Nr. 4/2022 |
30. Dezember 2022 |
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1. Konkrete Forderungen zur Revision der EBR-Richtlinie
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Abstimmung im Ausschuss des Europäischen Parlaments
Am 30. November 2022 fand in Brüssel die entscheidende Abstimmung im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Bericht zur Revision der EBR-Richtlinie statt. Er wurde mit einer großen Mehrheit von 33 Stimmen angenommen (bei sechs Nein-Stimmen und acht Enthaltungen). Der erste Entwurf vom Mai 2022 beinhaltete bereits viele Verbesserungsvorschläge, um die rechtliche Stellung Europäischer Betriebsräte zu stärken (siehe Bericht in den EBR-News 2/2022). Bis Ende Juni 2022 konnten die Fraktionen Vorschläge für Textänderungen einreichen, über die am 30. November 2022 Punkt für Punkt einzeln abgestimmt wurde. Die endgültige Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments soll am 19. Januar 2023 in Straßburg stattfinden. Der Bericht fordert die Europäische Kommission auf, bis zum 31. Januar 2024 das Gesetzgebungsverfahren für eine neue EBR-Richtlinie einzuleiten. Die Punkte im einzelnen:
- Die länderübergreifende Zuständigkeit des EBR wird präzisiert. Er soll für alle Angelegenheiten zuständig sein, die nur ein einziges Land betreffen, sofern die Entscheidung in einem anderen Land getroffen wurde oder eine große Bedeutung für die europäische Belegschaft hat.
- Die Anhörung wird gestärkt. Der EBR soll immer vor der endgültigen Entscheidung der zentralen Leitung eine begründete Antwort auf seine Stellungnahme erhalten.
- Künftig sollen Männer und Frauen zu mindestens 40% im Besonderen Verhandlungsgremium, im EBR und im engeren Ausschuss vertreten sein.
- Die Rolle der europäischen Gewerkschaftsverbände soll gestärkt werden, indem zusätzlich zu dem gewerkschaftlichen Koordinator mindestens ein Sachverständiger von der zentralen Leitung zu bezahlen und beiden Zutitt zu den Sitzungen mit dem Management zu gewähren ist.
- Die Verhandlungszeit zur Gründung eines EBR soll halbiert werden. Kommt es innerhalb von 18 Monaten nicht zur Einigung über eine EBR-Vereinbarung (bisher drei Jahre), greifen automatisch die subsidiären Bestimmungen (EBR "kraft Gesetz").
- Die missbräuchliche Verwendung von Vertraulichkeitsklauseln soll eingeschränkt werden, indem die zentrale Leitung objektive Kriterien darlegt und die Dauer der Vertraulichkeit definiert.
- Während eines Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens soll genug Zeit sein, damit sich der EBR mit Arbeitnehmervertretern auf nationaler und lokaler Ebene abstimmen kann.
- Der Rechtsweg für den EBR und die Finanzierung von Gerichts- und Anwaltskosten durch die zentrale Leitung soll sichergestellt werden. Dies beinhaltet auch Gerichtsverfahren, um einen vorübergehenden Stopp von Entscheidungen der zentralen Leitung zu beantragen ("einstweilige Verfügung").
- Ein neuer Artikel 11a soll die Geldstrafen bei Verstößen gegen EBR-Recht definieren, die bis zu 4% des weltweiten Umsatzes im vorausgegangenen Geschäftsjahr betragen können. Von der liberalen Fraktion Renew Europe, der auch die FDP angehört, wird dies kritisch gesehen.
- Alle "freiwilligen" Alt-Vereinbarungen sollen automatisch der neuen EU-Richtlinie unterliegen, es sei denn sie enthalten bereits heute bessere Regelungen.
- Die subsidiären Bestimmungen sollen künftig zwei Plenarsitzungen im Jahr vorsehen.
Die aktuelle Version des Berichts nach den Beschlüssen im Ausschuss
Pressemitteilung des Europäischen Gewerkschaftsbundes
Broschüre zur Demokratie am Arbeitsplatz
Fehlende Punkte
Der Bericht adressiert vieles, das die Rechtsstellung Europäischer Betriebsräte verbessern kann, aber er enthält auch Leerstellen. Zwei wichtige Streitpunkte sind in der Praxis folgende:
- Wer entscheidet, ob eine Präsenzsitzung oder eine Videokonferenz einberufen wird? Die Frage ist für die Arbeitsfähigkeit des EBR entscheidend (siehe Bericht in den EBR-News 1/2022). Dies war auch bereits Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Im Juni 2020 entschied der Berufungsgerichtshof der Toskana, dass sich ein Arbeitgeber "antigewerkschaftlich" verhält, wenn er ausschließlich Videokonferenzen zahlen will (siehe Bericht in den EBR-News 2/2020).
- Was passiert nach Kündigung einer EBR-Vereinbarung? Wird der EBR aufgelöst wie im Fall von Hewlett-Packard (siehe Bericht in den EBR-News 1/2017) oder wird sofort ein EBR auf Basis der subsidiären Bestimmungen gebildet, wie es das österreichische Recht ausdrücklich vorschreibt? Die Auflösung eines SE-Betriebsrats wurde im Dezember 2021 vom Berufungsgericht Versailles für rechtswidrig erklärt (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021). Die Rechtslage wäre für einen EBR wohl ähnlich, aber es gibt dazu bisher noch kein Urteil.
Aktuelle Studien im Vorfeld der geplanten Gesetzgebung
Wie arbeiten Europäische Betriebsräte, welche Herausforderungen, welche Lösungen gibt es für bestehende Probleme? Diese Fragen wurden in einer empirischen Studie im Auftrag des Dachverbandes der Arbeitgeberverbände BusinessEurope untersucht und am 24. November 2022 als Arbeitspapier in Dublin von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen veröffentlicht. Die ausgewählten 14 Unternehmen (davon drei noch ohne EBR) wurden nach einem vorgegebenen Raster von Kriterien qualitativ beurteilt. Dazu gehört die Frage, wie die "länderübergreifende Zuständigkeit" definiert und wie der Unterrichtungs- und Anhörungsprozess konkret ausgestaltet wird. Aber auch die Rolle bestimmter Personen (z. B. Vorsitzende oder Sachverständige) oder der Zugang zu Schulungen spielen für eine effektive EBR-Arbeit eine wichtige Rolle. Die Studie ist nicht repräsentativ, die meisten Firmen haben ihren Sitz in einem Mittelmeerland und Deutschland ist stark unterrepräsentiert. Die Ergebnisse sind trotzdem recht aufschlussreich, weil auch nach dem Mehrwert gefragt wurde, den ein Europäischer Betriebsrat für Unternehmen bietet. Dazu gehört die strategische Ausrichtung und der Aufbau einer Corporate Identity, der Beitrag des EBR zu effektiver Entscheidungsfindung und sozialem Frieden und zur Stärkung des sozialen Dialogs.
Download des Arbeitspapiers
Europäische Kommission gibt eigene Studie in Auftrag
Angesichts der aktuellen Diskussionen im Europäischen Parlament will die Europäische Kommission nun ebenfalls tätig werden. Im August 2022 schrieb sie eine "Studie zur Erforschung von Problemen und möglichen Lösungen in Bezug auf die Neufassung der Richtlinie 2009/38/EG über Europäische Betriebsräte" aus. Damit soll ein mögliches Gesetzgebungsverfahren vorbereitet werden. Nach einem Auswahlprozess wurde der Zuschlag an ein Konsortium erteilt, zu dem die EWC Academy gehört. Es handelt sich um das gleiche Konsortium, das bereits die 2018 veröffentlichte Studie erstellte (siehe Bericht in den EBR-News 2/2018). Am 16. Dezember 2022 fand das Kick-off-Meeting statt. Sobald Ergebnisse von der Europäischen Kommission publiziert sind, werden wir darüber berichten. |
2. Geldstrafen wegen Verletzung von Anhörungsrechten
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Finnischer Maschinenbaukonzern muss Produktionsverlagerung stoppen
Am 23. September 2022 stoppte das Arbeitsgericht Triest mit einer einstweiligen Verfügung die Entlassung von 451 Produktionsarbeitern von Wärtsilä am Standort Dolina und verurteilte das Unternehmen zu einem Schadensersatz in Höhe von 150.000 € an die drei klagenden Gewerkschaften. Die Geschäftsleitung hatte die Massenentlassungen am 14. Juli 2022 per Video verkündet, ohne eine Unterrichtung und Anhörung mit lokalen Arbeitnehmervertretern oder dem Europäischen Betriebsrat durchzuführen. Nach Meinung des Richters wurden sie vor vollendete Tatsachen gestellt. Es bestand keine Möglichkeit, ernsthaft über Alternativpläne zu beraten. Die Gewerkschaften wurden an der Erfüllung ihrer institutionellen Aufgaben gehindert, denn sie müssen in jedem Fall "im Voraus" informiert werden. Der Europäische Betriebsrat basiert auf einer Vereinbarung vom Januar 2016 (siehe Bericht in den EBR-News 2/2016).
Keine Konsultation wegen "Geheimhaltung"
Die Rechtsanwälte des Unternehmens argumentierten vor Gericht, dass die italienische Niederlassung die Gewerkschaften nicht rechtzeitig informieren konnte, weil die finnische Muttergesellschaft sie zur "Geheimhaltung" verpflichtet hatte. Der Richter beurteilte jedoch den von der Verfassung geschützten Grundsatz der Arbeitnehmerbeteiligung höher als die Geheimhaltungsbedürfnisse des Unternehmens. Am 7. Oktober 2022 gab Wärtsilä bekannt, dass es keine Berufung gegen das Urteil einlegt und mit den Gewerkschaften und der Politik in einen fairen Dialog über die Zukunft des Standortes eintritt. Die Gewerkschaften fordern eine Beschäftigungsgarantie. Eine ähnliche Situation hatte sich 2014 bei einer geplanten Werksschließung in Spanien ergeben (siehe Bericht in den EBR-News 1/2014).
Am 3. September 2022 hatten 15.000 Menschen in Triest gegen die Standortverlagerung demonstriert. Der damalige sozialdemokratische Arbeitsminister Andrea Orlando besuchte das Werk an diesem Tag und gab Änderungen der gesetzlichen Anhörungsfristen bei Massenentlassungen bekannt. Noch vor dem Regierungswechsel wurden sie von 30 auf 120 Tage ausgeweitet.
Pressebericht über das Urteil
Gewerkschaftlicher Bericht über die Ereignisse
Schweizer Personaldienstleister muss Geldstrafe in London zahlen
Am 13. Dezember 2022 entschied das Arbeitsberufungsgericht in London gegen Adecco. Die britische Niederlassung in ihrer Rolle als zentrale Leitung (im Auftrag der Konzernleitung in dem Nicht-EU-Land Schweiz) hatte im März 2021 in der ersten Instanz, dem Central Arbitration Committee (CAC), gegen den Europäischen Betriebsrat verloren (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021). Das Unternehmen ging in Berufung, hat jetzt erneut verloren und wurde zusätzlich auch noch zu einer Geldstrafe verurteilt (was nur in der zweiten Instanz möglich ist).
Die zentrale Leitung hatte zu Beginn der Corona-Pandemie weder über Massenentlassungen informiert noch Geschäftszahlen einzelner Länder offengelegt, da es sich um rein "nationale" Entscheidungen handele. Personalabbau würde niemals vom europäischen oder weltweiten Management angeordnet, sondern in jedem Land in eigener Verantwortung im Rahmen des vorgegebenen Budgets beschlossen. Das Arbeitsberufungsgericht widersprach dieser Auffassung und sieht Entlassungen in mehr als einem EU-Land immer als "länderübergreifende Angelegenheit". Die zentrale Leitung muss Informationen in einer außerordentlichen Sitzung bereitstellen und in einen Dialog mit den EBR-Mitgliedern eintreten. Der Personalabbau braucht auch keine übereinstimmende Begründung, sondern ist immer ein Thema für den EBR, wenn er ungefähr zur gleichen Zeit in mehr als einem Land stattfindet.
Die Geldstrafe in Höhe von 25.000 £ (29.000 €) setzt sich aus zwei Teilen zusammen:
- 20.000 £ wegen Verstoßes gegen die EBR-Vereinbarung, da keine außerordentliche Sitzung mit dem engeren Ausschuss des EBR zur Unterrichtung und Anhörung über Massenentlassungen in Schweden und Deutschland einberufen wurde.
- 5.000 £ wegen Verstoßes gegen die EBR-Vereinbarung und das britische EBR-Gesetz, da keine nach Ländern aufgeschlüsselten Daten über die Umsatzentwicklung vorgelegt wurden.
Die zentrale Leitung will das Urteil vor dem Court of Appeal für England und Wales anfechten. Da der Rechtsstreit bereits vor dem Brexit begann, hat er eine europaweite Bedeutung und könnte am Ende bis zum Europäischen Gerichtshof geführt werden. Im Oktober 2020 hatte das Arbeitsberufungsgericht in London (vergleichbar einem Landesarbeitsgericht in Deutschland) erstmals eine Geldstrafe im EBR-Recht verhängt: 40.000 £ gegen die englische Niederlassung von Verizon Communications aus den USA (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020).
Das Urteil im Wortlaut |
3. Entwicklungen auf europäischer Ebene
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Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in Kraft getreten
Am 14. September 2022 stimmten 505 Abgeordnete des Europäischen Parlaments für die Mindestlohnrichtlinie, 92 stimmten dagegen und 44 enthielten sich. Am 4. Oktober 2022 fand die endgültige Verabschiedung auf einer Sitzung der Wirtschaftsminister der EU-Länder in Luxemburg statt. Bereits im Juni 2022 hatten sich das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf den Inhalt der Richtlinie verständigt (siehe Bericht in den EBR-News 2/2022).
Am 19. Oktober 2022 wurde die Richtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht und seit 14. November 2022 ist sie offiziell in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben jetzt genau zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen. Die Richtlinie schreibt nicht nur angemessene Mindestlöhne vor, sondern will auch Tarifverhandlungen stärken. 20 EU-Mitgliedstaaten, in denen weniger als 80% der Arbeitsbevölkerung von Tarifverträgen erfasst ist, müssen nationale Aktionspläne erstellen, um die Tarifbindung auf dieses Niveau zu bringen (darunter Deutschland). Nur die skandinavischen Länder, Belgien, Frankreich, Italien und Österreich haben eine Tarifbindung von über 80% (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020).
Der Text der neuen Richtlinie
Video mit Erläuterungen zur neuen Richtlinie
Rückblick auf den Gesetzgebungsprozess
Wer hat wieviel Einfluss im Europäischen Parlament?
Am 18. Oktober 2022 legte die Denkfabrik EU Matrix in Brüssel eine Studie vor, die den Einfluss von Mitgliedern und Fraktionen des Europäischen Parlaments auf die EU-Gesetzgebung und die Positionen des Parlaments im Allgemeinen untersucht. EU Matrix hat sich darauf spezialisiert, die politische Maschinerie der EU zu untersuchen. Insgesamt sind die Delegationen aus Deutschland und Frankreich im Europäischen Parlament am einflussreichsten, es sind auch die beiden größten Länder. Allerdings üben die Deutschen viel mehr Einfluss aus und sind als größte Gruppe eine der leistungsstärksten. Die französische Delegation ist stark zersplittert: etwa ein Drittel gehört isolierten Gruppen an und die meisten stammen aus Parteien, die in Paris in der Opposition sind. Von kleinen Ländern schneiden Malta, Luxemburg und Finnland am stärksten ab.
Sozialdemokraten haben einen hohen durchschnittlichen Einfluss, christdemokratische Abgeordnete bleiben insgesamt aber die einflussreichsten und stellen die größte Fraktion. Die Liberalen übertreffen ihr zahlenmäßiges Gewicht, wenn es um Führungspositionen und wichtige Gesetze geht, während die christ- und sozialdemokratischen Abgeordneten über stärkere Netzwerke verfügen. Unter den kleinen Fraktionen sind die Grünen die einflussreichsten. Aufgrund ihrer relativ starken Beteiligung der EU-kritischen Konservativen an einzelnen Regierungen (z. B. in Polen und Tschechien) und ihres höheren Anteils an erfahrenen Abgeordneten hat diese Fraktion einen verhältnismäßig großen Einfluss. Sie können allerdings die vorherrschenden Mitte-Links-Mehrheiten nicht ausgleichen. Isoliert bleiben die rechtspopulistischen Abgeordneten, was sich in wenigen Führungspositionen im Parlament, geringen legislativen Aktivitäten und in der Größe ihres Netzwerks widerspiegelt.
Kaum Einfluss für Regierungsparteien aus Polen und Ungarn
Der Einfluss der polnischen Regierungspartei PiS stagniert, da sie einer Fraktion mit kleinen Parteien angehört und dort mehr als ein Drittel aller Abgeordneten stellt. Das macht es sehr schwierig, wichtige Gesetzgebungsprojekte zu beeinflussen. Proportional am schlechtesten schneidet die ungarische Regierungspartei Fidesz ab, wenn es um legislative Aktivitäten geht, da sie keiner Fraktion angehört und nicht in der Lage ist, die Gesetzgebung im Parlament zu steuern.
Pressebericht über die Studie
Ausführliche Ergebnisse der Studie
Die Eurozone wächst: Kroatien stellt Währung um
Am 1. Januar 2023 stellt Kroatien von der Landeswährung Kuna auf den Euro um und wird das zwanzigste Land der Eurozone. Es ist der erste Beitritt zur Gemeinschaftswährung seit 2015, damals führte Litauen den Euro ein. Kroatien ist erst seit 2013 Mitglied der EU, ein relativ kleines und im EU-Vergleich eher armes Land. Ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts trägt der Tourismus bei, der von der Währungsumstellung profitieren dürfte. Um der Eurozone beizutreten, muss ein Land Bedingungen erfüllen: Inflation ähnlich der Eurozone, gesunde Staatskasse, stabiler Wechselkurs und ein niedriger Zinssatz für Staatsanleihen.
Seit Juli 2020 gehört Kroatien dem Wechselkursmechanismus II der EU an, doch schon seit 1994 ist die kroatische Kuna an den Wechselkurs des Euro angelehnt und sehr stabil. Bulgarien, das ebenfalls dem Wechselkursmechanismus II angehört (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020), muss dagegen noch auf die Euro-Einführung warten. Die industriell geprägten Länder Polen, Tschechien und Ungarn haben noch keinen Termin für die Euro-Einführung festgelegt. Vertraglich sind alle Mitgliedsländer der EU mit Ausnahme von Dänemark verpflichtet, den Euro einzuführen. Am Tag der Währungsumstellung am 1. Januar 2023 wird Kroatien auch dem Schengen-Raum beitreten und sämtliche Grenzkontrollen zu EU-Nachbarländern aufheben.
Informationen zum Euro-Raum
Bericht zur Euro-Einführung in Bulgarien |
4. Neues zum Arbeitsrecht in einzelnen Ländern
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Abfindungsregeln in Frankreich verstoßen gegen Europäische Sozialcharta
Am 26. September 2022 publizierte der Europäische Ausschuss für soziale Rechte des Europarates seine Entscheidung über die Abfindungstabellen (das sogenannte "Barème Macron"), die seit September 2017 bei ungerechtfertigten Entlassungen angewendet werden. Diese gesetzliche Obergrenze verstößt gegen Artikel 24 der Europäischen Sozialcharta, der einen Schutz vor Kündigung und eine angemessene Entschädigung vorsieht. Der Ausschuss widerspricht damit Urteilen der drei höchsten französischen Gerichte, allerdings sind Entscheidungen des Europarates für die 46 Mitgliedstaaten rechtlich nicht bindend.
Geklagt hatten die beiden französischen Gewerkschaftsbünde CGT-FO und CGT mit Unterstützung des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). Der Europäische Ausschuss für soziale Rechte ist der Ansicht, dass eine Obergrenze für Abfindungen einen Anreiz für rechtswidrige Kündigungen "auf der Grundlage einer Kosten-Nutzen-Analyse" bietet. Die Obergrenze sei auch "nicht hoch genug, um den erlittenen Schaden des Opfers auszugleichen und den Arbeitgeber abzuschrecken". So sind z. B. bei zehnjähriger Betriebszugehörigkeit höchstens zehn Monatsgehälter als Abfindung fällig, bei 30 und mehr Jahren höchstens 20 Monatsgehälter. Im Februar 2020 hatte der Ausschuss die vergleichbaren italienischen Vorschriften für Abfindungen ebenfalls verurteilt (siehe Bericht in den EBR-News 1/2020).
Die Entscheidung im Wortlaut
Irland will Tarifverhandlungen stärken
Am 5. Oktober 2022 stellte die Regierung in Dublin den Bericht einer hochrangigen Arbeitsgruppe zur Reform des Tarifvertragssystems vor. Seit März 2021 hatten zehn von den Gewerkschaften, Arbeitgebern und der Regierung benannte Experten die tarifpolitische Landschaft in Irland untersucht und detaillierte Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Für die fünf Mio. Einwohner des Inselstaates gibt es bis heute keine verbindliche Tarifgesetzgebung. Arbeitgeber können frei entscheiden, ob sie eine Gewerkschaft anerkennen und in Verhandlungen eintreten oder nicht. Dagegen führte das Vereinigte Königreich mit einer ähnlichen Tradition im Arbeitsrecht im Juni 2000 die gesetzliche Pflicht zur Anerkennung einer Gewerkschaft ein, wenn diese 10% der Belegschaft als Mitglieder zählt.
Die Arbeitsgruppe will die paritätischen Branchenausschüsse ("Joint Labour Committees") stärken, die allgemeinverbindliche Branchentarifverträge ("Employment Regulation Orders") erarbeiten können. Da diese Ausschüsse freiwillig sind, gibt es momentan nur zwei derartige Tarifverträge, nämlich in der Gebäudereinigung und in der Sicherheitsbranche. Künftig soll das Arbeitsgericht Tarifverträge festlegen können, wenn die Arbeitgeber sich weigern, in den Branchenausschüssen mitzuarbeiten. Auch in der Schlichtung von Arbeitskonflikten soll die Rolle des Arbeitsgerichts ausgebaut werden, insbesondere zur Vermeidung von Streiks bei der Aushandlung von Haustarifverträgen ("good faith engagement"). Die geplante Reform in Irland hat bereits die neue EU-Richtlinie über angemessene Mindestlöhne im Blick, die ab November 2024 eine tarifliche Abdeckung von 80% der Arbeitsbevölkerung vorschreibt (siehe Bericht weiter oben). Ob die vorgeschlagenen Maßnahmen dieses Ziel erreichen, bleibt abzuwarten. Derzeit liegt die tarifliche Abdeckung in Irland nur bei 34%.
Pressebericht über die geplante Reform
Der Bericht im Wortlaut
Gewerkschaftliche Position zur Rechtslage in Irland
Reform des Tarifsystems in Rumänien beschlossen
Am 23. November 2022 stimmte das Parlament in Bukarest (Foto) mit überwältigender Mehrheit einem Gesetzesvorschlag zum sozialen Dialog zu. Damit wird ein Gesetz vom Mai 2011 außer Kraft gesetzt, das die weitreichendste Einschränkung des Tarifvertragswesens seit dem Fall des Kommunismus darstellte und zu einem nachhaltigen Zerwürfnis zwischen der Regierung und beiden Tarifparteien geführt hatte. Die 2011 eingeführten Bestimmungen schafften Tarifverhandlungen auf nationaler Ebene ab und sorgten für einen drastischen Rückgang der Tarifbindung (siehe Bericht in den EBR-News 3/2019). Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) betrachtete das Gesetz als Verstoß gegen die internationalen Kernarbeitsnormen.
Das neue Gesetz steht auch im Zusammenhang mit der Auszahlung von 30 Milliarden € Corona-Hilfen durch die Europäische Kommission. Wie in Spanien förderten diese Gelder eine soziale Reform des Arbeitsmarktes (siehe Bericht in den EBR-News 1/2022). Rumänien hat bereits die neue EU-Richtlinie über angemessene Mindestlöhne im Blick, die ab November 2024 eine tarifliche Abdeckung von 80% der Arbeitsbevölkerung vorschreibt (siehe Bericht weiter oben). Derzeit liegt diese Quote in Rumänien nur bei 15%, fast alles sind Haustarifverträge. Den einzigen Flächentarifvertrag in der Privatwirtschaft gibt es im Bankensektor (siehe Bericht in den EBR-News 2/2022).
Seit November 2021 hat Rumänien eine "Große Koalition", an der erstmals seit einigen Jahren wieder Sozialdemokraten beteiligt sind. Sie konnten durchsetzen, dass Branchentarifverhandlungen künftig obligatorisch und nationale Tarifverträge wieder möglich sind. Auch politische Streiks gegen die Sozial- und Wirtschaftspolitik der Regierung sind jetzt wieder erlaubt, und die Einschränkung aus dem Gesetz von 2011 wurde gestrichen, wonach Gewerkschaften keine politischen Aktivitäten entfalten dürfen.
Betriebliche Arbeitnehmervertretung wird gestärkt
Rumänien kennt keine Betriebsräte, die Interessenvertretung wird daher von Betriebsgewerkschaften wahrgenommen. Sie können gegründet werden, wenn es mindestens 15 Beschäftigte im Betrieb gibt. Künftig sind es nur noch zehn, oder es sind 20 aus verschiedenen Betrieben der gleichen Branche. In Betrieben ab 21 Beschäftigten sind Tarifverhandlungen gesetzlich vorgeschrieben, künftig bereits ab zehn. Eine Betriebsgewerkschaft darf seit 2011 nur über Löhne verhandeln, wenn sie "repräsentativ" ist, d. h. wenn mehr als 50% der Belegschaft ihr als Mitglied angehört. Wird diese Schwelle verfehlt, können die Verhandlungen über Haustarifverträge an die zuständige Branchengewerkschaft delegiert werden (seit 2016). Der gewerkschaftliche Organisationsgrad liegt in Rumänien derzeit bei 23%.
Die Belegschaft kann frei entscheiden, ob sie ihr Recht auf Tarifverhandlungen durch Gründung einer Betriebsgewerkschaft oder die Wahl von unabhängigen Vertretern wahrnehmen möchte. Gibt es keine Gewerkschaft, können einzelne Arbeitnehmer eine Initiativgruppe (Wahlvorstand) bilden. Bisher gab es keine genauen Regeln für die Wahl. Das neue Gesetz schafft Klarheit und verpflichtet die Arbeitgeber, sich nicht einzumischen oder die Wahl zu verhindern. Leitende Angestellte dürfen nicht kandidieren. Die Anzahl der Vertreter kann mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden. Wird keine Einigung erzielt, gibt es eine Staffelung von zwei Vertretern in Betrieben bis 100 Beschäftigten bis zu sechs Vertretern in Betrieben über 2.000 Beschäftigten. Die regionalen Arbeitsaufsichtsämter werden verpflichtet, die korrekte Durchführung dieser Bestimmungen zu überprüfen. Die Amtszeit beträgt zwei Jahre und alle gewählten Vertreter genießen künftig Kündigungsschutz.
Gewerkschaftsmonitor Rumänien (Stand Mai 2022) |
5. Entscheidungen im EBR-Recht
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Landet der EBR von easyJet in Berlin oder in Luton?
Am 4. November 2022 urteilte das Arbeitsberufungsgericht in London über die Zuständigkeit britischer Gerichte für Rechtsstreitigkeiten von Europäischen Betriebsräten nach dem Brexit. Der Richter bestätigte die Entscheidung des Central Arbitration Committee (CAC) vom Juni 2021, wonach britische Firmen weiterhin dem britischem EBR-Gesetz (TICER) unterliegen. TICER wurde mit dem Brexit nicht abgeschafft, vielmehr wurde der Begriff "Mitgliedstaat" (der EU) durch "relevanter Staat" ersetzt. Relevante Staaten sind alle Länder des Europäischen Wirtschaftsraums und das Vereinigte Königreich. Diese Auffassung wird jedoch von der Europäischen Kommission nicht geteilt, sie betrachtet das Vereinigte Königreich als Drittstaat.
Die Fluggesellschaft easyJet, die ihren Sitz am Flughafen Luton nördlich von London hat, muss daher ihren EBR weiterhin auf Basis von TICER betreiben (siehe Bericht in den EBR-News 2/2021). Dies gilt für alle Unternehmen mit weltweitem Hauptsitz auf britischem Boden, die am 31. Dezember 2020 in Verhandlungen über die Gründung eines EBR waren oder bereits über einen EBR verfügten. Seit dem 1. Januar 2021 können Europäische Betriebsräte nicht mehr auf Grundlage des britischen Rechts neu errichtet werden. Diese Rechtsauffassung wurde in dem Verfahren vom britischen Arbeitsministerium (Department for Business, Energy & Industrial Strategy) ausdrücklich bestätigt, das Ministerium war als Nebenintervenient in das Verfahren involviert. Die zentrale Leitung von easyJet will das Urteil vor dem Court of Appeal für England und Wales anfechten und den EBR nach deutschem Recht in Berlin ansiedeln.
Das Urteil im Wortlaut
Europäische Kommission darf Europäische Betriebsräte nicht benachteiligen
Am 21. Dezember 2022 entschied das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg, dass ein Europäischer Betriebsrat Fördergelder der EU für Projekte in Anspruch nehmen darf, auch wenn er kein eigenes Bankkonto hat. Geklagt hatte die EWC Academy, vertreten durch die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin. Am 8. September 2022 fand die mündliche Verhandlung statt (Foto).
Die EWC Academy hatte mit drei Europäischen Betriebsräten aus der Verpackungsindustrie ein zweijähriges Projekt entwickelt und erhielt im Januar 2021 die Zusage für eine Förderung in Höhe von 243.000 € aus der Haushaltslinie der EU unter dem Titel "Unterrichtung, Anhörung und Beteiligung von Arbeitnehmervertretern". Im April 2021 wurde die Zusage wieder zurückgezogen, als die Europäische Kommission feststellte, dass die beteiligten Betriebsräte kein eigenes Bankkonto haben und folglich nicht förderfähig seien. In der Praxis würde dies bedeuten, dass nur Betriebsräte in Frankreich solche Fördergelder bekommen könnten, was mit der Gleichbehandlung in der EU unvereinbar ist.
Das Urteil ist wichtig für die Beurteilung des Rechtsstatus Europäischer Betriebsräte. Sie werden mit anderen Antragstellern (Gewerkschaften und Unternehmen) gleichgestellt. Die Richter meinen, dass kein Bankkonto erforderlich ist, um die Rechtsansprüche aus der EBR-Richtlinie zu begründen. Alle laufenden Kosten eines EBR müssen von der zentralen Leitung getragen werden. Daher können auch EU-geförderte Projekte durchgeführt werden, und zwar ohne vorher die Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen und ohne Bankkonten von Gewerkschaften in Anspruch zu nehmen.
Das Urteil im Wortlaut
Kurzfassung der Urteilsbegründung |
6. EBR-Vereinbarungen setzen Akzente
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Deutscher Hersteller von Aufzügen mit guten EBR-Regelungen
Am 21. Juni 2022 wurde eine EBR-Vereinbarung für TK Elevator unterzeichnet. Das Unternehmen mit weltweit 50.000 Beschäftigten hat seinen Sitz in Düsseldorf und ist seit August 2020 im Besitz von Finanzinvestoren. Unter dem Dach der früheren Muttergesellschaft ThyssenKrupp hatte die Aufzugssparte einen Spartenausschuss innerhalb des EBR, der jetzt durch einen eigenständigen EBR abgelöst wurde. Die neue EBR-Vereinbarung deckt auch die Schweiz und das Vereinigte Königreich ab. Die fünf Mitglieder des engeren Ausschusses haben das Recht, jeden Standort aufzusuchen (Zutrittsrecht). Der EBR führt jedes Jahr drei ordentliche Sitzungen in Präsenz durch, der engere Ausschuss vier Sitzungen in Präsenz, hinzu kommt ein dreitägiger Workshop. Außerordentliche Sitzungen können auch mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, sofern der Ausschuss dies beschließt.
Zum Katalog der Unterrichtung und Anhörung gehört ausdrücklich der Arbeits- und Gesundheitsschutz (insbesondere Berufskrankheiten und psychosoziale Risiken) sowie Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz. Für Themen, die über einen längeren Zeitraum hinweg der Unterrichtung und Anhörung bedürfen, kann der EBR "Begleitkommissionen" bilden. Alle EBR-Mitglieder erhalten für ihre Tätigkeit die erforderliche Freistellung, ein Stundenkontingent gibt es nicht. Jedes Fernbleiben vom Arbeitsplatz muss angezeigt werden, eine Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich. Seit November 2012 gibt es eine europaweite Vereinbarung zum Ideenmanagement im Arbeits- und Gesundheitsschutz (siehe Bericht in den EBR-News 2/2012) und seit November 2020 ein weltweites Rahmenabkommen mit den Gewerkschaften (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021).
Französischer Baukonzern gründet europaweiten Arbeitssicherheitsausschuss
Am 13. September 2022 wurde in Nanterre bei Paris eine neue EBR-Vereinbarung für den französischen Baukonzern Vinci unterzeichnet. Sie sieht erstmals die Bildung eines Ausschusses vor, der sich mit Arbeitssicherheit und Umweltthemen beschäftigt und zweimal jährlich tagt. Er überwacht die zwischen dem EBR und der zentralen Leitung getroffene Betriebsvereinbarung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz vom Juni 2017 (siehe Bericht in den EBR-News 1/2018) als auch die Umweltleitlinien vom November 2020 (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021). Der EBR kann weitere Arbeitsgruppen mit je fünf Mitgliedern bilden, die sich z. B. mit der verantwortungsvollen Vergabe von Unteraufträgen oder der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette beschäftigen. Die EBR-Vereinbarung erhöht auch die Freistellungsstunden für den engeren Ausschuss und dessen Budget im Vergleich zur alten Vereinbarung vom September 2018 (siehe Bericht in den EBR-News 4/2018).
Die EBR-Vereinbarung im Wortlaut |
7. Europaweite Betriebsvereinbarungen
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Soziale Verpflichtungen und Eindämmung von Fehlzeiten
Am 18. November 2022 unterzeichnete der SE-Betriebsrat von Korian mit der zentralen Leitung eine gemeinsame Erklärung mit konkreten Empfehlungen zur Stärkung des sozialen Dialogs und zur Verringerung von Fehlzeiten. Der französische Alten- und Pflegeheimbetreiber ist mit 60.000 Beschäftigten in sieben Ländern vertreten und firmiert neuerdings als Europäische Gesellschaft (SE). Der neue SE-Betriebsrat übernimmt die Rolle des im Juni 2020 errichteten Europäischen Betriebsrats (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020).
Die Erklärung ist das Ergebnis von Diskussionen einer Arbeitsgruppe des EBR und des Managements zu den Ursachen von Fehlzeiten. Daraus wurden soziale Verpflichtungen in drei Bereichen entwickelt, um Fehlzeiten einzudämmen: Qualität des Managements und Arbeitsatmosphäre; Arbeitsorganisation und Schichtpläne sowie soziale und psychologische Unterstützung. Jedes im Konzern vertretene Land wird Maßnahmenpläne aufstellen und halbjährlich dem SE-Betriebsrat Bericht erstatten. Mindestens zweimal im Jahr erhalten die lokalen Betriebsräte Daten zu Fehlzeiten, um die besonders gefährdeten Arbeitnehmergruppen nach Geschlecht, Alter, Betriebszugehörigkeit und Tätigkeit zu ermitteln. Die Pflegebranche leidet unter Personalmangel und ungeplante Fehlzeiten steigern die Arbeitsüberlastung zusätzlich. Für Korian ist es bereits die zweite europaweite Betriebsvereinbarung, seit November 2021 gibt es ein Protokoll zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie zur Verhütung von Arbeitsunfällen (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).
Pressemitteilung zur Verringerung von Fehlzeiten
Pressemitteilung zur Gründung des SE-Betriebsrates
Die SE-Beteiligungsvereinbarung im Wortlaut
Grundsätze für hybride Arbeitsmodelle
Am 22. November 2022 einigte sich die zentrale Leitung von Generali mit dem Europäischen Betriebsrat auf eine gemeinsame Erklärung über neue Formen nachhaltigen Arbeitens. Darin werden europaweite Grundsätze für hybride Arbeitsmodelle geregelt, die Präsenz am Arbeitsplatz als auch Telearbeit vorsehen. Angestellte des italienischen Versicherungskonzerns haben das Recht, sich am Ende der Arbeitszeit komplett vom System abzumelden und außerhalb der Arbeitszeit oder in Pausen nicht auf Mitteilungen des Unternehmens zu reagieren.
Bereits im Mai 2017 hatte der EBR erstmals eine gemeinsame Erklärung zur Telearbeit erreicht (siehe Bericht in den EBR-News 3/2017) und im Mai 2021 angesichts der Coronapandemie einen dauerhaften Rahmen zur Anpassung an Krisensituationen vereinbart (siehe Bericht in den EBR-News 2/2021). Der EBR wird die Umsetzung der neuen Erklärung überwachen, die als Hilfestellung für Länder mit kleiner Belegschaft oder schwacher Arbeitnehmervertretung gedacht ist. Bei Generali sind dies vor allem die mittel- und osteuropäischen Länder.
Weitere Informationen zum EBR von Generali |
8. Arbeitnehmerbeteiligung in der SE
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Erstmals scheitern SE-Verhandlungen in Frankreich
Seit dem 27. September 2022 firmiert JCDecaux als Europäische Gesellschaft (SE). Der Weltmarktführer für Außenwerbung (z. B. Bushaltestellen) mit Sitz im Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine hat 10.700 Beschäftigte in über 80 Ländern, davon 5.900 in Europa. In den Sitzungen des Besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) mit der zentralen Leitung konnte keine Einigung erzielt werden, daher gelten die gesetzlichen Mindestvorschriften zur Errichtung eines SE-Betriebsrates. Die Vorschläge der zentralen Leitung bewegten sich unterhalb dieser Mindestvorschriften. JCDecaux verfügte vor der SE-Umwandlung noch nicht über einen Europäischen Betriebsrat. In Deutschland ist die neue SE mit der Tochtergesellschaft Wall aus Berlin an 25 Standorten mit 1.000 Beschäftigten vertreten (siehe Bericht in den EBR-News 4/2015).
Pressemitteilung zur SE-Umwandlung
Deutscher Softwarekonzern muss Aufsichtsrat anders besetzen
Am 18. Oktober 2022 entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg erstmals zur Arbeitnehmerbeteiligung bei Umwandlung einer Gesellschaft nationalen Rechts (AG) in eine Europäische Gesellschaft (SE). Die Wahlchancen von Gewerkschaften bei der Aufsichtsratswahl dürfen dadurch nicht verringert werden. Mit dem Urteil konnten sich die Gewerkschaften ver.di und IG Metall gegen die zentrale Leitung von SAP durchsetzen. In allen Vorinstanzen hatten sie verloren, erst das Bundesarbeitsgericht legte die Frage im August 2020 dem Europäischen Gerichtshof vor (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020).
SAP darf bei einer Verkleinerung des Aufsichtsrates von 18 auf zwölf Sitze die bestehenden Vorrechte der (externen) Gewerkschaften nicht einschränken. Sie behalten anteilmäßig ihre bisher garantierten Sitze, die getrennt von den übrigen Arbeitnehmervertretern gewählt werden. Es können aber nicht nur deutsche Gewerkschaften Vorschläge einreichen, sondern alle in der SE vertretenen Gewerkschaften aus allen Ländern. Der Fall geht jetzt zurück an das Bundesarbeitsgericht, das eine Neuwahl des Aufsichtsrates von SAP anordnen kann. Seit Mai 2022 ist ein zweiter Fall zur Mitbestimmung in der SE in Luxemburg anhängig. Es handelt sich um den japanischen Optik- und Fotokonzern Olympus (siehe Bericht in den EBR-News 2/2022).
Das Urteil im Wortlaut
Hintergrundbericht über den Rechtsstreit
Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung
Interview zu den Konsequenzen des Urteils
Bericht über Mitbestimmungsflucht durch SE-Umwandlung |
9. Der Blick über Europa hinaus
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Spanischer Textilkonzern setzt weltweit Maßstäbe
Am 15. Jahrestag des internationalen Rahmenabkommens von 2007 unterzeichnete Inditex am 3. Oktober 2022 ein neues Protokoll mit dem Internationalen Industriegewerkschaftsbund (industriALL). Inditex ist der größte Textilhändler der Welt mit 144.000 Beschäftigten und betreibt Marken wie Zara, Massimo Dutti, Bershka, Pull & Bear. Das Rahmenabkommen war das erste, das in der Textilindustrie jemals geschlossen wurde und es erstreckt sich auch auf die rund 3 Mio. Fabrikarbeiter in den Produktionsländern (siehe Bericht in den EBR-News 3/2007).
Im Rahmen des neuen Protokolls werden Inditex und industriALL einen Arbeitsplan entwickeln, der die Achtung der Koalitionsfreiheit, das Recht auf Tarifverhandlungen und die Bereitstellung von Schulungen für Arbeitnehmervertreter in der Lieferkette im Blick hat. Seit November 2019 gibt es ein weltweites Gewerkschaftskomitee (siehe Bericht in den EBR-News 4/2019), das sich vom 3. bis 6. Oktober 2022 am Sitz des Unternehmens in Arteixo (Spanien) traf. Im August 2020 wurde eine Vereinbarung zum Umgang mit der Corona-Pandemie geschlossen (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020) und der Europäische Betriebsrat konnte im Dezember 2020 eine Deklaration zur Digitalisierung durchsetzen, die den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen enthält (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021).
Bericht über die Unterzeichnung des neuen Protokolls
Bericht über das Treffen des Gewerkschaftskomitees
Das Rahmenabkommen im Wortlaut
Gewerkschaftliche Handreichung für Investoren in der Textilindustrie
Französischer Einzelhandelskonzern erneuert Rahmenabkommen
Am Rande einer Sitzung des Europäischen Betriebsrates in Paris wurde am 5. Oktober 2022 das Rahmenabkommen zwischen dem weltweiten Dachverband der Dienstleistungsgewerkschaften (UNI Global Union) und Carrefour erneuert und erweitert. Es gilt für alle 320.000 Beschäftigten in 39 Ländern der Welt. Wichtige Themen darin sind die Förderung des sozialen Dialogs, der Vielfalt und der Respekt für grundlegende Arbeitnehmerrechte. Neu aufgenommen wurde ein klares Bekenntnis gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt und ein besserer Schutz vor Diskriminierung.
Im Laufe der Jahre hatte das Rahmenabkommen dazu beigetragen, bessere Arbeitsbedingungen, eine stärkere Arbeitnehmervertretung und Tarifverhandlungen in Carrefour-Niederlassungen in vielen Ländern zu gewährleisten, darunter Argentinien, Kolumbien, Südkorea, Rumänien und Türkei. In jüngerer Zeit spielte es eine Schlüsselrolle bei der Anerkennung von Gewerkschaftsvertretungen in Uganda und der Dominikanischen Republik und ebnete den Weg für Tarifverträge in beiden Ländern. Das Abkommen stammt ursprünglich aus dem Jahr 2001 und wurde im September 2015 grundlegend erneuert (siehe Bericht in den EBR-News 4/2015).
Bericht von der Unterzeichnung
Das Rahmenabkommen im Wortlaut
Der Antidiskriminierungsbericht von Carrefour
Deutscher Nutzfahrzeughersteller gründet Weltbetriebsrat
Am 24. November 2022 konstituierte sich der Weltbetriebsrat von Daimler Truck bei einer Sitzung im Lastwagen-Montagewerk in Wörth am Rhein. Mit über 10.000 Beschäftigten ist es der größte von 40 Standorten im Konzern, der weltweit 100.000 Beschäftigte hat. Nach der Abspaltung der Lkw-Sparte aus dem Daimler-Konzern und dem Börsengang im Dezember 2021 war es notwendig, für Daimler Truck eigene internationale Betriebsratsstrukturen zu schaffen. Der Daimler-Konzern besteht jetzt nur noch aus der Pkw-Sparte und hat sich in Mercedes-Benz umbenannt.
Mit der Gründung des Europäischen Betriebsrates für Daimler Truck wurde gleich ein Weltbetriebsrat ins Leben gerufen. Er hat 34 Mitglieder aus 23 Ländern, die sich halbjährlich treffen. Er verfügt über die gleichen Unterrichtungs- und Anhörungsrechte wie der Europäische Betriebsrat, was international beispielhaft ist. Für europäische Angelegenheiten ist ein sechsköpfiges Präsidium zuständig und die weltweiten Themen koordiniert ein geschäftsführender Ausschuss aus vier Mitgliedern. Er will die Transformation in Bezug auf emissionsfreie Fahrzeuge über die Kontinente hinweg fair mitgestalten und Menschenrechte in der Lieferkette auch bei kleinen Zulieferern von Daimler Truck schützen.
Bericht über die konstituierende Sitzung
Grundsatzerklärung zu sozialer Verantwortung und Menschenrechten
Interview zum Thema
Die Betriebsräte von Daimler Truck verfügen seit dem 18. Oktober 2022 über einen eigenen Auftritt auf der Homepage des Unternehmens, ein absolutes Novum in Deutschland. Damit will das Management demonstrieren, welchen Stellenwert moderne und innovative Mitbestimmung in Zeiten des industriellen Wandels hat. Auf den Seiten der Arbeitnehmervertretung findet sich z. B. ein Tätigkeitsbericht in Form einer Nachrichtensendung als Video und als ePaper. Auch über die Tätigkeit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wird berichtet.
Pressemitteilung zum Start der Betriebsratsplattform
Darstellung der internationalen Betriebsratsstrukturen |
10. Interessante Webseiten
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Ungleichheit von Frauen und Männern in Deutschland
Das WSI GenderDatenportal ist ein Projekt des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Es stellt Ausmaß und Determinanten der beruflichen und sozialen Ungleichheit von Frauen und Männern durch Graphiken, Daten und Analysen dar. Das Portal untersucht folgende Aspekte: Bildung, Erwerbsarbeit, Sorgearbeit, Einkommen, Mitbestimmung und Zeit. Regelmäßig werden auch Gleichstellungsberichte herausgegeben.
Das GenderDatenportal
Die Gleichstellungsberichte
Digitale Weiterbildung in der Telekommunikationsbranche
Am 22. Juli 2022 präsentierten die Sozialpartner der Branche die Ergebnisse des zweijährigen Projekts "Digitale Weiterbildung für alle!" (DUFA!). Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission befasste sich das Projekt mit den Herausforderungen für eine digitale Weiterbildungsstrategie in der Telekommunikation. Ein ungenutztes Potential für neue Talente identifizieren die Sozialpartner bei Frauen, einer alternden Belegschaft, behinderten Menschen und anderen Minderheiten. Die Ergebnisse des Projekts liegen in 19 Sprachen vor.
Die Webseite des Projekts
Pressemitteilung zum Ende des Projekts
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Weltweite Initiative für sozialen Dialog und integratives Wachstum
Der Global Deal ist eine Initiative von Regierungen, Unternehmen, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die den Wert des sozialen Dialogs hervorhebt und die Zusammenarbeit zu wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen fördern will. Unter der Schirmherrschaft von OECD und ILO erscheint alle zwei Jahre ein umfassender Bericht, zuletzt Mitte November 2022. Er befasst sich mit der Frage, wie menschenwürdige Arbeit und integratives Wachstum verbunden werden können und ist auf einer eigenen Webseite dargestellt.
Die Webseite mit dem aktuellen Bericht
Erläuterung: was ist der Global Deal?
Industriepolitik für grüne Wirtschaft und hochwertige Arbeitsplätze
Für den Europäischen Industriegewerkschaftsbund (industriALL) ist die Gestaltung eines gerechten Strukturwandels ("just transition") unter Beteiligung der Betroffenen ein wichtiges Anliegen. Auf einer neuen Webseite präsentiert er Beispiele aus ganz Europa, wie der grüne Übergang vor Ort umgesetzt wird. Dabei geht es nicht nur um klimapolitische Ziele, sondern auch um nachhaltige Entwicklung und menschenwürdige Arbeit. Die Beispiele sind nach Land, Unternehmen und Branche geordnet und gezielt abrufbar.
Die neue Webseite
Das Manifest für einen gerechten Strukturwandel
Hintergrundinformationen über das Manifest
Fallstudien aus mehreren Ländern |
11. Neue Publikationen
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Mitbestimmung in französischen Aufsichts- und Verwaltungsräten
Mitte August 2022 legte das Europäische Gewerkschaftsinstitut (ETUI) in Brüssel zwei Arbeitspapiere vor, die sich mit Arbeitnehmervertretern in den Aufsichts- und Verwaltungsräten in Frankreich beschäftigten. Seit Juni 2013 müssen in der Privatwirtschaft Arbeitnehmervertreter mit vollem Stimmrecht in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat einbezogen werden. Vorher war dies nur in staatlichen oder ehemals staatlichen Unternehmen verbreitet (siehe Bericht in den EBR-News 3/2015). Einer der Arbeitnehmervertreter wird vom Europäischen Betriebsrat oder vom SE-Betriebsrat gewählt. Davon wird in 72 Unternehmen bereits Gebrauch gemacht und es gibt in mindestens sieben Fällen Arbeitnehmervertreter aus Deutschland. Eine Internationalisierung der Arbeitnehmerbank kennen die deutschen Mitbestimmungsgesetze dagegen noch nicht. Das erste Arbeitspapier analysiert das französische System und Herausforderungen für Europäische Betriebsräte. Das zweite Arbeitspapier untersucht das Verbot der Kumulation von Mandaten, denn Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsrat müssen ihr Amt im Betriebsrat wie auch im EBR niederlegen. Dies gilt jedoch nicht für Betriebsratsmandate außerhalb Frankreichs.
Das Arbeitspapier über die Herausforderungen für Europäische Betriebsräte
Das Arbeitspapier über die Kumulation von Mandaten
Porträt eines deutschen Arbeitnehmervertreters im französischen Verwaltungsrat
Risiken von Überwachungstools am Arbeitsplatz
Mitte September 2022 veröffentlichte das Kompetenzzentrum "Zukunft der Arbeit" der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel die Auswertung einer Umfrage unter 1.400 Angestellten in mehr als einem Dutzend europäischer Länder über Erfahrungen mit automatischen Überwachungstools am Arbeitsplatz. Die Befragten arbeiten in der Telekommunikations- und Technologiebranche, bei Banken, Versicherungen und in Call Centern. Der Bericht untersucht, ob sie vor Einführung algorithmischer Managementpraktiken informiert wurden und diese in Tarifverträgen berücksichtigt sind. Viele der Befragten sprechen von unangemessenem Druck: permanente Überwachung den ganzen Tag und zu jeder Zeit; Nachverfolgung, ob Maus oder Tastatur länger als zehn Minuten nicht benutzt werden; Messung der täglichen Mittagspause, was zu schlechtem Ranking und Verfall von Überstunden führen kann. Die Studie ist in vier Sprachen verfügbar und hat sechs Empfehlungen für Gewerkschaften.
Weitere Informationen zur Studie
Download der Studie
Download der übrigen Sprachversionen
Best Practice-Leitfaden: Digitalisierung gestalten und Arbeitnehmerrechte sichern
Mitte Oktober 2022 ist ein Leitfaden erschienen, der Arbeitnehmervertreter bei der Überwachung des Datenschutzes, der Arbeitnehmerrechte und des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der gesamten digitalen Transformation von Unternehmen unterstützen will. Herausgeber ist der Dachverband für Fach- und Führungskräfte (Eurocadres) im Europäischen Gewerkschaftsbund, der den Leitfaden in einem zweijährigen EU-finanzierten Projekt erarbeitete. Damit soll das Rahmenabkommen zur Digitalisierung gefördert werden, auf das sich die europäischen Sozialpartner im Juni 2020 verständigt hatten (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020). Ein besonderer Schwerpunkt des Leitfadens ist die Überwachung beim Einsatz künstlicher Intelligenz, auch Arbeitsplatzsicherung durch digitale Kompetenzen und das Recht auf Nichterreichbarkeit werden behandelt. Die Broschüre liegt in vier Sprachen vor.
Download des Leitfadens
Download der übrigen Sprachversionen
Checkliste zur ethischen Bewertung künstlicher Intelligenz
Interpretationshilfe für das Rahmenabkommen zur Digitalisierung
Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung in der Transportlogistik
Ende Oktober 2022 veröffentlichte die Hans-Böckler-Stiftung eine empirische Studie über die Auswirkungen digitaler Technik auf die Arbeitsqualität von Berufskraft- und Kurierdienstfahrern. Digitalisierung ist in der Logistikbranche besonders weit fortgeschritten. Die Arbeitsprozesse werden rationalisiert, standardisiert und verdichtet: kommunizierende Geräte im Internet der Dinge (z. B. RFID), Logistikplattformen, Verkehrs- und Flottentelematik, mobile Endgeräte (Smartphones, Tablets, Handhelds) und smarte Tachographen. Zugleich werden Arbeitstätigkeiten derart vereinfacht, dass Unternehmen auf geringqualifizierte Beschäftigte zurückgreifen können, auf eine "industrielle Reservearmee" aus Migranten und Solo-Selbständigen. Vor allem in den Kurier-, Express- und Paketdiensten entsteht eine massive Beeinträchtigung von Interessenvertretung und Mitbestimmung. Im Juli 2021 ist eine ähnliche Studie über Amazon erschienen, der US-Onlinehändler ist weltweit führend bei digitalen Überwachungstechnologien (siehe Bericht in den EBR-News 4/2021).
Weitere Informationen zur Studie
Download der Studie
Kurzbericht über Paketdienste
Bericht über das System von Subunternehmen |
12. Die EWC Academy: Beispiele aus unserer Arbeit
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EBR-Schulung in schwedischer Bank
Am 17. und 18. Oktober 2022 fand zum ersten Mal seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder eine Präsenzsitzung sämtlicher Mitglieder des Europäischen Betriebsrates der Skandinaviska Enskilda Banken (SEB) statt. Zu Beginn der aktuellen Amtszeit waren zahlreiche neue Delegierte hinzugekommen, die sich bei der Sitzung in der deutschen Niederlassung in Frankfurt am Main endlich persönlich kennenlernen konnten. Es war auch der richtige Zeitpunkt für eine Grundschulung, die von der EWC Academy durchgeführt wurde. Die SEB ist eines der führenden Finanzinstitute in den Ländern rund um die Ostsee. Die EWC Academy war bereits bei den Diskussionen um die heutige EBR-Vereinbarung beteiligt, die im Februar 2016 abgeschlossen wurde (siehe Bericht in den EBR-News 1/2016).
Plenarsitzung diskutiert Verbesserung der EBR-Arbeit
Vom 25. bis 27. Oktober 2022 fand in Rotterdam mit Unterstützung der EWC Academy die halbjährliche Plenarsitzung des Europäischen Betriebsrates von Unilever statt. Er hat 36 Mitglieder aus 21 Ländern, inklusive der Schweiz und Großbritannien. Der engere Ausschuss mit acht Delegierten trifft sich monatlich. In rascher Abfolge finden in dem britischen Konsumgüterkonzern Umstrukturierungen statt und ganze Geschäftseinheiten werden verkauft, z. B. 2018 die Margarinesparte an einen Finanzinvestor (siehe Bericht in den EBR-News 2/2017).
Der EBR betreibt seit Jahren eine Kampagne unter dem Motto "Mensch vor Marge" und konnte damit aufzeigen, dass eine Steigerung der Rentabilität mit den Erwartungen der Belegschaft hinsichtlich Kompetenzen und Fähigkeiten durchaus vereinbar ist. 2013 wurde er für seine "Barcelona-Agenda" mit dem Deutschen Betriebsrätepreis ausgezeichnet. Als Leitlinie für die konkrete EBR-Arbeit gibt es ein "Protokoll für die Verwaltung von Konsultationen auf europäischer Ebene" in der EBR-Vereinbarung. Im März 2019 konnte er ein europäisches Rahmenabkommen zur strategischen Personalentwicklung abschließen (siehe Bericht in den EBR-News 1/2019) und im November 2019 eine Vereinbarung zur Bekämpfung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (siehe Bericht in den EBR-News 4/2019).
Video zum 25jährigen Bestehen des EBR
Energietechnikkonzern nach der Aufspaltung
Vom 28. bis 30. November 2022 kam der Europäische Betriebsrat von ABB zur halbjährlichen Plenarsitzung in Baden in der Schweiz zusammen. Die kleine Industriestadt im Kanton Aargau war eine von zwei Gründungsstätten des 1988 durch Fusion entstandenen schwedisch-schweizerischen Energietechnikkonzerns, der heute weltweit 105.000 Beschäftigte zählt. Ab 2018 wurde in mehreren Schritten die Stromnetz-Sparte an den Hitachi-Konzern aus Japan verkauft und für das neue Unternehmen Hitachi Energy ein eigenständiger Europäischer Betriebsrat gegründet. Dies hatte auf die Zusammensetzung des EBR von ABB direkte Auswirkungen, ähnlich wie bei der Ausgründung von Siemens Energy (siehe Bericht in den EBR-News 3/2020).
Der heutige EBR hat 21 Delegierte aus 15 Ländern (inklusive Schweiz und Großbritannien), von denen viele neu gewählt wurden. Daher führte die EWC Academy eine Grundschulung zu den Rechten der einzelnen Delegierten und zum Ablauf des Konsultationsverfahrens durch. Der engere Ausschuss mit seinen sechs Mitgliedern tagt regulär zweimal im Jahr, wegen ständiger Umstrukturierungen aber in der Regel alle zwei Monate. Er ist immer dann zuständig, wenn mehr als 50 Beschäftigte in Europa von einer geplanten Maßnahme betroffen sind. Die EBR-Vereinbarung wurde im April 2013 aktualisiert (siehe Bericht in den EBR-News 2/2013). |
13. Aktuelle Seminartermine
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Die EWC Academy und ihre Vorläuferorganisation führt seit Januar 2009 Tagungen und Seminare für Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien durch. Bisher haben daran 857 Arbeitnehmervertreter aus 295 Unternehmen teilgenommen, viele von ihnen auch mehrfach. Das entspricht 25% aller transnationalen Betriebsratsgremien in Europa. Hinzu kommen zahlreiche Inhouse-Veranstaltungen und Gastvorträge bei anderen Veranstaltern.
Überblick über die bevorstehenden Seminartermine
15. Hamburger Fachtagung für Europäische und SE-Betriebsräte
Nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie findet unsere jährliche Fachtagung künftig wieder zum regulären Termin statt, und zwar am 30. und 31. Januar 2023. Dort werden immer die neuesten Entwicklungen in der EBR- und SE-Landschaft, Fallbeispiele ("best practice") aus Unternehmen sowie aktuelle Gerichtsentscheidungen vorgestellt. Im Mittelpunkt der Fachtagung steht diesmal ein Bericht über die geplante Revision der EBR-Richtlinie.
Das Programm der Fachtagung
Rückblick: Bericht von der letzten Hamburger Fachtagung
Erstmals EBR-Fachtagung in Irland
In den letzten Jahren führte die EWC Academy sechs Fachtagungen für Europäische Betriebsräte in London durch. Nach dem Brexit verlagern wir sie nach Dublin, so wie es viele britische und US-Unternehmen mit ihrem EBR gemacht haben (siehe Bericht in den EBR-News 1/2021). Die Tagung findet vom 29. bis 31. März 2023 statt. Zum Programm gehört ein Besuch im Guinness Storehouse, der historischen Brauerei mit Panoramablick über die Stadt. Teilnehmen können nicht nur EBR-Mitglieder, die irischem Recht unterliegen, sondern alle die Erfahrungen mit einem angelsächsisch geprägten Management austauschen wollen.
Das Programm der Fachtagung
EBR- und SE-Seminar auf Schloss Montabaur
Vom 11. bis 14. April 2023 findet das nächste Grundlagenseminar für (künftige) Mitglieder von Europäischen Betriebsräten, SE-Betriebsräten und Besonderen Verhandlungsgremien in Montabaur statt. Das Schloss liegt am ICE-Bahnhof auf halbem Weg zwischen Frankfurt und Köln. Es werden mehrere Seminarbausteine sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittene angeboten.
Das Programm des Grundseminars
Bericht von einem früheren Grundseminar in Montabaur
Inhouse-Veranstaltungen
Eine Übersicht über mögliche Themen für Inhouse-Veranstaltungen finden Sie hier:
Beispiele für Inhouse-Seminare |
14. Impressum
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Die EBR-News werden herausgegeben von:
EWC Academy GmbH Rödingsmarkt 52, D-20459 Hamburg www.ewc-academy.eu
Verteiler der deutschsprachigen Ausgabe: 23.323 Empfänger Verteiler der englischsprachigen Ausgabe: 4.287 Empfänger Verteiler der französischsprachigen Ausgabe: 4.275 Empfänger
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