der Mitbestimmung nicht mehr zulässig. Sie starteten daher ein Statusverfahren, um die genaue Belegschaftszahl gerichtlich feststellen zu lassen. Ein solches Statusverfahren gab es zuletzt auch beim Lieferdienst Delivery Hero (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018).

 

Als die zentrale Leitung am Morgen des 8. November 2018 hierüber informiert wurde, sagte sie die am Nachmittag des gleichen Tages geplante Sitzung des Besonderen Verhandlungsgremiums ab. Obwohl die Delegierten bereits in Osnabrück eingetroffen waren, mussten sie auf die Konstituierung verzichten und wieder abreisen. In den folgenden Wochen konnten dann mit Unterstützung der EWC Academy die Eckpunkte der künftigen SE-Vereinbarung mit der zentralen Leitung auf informellem Wege erörtert werden, ein Abschluss des Verfahrens erscheint in Kürze möglich. Erste Vorbereitungen hatten schon im September 2018 begonnen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2018).

 

Merkblatt zum Statusverfahren

Weitere Informationen zur Rechtsform SE

  13. Aktuelle Seminartermine

Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 783 Arbeitnehmervertreter aus 276 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch mehrfach. Das entspricht etwa 21% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Noch nicht mitgezählt sind die zahlreichen Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.

 

Aktueller Seminarkatalog

 

Im Seminarkatalog der EWC Academy sind die bevorstehenden Termine auf 64 Seiten dargestellt.

 

Überblick über die bevorstehenden Seminartermine

 



11. Hamburger Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte


Wie jedes Jahr findet am 28. und 29. Januar 2019 unsere jährliche Fachtagung statt. Zu Beginn werden die neuesten Entwicklungen in der EBR- und SE-Landschaft sowie aktuelle Gerichtsentscheidungen vorgestellt. Zum Programm gehören Fallbeispiele ("best practice") aus zwei Unternehmen. Im Mittelpunkt der Fachtagung steht diesmal der Bericht über die Anwendung der EBR-Richtlinie aus Brüssel vom 14. Mai 2018. Darin spricht sich die Europäische Kommission für stärkere Sanktionen im Fall von Verletzungen der EBR-Rechte durch Arbeitgeber aus (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018).

 

Rückblick: Bericht von der letzten Hamburger Fachtagung

 



6. Deutsch-britische Betriebsrätetagung in London


Am 21. und 22. März 2019 findet die nächste EBR-Fachtagung in London statt, in einem hochbrisanten politischen Umfeld wenige Tage vor dem Brexit. Sie richtet sich insbesondere an Mitglieder Europäischer Betriebsräte, die britischem Recht unterliegen, und an Arbeitnehmervertreter, die sich für das Arbeitsrecht des Landes interessieren. Die Veranstaltung wird simultan gedolmetscht.

 

Bericht von einer früheren Londoner Betriebsrätetagung

 



EBR- und SE-Seminar auf Schloss Montabaur

Vom 23. bis 26. April 2019 findet unser jährliches Grundseminar für die Mitglieder (auch für künftige Mitglieder) von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien in Montabaur statt. Das Schloss liegt beim ICE-Bahnhof auf halbem Weg zwischen Frankfurt am Main und Köln. Dort werden mehrere Seminarbausteine in zwei Niveaus parallel voneinander behandelt:

  • EBR- und SE-Schnuppertage (für Einsteiger)
  • Von einer Kinoveranstaltung zum vollwertigen Konsultationsorgan (für Fortgeschrittene)

Das Programm der beiden Seminarbausteine

Bericht von einem früheren Grundseminar in Montabaur

 



Inhouse-Veranstaltungen


Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:

 

Beispiele für Inhouse-Seminare

  14. Impressum

Die EBR-News werden herausgegeben von:

EWC Academy GmbH
Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg
www.ewc-academy.eu

Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 21.722 Empfänger
Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 3.910 Empfänger
Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 3.916 Empfänger

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